Protokoll der Sitzung vom 09.03.2016

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Warum stellen wir diesen Antrag erst jetzt?

(Rainer Albrecht, SPD: Das fragen wir uns auch.)

Warum haben wir das nicht im Rahmen der Haushaltsberatungen gemacht, werden Sie vielleicht fragen.

(Heinz Müller, SPD: Gute Frage.)

Ich sage Ihnen: Ganz einfach, wir haben uns auf das Ministerwort verlassen.

(Egbert Liskow, CDU: Welches?)

Bildungsminister Mathias Brodkorb kündigte im November 2015 im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz für Studierendenwerke, heute sage ich, großspurig an, dass über das Wirtschaftsministerium für den studentischen Wohnungsbau in den kommenden Jahren über 7 Millionen Euro fließen werden.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Ja, das kommt auch. – Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Weil uns die unhaltbaren baulichen Zustände im Greifswalder Wohnheim in der Makarenkostraße bekannt sind, fragten wir nach, wo denn dieses Geld im Haushalt zu finden ist. Die Antwort auf die Kleine Anfrage war meiner Meinung nach mehr als zynisch. Es kämen grundsätzlich Mittel der Wohnraumförderung sowie der Städtebauförderung in Betracht, hieß es darin. Obwohl der Zustand und der Sanierungsaufwand des Greifswalder Wohnheimes bekannt sind und seine Schließung ohne Finanzhilfe unausweichlich ist, geschieht nichts. Es gäbe lediglich erste Gespräche auf Arbeitsebene im Wirtschaftsministerium, hieß es in der Antwort.

(Rainer Albrecht, SPD: Ja. – Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU: Na und, was passiert da?)

Das ist wirklich unglaublich.

Wir pflegen regelmäßige Kontakte mit den Studierendenwerken, daher wissen wir, dass seit 2008 um Mittel für die Sanierung des Wohnheimes Makarenkostraße gekämpft wird. Unterstützung für die Studierendenwerke wurde sowohl im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2014/15 und auch mit einem Antrag der Bündnisgrünen im Juni 2013 eingefordert.

In der Debatte dazu stellte Bildungsminister Mathias Brodkorb klar, dass eine Grundsanierung innerhalb der kommenden zwei Jahre notwendig ist. Das war im Juni 2013. Wirtschaftsminister Harry Glawe machte im Oktober 2014 jedoch klar, dass es kein Sonderprogramm für Studentenwohnheime geben wird. Darauf hätten sich die Koalitionspartner verständigt, ließ er verlautbaren.

Mit der besagten Äußerung des Bildungsministers, dass Gelder für studentisches Wohnen fließen werden, glaubten wir, dass es tatsächlich ein Umdenken gibt. – Eine fatale Fehleinschätzung, wie sich zeigt.

Ich stelle nicht in Abrede, dass es in Einzelfällen durchaus Hilfe gibt. So unterstützt das Land über die Städtebauförderung beispielsweise die Modernisierung des Studentenwohnheimes in der Johann-Sebastian-BachStraße in Greifswald.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Hansestadt Greifswald beteiligt sich ebenfalls mit einem Drittel an den Kosten. Das ist die Krux bei der Städtebauförderung – das wissen Sie ja aus alter Erfahrung –, Bund, Land und Kommunen müssen je ein Drittel schultern. Deshalb ist die Städtebauförderung nicht immer die geeignete Geldquelle, da sind wir uns doch wohl einig, meine Damen und Herren.

Bisher verliefen alle Gespräche des Studentenwerkes Greifswald mit der Fachabteilung im Wirtschaftsministerium ohne Ergebnis. Deshalb wollen wir einen Landtagsbeschluss erwirken, der eine Soforthilfe ermöglicht. So könnten Mittel aus dem Entflechtungsgesetz zum Einsatz kommen. Diese Mittel werden dem Landeshaushalt für Investitionsausgaben zur Verfügung gestellt. Über die Einsatzgebiete und die Höhe entscheidet der Haushaltsgesetzgeber im Rahmen des Landeshaushaltes. Auch diese Aussage ist Bestandteil der Antwort aus der Kleinen Anfrage im Januar.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Sollten die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz, die leider nicht mehr zweckgebunden für die soziale Wohnraumförderung, den Hochschulbau, kommunale Straßenbaumaßnahmen und die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs einzusetzen sind, vollständig verplant sein, haben wir genug Reserven im Haushalt.

Ich begründe die Forderung nach einer Soforthilfe: Wir stellen uns diese in einer Größenordnung von ungefähr 5 Millionen Euro vor.

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD)

Dann hätte das unsägliche Feilschen mit dem Wirtschaftsministerium ein Ende, das letztlich zu nichts führen wird, denn das Landesprogramm zur Wohnraumförderung 2016 ist im Februar bekanntgegeben worden. Der Mitteleinsatz für die Zuschussförderung ist klar festgelegt. Für die Studierendenwerke ist davon nichts vorgesehen. Eine Darlehensförderung scheidet auch mit den vom Land etwas verbesserten Konditionen aus, weil Zins und Tilgung auf die Miete umzulegen wären. Wir brauchen also eine Soforthilfe außerhalb der Städtebau- und Wohnraumförderung.

Mit der Soforthilfe könnte umgehend mit den Vorbereitungen zur Sanierung von jeweils einem Studentenwohnheim in Greifswald und in Rostock begonnen werden. Beim Greifswalder Wohnheim in der Makarenkostraße 47 ist es fünf vor zwölf – werden keine Fördergelder zugesagt, wird es in einem Jahr geschlossen.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Dann fehlen 186 bis 190.000 Wohnheimplätze.

