steht doch „Das WIR entscheidet.“ für Gemeinsamkeit, für Solidarität und Zusammenhalt. Ich betrachte das als eine universelle Aussage, insofern müsste sie auch zutreffen auf Theater und Orchester. Wie ist es aber bestellt um das „Wir“? Wer ist „Wir“? Sind „Wir“ die Hundert- tausenden Besucherinnen und Besucher von Theaterveranstaltungen, Sinfoniekonzerten oder den Open-AirVeranstaltungen gerade auch in diesem Sommer? Wohl nicht. Sind „Wir“ die 51.000 Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die die Volksinitiative unterschrieben haben im vergangenen Jahr? Wohl nicht. Sind „Wir“ die 16.000 Petentinnen und Petenten, die im Raum Stral- sund eine Massenpetition unterschrieben haben? Wohl nicht. Sie wurden seinerzeit nicht einmal angehört, die Mehrheit von SPD und CDU im Ausschuss hatte das verhindert. Sind „Wir“ die Tausenden Rostockerinnen und Rostocker, die für ein eigenständiges Theater ihre Unterschriften gegeben haben? Wohl nicht.
„Wir“ sind alleinig offenbar der Ministerpräsident Herr Sellering und der Bildungsminister. „Wir“ ist SPD, mithin betitelt sich die SPD in der dritten Person. Ein glaubwürdiges „Wir“ hätte bedeutet, wir berücksichtigen, dass für sehr, sehr viele Menschen Kultur, insbesondere Theater und Orchester, elementar wichtig sind, wir berücksichtigen dies in der Mittelbereitstellung und in der konzeptionellen und operativen Arbeit. All das tun Sie nicht. Sie deklarieren, Sie plakatieren etwas, was Sie im Alltag schlicht und ergreifend missachten.
Zweitens: Wie glaubwürdig ist Ihr Koalitionsvertrag, Herr Kokert? Sie haben ihn ja mit unterzeichnet. Im Koalitionsvertrag im Punkt 232 kündigen Sie ein grundlegend neues Konzept für Theater und Orchester an. Tatsächlich gibt es aber kein Konzept.
(Vincent Kokert, CDU: Wissen Sie, dass Ihre Oberbürgermeisterin in Schwerin es akzeptiert hat? Die Stadtvertretung hat mit zugestimmt. Da waren Ihre Leute auch dabei.)
Tatsächlich gibt es kein Konzept, es gibt lediglich Modelle, und diese sind vom Leben auch noch überholt worden. Statt konzeptionell und systematisch an gleichberechtigter Gestaltung für die Zukunft aller Standorte zu arbeiten, betreiben Sie ein kurzatmiges Krisenmanagement. Sie bieten nur Insellösungen für einzelne Standorte an, die noch dazu gegeneinander ausgespielt werden. Glaubwürdige Politik, sehr geehrte Damen und Herren, sieht anders aus.
Drittens: Wie glaubwürdig ist die von Ihnen propagierte faire Partnerschaft zwischen Land und Kommunen? Von fairer Partnerschaft haben Sie geschrieben im Koalitionsvertragspunkt 335. Ihre faire Partnerschaft entpuppt sich, Herr Kokert, als politische Nötigung. Sie bieten den Einstieg in das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin an. Im Übrigen hätten Sie das schon im April vergangenen Jahres haben können, wir haben das damals vorgeschlagen, unter anderem Blickwinkel zwar, aber Sie haben anderthalb Jahre an der Stelle verloren. Lassen wir das mal beiseite. Sie sagen, wir wollen da einsteigen im Mecklenburgischen Staatstheater und verbinden das mit knallharten Bedingungen. Sie sagen, wir wollen, dass ihr Schwerinerinnen und Schweriner verhandelt.
Jetzt kommt es nämlich: Sie sagen, verhandelt ihr mal! Verhandelt ihr mal, aber was ihr zu verhandeln habt, das Ergebnis der Verhandlungen, das sagen wir euch gleich noch an.
Verhandlungen zu führen mit den Nachbarkreisen unter der Bedingung, dass die zustimmen. Was passiert, Herr Kokert, wenn die das nicht machen, nicht können oder nicht wollen? Das ist alles sehr fragwürdig, was Sie da machen. Sieht so glaubwürdige, faire Partnerschaft aus?
