Protokoll der Sitzung vom 05.09.2013

Ja, aber es findet eine Umverteilung statt, eine Umverteilung! Rechnen Sie es doch einfach mal durch! Ich weiß nicht, in welcher Funktion Sie sonst noch hier sind, welche Zuschläge Sie bekommen. Wir gehen einfach mal von rund 5.000 Euro aus, richtig? Dann sind das 1.500 Euro, die Sie verlieren würden. Das sind 25 beziehungsweise dann die 30 Prozent. Das ist die erste Säule.

Und da sage ich – bei allem Wohlwollen –, diese 14 Prozent, die wir verlieren in der ersten Säule, die zu einer Umverteilung innerhalb der Landwirtschaft zugunsten kleinerer oder zugunsten von dem Einstieg von Landwirtschaftsbetrieben führt, das halte ich für richtig und das müssen auch unsere Betriebe aushalten können. Aber es sind immerhin eben 16 Prozent weniger an Einkommen.

Und dann, Frau Karlowski, bitte ich auch um Verständnis, wenn wir die Geschichte der Landwirtschaft uns anschauen, ähnlich wie im Mittelstand, alle reden vom Mittelstand und wenn wir uns das real anschauen, dann haben wir eine massive Veränderung des Mittelstandes gehabt. In der Landwirtschaft bedeutet das, 1949 – das können Sie in Ihrem iPad mal nachschauen, vielleicht kriegen Sie das relativ schnell heraus –, 1949 hatten wir in Deutschland mit den Betrieben, die wir hier haben, tatsächlich 1,6 Millionen landwirtschaftliche Betriebe. Wie viele haben wir heute? Wir haben heute exakt 130.000 Haupterwerbsbetriebe, 130.000 Haupterwerbsbetriebe und – gut, die Zahlen sind mit Kommastellen noch dabei – 130.000 Nebenerwerbsbetriebe. Der Traum der 60er-Jahre, den die GRÜNEN versuchen, den Menschen hier zu erklären, man könnte irgendwann zu dieser Zeit zu der heilen Welt des kleinbäuerlichen Betriebes zurückkommen,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau, nein. Sie haben nicht zugehört. Sie kommen nicht da hin, was ich Ihnen erklärt habe.)

diese Zeit kommt nicht zurück, Sie können sich das noch so sehr wünschen. Die jungen Menschen haben heute andere Vorstellungen von moderner Landwirtschaft. Kommen Sie auf die MeLa! Kommen Sie dort hin und unterhalten Sie sich mit den Junglandwirten, die in diesem Land im Übrigen eine hervorragende Rolle spielen! Unterhalten Sie sich mal mit denen! Sie machen es einfach nicht, sondern Sie sind ideologieverhaftet.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und das fällt Ihnen und uns allen auf die Füße.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist doch Kokolores.)

Und jetzt geht es aber noch weiter.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt hören Sie bitte noch mal ganz in Ruhe zu, weil Sie immer nur von der Wende reden. Ich kann diesen Begriff der „Wende“ gar nicht mehr hören. Eine Wende, Energiewende und jetzt kommt wieder eine Landwirtschaftswende, ich weiß nicht, wo wir uns noch überall hinwenden wollen. Die Einzigen, die eine Wende richtig mitgemacht haben, waren wir hier. Das nehme ich auch mal für mich persönlich in Anspruch.

(Beifall Andreas Texter, CDU – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber ich will gar nicht ablenken. Jetzt gehen wir in die zweite Säule. Da geht es elementar um die ländliche Entwicklung. Und wer ein bisschen nachdenkt und mir zuhört bitte jetzt noch mal, der wird das auch nachvollziehen können.

Wir haben in dieser Förderperiode exakt 975 Millio- nen Euro im ELER gehabt. Wir werden, wenn es heute Nacht dabei bleibt, nämlich die Trilog-Verhandlungen zu Ende geführt werden, hoffen wir, dass wir 845 bekommen. Das sind, Frau Karlowski, 130 Millionen schon mal weniger. Weniger!

(Egbert Liskow, CDU: Richtig gerechnet.)

