Protokoll der Sitzung vom 07.07.2010

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, Hans Kreher, FDP, und Toralf Schnur, FDP)

Lieber Kollege, ich will die Zeit nutzen und es ist schön, dass der Innenminister etwas länger gesprochen hat und dass wir dann auch die Zeit haben und die Gelegenheit dazu – auch für unsere Gäste, für unsere Bürgerinnen und Bürger, die uns heute hier begleiten –, noch mal nachdrücklich darauf zu verweisen, was das Landesverfassungsgericht geurteilt hat, meine Damen und Herren, nämlich: „Kreise müssen so gestaltet sein, dass es ihren Bürgern typisch möglich ist, nachhaltig und zumutbar ehrenamtliche Tätigkeit im Kreistag und seinen Ausschüssen zu entfalten.“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Toralf Schnur, FDP: Ja.)

„Diesen Aspekt hat der Gesetzgeber vernachlässigt. Es liegt auf der Hand, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied des Kreistages oder eines seiner Ausschüsse bei einer beträchtlichen Vergrößerung der Fläche eines Kreises ebenso beträchtlich erschwert werden kann und vielfach wird.“

(Heinz Müller, SPD: Herr Leonhard, das haben wir doch in der Enquetekommission ausführlich diskutiert mit mehreren wissenschaftlichen Gutachten.)

„Infolge des höheren Zeitaufwandes, der damit verbunden wäre, drohte erkennbar die Gefahr, dass die Bereitschaft von Bürgern, ein Ehrenamt auf Kreisebene wahrzunehmen, weiter nachlässt.“

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Und ich will das,

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

und ich will das an dem Beispiel des möglicherweise zukünftigen Kreises Nordvorpommern einfach mal deutlich machen, auch Ihnen deutlich machen. Wir reden über eine – ich habe versucht, mal die größtmögliche

Entfernung einfach für mich darzustellen –, wir reden über eine Entfernung von Dranske auf der Insel Rügen und Dierhagen auf dem Darß, meine Damen und Herren,

(Angelika Peters, SPD: Und jetzt fahren wir nach Bergen, oder was?!)

und es kann durchaus sein, dass eine Ausschusssitzung sowohl in Dranske...

Liebe Kollegin, na, das steht Ihnen eigentlich nicht zu, mich von hinten anzusprechen.

(Toralf Schnur, FDP: Ja.)

Aber auch das nehme ich hier heute dann zur Kenntnis.

Ja, es kann durchaus sein, dass eine Ausschusssitzung stattfindet sowohl in Dranske als auch in Dierhagen für die ehrenamtlichen Kreistagsmitglieder, die zukünftigen Kreistagsmitglieder, und da reden wir über eine Entfernung für eine Fahrt von 132 Kilometern.

(Vincent Kokert, CDU: Landstraße. – Torsten Renz, CDU: Per Schiff ist es kürzer. – Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Wenn wir mit einem Schiff in der Lage wären dazu, lieber Kollege, dann wäre das durchaus zu begrüßen. Aber wir reden momentan nur davon, dass wir uns auf dem landseitigen Wege,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Zweimal am Tag muss er dahin.)

dass wir uns auf dem landseitigen Wege bewegen müssen, und ich frage ich mich nach wie vor, ob das für jemanden möglich ist, der tagtäglich im Leben steht und sowohl Familie als auch Beruf miteinander verbinden muss, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Till Backhaus, SPD: Wie oft waren Sie denn beim Landkreis?)

Also das weise ich, Herr Kollege Backhaus, das weise ich ausdrücklich von mir.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was denn?)

Ich bin seit Jahren ehrenamtlich tätig

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das stimmt.)

und wenn Sie mir den Vorwurf machen, dann sollten Sie schnell zusehen, dass Sie hier wieder hochkommen, lieber Kollege.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Ich hab ja auch das Recht, hier zu sitzen.)

Ja, ja. Dann fragen Sie mal, wie oft Sie an der ehrenamtlichen Basis tätig sind, mein lieber Kollege!

(Dr. Till Backhaus, SPD: Ja, da können wir uns mal messen.)

Ein weiterer Punkt...

Meine Damen und Herren!

Ein weiterer Punkt...

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Meine Damen und Herren, ich bitte doch jetzt wieder …

Ja, es tut mir leid, es tut mir leid, Frau Präsidentin, darauf reagieren zu müssen.

(allgemeine Unruhe)

Aber ich denke, es ist zu Recht,...

Herr Abgeordneter!

... es ist zu Recht,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Getroffene Hunde bellen.)

dass ich auf diese Art und Weise darauf entsprechend reagiere.

Herr Abgeordneter, ich muss Sie jetzt mal unterbrechen. Und wenn ich unterbreche, dann bitte ich auch, dass Sie mit Ihrer Rede aufhören.

Ich bitte um Nachsicht.

Ich bitte doch, jetzt zur Sachlichkeit wieder zurückzukommen. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Ein weiterer Punkt, der aus Sicht der FDP-Fraktion zu kriti sieren ist, ist die Frage, inwieweit wir in den zukünftigen Kreistagen ein gesamtgesellschaftliches Spiegelbild, ein gesamtgesellschaftliches Spiegelbild bei den ehrenamtlichen Mitgliedern gewährleisten können zukünftig. Und auch dazu, meine Damen und Herren, hat das Gericht in seinem Urteil Bezug genommen und ich will wiederum daraus zitieren, meine Damen und Herren:

„Das Landesverfassungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung den Kreistagspräsidenten, die dies wünschten, das Wort gegeben. Sie haben eindrückliche Angaben über ihre Kreistage und die Bedingungen, unter denen deren Mitarbeiter arbeiten, gemacht. Daraus ist hervorzuheben, dass es bereits jetzt in den Kreistagen weit überproportional Angehörige des öffentlichen Dienstes und Personen gibt, die einen Beruf nicht mehr oder noch nicht ausüben.“

(Heinz Müller, SPD: Was schlussfolgern Sie daraus?)

„Freiberuflich und selbständig gewerblich Tätige sind in den Kreistagen unterrepräsentiert, teilweise kaum noch vorhanden“, meine Damen und Herren. „Das hängt nicht zuletzt mit der – vor allem zeitlichen – Belastung zusammen, die ein Kreistagsmandant mit sich bringt. Kraftvolle Selbstverwaltung ist aber darauf angewiesen, dass Vertreter aus möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen sich zusammenfinden, um im Austausch der Meinungen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kenntnisse und Erfahrungen lebensnahe, die Probleme bewältigende Entscheidungen zu treffen. Es ist vorauszusehen, dass in den neuen Kreisen die Selbstverwaltung sich noch deutlich weiter von kraftvoller Selbstverwaltung entfernen wird.“