Zweifelhaft ist Ihre faire Partnerschaft auch in Sachen Dialogpolitik. Sie haben immer propagiert: Wir machen eine Dialogpolitik. Die Landrätin Hesse erklärte im Kulturjournal auf NDR 1, dass sie von den Plänen der Landesregierung am Telefon erfahren hat.
Zweifelhafter Natur ist die Partnerschaft auch in Sachen Finanzen. Für das Jahr 2013 haben Sie 2 Millionen Euro mehr für das Mecklenburgische Staatstheater eingestellt – vernünftigerweise, weil Sie anerkannt haben, dass es da einen höheren Bedarf gibt. Der soll fortgeschrieben werden, jetzt aber anders: 1,2 Millionen Euro durch Schwerin und 800.000 Euro durch die Nachbarkreise. Was Sie im Grunde machen – die 2 Millionen kommen dann also wieder zusammen –, was Sie machen, ist, dass Sie 40 Prozent des Förderbedarfs, der unbestritten ist, nunmehr auf die kommunale Ebene verlagern. Sieht so glaubwürdige Politik aus? Ich denke, nein.
Nicht zweifelhaft, sondern geradezu abenteuerlich, geradezu abenteuerlich ist die fortdauernde Erpressung Rostocks: Wir streichen die Fördermittel, wenn ihr euch unwillig zeigt. – So etwas nennt man Willkür. Ihre faire Partnerschaft ist nicht glaubwürdig. Sie arbeiten gegenüber den Kommunen mit Erpressung, mit Ansagen und mit Abstrafung.
Ein weiterer Punkt: Ich komme auf Ihre Erklärung zurück. Also ich bin so fasziniert von der trefflichen Beschreibung durch Herrn Saalfeld, dass ich das aufgreifen möchte, was er gestern sagte: Zum Haushalt, Herr Sellering, haben Sie ein Grußwort gehalten.
In Ihrem Grußwort haben Sie auch über die Theater und Orchester gesprochen. Was Sie gesagt haben, hat wenig Volumen. Sie haben aber gesagt, wir sichern die Theater, indem wir den Trägern Umstrukturierungshilfen geben.
Die am Standort Neubrandenburg/Neustrelitz seinerzeit – das dürfte auch Sie interessieren, Herr Kokert –,
am Standort Neubrandenburg/Neustrelitz zugesicherten fusionsbedingten Mehraufwendungen aus der Zeit von Henry Tesch sind nie bezahlt worden. Der Landrat – da waren Sie jetzt am Montag Zeuge – Herr Kärger hat im Kreistag Mecklenburgische Seeplatte gesagt, uns fehlen im Jahre 2013 im laufenden Betrieb – da geht es noch nicht um Umstrukturierungshilfen – 300.000 Euro, nächstes Jahr 400.000 Euro. Und er sagt, wir verwehren uns ja nicht den Umstrukturierungen, aber umstrukturieren kann man nur, wenn man einen Umstrukturierungspartner oder Fusionspartner hat, den hätte er nicht. Also den hat er nicht, weil im Osten des Landes die Hausaufgaben gemacht wurden, das ist doch ganz klar.
was der Ministerpräsident anbietet, erinnert an die Fabel von Storch und Fuchs. Glaubhaftigkeit, sehr geehrte Damen und Herren, sieht anders aus.
Auf Seite 17 des Wahlprogramms der SPD heißt es, Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist eine Frage der Wertschätzung, und auf Seite 19, ich zitiere: „Wir brauchen eine Stärkung des bewährten Tarifvertragssystems und der Tarifbindung.“ Was fehlt, wäre eine Fußnote: Dies gilt nicht für Theater und Orchester. Denn in der Realität versuchen Sie hier in Schwerin, die Gewerkschaften – Sie als SPD –, die Gewerkschaften der Orchestermusiker zur Herabstufung der Tarife zu zwingen. Mal ganz abgesehen davon, dass das ein Eingriff in die Tarifautonomie ist, das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Verrat an den schwer erkämpften gewerkschaftlichen Rechten. Das ist das Brechen eines Wahlversprechens vor dem Wahltag.
(Vincent Kokert, CDU: Warum gucken Sie mich immer so böse an, wenn es um ihr Wahlprogramm geht, Herr Koplin?)
(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Herr Koplin kann gar nicht böse gucken. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)
dass Sie Ihren Einfluss geltend machen und dafür sorgen, dass die Koalition auch unserem Antrag zustimmt,