Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Michael Roolf, FDP: Falsch.)

Wirtschaft zu fördern – durchtrennen, werden wir langfristig auch unserer Wirtschaft nicht nutzen, sondern schaden. Und deswegen, auch deswegen ist diese Politik falsch.

Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen weiteren Aspekt hinzufügen. Die Ministerin hat auf die besondere Betroffenheit Ostdeutschlands hingewiesen. Das ist absolut richtig. Dem möchte ich gar nichts mehr hinzufügen. Aber lassen Sie uns noch einen weiteren Aspekt sehen. Wir reden über das Stadt-UmlandVerhältnis.

(Michael Roolf, FDP: Nicht mehr lange.)

Und wenn wir die Städte und Gemeinden in die Lage versetzen, einen kommunalen Zuschlag zur Lohn- und Einkommenssteuer zu erheben, damit kommunale Kassen zu füllen und Gewerbesteuereinnahmen, die wegfallen, zu kompensieren, dann werden wir erleben, dass in den Städten, dort, wo sich die Aufgaben, dort, wo sich die Probleme und wo sich auch die Menschen, die der Hilfe bedürfen, ballen, dass die mit ihrem wesentlich höheren Finanzbedarf natürlich auch wesentlich höhere Zuschläge in Prozent gerechnet zur Einkommenssteuer werden erheben müssen als die Umlandgemeinden, die wesentlich weniger von Problemen belastet sind und wesentlich weniger Kostendruck zu schultern haben.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Zurück aufs Land!)

Das heißt, unsere Umlandgemeinden werden mit einem sehr niedrigen Zuschlagssatz auskommen, unsere Städte aber mit einem hohen. Und man stelle sich vor, Rostock – Norbert Baunach – erhebt dann einen Zuschlag von 15 Prozent, Elmenhorst von 3 Prozent oder Schwerin von 18 Prozent und Pinnow von 1,5 Prozent. Das heißt, wir würden mit einer solchen Regelung den Vorteil, den Kostenvorteil, den Umlandgemeinden haben, massiv verstärken

(Rudolf Borchert, SPD: Ja.)

und wir würden die Tendenz der Menschen, auch aus Kostengründen aus den großen Städten rauszuziehen, unterstützen, statt zu bremsen. Und gerade deswegen, meine Damen und Herren, halte ich eine solche Vorgehensweise für sachlich falsch. Deswegen lehnen wir sie ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Also fassen wir zusammen: Wir haben drei Arbeitsgruppen, bei denen wird wenig, teilweise gar nichts oder wenigstens nichts Gutes rauskommen. Und ich habe schon einen Ondit in Berlin gehört, dass ein hochrangiger CDU-Vertreter, der nicht genannt werden möchte, gesagt hat – …

(Egbert Liskow, CDU: Oh, oh, oh! Solche gibt es nicht.)

Doch, die gibt’s.

… und ich kann mir das ganz gut vorstellen, selbst wenn es der Fantasie eines Journalisten entsprungen sein sollte –, man mache die ganze Kommission nur, um der FDP zu zeigen, dass ihre Konzepte nichts taugen.

(Rudolf Borchert, SPD: Das wär doch mal was. Das wär dann mal was.)

Das wäre dann wenigstens ein guter Erfolg dieser Kommission, meine Damen und Herren.

(Rudolf Borchert, SPD: Dann erfüllt die Kommission mal einen guten Zweck. – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, wenn das so ist.)

Also wenn DIE LINKE – und das ist in der Ziffer II Ihres Antrages der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen – hier auf diese Kommission setzt, dann ist es, glaube ich, der falsche Weg. Dann ist das kein Weg, der uns tatsächlich Hilfe für die kommunale Ebene verspricht. Und deswegen können wir dem so nicht folgen.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Rudolf Borchert, SPD: Klasse, sehr gut. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Doppelter Salto zurück.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen letzten Gedanken – und den möchte ich sehr ernst und ohne parteipolitische Polemik vortragen, vielleicht bringt er Sie alle ein bisschen zum Nachdenken – sagen: Meine Damen und Herren, wir alle, ich schließe mich selbst ein, reden, wenn wir über Kommunalfinanzen reden – und der Antrag tut dies auch –, zu einem sehr hohen Prozentsatz, wenn nicht gar ausschließlich über kommunale Einnahmen, Ausgaben, Einnahmen, Pardon, über kommunale Einnahmen.

(Rudolf Borchert, SPD: Einnahmen! – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Vorher haben Sie über Ausgaben geredet.)

Ja, Sie hatten ein Stückchen was drin in Ihrer Begründung, Frau Schwebs, aber wenn Sie bei uns den Antragstext angucken, dann redet der auch nur über Einnahmen. Und ich glaube, das Problem der kommunalen Finanzausstattung der nächsten Jahre wird natürlich auch die Einnahmesituation sein, wird vor allen Dingen aber die Ausgabensituation sein. Und wenn wir über Kommunalfinanzen der Zukunft reden, meine Damen und Herren, und über Stabilisierung der Kommunalfinanzen der Zukunft, dann müssen wir dringend über die Aus gabenseite reden, und wir müssen über alles das reden, was im kameralen Haushalt der Kommunen im Einzelplan 04 steht.

Ich möchte das an einem, an dem für mich wichtigsten Beispiel deutlich machen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Da kommt die Doppik daher.)

