Protokoll der Sitzung vom 30.04.2010

Und wir pflegen auch keinen einseitigen Schuldkult.

Der 1. Mai, meine Damen und Herren, besiegelte das Ende des menschenverachtenden NS-Terrorregimes, das Ende des millionenfachen Mordens in den Konzentrationslagern durch die Nazis,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Die KZs wurden weiterbetrieben. – Zurufe von Wolfgang Griese, DIE LINKE, und Michael Andrejewski, NPD)

das Ende von Willkürjustiz, Rassenwahn und Intoleranz als Staatsdoktrin.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Meine Damen und Herren, es war aber auch ein Anfang,

(Michael Andrejewski, NPD, und Tino Müller, NPD: Für Unfreiheit.)

der Anfang von Freiheit und Demokratie.

(Zurufe von Raimund Frank Borrmann, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Dies wurde schon in der Aktuellen Stunde zur Sprache gebracht. Richard von Weizsäcker hat dies in seiner Rede am 8. Mai im Jahr 2005 zum 40. Jahrestag zutreffend als Niederlage

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Da konnten wir leider nicht teilnehmen, weil hier nicht frei war.)

und Befreiung zugleich bezeichnet.

Es gab die Niederlage, daran gibt es keinen Zweifel, und unfassbare Verluste für alle Seiten. Es war die Niederlage einer verirrten und verführten Generation. Sie führte schließlich zur Teilung Deutschlands.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ach so?!)

Es gab aber auch die Befreiung und die Chance für einen Neubeginn, für eine demokratische und friedliebende Gesellschaft,

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, ja, in Afghanistan sehen wir das laufend.)

wobei die Chancen ungleich verteilt waren, sodass sich auf der einen Seite Demokratie nicht entwickeln konnte und die Friedensliebe der Menschen auf beiden Seiten der Grenzen oft auf eine harte Probe gestellt wurde.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, von wem?)

Die atlantische Partnerschaft und die europäische Neuordnung bildeten den Hintergrund für die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland. Beispielhaft ist die Entwicklung Europas und die damit verbundene allmähliche Überwindung des Nationalismus. Die parlamen

tarische Demokratie und die soziale Marktwirtschaft sorgten für Wohlstand und politische Stabilität. Im Osten des geteilten Landes wurden die hohen Erwartungen auf demokratische Gestaltungsmöglichkeiten, materiellen Wohlstand und individuelle Freiheit nicht erfüllt und führten sehr viel später zu einer zweiten Befreiung.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Diesmal befreiten nicht äußere Mächte die Deutschen von der Diktatur, sondern die Menschen selbst haben diese Fesseln abgelegt. Es ist ein Verdienst der Deutschen im Osten, die bis 1989 von einer Mauer umgeben waren, dass die Deutsche Einheit in Freiheit und friedlich erreicht wurde.

An dieser Stelle will ich auch an die Menschen in Ungarn 1956 und der damaligen Tschechoslowakei im Jahr 1968 denken sowie an die Menschen in Polen, die mit ihrer Streikwelle ab 1980 ein wesentlicher Wegbereiter waren für die Überwindung der sozialistischen Diktaturen. Aus den leidvollen Erfahrungen der Vergangenheit, aber auch aus den positiven Impulsen der friedlichen Wiedervereinigung lässt sich viel Mut und Kraft für die Zukunft schöpfen, Mut und Kraft, die so manchem in diesem Land manchmal fehlen. Manche schauen lieber zurück und möchten eine Revision der Geschichte des Dritten Reiches. Sie suchen ihr Heil in der Relativierung der Gräuel, des Leids und in der Gleichmachung der Taten auf allen Seiten.

(Michael Andrejewski, NPD: Mord ist Mord!)

Das ist nicht nur feige und selbstgefällig, es behindert auch die Entwicklung einer chancenreichen Zukunft für sich selbst und die gesamte Gesellschaft. Manche schauen lieber zurück. Sie suchen ihr Heil in der Relativierung von Werten wie Freiheit und Chancengerechtigkeit. Das ist besonders traurig, weil die Deutschen sich schließlich zweimal diese Freiheit hart erkämpfen mussten und weil Gleichmachung letztlich immer zur Diktatur führt.