Das sind im übertragenen Sinne 260 Kindergärten oder Schulen, die wir nicht instand setzen können, oder andere Dinge nicht, Straßen, die Sie nicht wollen, das verstehe ich von Ihnen vielleicht noch, aber andere Menschen müssen dort auf den Straßen fahren und zur Arbeit kommen. Das ist zwingend notwendig, dass wir dieses Geld hoffentlich behalten.

Und das hat mich fast zur Weißglut getrieben, jetzt kommen die GRÜNEN und sagen, weil wir in Deutschland insgesamt 1,2 Milliarden Euro verlieren – das ist eine Tragödie, das ist durch die Bundesregierung so ausgehandelt worden, das ist so, das muss die Bundeskanzlerin verantworten –, da kommen die GRÜNEN jetzt auf die Idee und sagen, der Osten hat ja jetzt genug gekriegt. So, das heißt, wir wollen jetzt umverteilen von Ost nach West.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das würde nach Ihrem Rechnungsschlüssel, den die grünen Ministerinnen und Minister vorgelegt haben, nur für Mecklenburg-Vorpommern bedeuten, Frau Karlowski, dass wir in der zweiten Säule noch einmal nicht die 130, sondern noch mal zusätzlich 238 Millionen Euro abgeben sollen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Junge, Junge, Junge!)

Ja, der eine oder andere fängt jetzt schon an mit „Junge, Junge, Junge!“. Das bedeutet vom Prinzip her unterm Strich, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr diese 238 verliert,

(Egbert Liskow, CDU: Das geht jetzt alles nach Baden-Württemberg. – Zuruf von Michael Silkeit, CDU)

sondern das soll dann umgeschichtet werden in die alten Bundesländer. Unterm Strich, Sie können es leicht zusammenrechnen, sind es dann 398 Millionen Euro.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Können Sie mir noch mal erklären: Warum verlieren wir die zweite Säule?)

Die zweite Säule ist die Forderung der GRÜNEN, dieses praktisch umzuverteilen, weil es Handlungsbedarf gibt. Es gibt strukturschwache Regionen und mittlerweile extremen Nachholbedarf auch in den alten Bundesländern. Und deswegen kommen ja die GRÜNEN intelligenterweise, das will ich Ihnen auch überhaupt nicht absprechen, das meine ich auch nicht irgendwie böse, die kommen jetzt auf die Idee und sagen, wenn wir von der ersten in die zweite Säule umschichten, dann brauchen wir gar keine Kofinanzierung. Das können wir zu 100 Prozent dann in den ländlichen Raum packen, weil Nordrhein-Westfalen hat einen schwierigen Haushalt, das Saarland noch viel schlimmer oder auch Baden-Württemberg. Die sind ja alle nicht in den besonderen...

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Warum verlieren wir die Gelder, die zusätzlich die zweite Säule bilden?)

Weil wir sowieso schon die 130 Millionen verlieren. Das ist von Brüssel so vorgesehen. Und jetzt kommen eure Kolleginnen und Kollegen und sagen, noch mal zusätzlich zu dem, was wir sowieso schon verlieren, sollen wir dann in die zweite Säule zusätzlich umverteilen.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, eben nicht, eben nicht.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zweite Säule heißt doch nicht, dass es nicht in unserem Land bleibt.)

Doch, die zweite Säule wollen die GRÜNEN komplett umverteilen von Ost nach West. Die Sachsen verlieren über 300 Millionen. Das haben die GRÜNEN nämlich geschickterweise umgerechnet auf die Fläche, obwohl die zweite Säule maßnahmenbezogen ist. Das werden Sie auch nachvollziehen können. Sie haben das jetzt auf die Fläche umgerechnet und dann kommt dabei heraus, dass Nordrhein-Westfalen wirklich eine sehr schlecht ausgestattete zweite Säule hat pro Hektar, aber die zweite Säule ist maßnahmenbezogen. Ich glaube, das kann jeder nachvollziehen, da geht es um Schulen, es geht um Umweltmaßnahmen, es geht um Abwasser- und Trinkwasserversorgung, die Daseinsfürsorge oder auch die Förderung der Landwirtschaft.

