Und da man dies selbstverständlich alles auch juristisch ganz anders sehen kann, plädiere ich dafür, eine KAGÄnderung erst nach Schaffung der erforderlichen Rechtsklarheit durch das Bundesverfassungsgericht vorzunehmen. Meine Fraktion wird sich deshalb und aus den vorgenannten Gründen der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren, Gleiches gilt für den Änderungsantrag, der uns vorliegt. Diesem hätte ich sehr gern zugestimmt.
Die Streichung der möglichen Erhebung von Erneuerungsbeiträgen aus dem KAG war zwar nicht Gegenstand der Anhörung, jedenfalls kein zentraler, die Streichung soll aber im Ergebnis der Anhörung vorgenommen werden. Der Städte- und Gemeindetag hat neben der Einfügung einer zeitlichen Obergrenze für die Beitragserhebung gegenwärtig keinen weiteren Regelungsbedarf gesehen.
Auch das Innenministerium vermag für diesen Änderungsantrag fachliche Gründe nicht zu erkennen, da für den Bereich des öffentlichen Rechts bisher ohnehin keine Aufgabenträger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. Mein Kollege Heinz Müller ist darauf eingegangen, dass mit der Gebührenerhebung hier ein taugliches und ausreichendes Finanzierungsinstrument zur Verfügung steht. Aus politischen Gründen könnte man es aber so machen, wenn die spezielle Praxis der Baukostenzuschüsse in Schwerin weiter ermöglicht wird. Das große politische Signal dieses Änderungsantrages entpuppt sich auf diesem Wege als einfache, kleine Rechtsbereinigung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon des Öfteren gehört, Hintergrund für eine der angestrebten Neuregelungen hier im KAG ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes aus Leipzig. Danach ist die jetzige Regelung im KAG, die als Grundlage für Beitragserhebungen dient, als rechtswidrig anzusehen. Da das Bundesverwaltungsgericht aber keine Verwerfungskompetenz hat, wie man das im juristischen Deutsch so nennt, ist das KAG in seiner Form bisher immer noch in Kraft. In der Anhörung – das hat auch mein Kollege Müller heute gesagt – hat ein Vertreter des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald jedoch gesagt, ein Nichthandeln des Landtages ist keine Option.
Derzeit fehlt es also an einer verbindlichen Festlegung, wann die Beitragszahler nicht mehr mit dem Entstehen einer sachlichen Beitragspflicht zu rechnen haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies für unzulässig erklärt. Nach dem Urteil hätten die kommunalen Aufgabenträger der Wasserversorgung und Abwasserversorgung ihre Beiträge bis zum 31.12.2008 geltend machen müssen, was zumindest in einigen Zweckverbänden bei uns im Land zu ziemlichen Problemen geführt hätte. Da greift jetzt unsere Neuregelung im Gesetz und es gibt eine Frist bis in das Jahr 2020.
Ich könnte jetzt noch mal hinsichtlich der Erneuerungsbeiträge ausführen, aber mein Kollege Heinz Müller hat ja schon gesagt, warum wir zunächst einen Änderungsantrag in den Innenausschuss eingebracht haben, den wir dann aus guten Gründen zurückgezogen und das Problem mit dem Schweriner Wasser- und Abwasserversorger geklärt haben. Ich glaube, die jetzige Regelung, auch mit dieser Übergangsregelung, wie wir sie heute zum Beschluss vorlegen, ist eine gute Regelung und führt zu einem vernünftigen Interessenausgleich. Es ist
klar, dass gerade beim KAG es sicherlich nach dieser Novelle zu weiteren juristischen Auseinandersetzungen kommen kann.
Es ist vielleicht eine Option, Frau Rösler, zu warten, bis das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Ich zumindest finde aber, Sie stehlen sich hier ein wenig aus der Verantwortung. Es ist mit Sicherheit eine schwierige Rechtsthematik. Ich glaube aber, Nichtstun ist hier zurzeit keine Option. Mit der Regelung, die wir vorgesehen haben, haben wir zumindest die Möglichkeit, etwas mehr Rechtsfrieden zu schaffen. Es ist klar, dass dabei nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen, so zum Beispiel, wie die Bürgerinitiative von uns auch gefordert hat, dass wir eine vollständige Rückabwicklung der bereits gezahlten Beiträge vornehmen. Das würde mehrere 100 Millionen bedeuten, die hier bereits geflossen sind. Die müssten zurückgezahlt und dann über mehrere Jahre über Gebühren wieder refinanziert werden. Auch das würde sicherlich zu neuen Verwerfungen führen.
