Der Ministerpräsident Sellering führte am 24. Oktober 2012 anlässlich des Antrages, dass Sie hier unsere Partei verbieten wollen, aus, dass rechtsextremistische Straftaten konsequent bekämpft würden. Er fügte dann noch hin- zu, deswegen hätten wir – also gemeint war die NPDFraktion – ja so viele Verfahren.
Umgekehrt kann dies natürlich auch Geltung haben, dass gegen Sie, meine Damen und Herren, so wenige Verfahren in Gang kommen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, genau. Ja, da bleibt Ihnen die Spucke weg, was? – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Ich bin der festen Überzeugung, dass es nicht darum geht, Straftaten zu verfolgen, sondern dass es hier ganz klar darum geht, die Justiz zur Verfolgung der Opposition wenn nicht zu missbrauchen,
Nehmen wir zuerst mal die Razzia bei MUPINFO. Sondereinsatzkommando, Maschinenpistolen, jeder durfte sich erklären: Nazis rufen zu Gewalt auf, der Rechtsstaat schlug zu – huh! Und was blieb von der medienreichen Inszenierung? Nichts! Rein gar nichts! Nicht mal der Anfangsverdacht konnte begründet werden. Die ganze Ermittlungsakte bestand zur Hälfte aus immer wieder dem gleichen kopierten Artikel. Es gab keine rechtliche Würdigung, keine Subsumtion, nichts. Aber für eine Razzia mit Maschinenpistolen und Presse hat es gereicht.
Nächster Fall: Da nimmt ein nationaler Musiker ein Lied eines berühmten Liedermachers neu auf. Mangels geistigen Talents erschließt sich nicht jedem der ironische, ja geradezu verurteilende Text, also muss er volksverhetzend gewesen sein. Die Leier ähnlich: Strafanzeige, öffentliche Empörung, mediale Inszenierung, und nicht zu vergessen die Immunitätsaufhebung. Und das Ende vom Lied? Wieder mal keine Straftat.
Natürlich sind die Kriminalisierungsversuche nicht immer erfolglos, was nicht zuletzt durch die Verurteilung von Udo Pastörs deutlich wurde,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das können Sie ja der Staatsanwaltschaft mitteilen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie sind völlig unschuldig, so wie Herr Köster.)
da die zugrunde liegende Holocaustleugnung nach meinem Dafürhalten konstruiert wurde. Aber zu den richterlichen Spielräumen der Gesetzesauslegung und -anwen- dung habe ich ja vorhin schon ausgeführt.
Im Zuge dessen wurde gleich mal die Indemnität zur Diskussion gestellt, die bräuchten wir ja heute gar nicht mehr und überhaupt sei die gar nicht zeitgemäß.
Ein Glanzstück war natürlich auch die Immunitätsaufhebung gegen Tino Müller, der es wagte, das Wort „Zigeuner“ zu verwenden. Das musste natürlich strafbar, volksverhetzend
und alles sein. Meinten Sie! Und na ja, nicht nur, dass die Zigeunervertreter sich darüber empörten, dass Sie das als Beleidigung begreifen, nein, hier stellte sich auch heraus, dass es eben keine Straftat war.
Und der neueste Kunstgriff ist natürlich das Exotengesetz, das Sie rausgekramt haben, um uns zu verfolgen.
Tino Müllers Immunität – und die haben Sie ja deswegen schon zweimal aufgehoben, weil er Verantwortlicher für den „Uecker-Randow-Boten“ war beziehungsweise sein soll. Gucken Sie mal in Ihre eigenen Veröffentlichungen! Nicht nur, dass es an Inhalten fehlt, Verantwortlichkeiten sucht man auch häufiger, genauso wie Staatsanwälte, die das verfolgen.
Und überhaupt ist Immunität inzwischen nichts mehr wert. War sie ursprünglich dazu gedacht, die Opposition vor der Willkür der Staatslenker zu schützen, dient sie heute der öffentlichen Vorverurteilung. Sobald im erhabenen Rechtsausschuss Unterlagen zur Aufhebung der Immunität vorgelegt werden, werden die Informationen auch schon – Wunder, oh Wunder! – irgendwie an die Presse gegeben.
Zur Empfehlung der Immunitätsaufhebung wird weniger nach Inhalt als nach Parteibuch abgestimmt. Und weil das so ist, gehen die in der Befehlsstruktur stehenden Damen und Herren Staatsanwälte, was die Demokratenallianz angeht, oft gar nicht so weit, überhaupt ein Schreiben an den Landtag zu schicken. Nicht, dass noch was durchsickert im politischen Geschäft!
So wie im Fall des SPD-Genossen Tilo Gundlack. Dieser wurde beim Schwarzangeln erwischt, und das steht aufgrund seiner großen Beliebtheit dann überraschenderweise in der Zeitung. Und da Schwarzangeln eine Straftat ist, hätte man irgendwann seine Immunität ja aufheben müssen. Aber Pustekuchen! Leise, still und heimlich wurde das Verfahren bereits von der Staatsanwaltschaft eingestellt. 100 Euro musste er zahlen und die Sache war aus der Welt – günstiger als mancherorts eine Angelberechtigung.
In einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung wollte ich dann wissen, ob es weitere Strafverfahren gegen Landtagsabgeordnete in Mecklenburg-Vorpommern gab, die ohne Öffentlichkeit gegen Zahlung von Geldbeträgen eingestellt wurden.
Immerhin deutlich genug die Antwort: Es könnten „keine Angaben gemacht werden“, da derartige Fälle statistisch nicht erfasst würden. Also war der Fall Gundlack schon mal kein Einzelfall. Denn wenn es nur wenige wären, bräuchte man ja logischerweise auch keine Statistik.
Da fällt mir ein: Wo bleiben eigentlich die Immunitätsaufhebungen in den Fällen des Ministers Backhaus? Der ist doch auch Mitglied des Landtags? Wenn ich richtig mitgezählt habe, sind es inzwischen schon vier Vorwürfe, die gegen ihn öffentlich bekannt wurden. Und davon sind nach den Meldungen von gestern drei noch nicht aus der Welt.
Ist da wirklich so offenkundig nichts dran? Oder will kein Staatsanwalt tätig werden? Oder darf keiner?
Oder nehmen wir mal einen ganz anderen Fall, hier aus dem Haus. Da meint also Frau Bretschneider, mich antatschen zu müssen, weil sie darauf besteht, nicht mit mir Fahrstuhl fahren zu wollen. Sie fängt an zu schubsen, statt einfach zu warten. Mal abgesehen davon, dass sie sich in ihrer Hysterie damit der Lächerlichkeit preisgab, stellte ich natürlich auch Strafanzeige gegen sie. Was soll man denn sonst machen?
Für alle, die noch nicht wissen, was dabei herauskam: Staatsanwalt und Generalstaatsanwalt waren sich einig, das Verhalten war angeblich in keinster Weise strafbar. Zitat: „Das Anlegen ihrer Hand auf Ihre Brust diente dabei augenscheinlich nur der symbolischen Unterstreichung ihrer Aufforderung an Sie“,