Protokoll der Sitzung vom 25.09.2015

Wenn die beiden Minister fertig sind, kommen wir dann auch zur Abstimmung über den eigentlichen Antrag.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4463. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4463 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 41: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Sonderprogramm zum Bau von Wohnungen mit sozialer Bindung, Drucksache 6/4455.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Sonderprogramm zum Bau von Wohnungen mit sozialer Bindung – Drucksache 6/4455 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Lück.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf sieht vor, in den kommenden beiden Jahren Lan- desprogramme zur Wohnraumförderung in Höhe von jeweils 5 Millionen Euro aufzulegen. Beabsichtigt ist eine Darlehensförderung, finanziert aus dem Sondervermögen Wohnraumförderung. Dazu gibt es eine Zuschussförderung in Höhe von jeweils 4 Millionen Euro für das sogenannte Aufzugsprogramm.

Eine Förderhöhe von 9 Millionen Euro ist noch einmal 1,5 Millionen Euro weniger in diesem Jahr. Dabei wurde

schon zwei Jahre gekürzt. So wenig Förderung gab es noch nie, Kolleginnen und Kollegen, und darauf möchte ich Sie aufmerksam machen. Die Reduzierung der Wohnraumförderung ist meiner Meinung nach der völlig falsche Schritt und auch ein völlig falsches Signal an die Menschen bei uns im Land.

Wir haben uns in den vergangenen Tagen ausführlich damit befasst, wie wir es schaffen können, die vielen ankommenden Flüchtlinge und Asylsuchenden menschenwürdig unterzubringen und zunächst mit dem Notwendigsten zu versorgen. Am Sonnabend las ich in der SVZ, dass 1.640 Wohnungen für die dezentrale Unterbringung genutzt werden, davon etwa 1.000 Wohnungen von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen. Weitere etwa 800 Wohnungen wollen die im Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen organisierten Unternehmen noch bis zum Jahresende bereitstellen.

Aktuell suchen Kommunen händeringend weiteren Wohnraum für die dezentrale Unterbringung von Menschen, die bei uns Zuflucht suchen. In den Städten wie Rostock, Greifswald, Waren oder auf Rügen, Usedom oder auf Fischland-Darß-Zingst gibt es keinen Leerstand mehr im kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbestand, im Gegenteil, hier gibt es Wartelisten. Die Leerstandsquote in Rostock liegt unter zwei Prozent, in einigen Unternehmen und Stadtteilen geht gar nichts mehr.

Diese angespannte Wohnraumsituation besteht nicht erst seit Wochen oder seit wenigen Tagen – Sie kennen unsere Anträge ja auch schon zu diesem Thema –, diese Situation wird aber vor allem natürlich durch den aktuellen Bedarf für Flüchtlinge noch einmal verschärft. Auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind aber auch viele andere Haushalte – und genau das ist auch das Thema dieses Antrags – hier im Land, die ein niedriges Einkommen haben, oder Menschen, Haushalte, die Renten beziehen oder auch von Sozialleistungen leben müssen. Bei den Einwohnerinnen und Einwohnern unseres Landes darf nicht das Gefühl aufkommen, dass nun alles für die Flüchtlinge, aber kaum etwas für sie getan wird.

(Michael Andrejewski, NPD: Das ist aber die Wahrheit.)

Wir müssen das Wohl aller im Blick haben, das ist die Auffassung der LINKEN, egal, ob schon immer hier wohnhaft,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

zugezogen oder gerade erst angekommen.

(Michael Andrejewski, NPD: Der Eindruck wird sich kaum noch einstellen lassen. – Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Mit dem hier vorliegenden Antrag wollen wir ein Zeichen setzen,

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

ein Zeichen, dass sich das Land kümmert – deshalb auch jetzt der Vorstoß und nicht erst zum Ende der Haushaltsberatungen.

(Stefan Köster, NPD: Der Gartenzwerg macht sich da wieder bemerkbar.)

Wir wollten ihn – und das ist es mir noch mal wert zu sagen –, wir wollten diesen Antrag als gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen einbringen. Wir haben ihn deshalb moderat gefasst und damit ein Angebot gemacht,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

das SPD und CDU hätten annehmen können. Leider verweigerten sich SPD und CDU diesem Vorhaben. Man wolle erst mal abwarten, was der Bund so plane,

(Rainer Albrecht, SPD: Richtig.)

kam von der SPD. Die CDU zeigte keinerlei Reaktionen.

(Rainer Albrecht, SPD: Abwarten, Regine!)

Umso erstaunter war ich am Mittwoch früh, als ich aufstand, als der NDR verkündete, dass die SPD sozialen Wohnungsbau anstrebe.

(Rainer Albrecht, SPD: Schon seit Langem.)

Nun also doch, frage ich?

