Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Das ist doch absoluter Quatsch. Das macht kein Arzt. Sämtliche Lebenserfahrung spricht gegen ein solches Vorgehen. Auch in der Industrie wäre so etwas völlig

abwegig. Man müsste sich mal den Automobilkonzern vorstellen, der drei Jahre lang Autos baut und erst dann anhand der Verkaufszahlen überprüft, ob die verbauten Motoren auch laufen.

(Jochen Schulte, SPD: General Motors.)

So einen Automobilkonzern gibt es natürlich nicht beziehungsweise würde es ihn geben, er wäre schnell weg vom Fenster. Stattdessen muss doch im laufenden Prozess gemessen und umstrukturiert werden. Dafür stehen Ihnen auch Hunderte haushaltsverantwortliche Angestellte in den Gemeinden, Städten und Kreisen zur Verfügung. Die wissen alle sehr genau, was es in etwa kostet, eine Kommune am Laufen zu halten, welche Ausgaben auf sie zukommen.

Wissen Sie was, ich habe eher den Eindruck, dass SPD und CDU vor wenigen Wochen festgestellt haben, dass sie bei den Kommunalfinanzen zu keiner gemeinsamen Position mehr finden werden, und deswegen haben sie das ganze Thema kurzerhand in die nächste Legislaturperiode entsorgt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Oder warum, meine Damen und Herren von der Koalition, haben Sie das ambitionierteste Projekt Ihres Koalitionsvertrages um vier Jahre verschoben?

(Torsten Renz, CDU: Och nee! Glauben Sie eigentlich an das, was Sie da sagen? Glauben Sie eigentlich, was Sie sagen?)

Das stand doch ganz eindeutig unter Ziffer 336 – Herr Renz, lesen Sie nach –, dass das Finanzausgleichsgesetz angepasst wird.

Na ja, das habe ich mir auch alles schon von der Koalition im Innenausschuss erklären lassen. Angeblich soll das ja nur heißen, dass sich SPD und CDU darauf verständigt haben, dass sie die sowieso alle zwei Jahre durch Gesetz vorgeschriebene Anpassung des Finanzausgleichsgesetzes auch tatsächlich umsetzen. Also, meine Damen und Herren, ich nehme es Ihnen nicht wirklich ab, wenn Sie hier behaupten, dass sich die beiden größten Volksparteien in ihrem Koalitionsvertrag zur Einhaltung von Gesetzen vereinbaren mussten. Wenn es so wäre, stünde es schlimm um unsere Demokratie. Ich glaube schon, Sie haben damit weitaus mehr gemeint.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Na ja, gut, sehen Sie es mir nach, vielleicht habe ich auch dem Koalitionsvertrag eine zu hohe Bedeutung beigemessen, offensichtlich sogar eine höhere Bedeutung als die Koalition selbst, denn zack ist das größte politische Projekt des Koalitionsvertrages von SPD und CDU gerade eben entsorgt worden. Ich lerne daraus oder vielleicht lernen wir auch daraus, dass die Vereinbarungen dieses Koalitionsvertrages nicht belastbar sind.

(Marc Reinhardt, CDU: Na denn.)

Meine Damen und Herren, wir warten dann also mal ab, was die üblichen verdächtigen Wirtschaftsberater uns im Herbst 2016 für ein Gutachten vorlegen werden. Ich

würde fast schon mit Ihnen wetten wollen, dass den Auftrag ganz unerwartet wieder PwC erhält.

(Heinz Müller, SPD: Wetten, dass?! – Torsten Renz, CDU: Oha! – Heinz Müller, SPD: Wird auch eingestellt.)

PwC ist ja zwischenzeitlich ganz heimlich zum dritten Koalitionspartner aufgestiegen. Keine wichtige Entscheidung …

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Beifall Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist so. Keine wichtige Entscheidung wird in diesem Land getroffen, ohne dass PwC eine Tischvorlage für den Koalitionsausschuss oder das Kabinett anfertigt.

(Egbert Liskow, CDU: Woher wissen Sie das? Sind Sie dabei, oder wie? – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich denke, meine Damen und Herren von der SPD und CDU, dass es an der Zeit ist, den neuen Bündnispartner nun auch mal ganz offiziell der Öffentlichkeit vorzustellen. Wer sind denn diese Damen und Herren, die hier ganz in der Nähe der Staatskanzlei eine Dependance eröffnet haben? Nur Mut, treten Sie in Zukunft gemeinsam vor der Kamera auf!