Insofern halten wir diesen hier eingebrachten und jetzt zum Beschluss stehenden Gesetzentwurf mit unserem Änderungsantrag für einen richtigen Weg und ich bitte Sie um Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben die vorliegende Änderung des KAG schon in der Ersten Lesung abgelehnt und werden dies heute auch wieder tun. Nach unserer Auffassung sollen Fehler der Vergangenheit hier äußerst zweifelhaft geheilt werden ohne Rücksicht darauf, dass dadurch ein Unrecht gegenüber den betroffenen Hauseigentümern Gesetzeskraft bekommt. Hier sollen Gebühren nachträglich eingetrieben werden, von denen für die meisten gar nicht klar ist, dass diese überhaupt erhoben werden müssen.
Dass die Verbände die Betroffenen im Unklaren lassen durften, ob sie Beiträge erheben und in welcher Höhe, hat weder etwas mit wirtschaftlicher Sicherheit noch mit Rechtssicherheit zu tun. Nach wie vor wird sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf damit herausgeredet, dass es bei einem Gebührenmodell zu einer gespaltenen Gebühr käme. Von Anschlussnehmern, die noch keinen Beitrag gezahlt hätten, werden höhere Gebühren gefordert als von denen, die bereits welche entrichtet haben.
Das ist kein Argument, das ist nur vorgeschoben, denn es wäre allgemein gerechter, die Kosten umzulegen, als Betroffene nach einem Jahrzehnt und teilweise länger an den Rand des Ruins zu treiben.
Für alle unter Ihnen, welche die wütende E-Post des Aktionsbündnisses „Wasser und Abwasser“ gleich gelöscht haben, werde ich abschließend einen kurzen Teil zitieren, damit Sie später nicht behaupten können, Sie
„Kosten, die durch zweifelhafte Arbeitsweisen der Zweckverbände auf Weisung der Landesregierung entstanden sind, sollen also auch in Zukunft einseitig den Grundstücksbesitzern aufgebürdet werden. Die weiter wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung nimmt man scheinbar gern in Kauf – und freut sich auf das neue Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Verwaltungsgerichte.
Auch wir“, also das Aktionsbündnis, „haben immer betont, dass das KAG M-V eine Regelung zur endgültigen Verjährung von Beitragsforderungen benötigt. Bei der Festlegung dieser Regelung sollte jedoch das berechtigte Interesse der Bürger an einer kurzen Verjährungsfrist berücksichtigt werden. Wir plädieren deshalb für eine Zeitdauer von 10 Jahren. Diese lehnt sich an die Steuergesetzgebung an und würde der in Sachsen-Anhalt geltenden Regelung entsprechen. Längere Zeiträume sind kritisch zu sehen, schon deshalb, weil sie die Aufbewahrungsdauer fraglicher Nachweisdokumente übersteigen!
Es ist nicht plausibel, wenn Forderungen an Steuerhinterzieher nach 10 Jahren verjährt sind, die Zweckverbände aber 20 Jahre Zeit haben, beim unbescholtenen Bürger nachträglich abzukassieren (insgesamt sogar 30 Jahre).“
„Nicht erklärbar wäre auch, warum dieser Zeitraum doppelt so lang wie in Sachsen-Anhalt sein soll und warum für Steuer- und Wirtschaftskriminalität bisher keine Verjährungshemmung wegen der ,Wirren der Wende‘ festgelegt wurde.“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Problematik, die heute aufgeworfen wurde, ist weit vor meiner politisch verantwortbaren Zeit entstanden.
Wenn ich jetzt auf dieses Problem schaue, denke ich, oh Gott, da sind sicherlich viele Fehler unterlaufen, da gibt es viele schlechte Lösungen, und jetzt geht es darum, die beste unter den suboptimalen Lösungen zu finden.
