Protokoll der Sitzung vom 13.12.2013

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Herr Köster, ich entziehe Ihnen nicht nur das Wort, Sie verlassen jetzt bitte den Saal. Ich erteile Ihnen für heute die Auflage gemäß unserer Geschäftsordnung, dass Sie nicht mehr an der Sitzung teilnehmen können.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Herr Abgeordneter Andrejewski, Sie können sich gleich anschließen.

(Stefan Köster, NPD: Sie haben echt Probleme.)

Bitte packen Sie Ihre Sachen, verlassen Sie den Raum!

(Stefan Köster, NPD: Was für eine wirklich erbärmliche Präsidentin! – allgemeine Unruhe)

Herr Köster, ich behalte mir vor, jetzt natürlich zu prüfen, ob sich dieser Ausschluss damit, nach dieser Äußerung, auf den heutigen Tag beschränkt. Und inwieweit wir Sie für mehrere Sitzungen ausschließen werden,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

das werden wir dann gemeinschaftlich beraten und festlegen. Sie bekommen das Ergebnis entsprechend mitgeteilt. Das werden wir jetzt noch mal juristisch prüfen. Sie haben hier überhaupt kein Recht, überhaupt kein Recht, sich in dieser Art und Weise zu äußern, aber wie gesagt, das steht im Duktus dessen,

(Stefan Köster, NPD: Das steht aber nicht in der Geschäftsordnung, Frau Präsidentin.)

das steht im Duktus dessen, was Sie den ganzen Tag zu diesem Tagesordnungspunkt hier abgeliefert haben.

So, meine Herren, etwas Beeilung, wir wollen hier fortsetzen.

Ich rufe jetzt ans Mikrofon die Abgeordnete Frau Silke Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, insbesondere der demokratischen Parteien!

(Zuruf von Tino Müller, NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die wollen wohl heute alle gehen, oder?)

Es fällt mir jetzt nicht so leicht, hier weiterzumachen, insbesondere nach den Ausfällen der Herren an der Fensterfront, weil sie eines gezeigt haben, wie rassistisch, menschenverachtend sie hier Menschen über einen Kamm scheren, die sich auf die Flucht begeben, weil sie Opfer von Bürgerkriegen sind, ja, von Kämpfen vor Ort, viele Kinder, viele Familien. Und deshalb bestärkt es mich, dass wir diesen Antrag hier heute gestellt haben, dass wir hier eben nicht die Verantwortung nach Europa abgeben, sondern wir uns hier auch in MecklenburgVorpommern unserer Verantwortung stellen müssen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und, Herr Caffier, das war klar … Oh, wo ist er?

(Lorenz Caffier, CDU: Hier!)

Aha!

Es war klar, dass Sie so argumentieren, aber ich finde, wir haben eben eine Verantwortung hier für das Land – es sind 44 Menschen überstellt worden – dass wir uns darum kümmern, dass dieses nicht passiert. Denn wo gehen sie wieder hin? Sie gehen in die Obdachlosigkeit. Sie gehen dahin, wo sie nicht wissen, wie sie morgen und übermorgen überleben. Und Lampedusa III, welches ja ab dem 01.01.2014 in Kraft tritt, hat eine neue Zahl, ja, die römische III. Aber grundlegend ändert sich eben dadurch nichts.

Was mich ein Stück weit verwundert, aber das zeigt auch die Frage der Bundesregierung, die ja jetzt demnächst sich neu konstituieren wird, ist, dass gerade die Flüchtlingspolitik hier zwischen SPD und CDU völlig anders betrachtet wird.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das war deutlich eben.)

Frau Tegtmeier hat, wenn ich das richtig verstanden habe, im Grunde genommen unseren Antrag mit unterstützt. Es gibt aber hier einen Koalitionsfrieden. Von daher habe ich Sie auch immer so verstanden, dass Sie für eine fortschrittliche Flüchtlingspolitik stehen,

(Lorenz Caffier, CDU: Wir haben eine fortschrittliche.)

und möchte Sie damit auch unterstützen, aber Lampedusa III ändert,

(Lorenz Caffier, CDU: Wir haben eine fortschrittliche.)

wie gesagt, Herr Caffier, grundlegend nichts.

(Lorenz Caffier, CDU: Wir haben eine fortschrittliche.)

