Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir haben abgewogen. Wie man das so macht, Frau Borchardt.)

Jaja, abgewogen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und da wird auch teilweise schnell mal was verworfen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben das in den Sand gesetzt, das ist die Realität. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und es ist auch unbestritten, und den Zusammenhang können wir darstellen: Die Polizeistrukturreform, die wurde auf den Weg gebracht und wenn wir uns das jetzt mal ganz genau angucken, der Zugang von Bürgerinnen und Bürgern, eine Anzeige zu erstatten, wird immer weiter erschwert.

(Manfred Dachner, SPD: Nee! Nee, nee, das kann man nicht sagen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na, na, na! Was erzählen Sie denn da?!)

Nun kann man immer sagen, ja, die können das ja über E-Mail machen und was weiß ich nicht alles. Das ist aber …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was erzählen Sie denn da, Frau Borchardt?!)

Gucken Sie sich die Eingänge an! Wir werden uns das auch noch mal ganz genau angucken, wie viele Anzeigen und aus welchen Regionen diesbezüglich was gekommen ist. Wenn es aber weniger Anzeigen gibt, dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, dass es weniger Klageverfahren gibt.

(Egbert Liskow, CDU: Das ist doch gut.)

Da besteht doch ein Zusammenhang und nun frage ich Sie, das hat doch nichts damit zu tun, dass es in Mecklenburg-Vorpommern weniger Unrecht gibt oder weniger Rechtsverletzungen gibt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber vielleicht ja doch.)

Nein. Der Zugang dazu wird einfach erschwert und ob das zuträglich ist, das wage ich zu bezweifeln.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh Gott! Das ist aber wirklich ‘ne krude Theorie.)

Gestatten Sie mir noch ein paar Anmerkungen zur Begründung des Reformbedarfes. Nun wird ja immer wieder hervorgehoben, dass die Effizienz der Gerichte weiter in den Vordergrund gestellt werden müsse.

(Egbert Liskow, CDU: Wenn die Streitfälle zurückgehen, dann ist das doch gut.)

Woran man die Effizienz von Gerichten festmacht, das konnte bislang nicht genau definiert werden. Behauptet wird, größere Amtsgerichte arbeiten effizienter als kleinere Amtsgerichte. Aus der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage ist das leider nicht ersichtlich und das gucken Sie sich bitte genau an. Behauptet wird weiterhin, wir werden aus der demografischen Sicht zukünftig weniger Eingänge haben. Auch das ist nicht belegt worden. Wir haben das in der letzten Debatte schon mal gesagt – und der Demografiebericht, auf den Sie sich ja immer beziehen, der IMAG-Bericht, besagt es ja auch –, es gibt keinen linearen Zusammenhang, der wirklich ersichtlich ist zwischen Eingängen und der demografischen Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern.

Nun haben wir uns mal die Mühe gemacht und ein bisschen gerechnet. Wir hatten von 2005 bis 2010 einen Bevölkerungsrückgang um 65.000 Bürger, was etwa 3,8 Prozent der Bevölkerung entspricht. Eine Kleine Anfrage hinsichtlich der Geschäftsanteile pro Jahr ergab, dass die Amtsgerichte im Land im Jahr 2006 insgesamt 60.458 Geschäftsanteile verzeichneten. Im Jahr 2011 waren es insgesamt 60.373. Dies bedeutet einen Rückgang von nur 0,14 Prozent. Zugegebenermaßen ist diese Zahl noch nicht bereinigt durch die Mehrbelastung im Versorgungsausgleichsverfahren, allerdings wurden auch nicht die Fälle der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen auch Betreuungssachen gehören, berücksichtigt, für die uns die Regierung angeblich keine Zahlen vorlegen kann. Allerdings geht das Justizministerium in seiner Antwort, in seinem Arbeitsentwurf davon aus, dass von

2008 bis 2011 mit einem Anstieg der anhängigen Betreuungsverfahren um mehr als 2.000 zu rechnen sei. Dieser Anstieg ist in den Berechnungen ebenfalls nicht erfasst. Und nun frage ich mich natürlich: Wie belegen Sie die Eingänge, also die demografische Entwicklung, wie stellen Sie diesen Zusammenhang letztendlich dann auch mit her?