Der 8. Mai 1945 war nicht nur die Kapitulation der Nazidiktatur, es war der Anfang für Demokratie und Freiheit, für soziale Marktwirtschaft und Wohlstand. Und deshalb, meine Damen und Herren, ist es mit Recht der Tag der Befreiung. Dies sollten wir aber nicht nur feststellen, denn hier liegen die großen Aufgaben. Die Freiheit zu erhalten, das ist eine ständige Aufgabe. Wenn Deutschland und die Europäische Union in der globalisierten Welt bestehen und geostrategische Verantwortung übernehmen wollen, dann müssen sie zuallererst ihr eigenes Gewicht erhöhen, ihre Hausaufgaben erledigen, wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigungs dynamik erreichen.

Deutschland ist ein starkes Land und wir haben immer noch die modernsten und besten Unternehmen der Welt, wir haben immer noch hart arbeitende und innovative Unternehmer und ebenso hart arbeitende und zuverlässige sowie gut ausgebildete Arbeitnehmer. Wir müssen dieses Potenzial nutzen, Bedingungen schaffen, damit sich dieses Potenzial entfalten kann. Wir können weltweit mithalten. Wir brauchen keine Angst zu haben, etwas mehr Selbstvertrauen täte uns Not. Die Erinnerung an den 8. Mai sollte uns also Mut und Selbstvertrauen geben. Auf revisionistische Geschichtsbetrachtungen können wir allerdings gerne verzichten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja, ja!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kreher.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Müller für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Zitat: „Es gibt nichts lustigeres für uns als ein Berg deutscher Leichen. Hänge sie auf und sieh zu, wie sie in der Schlinge strampeln. Brenne ihre Häuser nieder und freue Dich an den Flammen.“ Dies, meine Damen und Herren, ist ein Zitat vom jüdisch-sowjetischen Hassprediger Ilja Ehrenburg. Seinen Namen trägt nach wie vor eine Straße in Rostock.

(Stefan Köster, NPD: Pfui Teufel!)

Niemand von der herrschenden politischen Klasse stört sich daran. Wenn es jedoch darum geht, sich in ihrem inszenierten Schuldkult zu suhlen und im Büßergewand zu Kreuze zu kriechen, zeigen sich die Politiker der Altparteien stets betroffen, beschämt und innerlich bewegt, offiziell zumindest. Denn wenige Meter von der Gedenkausstellung hier in der Lobby des Landtages, die einmal mehr unter dem Stern von Einseitigkeit steht, amüsieren sich die Damen und Herren Abgeordneten dieses sogenannten Hohen Hauses an der Schnittchen bar. Wer vor laufenden Kameras mit vergrämtem Gesicht und im weinerlichen Ton über Verbrechen an der Menschlichkeit spricht, aber wenig später mit seinesgleichen herzt und scherzt, kann sich wohl kaum als moralisch gefestigt bezeichnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zurufe von Angelika Peters, SPD, und Michael Andrejewski, NPD)

Ich sage Ihnen: Ihre Gedenkkultur ist aufgesetzt, wenn nicht sogar geheuchelt. Trotz alledem werden Sie nicht müde, unser Volk als ein Volk von Tätern zu diffamieren

(Zuruf von Michael Andrejweski, NPD)

und Nachkriegsverbrechen als einen Akt von Rache herunterzuspielen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Es sind Täter. Es sind Täter. Es sind viele Täter darunter gewesen, Herr Müller, das sollten Sie nicht leugnen!)

Gerade Sie, Herr Nieszery! Gerade Sie!

Die NPD hat deshalb diesen Antrag eingebracht, um am 8. Mai aller Opfer des Zweiten Weltkrieges zu gedenken und diese Haltung in einer Halbmastbeflaggung zum Ausdruck zu bringen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, das werden wir nicht tun, Herr Müller. – Zuruf von Wolfgang Griese, DIE LINKE)

Nicht mehr, aber auch nicht weniger fordern wir in unserem Antrag. Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir uns an Gedenkminuten im Landtag beteiligen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nicht beteiligen. Richtig, nicht beteiligen tun Sie sich. Sie stehen ja nicht mal auf. Sie stehen ja nicht mal auf.)

wenn allen Opfergruppen

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

des Zweiten Weltkrieges gedacht wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ekelhaft! Das ist ja ekelhaft, Herr Müller, was Sie hier erzählen, Herr Müller!)

Erst wenn auch die deutschen Opfer würdig miteinbezogen sind, wird sich die NPD-Fraktion an solchen Opfergedenken beteiligen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie sollten sich schämen! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Im Land herrscht aber ein absolutes Defizit darin, das grausame Schicksal unzählig ermordeter, geschändeter,