Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich sage die Wahrheit, nichts als die Wahrheit.)

Die werden auch nicht durch Wiederholungen wahrer, Herr Kollege Holter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Doch!)

Ich fange mal mit dem Vergabegesetz an. Ihren damaligen Vorschlag – ich kann mich gar nicht mehr genau an Ihren Antrag erinnern,

(Vincent Kokert, CDU: War auch nicht so wichtig, Herr Schulte. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber ich glaube einfach mal, dass Sie das beantragt haben –, dass man in das Vergabegesetz M-V reinschreiben solle, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot …

(Vincent Kokert, CDU: Das steht schon drin! Es steht schon drin, es steht schon drin!)

Ja, ich wollte es doch gerade sagen.

Ich meine, der Antrag, wenn er denn da war – wie gesagt, ich weiß es nicht mehr –, ist doch abgelehnt worden, Herr Kollege Holter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Es geht um die Startups und nicht um die wirtschaftlichsten Angebote.)

Herr Kollege Holter, fangen Sie doch nicht an zu weinen!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Bevor ich weine, müssen andere kommen, Herr Schulte.)

Herr Kollege Holter, der ist abgelehnt worden, weil es schon im Gesetz steht. Das ist doch bei der letzten Novellierung reingeschrieben worden.

(Vincent Kokert, CDU: Das war sogar die Begründung für die Ablehnung.)

Und, Herr Kollege Holter, zu der zurückgehenden Zahl der Existenzgründungen – übrigens bundesweit – vielleicht nur eine Anmerkung: Das hängt einfach damit zusammen, dass heute weniger Menschen mangels anderer Alternativen den Gang in die Selbstständigkeit wählen. Da muss man auch mal ganz deutlich sagen: Menschen, die sich nur deswegen selbstständig machen,

die nur deswegen eine unternehmerische Existenz wagen,

(Udo Pastörs, NPD: Absolut richtig.)

weil sie keine andere Alternative auf dem Arbeitsmarkt haben,

(Udo Pastörs, NPD: Absolut richtig.)

das ist nicht das, was von Erfolg gekrönt ist, jedenfalls im Regelfall nicht. Da muss man wirklich froh sein, dass die Arbeitsmarktsituation heute, gerade auch in Mecklenburg-Vorpommern, eben nicht mehr so ist, wie Sie sie hier unterstellt haben,

(Vincent Kokert, CDU: Sehr richtig, Herr Schulte.)

dass das tatsächlich der Anlass dafür ist, sich unternehmerisch zu betätigen.

Vielleicht mal diese beiden Bemerkungen vorneweg. Dann komme ich noch zu ein/zwei anderen Punkten, die in den Redebeiträgen angesprochen worden sind.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt keinen vorbereiteten Redetext, deswegen kann ich auch nichts abgeschrieben haben.

(Torsten Renz, CDU: Das ist ja nichts Neues. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Das ist ja manchmal auch besser.

(Udo Pastörs, NPD: Auswendig gelernt.)

Das könnte ich, aber das tue ich mir nicht an.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ein/zwei Punkte aufgreifen, die hier nicht angesprochen worden sind. Worauf ich nicht eingehen möchte, sind die ganzen finanziellen Punkte und Programme, die es gibt und die auch in diesem Land zur Verfügung stehen. Aber vielleicht müssen wir die Debatte mal vom Kopf auf die Füße stellen. Wir reden immer darüber, dass Venture- capital gebraucht wird, wir reden darüber, dass wahnsinnig viele Investitionsmittel gebraucht werden und welche Schwierigkeiten auf der finanziellen Seite am Anfang zu überwinden sind. Wenn man sich dann die Zahlen anguckt – das sind jetzt die bundesweiten Zahlen, ich muss zugeben, die Zahlen für M-V habe ich nicht, aber die werden hier im Land auch nicht anders aussehen –, dann sind es 67,6 Prozent der Gründerinnen und Gründer, die sich im Jahr 2014 ohne einen Teampartner und ohne Mitarbeiter selbstständig gemacht haben, das ist fast die Hälfte aller Gründungen – erstaunlicherweise eine ähnliche Zahl bis aufs Komma –, die mit einem Finanzbedarf für Sach- und Finanzmittel unter 5.000 Euro begonnen haben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und dann kommen noch mal weitere 21 Prozent, die mit einem Finanzbedarf von 25.000 Euro gestartet sind.

Das ist die Masse der Existenzgründungen. Das sind nicht – auch nicht in Mecklenburg-Vorpommern – dieje

nigen Unternehmer und Unternehmerinnen, die gleich am Anfang 5 Millionen brauchen, um sich damit selbstständig zu machen und weil sie am übernächsten Tag 30, 50 oder 100 neue Stellen schaffen wollen. Die Masse der Leute sind diejenigen, die eine innovative Idee haben, sich mit dieser Idee selbstständig machen möchten und sich dann tatsächlich am Markt mit ihrem Produkt oder ihrer Dienstleistung auf den Weg machen und ein Unternehmen aufbauen. Bei diesem Unternehmensaufbau müssen wir sie entsprechend unterstützen. Ich denke, da sind die Mittel, die im Land zur Verfügung stehen, durchaus ausreichend.

Herr Kollege Holter, Sie haben es eben angesprochen – ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe –, Unternehmer zu sein in Mecklenburg-Vorpommern müsse wieder hip sein.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU – Udo Pastörs, NPD: Ja.)

Ich will jetzt nicht über die Wortwahl diskutieren, aber vom Grundsatz her, Herr Kollege Kokert, gebe ich dem Kollegen Holter durchaus recht.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, bitte. Tolle Aussage.)

Unternehmer sein sollte durchaus hip sein, was immer damit verbunden ist.

(Vincent Kokert, CDU: Ja. – Heinz Müller, SPD: Hipp, hipp, hurra!)

Ich will es mal mit anderen Worten …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das kam von Herrn Madsen, Herr Kokert. – Vincent Kokert, CDU: Na trotzdem.)

Das war das Kulturprogramm auf dem Landesparteitag.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, genau. – Helmut Holter, DIE LINKE: Das war ein ernster Beitrag. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kokert, Herr Kollege Holter, lassen Sie mich das noch untersetzen!

(Vincent Kokert, CDU: Ich war ja nicht da. Ich war nicht eingeladen.)

Wenn man diesen Begriff wählen will – darauf kommt es ja auch gar nicht an. Das Entscheidende, meine Damen und Herren, ist etwas ganz anderes – da finde ich es auch gut, dass tatsächlich an den Schulen im Bereich AWT, aber auch an anderen Stellen mit den jungen Leuten kommuniziert wird und den jungen Leuten das vermittelt wird –: Selbstständigkeit ist eine Alternative für eine berufliche Entwicklung. Und was man den jungen Menschen, insbesondere den jungen Menschen, aber auch anderen sagen muss, ist, dass Selbstständigkeit und unternehmerisches Risiko natürlich auch mit dem Risiko des Scheiterns verbunden sind. Aber das Risiko des beruflichen Scheiterns, das Risiko des unternehmerischen Scheiterns ist kein persönliches Versagen. Das ist etwas, was bedauerlicherweise in Deutschland, auch in Mecklenburg-Vorpommern, immer noch in vielen Köpfen herumschwirrt,

(Zuruf von Stefanie Drese, SPD)

dass nämlich, wenn jemand unternehmerisch gescheitert ist, er auch ein Versager ist.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Vollkommen richtig.)

Da müssen wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eigentlich ansetzen,