Ich will zu einem anderen Punkt kommen.

(Zuruf aus dem Plenum: Haben Sie denn noch Redezeit?)

Ich habe noch genug Redezeit, keine Angst, Herr Dachner. Ich kann hier meine 18 Minuten …

(Manfred Dachner, SPD: Ich habe doch gar nichts gesagt.)

Ja, jaja. Machen Sie ruhig so weiter.

(Manfred Dachner, SPD: Ich hab kein Wort gesagt!)

Dann kommen wir zum nächsten Punkt. Sie haben nun festgeschrieben – und Sie sagen, Sie haben sich bewegt –, aus den 8 Amtsgerichten, die zu befürchten waren, sind jetzt 10 Amtsgerichtsbezirke geworden mit 5 Zweigstellen. Mit dieser Festschreibung im Gesetz wollen Sie uns dann einreden, dass damit diese Zweigstellen vom Prinzip her auf Dauer gesichert sind.

Die Experten sagen …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Natürlich sind sie das.)

Jaja, und wenn die Eingänge dann nicht mehr sind in den Zweigstellen, weil man das alles nicht mehr überschaubar macht, weil man die Aufgaben verlagert, dann sagen wir hier irgendwann mal im Landtag,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach! Was malen Sie denn da an die Wand? Das ist ja eine richtige Verschwörungstheorie.)

die Zweigstellen können geschlossen werden, weil die keine Aufgaben mehr haben, das nehmen alles die Amtsgerichte mit. Also das ist einfach hanebüchen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das glauben Sie doch selber nicht! – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Ich sage Ihnen aber auch, Zweigstellen, egal wie viele Sie einrichten, sind eben nicht die Lösung.

(Heinz Müller, SPD: Frau Borchardt berichtet vom Blick in die Glaskugel.)

Wissen Sie, so langsam kennen wir doch das Regierungshandeln, da brauche ich nicht in die Glaskugel zu gucken.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach so?)

Und Sie, Herr Müller, und das erwarte ich einfach von Ihnen, gucken Sie sich die Stellungnahmen an und dann werden Sie sehen, wie die Amtsgerichte und die Direkto

ren – und nicht nur die Direktoren – zu der Frage „Einrichtung von Zweigstellen“ stehen. Eins steht fest und das hat die Vergangenheit bewiesen:

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mit Gesetzesvorbehalt?)

Zweigstellen verselbstständigen sich und von Effizienzsteigerung in dem Zusammenhang zu reden, ist einfach falsch.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Zweigstellen, und das wissen Sie auch aus der Kreisgebietsreform, heißt mehr Verwaltungsaufwand, heißt mehr Koordinierungsaufwand und so weiter und so fort.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Möchten Sie keine Zweigstellen mehr haben, Frau Borchardt? – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Nein, ich frag Sie einfach,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich frag nur, möchten Sie keine Zweigstellen haben, dann müssen Sie das sagen.)

ich frag Sie einfach: Warum kann man denn die Zweigstellen, die Sie jetzt einrichten wollen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann sagen Sie, wenn Sie keine Zweigstellen haben wollen, dann müssen wir das wissen.)

nicht ganz normal als Amtsgerichtsstandort einrichten?

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Heinz Müller, SPD)

Worin besteht denn da der große Unterschied, wenn Sie sagen, das ist das Gleiche. Ich sage Ihnen, das ist was anderes.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist genau der Hintergrund.)

Die Zweigstellen machen eben nicht mehr jede Arbeit. Da sind nicht mehr alle Eingänge. Der Bedarf der Bürgerinnen und Bürger zu bestimmten Fragen wird dort nicht geklärt