(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das denken Sie mit der Überheblichkeit der jungen Leute.)
Herr Müller hat das gerade so schön gesagt, es ist schwierig, in einer solchen Situation eine Lösung zu finden, die alle zufriedenstellt.
Es ist eine verfahrene und schwierige Situation, gleichwohl ist die Politik zum Handeln aufgefordert, denn das erwarten die Menschen in unserem Land.
Das Thema Altanschließer und die nun vorgeschlagene Änderung des Kommunalabgabengesetzes haben zu erheblichen Diskussionen im Land und vor allem bei den Betroffenen geführt. Fest steht, dass wir eine Neuregelung brauchen, denn das derzeit geltende Gesetz ist verfassungswidrig. Das bestreitet in unserem Kreise niemand. Das derzeitige Gesetz genügt nicht dem Grundsatz der Rechtssicherheit, Klarheit darüber zu erlangen, ob und in welchem Umfang man zu einem Beitrag herangezogen werden kann, weil eine klare Verjährung der Ansprüche fehlt, wenn keine wirksame Satzung vorliegt.
Zweitens ist im Gesetz geregelt, dass mindestens bis zum Jahr 2008 Beiträge erhoben werden können. Es fehlt jedoch eine zeitliche Höchstgrenze. Eine Verjährungsfrist wird mit der Gesetzesänderung unverbindlich festgelegt. Klar ist aber auch, dass Anschlussbeiträge für Altanschließer zulässig sind. So hat es auch das OVG Greifswald entschieden. Allerdings – und das muss immer wieder deutlich gesagt werden – dürfen auch bei Altanschließern nur Investitionen, die nach 1990 getätigt wurden, berücksichtigt werden.
Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass Betroffene nicht nachvollziehen können, dass Beiträge nach so vielen Jahren immer noch nicht erhoben wurden, weil Satzungen nicht rechtswirksam waren. Das ist definitiv keine Erfolgsgeschichte des Verwaltungshandelns hier in Mecklenburg-Vorpommern. Ich denke auch, dass die Neufassung des Gesetzes bereits wesentlich früher hätte erfolgen können und müssen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist immerhin bereits aus dem Jahr 2013. Nichtsdestotrotz liegt nun eine Verjährungsfrist bis zum Jahr 2020 vor, für die nach der Anhörung anzunehmen ist, dass sie auch zulässig ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass ohne eine Neufassung die Zweckverbände auch in denjenigen Fällen keine Beiträge mehr erheben können, die nicht unter die sogenannten Altanschließer fallen.
Diese unsichere Rechtslage führt also dazu, dass die Zweckverbände – darunter auch die Verbände, die die Erhebung der Altanschließerbeiträge abgeschlossen haben, und das sind die allermeisten – keine Beiträge für neu erschlossene Baugebiete erheben können. Wir müssen also jetzt eine Entscheidung treffen, nichts zu tun, ist keine Option.
Wegen der fehlenden Verjährung wird von den Kritikern des vorliegenden Gesetzes vor allem auf ein weiteres Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem November 2015 verwiesen, in dessen Folge Anschlussbeiträge in Brandenburg zurückgezahlt wurden. Diesem Urteil ist allerdings eine andere Rechtsauffassung der dortigen Verwaltungsgerichte vorausgegangen, ob die Satzungen zur Erhebung der Anschlussbeiträge rechtswirksam sein müssen oder nicht. Das OVG bei uns im Land ist stets davon ausgegangen, dass es auf wirksame Satzungen ankommt. Das erscheint auch mir nachvollziehbar.
Natürlich ist es kritikwürdig, wenn ein Zweckverband erst 2012 zu einer wirksamen Satzung kommt. Können wir ausschließen, dass das Bundesverfassungsgericht vielleicht auch für unser Kommunalabgabengesetz zu einer anderen Auffassung kommt? Nein, wir können es nicht ausschließen. Da liegt ein Risiko. Aber nach derzeitigem Kenntnisstand müssen wir davon ausgehen, dass das Gesetz dahin gehend verfassungskonform ist.