In den neuen Bundesländern gibt es leider eine große Zahl von Menschen, die von sehr niedrigen Löhnen leben müssen. Es gibt leider eine große Zahl von Menschen, die in ihrer Erwerbsbiografie viele Jahre von Arbeits losigkeit, von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, von vorübergehenden und schlecht bezahlten Jobs und Ähnliches haben.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Na, wir natürlich, wer sonst. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und wenn diese Menschen das Rentenalter erreichen, dann werden sie in ihrem Leben so wenig Rentenanwartschaften erworben haben, dass sie ergänzender Grundsicherung durch die kommunale Ebene bedürfen. Und dieses wird kein Einzelproblem sein, sondern dieses wird ein Problem Tausender und Abertausender Menschen sein. Natürlich gibt der Bund hier eine unterstützende Hilfe, aber ein großer Teil der Kosten bleibt bei der kommunalen Ebene hängen. Und solange wir es nicht schaffen, diese Probleme in den Blick zu kriegen und für diese Probleme vernünftige Lösungen zu erarbeiten, werden unsere Betrachtungen zur Sicherung, zur Stabilisierung der kommunalen Finanzen maximal halbe Arbeit sein. Und deswegen, meine Damen und Herren, lassen Sie uns versuchen, ein Stück weit ganze Arbeit zu leisten und dieses mitzubetrachten, dann würden wir was für die kommunale Ebene in unserem Land tun. Es ist bitter nötig. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Müller.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der LINKEN ist wieder einmal ein schönes Beispiel dafür, dass eine langjährige Parlamentsangehörigkeit nicht zwingend auch qualitative Arbeit bedeutet,

(Udo Pastörs, NPD: Im Gegenteil.)

eine Arbeit für die Galerie, die aber in weiten Teilen entbehrlich gewesen wäre.

Die Punkte I und II Ihres Antrages enthalten Lippenbekenntnisse, die aber letztlich zu nix führen. So soll der

Landtag feststellen, dass die Bundesregierung durch die Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung einen akuten Handlungsbedarf erkannt hat. Toll, ist ja richtig toll, dieser Satz. Gleichzeitig soll der Landtag beschließen, dass er von der Gemeindefinanzkommission konkrete Ergebnisse erwartet. Das ist ja noch besser. Vielleicht fordern Sie auch einen täglichen Sonnenuntergang und einen täglichen Sonnenaufgang?!

Lediglich der Punkt III beinhaltet etwas, wenn Ihr Antrag die Zustimmung der Mehrheit in diesem Hause erhalten hätte, wodurch der Landtag konkret Vorhaben der Landes regierung prüfen könnte, nämlich durch die Unterrichtung seitens der Landesregierung über ihre Vorstellungen zur Neuordnung der Gemeindefinanzen. Dieser einzelne Punkt hätte vollkommen ausgereicht ohne jene Lippenbekenntnisse, die zu nix führen und die kein Mecklenburger und kein Pommer wirklich braucht.

Vor dem Hintergrund der größten Staatsverschuldung der Bundesrepublik – glauben Sie denn wirklich, dass die bereits im Koalitionsvertrag von CDU und FDP vorgesehene Kommission den Stein der Weisen finden wird, ohne radikale Systemveränderungen vorzunehmen? Größtes Problem sei, so der Städte- und Gemeindetag, dass die Ausgaben und Einnahmen der Städte, Kreise und Gemeinden immer weiter auseinanderdriften, und auch die stetig steigenden Sozialausgaben, die den Kommunen seit Jahren die Luft zum Atmen nehmen. Sie stiegen nämlich in den vergangenen zehn Jahren von 26 auf mittlerweile über 40 Milliarden Euro im Jahr.

Unser Land benötigt dringend einen vollständigen Umbau des Steuersystems, einem System, von dem selbst die bestunterrichteten Fachleute offen zugeben, dass es viel zu kompliziert ist und zu viele bürokratische Schranken beinhaltet. Ihre Parteien würden Mut beweisen, wenn sie sich an die Behebung sämtlicher Grundprobleme des Steuersystems wagen würden. Doch in Ihren Parteien haben heutzutage Lobbyisten das Sagen, die von den vielen Steuerungerechtigkeiten profitieren. Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass von der Kommission wirklich grundlegende Änderungen des Steuersystems ausgehen, denn Sie sind einfach Blockflöten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Herr Abgeordneter Köster, für die Verunglimpfung der Abgeordneten des Landtages erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das Instrument der Flöte ist doch ein edles.)

Herr Abgeordneter Borrmann, ich weise Sie noch einmal darauf hin, dass Sie Entscheidungen des Präsidenten nicht zu kommentieren haben. Das nächste Mal erteile ich Ihnen dann einen Ordnungsruf.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Ritter. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Finanzministerin, Sie haben hier in der Bewertung unseres Antrages durchaus richtige Positionen dargestellt,

(Heinz Müller, SPD: Stimmt.)

die wir inhaltlich teilen. Auch Herr Müller und seine Argumentation – wir sind uns da sehr nahe. Doch die Hoff

nung in die Bundesregierung zu setzen, dass sie die Probleme lösen wird, das allein wird nicht ausreichen. Also, so ein Vertrauen habe ich nicht in die Bundesregierung und so eine Hoffnung auch nicht.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja eine Erwartung, die ausgesprochen wird.)