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Na, da bin ich aber gespannt auf Ihr Abstimmungsverhalten.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Ich will diesen Antrag gerne erläutern. Es gilt, umgehend Vorsorge zu treffen, um soziale Spannungen beim Zugang zu angemessenen und vor allem auch bezahlbaren Wohnungen zwischen allen Wohnungssuchenden zu vermeiden und ein friedliches Miteinander und vor allem auch gute Nachbarschaft zu ermöglichen.

(Rainer Albrecht, SPD: Jawoll.)

Deshalb kommen wir auch in Mecklenburg-Vorpommern – und hören Sie gut zu! – nach 18 Jahren ausschließlicher Wohnraumförderung im Bestand – nach 18 Jahren im Bestand! – an einer Neubauförderung unserer Meinung nach nicht vorbei. Wir fordern keinen klassischen sozialen Wohnungsbau, weil es anders als in den alten Bundesländern einen relativ hohen Anteil an kommunalem und auch an genossenschaftlichem Wohnungsbestand gibt.

(Rainer Albrecht, SPD: Glaube ich nicht.)

Zudem verfügt Mecklenburg-Vorpommern über kein eigenes Landeswohnraumförderungsgesetz, deshalb wäre das Bundesgesetz maßgebend und damit bestünden äußerst niedrige Einkommensgrenzen für Anspruchsberechtigte.

Auch das Landesbelegungsbindungsgesetz auf Grundlage des Altschuldenhilfe-Gesetzes lief Ende 2013 aus. Damit kann die darin zugelassene Überschreitung dieser Einkommensgrenzen und auch der Freibeträge von jeweils bis zu 30 Prozent nicht mehr angewendet werden. Aufgrund der hohen Baukosten, der sehr niedrig angesetzten Einkommensgrenzen und der Erfahrung anderer Länder, dass nach Auslaufen der Bindung durch die Kostenmieten die Mietpreise enorm steigen, würde eine Förderung von klassischem Sozialwohnungsbau unserer Meinung nach ins Leere führen.

Stattdessen sollen durch eine pauschale Zuschussförderung direkt die Baukosten minimiert und so das Mietniveau gesenkt werden.

(Rainer Albrecht, SPD: Ob das der richtige Weg ist, darüber müssen wir mal diskutieren.)

Eine Förderung von etwa zehn Prozent der Baukosten wür-de das Mietniveau von 1 Euro bis 1,50 Euro senken.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Bei Annahme einer Förderung von 15.000 Euro je Wohnung könnten mit einem Programmvolumen von 5 Millionen Euro pro Jahr jährlich über 300 Wohnungen gefördert werden.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Ein Programmvolumen von zunächst 10 Millionen Euro über zwei Jahre verteilt ist, das sage ich deutlich, an dieser Stelle natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Deutlich mehr müsste und sollte es sein, aber es wäre ein Anfang. Wenn es gut anläuft, sollte es 2018 und 2019 deutlich aufgestockt werden.

Je Neubauförderung sollen an einer Wohnung im Bestand Belegungsrechte begründet werden. Diese mittelbare Belegung sichert niedrige Mieten für die Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, das sichert vor allem aber auch den Kommunen das Mitspracherecht bei der Vermietung. Anzustreben ist eine Kombination mit dem Aufzugsprogramm. Barrierefreiheit muss bei einer Neubauförderung Bedingung sein. Dazu ist das Aufzugsprogramm jedoch entsprechend zu ergänzen und mit mehr Mitteln auszustatten.

(Heiterkeit bei Minister Harry Glawe – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Nun zum Punkt II unseres Antrages: Wir haben nicht vor, den gesamten Rückbau von dauerhaft nicht mehr benötigten Wohnungen im Land zu stoppen. Bestandteil der Städtebauförderung des Landes ist in diesem Jahr der Rückbau von knapp 800 Wohnungen. Im Städtebauförderprogramm des vergangenen Jahres war ein Rückbau von knapp 650 Wohnungen bewilligt worden. Rückbau ist weiterhin notwendig aufgrund des demografischen Wandels, der Landflucht und der Ungewissheit, wie es mit dem 2016 auslaufenden Programm Stadtumbau Ost weitergeht.

Aber wir wollen angesichts der aktuellen Lage – zumindest in den Städten, wo dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge und Asylsuchende gesucht werden – ein Überprüfen und notfalls Aussetzen der Rückbaupläne erwirken.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Selbstverständlich darf es nicht dabei bleiben, den Rückbau in Städten mit wenig Leerstand vorerst nur auszusetzen, vielmehr müssen diese und weitere oft über Jahre leer stehenden Wohnungen auch hergerichtet werden und schnell wieder in Nutzung gehen. Jede Wohnung, meinen wir, ist allemal besser als ein Zelt oder ein Container. Die Botschaft der Landespolitik muss sein: Wir bauen Wohnraum, wir reißen nicht ab, wo Wohnraum fehlt.