Und auch weiterhin wird den Ländern an den Südgrenzen der Europäischen Union – das ist deutlich geworden und das ist hier auch noch mal betitelt worden, siehe eben Malta, Griechenland und Italien – die größte Verantwortung für das gesamte Asylsystem aufgebürdet.

Es überrascht kaum, dass die Bundesregierung, und da eben federführend die CDU, CSU und FDP, bei den Verhandlungen zu Dublin III alle Forderungen des Europaparlaments und der Kommission nach einem Solidaritätsmechanismus rundweg abgeblockt haben, denn Deutschland profitiert von dieser Regelung nach wie vor, weil es von einem Kranz von EU-Ländern umgeben ist.

(Lorenz Caffier, CDU: Was erzählen Sie denn für einen Unfug?! Haben Sie bei meinen Zahlen nicht zugehört?)

Das ist so. Und es geht nicht nur um Deutschland, es geht um den gemeinsamen europäischen Kontext.

(Lorenz Caffier, CDU: Ich glaube, es weihnachtet.)

Nein, es weihnachtet eben nicht, und gerade nicht für die Leute. Ich finde die Bemerkung von eben ein bisschen daneben, Herr Caffier.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja.)

Es geht um Flüchtlingspolitik, es geht um Verantwor- tung und da können wir uns hier im Land nicht raus- ziehen.

(Lorenz Caffier, CDU: Es geht darum, dass Sie nicht bei den Leuten Hoffnungen wecken, die Sie nicht erfüllen können.)

Ich erwecke die Hoffnung nicht. Ich möchte den Diskurs offen, transparent und ehrlich führen und nicht immer die Verantwortung abschieben.

(Lorenz Caffier, CDU: Ja, genau.)

Und wir haben demnächst eine Regierung aus SPD, CDU, CSU.

(Lorenz Caffier, CDU: Wir stellen uns der Verantwortung. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Nein, es geht darum.

So, noch mal in absoluten Zahlen. In absoluten Zahlen ist die Zahl der Dublin-Fälle sogar um rund 2.400 gestiegen. Unter dem Strich begünstigt das unfaire Dublin-System die Flüchtlingsabwehrpolitik der Bundesrepublik. In über 3.000 Fällen fand eine Überstellung ins EU-Ausland statt, während Deutschland mit rund 1.500 Flüchtlingen nur knapp halb so viele über das Dublin-System aufnahm. Mehr als jede fünfte Überstellung führt nach Italien, eines der aufgrund seiner schlechten Aufnahmebedingungen am stärksten kritisierten Länder. Flüchtlingen droht dort, das habe ich schon gesagt, Rechts- und Obdachlosigkeit, weswegen die Verwaltungsgerichte Abschiebungen dorthin, aber auch nach Ungarn und Malta in einer Vielzahl von Fällen gestoppt haben.

Ich wiederhole das jetzt noch mal: Zu Italien stellte das Verwaltungsgericht Schwerin fest, ich zitiere: „Nach neueren Erkenntnissen des Gerichts ist die Republik Italien derzeit auf Grund systemischer Mängel nicht in der Lage, ein den Anforderungen an europäisches Recht genügendes Asylverfahren durchzuführen. Insbesondere sind die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber dort derzeit so beschaffen, dass überstellte Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union … bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention … ausgesetzt zu werden.“ Zitatende.

Auch zu Ungarn verfasst das Verwaltungsgericht Trier eine ähnliche Stellungnahme und zu Malta hat das Verwaltungsgericht in Magdeburg eine ähnliche Mängelfeststellung getroffen. Was entnehmen wir daraus? Die Menschenrechte zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ja, aber das müssen wir doch mal thematisieren. Das, finde ich, ist nach wie vor wichtig, und wollen wir Flüchtlingspolitik ernst nehmen, dann müssen wir immer wieder darauf eingehen. Doch anstatt zu gewährleisten, dass politisch Verfolgte Asylrecht genießen, schottet Europa sich ab. Das Dubliner System führt dazu, dass die EULänder alle Anstrengungen in die Abwehr anstatt in die Aufnahme von Flüchtlingen stecken. Darum geht es doch und darüber haben wir jetzt diskutiert.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das stimmt doch auch nicht. Das stimmt doch auch nicht. Das ist doch immer nur ein Teil der Wahrheit.)

Doch. Die grenznahen EU-Länder bleiben mit der Verantwortung für die Schutzsuchenden allein.