Meine Damen und Herren, ich bezweifle allerdings, dass das Gutachten wirklich zu neuen Erkenntnissen führen wird. Bisher haben uns die vielen Wirtschaftsberater vor allem viel Geld gekostet, aber weder konnten sie die Landesregierung bisher von Fehlentscheidungen abbringen, die gerade der Untersuchungsausschuss traurigerweise aufarbeiten muss, noch wurde dadurch irgendein Gesetz besser gemacht, noch wurden bisher ernsthafte Konsolidierungswege erarbeitet, wenn man den Berichten aus Schwerin und Vorpommern-Greifswald glauben darf.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich überspitze hier natürlich, das merken Sie sicherlich. Aber überlegen Sie auch wirklich, was Sie da eigentlich machen? PwC ist offensichtlich tatsächlich der dritte Koalitionspartner hier im Land geworden.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Heinz Müller, SPD: Aber ob wir weiterkämen, wenn wir auf Ihre Ratschläge hören, weiß ich ja nun auch nicht.)

Meine Damen und Herren, ich bezweifle, dass das …

(allgemeine Unruhe – Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, also die 40 Millionen Euro mehr für die Kommunen seien laut Landesregierung nur wegen des unerwarteten Haushaltsüberschusses möglich gewesen. Und, meine Damen und Herren, Sie wissen doch alle hier im Haus, dass das so nicht stimmt. Im Haushalt sind so viele Puffer und Reserven versteckt,

(Jochen Schulte, SPD: Wie? Was?)

dass im vergangenen Jahr 160 Millionen Euro einfach liegen geblieben sind.

(Heinz Müller, SPD: Jetzt kommen die Hubschrauber.)

Herr Müller, nun kommen Sie nicht immer mit den Hubschraubern. Ich erkläre es Ihnen gerne noch mal.

(Heinz Müller, SPD: Ihr Thema!)

Wir haben sechs öffentliche Hubschrauber auf einer Luftlinie von 40 Kilometern stehen,

(Heinz Müller, SPD: Aha! Wusste ich doch.)

und alle Aufgaben, die wir erfüllen müssen und die auch erfüllt werden sollen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

können mit weniger Hubschraubern umgesetzt werden, wenn das Land mal seine Hausaufgaben macht.

(Egbert Liskow, CDU: Woher wissen Sie das? Sind Sie ein Hubschrauberexperte? Bloß weil die grün sind, die Hubschrauber, haben Sie noch keine Ahnung davon. – Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Aber es sind überall Reserven und Puffer versteckt. 160 Millionen Euro sind im letzten Jahr liegen geblieben und im Jahr davor waren es 100 Millionen Euro. Ich habe ja nichts gegen Reserven im Haushalt, aber sie verdecken den wirklichen Konsolidierungsbedarf im Landeshaushalt. Würde das Land seine Hausaufgaben machen und unsinnige Ausgaben reduzieren, hätten den Kommunen nicht erst 40 Millionen Euro weggenommen werden müssen, um sie ihnen jetzt gönnerhaft zurückzu- geben.

Und, meine Damen und Herren, ich frage Sie, ob das hier eigentlich der richtige Weg ist, wie mit Haushaltsüberschüssen umgegangen werden sollte.

(Zurufe von Jochen Schulte, SPD, Egbert Liskow, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Wer hätte denn neben den Kommunen noch alles Geld gebraucht?

Herr Liskow, ich danke Ihnen für diesen Einwurf. Ich erinnere an die Theater, ich erinnere an die Hochschulen, ich erinnere an die Polizei. Die fallen heute alle unter den Tisch, weil die Landesregierung keine konzeptionelle Politik verfolgt, sondern vor allem Symbolpolitik und Scheckbuchpolitik betreibt. Wer gerade zum richtigen Zeitpunkt einen Termin in der Staatskanzlei hat, hat eben in diesem Land Glück gehabt. Ich glaube, das ist das Prinzip.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch mal zur Frage des politischen Stils von SPD und CDU zurückkommen. Ich habe gerade gesagt, dass ich es traurig finde, dass man, wenn man am längeren Hebel sitzt, dann auch noch über die anderen spottet. Aber in der

letzten Zeit sind einfach Dinge vorgefallen, die einen schon nachdenklich machen müssen.

In der letzten Finanzausschusssitzung haben LINKE und GRÜNE zum Kommunalfinanzbericht Anträge gestellt. Diese wurden von der Koalition wie immer vom Tisch weggewischt,

(Manfred Dachner, SPD: Richtigerweise.)

und das, obwohl darunter auch sehr konstruktive Vorschläge waren.

(Heinz Müller, SPD: Das ist Ihre Meinung. Darüber lässt sich trefflich streiten. – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ja, es sollte auch der Landesregierung der Rücken dabei gestärkt werden.