Man kann sich in der Tat – jetzt mal ganz sachlich betrachtet – die Frage stellen, warum gibt es in einigen – und ob das die ganz überwiegende Menge ist, möchte ich mal dahingestellt sein lassen –,
in einigen Gemeinden nicht den Mut, in der Einwohnerfragestunde Fragen zur Tagesordnung zuzulassen. Das hat eine lange Geschichte hier im Land. Der Städte- und Gemeindetag gibt regelmäßig nach Kommunalwahlen Empfehlungen heraus für Mustersatzungen, Mustergeschäftsordnungen und macht Anleitungen zu konstituierenden Sitzungen. Das wird auch immer als sehr hilfreich empfunden und von den Gemeinden sehr gerne angenommen. In diesen Musterhauptsatzungen steht nun genau das drin, dass die Hauptsatzungen vorsehen sollten, dass Anfragen zu Tagesordnungspunkten nicht zugelassen werden. Ich habe den Städte- und Gemeindetag Anfang der 2000er-Jahre, es war genau 2004, gefragt, warum er diesen Standpunkt so vertritt. Das könnte man auch ganz anders sehen. Dann hat Herr Glaser mir das mal ausführlich mit einem Artikel begründet, und daraus möchte ich mit gütiger Erlaubnis der Präsidentin einiges vortragen.
Zunächst einmal nimmt der Städte- und Gemeindetag in Kauf, dass gerade diese Regelung zu manchen Missverständnissen und Unmut der erscheinenden Einwohner führt, die gerade wegen einer besonderen Tagesordnung zur Gemeindevertretung kommen und zu diesem Thema dann auch anregen oder fragen möchten. Diese zuerst einmal plausible Forderung, Anfragen und Anregungen zu Tagesordnungspunkten zuzulassen, ändert nach Ansicht des Städte- und Gemeindetages aber den Charakter der Sitzung und der Sachabstimmung. Wenn die Gegenstände auf der Tagesordnung einer Gemeindevertretersitzung stehen, sind diese Gegenstände in der Regel vorher in den Fachausschüssen und den Fraktionen, vielleicht auch in der Einwohnerversammlung und sicher in vielen Gesprächen über den Gartenzaun oder sonst wo erörtert worden. Die Gemeindevertreter haben also vor der Gemeindevertretersitzung schon manches Argument der betroffenen Einwohner, die Sitzungsvorlagen der Verwaltung,
die politische Meinung der anderen Seiten in den Fachausschüssen und der eigenen Fraktion in der Fraktionssitzung verinnerlicht und sich in der Regel ein Urteil gebildet,
Wenn Einwohner, in der Regel Betroffene, sich zu diesem Zeitpunkt erst in die Debatte einmischen, ist dies zu spät. Das wird dann teilweise dadurch kaschiert, dass besonders viele Einwohner erscheinen und mit Fragen, die mitunter auf einzelne Gemeindevertreter zielen,
die zu einer bestimmen Beschlussvorlage oder einem bestimmten Meinungsbild in den Gemeindevertretungen geführt hat.
Er unterstellt weiter, die Einwohner wollen auch ganz bewusst in diesem Moment mit ihren Fragen und Anregungen die Gemeindevertreter unter Druck setzen, um doch vielleicht noch eine positive Entscheidung zu erwirken.
Als ich das 2004 gelesen habe, habe ich gedacht, das ist ja eine ein bisschen übertriebene Panikmache. Etwas Kritik und etwas Gegenwind kann jede Gemeindevertretung gut vertragen. Wenn ich mir aber eben Herrn Köster angehört habe, muss ich sagen, dass die Bedenken hier
Weiterhin wird vermutet, dass dieser Druck eben dazu führen könnte, dass keine sachliche Auseinandersetzung stattfindet,
wenn denn das Ganze emotionalisiert wird und deswegen teilweise sachferne Entscheidungen auf äußeren Druck gefasst werden könnten.
