Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 57 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein stimmten 52 Abgeordnete, es enthielt sich keiner. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3483 abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 35: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Wohnungswirtschaft von den Altschulden entlasten – Zukunft unserer Städte und Gemeinden sichern, Drucksache 5/3499.
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Wohnungswirtschaft von den Altschulden entlasten – Zukunft unserer Städte und Gemeinden sichern – Drucksache 5/3499 –
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns hier das letzte Mal im Landtag vor gut einem Jahr mit diesem wichtigen Thema der Wohnungswirtschaft befasst. Auch auf Bundesebene ist diese Problematik regelmäßig Gegenstand der Debatte, zuletzt am 19. Mai im Fachausschuss. Ich erinnere mit Nachdruck daran, dass die schwarz-gelbe Koalition bei ihrem Amtsantritt Hilfe versprach. Und nun gab das zuständige Bundesministerium jüngst endlich ein Gutachten in Auftrag. Das nenne ich angesichts der Sorgen der Wohnungsunternehmen einen Tropfen auf den inzwischen glühenden Stein.
In der Praxis hat sich nichts bewegt, rein gar nichts. Und langsam reißt nicht nur den betroffenen Wohnungsunternehmen der Geduldsfaden, sondern auch den Politikern, wie folgende Beispiele zeigen. So verlangte der Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen am 19. Mai die Altschuldenentlastung für alle abgerissenen Wohnungen, unabhängig von der Leerstandsquote im Unternehmen, denn nur so kann der Stadtumbau Ost erfolgreich umgesetzt werden. Auch Minister Schlotmann machte sich bereits am 23. April Luft und forderte die zügige Umsetzung der vom Bund in Aussicht gestellten Lösung. In Thüringen brachte die schwarz-rote Koalition am 19. Mai sogar einen eigenen Antrag ein. Er wird in der kommenden Landtagssitzung auf der Tagesordnung stehen.
Das alles und die zahlreichen Notrufe der Wohnungswirtschaft sind für meine Fraktion Grund genug dafür, dass sich der Landtag wieder einmal diesem Thema widmet. Ich fürchte nur, dass es sehr lange dauern wird, bis überhaupt Taten folgen. Außerdem ist anzunehmen, dass das, was dann unternommen wird, nicht wirklich hilft, und ich finde, das wäre fatal.
Worauf gründen sich meine Befürchtungen? Erste Ergebnisse wie ein vom Bundesbauministerium in Auftrag gegebenes Gutachten, das prüfen soll, ob es einer Anschlussregelung für die Altschuldenhilfe bedarf, werden bis Ende August 2010 erwartet. Vollständig wird dieses Gutachten wohl erst im Januar 2011 vorliegen. Ich bin mir ganz sicher, bis dahin wird sich nichts tun. Und ob angesichts der Haushaltslage des Bundes überhaupt Mittel für die Altschuldenentlastung eingestellt werden können, ist mit Blick auf das milliardenschwere Defizit und dem sich daraus ergebenden Sparzwang mehr als fraglich.
Außerdem sucht man lediglich nach einer Anschlussregelung nach Auslaufen der Altschuldenentlastung nach Paragraf 6a des Altschuldenhilfegesetzes. Ich erinnere noch mal: Paragraf 6a Altschuldenhilfegesetz, besser als sogenannte Härtefallregelung bekannt, ist an Bedingungen geknüpft. Nur Wohnungsunternehmen, die zum Stichtag 31.12.2003 einen Leerstand von mindestens 15 Prozent aufwiesen und in ihrer Existenz bedroht waren, erhielten eine zusätzliche Altschuldenhilfe bei Rückbau.
alle dauerhaft leer stehenden und rückgebauten Wohnungen müssen die Altschulden erlassen werden. Das ist doch wohl logisch. Für Wohnungen ohne Mieteinnahmen können auch keine Kredite mehr für Altschulden abgezahlt werden.
Erinnern wir uns: Politische Entscheidungsgrundlage war seinerzeit die Annahme, dass die zusammen mit dem ehemals volkseigenen Wohnungsvermögen auf die Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften übertragene Schuldenlast durch Erträge aus diesem Wohnungsvermögen abgetragen wird. Jeder der damaligen Entscheidungsträger ging davon aus, dass das machbar ist. Niemand konnte sich angesichts der damals bestehenden Wohnungsnot vorstellen, dass wir einmal Wohnungen abreißen müssen, um den massiven Leerstand zu beseitigen.
Heute brauchen wir die Beteiligung aller Wohnungsunternehmen im Stadtumbau Ost, um nicht die Leerstände wieder stark ansteigen zu lassen. Der demografische Wandel stellt jedes Wohnungsunternehmen und jeden Vermieter vor große Herausforderungen. Bundesweit sind 90 Prozent aller Wohnungen, die bisher vom Markt genommen wurden, von Wohnungsunternehmen mit Altschuldenhilfe nach der Härtefallregelung abgerissen oder rückgebaut worden.
Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern eine Besonderheit. Bei uns beträgt die Abrissquote dieser Unternehmen nur 50 Prozent. Die anderen 50 Prozent der vom Markt genommenen Wohnungen erfolgten durch Wohnungsunternehmen ohne Altschuldenentlastung. Das hat Ursachen: Erstens wurde nur 27 von rund 150 kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen im Land Altschuldenhilfe nach der Härtefallregelung des Paragrafen 6a Altschuldengesetz bewilligt und zweitens sind wir vom demografischen Wandel ja auch besonders betroffen. Und auch die Verlängerung der Galgenfrist für die sogenannten 6a-Unternehmen, die bereits bewilligten Hilfen noch bis zum Jahr 2013 abrufen zu können, ändert nichts an dem Problem.
Lassen Sie mich noch einmal auf den Antrag der Thüringer Regierungskoalition zurückkommen. Dort wird die Landesregierung unter anderem auch gebeten, gegenüber der Bundesregierung auf eine abschließende Regelung zu den Altschulden der Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern hinzuwirken. Diese Regelung soll auch Hilfen für Wohnungsunternehmen, die in ihrer Existenz nicht gefährdet sind und die sich am Stadtumbau beteiligen, berücksichtigen. Also auch in Thüringen hält man eine bloße Neuauflage einer Härtefallregelung für nicht ausreichend. Fakt ist: Für alle ab 2010 neu abzureißenden Wohnungen fehlt die unverzichtbare Anschlussregelung für die Altschuldentilgung.
Kolleginnen und Kollegen, ich gehe davon aus, dass alle froh darüber wären, dass das Programm Stadtumbau Ost weitergeht, auch froh sind, dass es weitergeht. Die Bundesmittel dafür wurden gegenüber dem Vorjahr um mehr als 25 Millionen Euro auf 95 Millionen Euro gekürzt. Das kritisiere ich auch, aber ein Erfolg ist schon, dass dieses befristete Programm verlängert wird.
Gegenwärtig sind die Länder dabei, die am 28. April von Bundesminister Ramsauer unterzeichnete Verwaltungsvereinbarung „Städtebauförderung 2010“ gegenzuzeichnen. Ein Bestandteil dieser Verwaltungsverordnung ist das Programm Stadtumbau Ost. Wenn wir dieses Programm umsetzen und mit Leben erfüllen wollen, ist das
Kolleginnen und Kollegen, kommen Sie mir jetzt nicht mit der alten Leier und erzählen, dass der Antrag populistisch sei oder dass alles Nötige schon unternommen wurde. Lesen Sie einfach! In Punkt I wird die außerordentlich wichtige Rolle der Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften bei der Erneuerung der Städte und Gemeinden und bei der Versorgung mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum bekräftigt. In Punkt II soll auf eine baldige Lösung der Altschuldenfrage hingewirkt werden, ohne den Spielraum für Lösungswege einzuengen. Mit dem Antragsinhalt kann also politischer Konsens zwischen allen demokratischen Parteien erreicht werden, wenn wir es nur wollen. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Um das Wort hat zunächst gebeten der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Schlotmann. Herr Schlotmann, Sie haben das Wort.
Ja, Herr Pastörs, ein Binnenschiffer ist ein ehrenwerter Beruf, aber von so etwas haben Sie keine Ahnung.
meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte jetzt etwas Wasser in den Wein schütten. Seit relativ kurzer Zeit bin ich damit konfrontiert, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung eine Entscheidung getroffen hat, die das, was Sie gerade hier vorgetragen haben, liebe Kollegin Lück, eigentlich in den Hintergrund drängt. Die Bundesregierung, in persona Bundesminister Ramsauer, hat nach Abstimmung in der Bundesregierung verkündet, dass die Städtebauförderung des Bundes komplett um die Hälfte gestrichen wird. Um die Hälfte, meine Damen und Herren, das betrifft jeden Einzelnen von Ihnen in den Wahlkreisen, in den Kommunen, in den Dörfern, in den Städten bei uns im Land.
Darüber hinaus hat der Bund uns mitgeteilt, dass die energetische Sanierung, das Programm des Bundes dazu, ebenfalls um die Hälfte gekürzt wird.
Meine Damen und Herren, ich sage noch mal, das rückt eigentlich alle anderen Probleme als Teilprobleme in den Hintergrund.
Das sind die Befürchtungen, die auch Frau Lück hier gerade angesprochen hat in Bezug auf das Sparpaket.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie wir als Land damit umgehen können, wie wir damit umgehen müssen. Ich kann nur an alle appellieren, auch die kommunale Familie darüber so schnell es geht zu informieren. Wir werden die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit machen und ich kann nur an Sie alle appellieren, Ihre Möglichkeiten des Einflusses, den Sie vielleicht auf Ihre Bundestagsfraktion haben, auszuüben, damit dieses Rad zurückgedreht wird.
Ich kann Ihnen sagen, wir haben einen Bedarf im Land gehabt für dieses Jahr von rund 160 Millionen Euro für Städtebau.
Wir haben Mittel gehabt von knapp 90 Millionen. Jetzt rechnen Sie sich aus, was passiert, wenn diese 90 Millionen um die Hälfte reduziert werden.