(Heinz Müller, SPD: Das kann ja nicht sein.)

So weit darf es angesichts des sehr angespannten Wohnungsmarktes in Greifswald nicht kommen. Es gibt zudem in Greifswald ohnehin viel zu wenige Wohnheimplätze. Optimal – die Insider wie Rainer Albrecht wissen das – wären 15 Prozent, bezogen auf die Studierendenanzahl,

(Rainer Albrecht, SPD: Bei 12 sind wir doch schon!)

tatsächlich sind es in Greifswald aber unter 9 Prozent, die Makarenkostraße mit eingerechnet. Es muss also eine Einigung gelingen, die Plätze werden dringend gebraucht.

Sanierung und Umbau kosten 6,1 Millionen Euro. Notfalls müssen Landesregierung und das Greifswalder Studierendenwerk auf eine Kombination von Zuschüssen und Darlehen eingehen. Auch Möglichkeiten der Stundung oder des Tilgungsaussatzes sollten dabei geprüft werden. Kurzum, ich erwarte lösungsorientierte Kreativität.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Manchmal glaube ich ja, dass das leider ein Fremdwort für die Landesregierung ist, weil es doch eher ein Häuserkampf ist, aber wir bestehen auf diese lösungsorientierte Kreativität. Damit darf der Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium nicht alleingelassen werden. Da müssen die Finanzministerin, der Bildungsminister und der Wirtschaftsminister an einen Tisch und gemeinsam schauen, was machbar ist.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Harry, schau mal!)

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das Rostocker Studierendenwerk braucht Hilfe. Die Wohnheime in Lichtenhagen, Möllner Straße 11, Häuser 3 und 4, waren über längere Zeit nur bis zur dritten Etage belegt. Und warum? Weil der Brandschutz nicht ausreichte. Die Wohnheime sind ohnehin wegen des schlechten Bauzustandes und der Lage nicht besonders beliebt. Ich mache

noch einmal darauf aufmerksam, dass diese Häuser dem Betrieb für Bau und Liegenschaften gehören, das heißt also, in Verantwortung des Landes sind!

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Das Studierendenwerk Rostock ist lediglich Mieter. Der BBL nahm also in Kauf, dass die Häuser halb leer stehen, weil Brandschutz und Sanierung unterblieben. Da frage ich mich schon, warum unternahmen der BBL und das zuständige Finanzministerium nichts.

Nun gibt es neue Pläne. Die Hansestadt steht in Verhandlungen mit dem BBL. Das DRK will Haus 3 als Flüchtlingsunterkunft nutzen. Der Brandschutz ist jetzt hergestellt. Haus 3 wird hergerichtet, um dort 240 Flüchtlinge unterzubringen.

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

Die noch im Haus 3 wohnenden Studierenden ziehen vorerst in die obere Etage des Hauses 4 um. Ende September soll aber auch dieses Haus abgegeben und für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden. Für die fehlenden Wohnheimplätze soll in Rostock-Warnemünde, Friedrich-Barnewitz-Straße, Haus 4, Ersatz geschaffen werden. Das Haus wurde unsaniert erworben und soll nun saniert werden. Mit rund 3,4 Millionen Euro sollen 101 Wohnheimplätze entstehen. Das Rostocker Studierendenwerk greift für dieses Wohnheimprojekt auf seine Rücklagen zurück, ist dann aber kaum noch handlungsfähig für weitere Vorhaben. Deshalb würde eine Soforthilfe auch in Rostock die Situation enorm verbessern.

Meine Damen und Herren, neben der Soforthilfe halten wir ein Landesprogramm zum Bau und zur Sanierung von Wohnheimplätzen ab 2018 für unverzichtbar. Aufgabe der Studierendenwerke ist nun einmal auch die Sicherung des Wohnens. Mit dem kürzlich geänderten Studierendenwerksgesetz wurde die Höhe der Kreditaufnahme begrenzt. Das schränkt die Möglichkeiten zusätzlich ein. Darlehen helfen ohnehin kaum, weil dann die Mieten nicht mehr BAföG-gerecht sind, und das ist der entscheidende Punkt, dass dann die Mieten nicht mehr BAföG-gerecht sind. Im BAföG werden maximal 224 Euro als Bedarf für die Unterkunft anerkannt, ab Herbst sollen es 250 Euro sein. Deshalb brauchen die Studierendenwerke eine Zuschussförderung, um weiter geringe Mieten zu ermöglichen.

Der Bund hat unlängst ein Bundesprogramm über 120 Mil- lionen Euro für das studentische Wohnen aufgelegt. Damit sollen innovative Wohnbauprojekte gefördert werden, beispielsweise flexible Wohnmodule, die sich auch für Wohngemeinschaften zusammensetzen lassen. Diese Module sollen zunächst für Studierende und Auszubildende und später dann auch für Ältere genutzt werden können. Dieses Programm hilft jedoch bei der Sanierung und dem Umbau der vorhandenen Wohnheime überhaupt nicht. Das wollte ich Ihnen mit meinem Beitrag gerne noch mal klarmachen.

Das Studierendenwerk Rostock will das Bundesprogramm nutzen, intensive Gespräche laufen.

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

Eine Soforthilfe würde ermöglichen, dass die Rücklage für solche neuen Projekte zur Verfügung stehen würde. Das, meine ich, sollten wir als Landtag fraktionsübergrei

fend unterstützen. Deshalb appelliere ich noch einmal ausdrücklich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Unterstützen Sie unseren Antrag!

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unsere Unterstützung haben Sie.)

Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.