Und da sage ich jetzt mal Folgendes: Wenn eure sich da durchsetzen sollten, führt das dazu, Frau Karlowski, dass die Agrarumweltprogramme massiv zusammengestrichen

werden. Wir könnten den ökologischen Landbau nicht mehr fördern. Wir sind an der Spitze der Bewegung in Deutschland. Nehmen Sie das endlich mal zur Kenntnis!

17,5 Prozent der landwirtschaftlichen Unternehmen wirtschaften heute ökologisch in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn wir denen dieses Geld nicht mehr zur Verfügung stellen, die 150 Euro, die auf diese Flächenbasisprämie draufkommen, wenn wir denen das nicht mehr geben, die 150 Euro, wissen Sie, was die machen? Die stellen sofort wieder um und dann ist Feierabend mit ökologischer Landwirtschaft. Oder unser wunderbares Bienenprogramm, wo Sie mich sogar gelobt haben, können wir nicht mehr finanzieren. Das extensive Grünlanderhaltungsprogramm können wir nicht mehr finanzieren.

Ich will jetzt sogar noch ein neues Programm machen mit dem Ziel, dass wir Ackerland, was mal Grünland war, zurückumwandeln in Grünland, damit wir was für die Biodiversität, für den Grundwasserschutz und all die Fragen bis zur Erosionsproblematik tun. Die sollen etwas über 1.000 Euro pro Jahr bekommen für fünf Jahre und danach ist das Dauergrünland. Das können wir alles nicht mehr machen, wenn hier solche Ideen auf den Tisch gelegt werden. Deswegen sage ich noch mal: Man kann die heile Welt hier vom Podium aus sicherlich erklären, aber Sie sind für mich eine Idealistin, Frau Karlowski. Das meine ich auch nicht böse. Sie haben Idealvorstellungen und Sie sind in einer Traumwelt, die ich mir auch wünsche.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und den Hunger in dieser Welt – natürlich ist es so, wir zeigen mit Fingern auf diejenigen, die die Regenwälder abholzen oder die sich in Konflikten befinden, aber auch wir innerhalb Deutschlands haben diesen Konflikt zu lösen, auch wenn wir Wahlkampf haben. Und das, was eure Leute da gemacht haben, das ist einfach die Entsolidarisierung innerhalb von Deutschland, und das darf so nicht passieren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Deswegen habe ich nur eine Bitte. Natürlich hätte ich heute hier mein Wahlkampfprogramm auch abspulen können.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir gewinnen sowieso.)

Ich fordere auch Mindestlohn. Ich fordere auch noch mehr Mittel für die Landwirtschaft, für Investitionen. Diese unsägliche Leier, das will ich zum allerletzten Punkt auch noch sagen, zu der unsäglichen Leier, die Sie hier veranstalten, ich wäre derjenige,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der die Großbetriebe protegiert, sage ich Ihnen auch noch mal Folgendes: Wir sind in die Wende gegangen, in die Wende. Da gab es in Mecklenburg-Vorpommern 1.600 Genossenschaften. Der eine oder andere wird das vielleicht noch wissen. Das war noch rudimentär ein Teil

des Genossenschaftsgesetzes von 1888. Und wir hatten 157 staatliche Güter, VEGs, volkseigene Güter. Wenn man das zusammenzählt,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

sind das 1.757 Betriebe gewesen. Daraus sind zum Glück wenigstens 4.725 Betriebe geworden. Das heißt, sie haben sich verkleinert.

Und natürlich habe ich ein Interesse an bäuerlicher Struktur. Nicht umsonst versuche ich jetzt, die letzten 50.000 Hektar, wenigstens diese Flächen, von der BVVG zu kriegen. Da habe ich ein Junglandwirte-Programm vorgestellt –

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gut.)

haben Sie das nicht gelesen? –, ein perfekt organisiertes, von Qualifizierung bis hin zur Finanzierung, um daraus 500 Landwirtschaftsbetriebe kleinerer Prägung zu machen. Warum zerreden Sie das hier alles?

Und ich bin es wirklich leid, wir haben 15.000 Besucher im Übrigen bei der BioErleben, ich habe da niemanden von Ihnen gesehen. Angeblich wäre am Nachmittag noch der eine oder andere da gewesen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da sind etliche dabei gewesen.)