Weiterhin sagt er, es sollte Aufgabe der Sitzungsorganisation sein, dass die gewählten und nur ihrem Gewissen verantwortlichen Gemeindevertreter ohne Druck von außen ihre Abstimmung ausführen. Gerade bei emotional aufreizenden Themen ist eine sachliche Verhandlungs- und Abstimmungsatmosphäre unbedingt notwendig.
Auch unsere gemeindliche Demokratie sollte mehr sein als eine Stimmungsdemokratie. Diejenigen Gemeindevertreter, die sich fünf Jahre Mühe machen, Entscheidungen möglichst gemeindeorientiert zu treffen, müssen davor geschützt werden, dass Einwohner,
In unseren kleinen Gemeinden ist es aber auch stets möglich, den Gemeindevertreter, der als Mitbürger ständig präsent ist, auf Gemeindeangelegenheiten anzusprechen, die besonders interessieren. Diese Einflussnahme ist nirgends so gut möglich wie in der kommunalen Selbstverwaltung. Es bedarf insoweit keiner weitergehenden Rechte für betroffene Bürger.
Aber da auch in der letzten Musterhauptsatzung genau diese Empfehlung wieder drinstand, gehe ich davon aus, dass der Städte- und Gemeindetag seine Meinung zumindest in diesem Zusammenhang nicht geändert hat.
Diese Beurteilung der Lage kann man teilen oder auch nicht. Mir persönlich scheint die Sicht der Dinge nicht ganz rund, weil doch ein Teil der Realität da auch ausgeblendet wird.
Denn die kommunale Familie Mecklenburg-Vorpommern ist so bunt und unterschiedlich wie die ganze Republik, und das ist auch gut so.
Ja, es gibt die vom Städte- und Gemeindetag beschriebene Beteiligung der Bürger in den Fachausschüssen. Das ist oft so geregelt, dass alle Anträge und Beschlussvorlagen, bevor die Gemeindevertretung oder der Kreistag darüber abschließend berät, in den beratenden Fachausschüssen beraten werden. Diese sind dann eventuell sogar öffentlich und die Einwohnerinnen und Einwohner erhalten hier das Recht, sich zu äußern, weil da halt die fachliche Diskussion stattfindet. Wie Sie ja alle wissen, können grundsätzlich alle Ausschüsse öffentlich tagen. Es obliegt aber jeweils der Gemeindevertretung, ob sie das so für sich regelt oder aber auch nicht.
In großen Vertretungen ist man auch darauf angewiesen, Fachausschüsse zu bilden. Das ist nicht anders als hier im Landtag. Auf Fachausschüsse kann man, um eine vernünftige Beratungsfolge durchzuführen, nicht verzichten. Wenn das also so geregelt ist, kann man durchaus darauf verweisen, Fragen zu Beratungsgegenständen des Kreistages oder der Gemeindevertretung dort zu stellen oder dort die Anregungen dazu abzugeben.
In Gemeinden, in denen aber lediglich die Pflichtausschüsse gebildet werden, wie das ja zuhauf hier in Mecklenburg-Vorpommern der Fall ist, sollten unseres Erachtens Ortansässigen Möglichkeiten eingeräumt werden, sich Gehör zu verschaffen und ihre Belange auch zu artikulieren, denn hier gibt es die Beteiligung in den Fachausschüssen ja nicht.
Wenn sich die Bürger bei einem bestimmten Vorhaben oder Anliegen einbringen möchten, haben sie natürlich nach der Kommunalverfassung bereits jetzt verschiedene Möglichkeiten, die auch relativ weitgreifend sind.
Das fängt an mit Paragraf 14, „Rechte und Pflichten der Einwohner“: Die Einwohnerinnen und Einwohner „haben das Recht,“
„sich schriftlich oder zur Niederschrift mit Anregungen und Beschwerden an die Gemeindevertretung zu wenden“. Jederzeit! Und: „Sie sind über die Stellungnahme der Gemeindevertretung oder eines Ausschusses unverzüglich zu unterrichten.“ Das heißt im Umkehrschluss, dass durch Einwohnerinnen oder Einwohner eingebrachte Anregungen