Protokoll der Sitzung vom 03.07.2014

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wäre schön, wenn manche hier sich auch so kurzfassen könnten.)

möchte ich jetzt auch noch die Meinung unserer Fraktion zum Thema Glyphosateinsatz zu Gehör bringen.

(Egbert Liskow, CDU: Das muss nicht sein.)

Glyphosat ist das weltweit meistverkaufte Herbizid. 5.000 Tonnen, wenn wir nur mal auf Deutschland gucken, werden jedes Jahr in Deutschland ausgebracht. Und das ist kein Medikament! Das ist ein Totalherbizid, was alle Pflanzen tötet, mit denen es allein nur in Berührung kommt, und zwar geht das ruck, zuck,

(Zuruf aus dem Plenum: Nein, das stimmt nicht.)

die sterben dann in kürzester Zeit ab.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Ich habe allgemein von Pflanzenschutzmitteln gesprochen.)

Und wenn wir uns dieses Mittel anschauen, Glyphosat darf überhaupt nicht mehr als Pflanzenschutzmittel bezeichnet werden, denn die Pflanzen werden nicht geschützt, die werden komplett, und zwar ruck, zuck, schnell getötet.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das stimmt so nicht.)

Das ist wirklich grotesk, hier mit Medikamenten und Schutzmitteln zu argumentieren, meine Damen und Herren.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Weil Sie kein Argument dagegen haben.)

Kommen wir zu den Fakten zurück: Wenn wir auf die Summe aller Herbizide schauen, sind das zu 30 bis 40 Prozent glyphosathaltige Produkte, mit steigender Tendenz. Das Problem sind nun nicht die 5.000-TonnenZahl oder die 30 bis 40 Prozent, es ist nicht die Ausbringungsmenge allein, dass immer mehr Glyphosat in unserem Brot, in Getreideprodukten, im Mehl zu finden ist und dann auch in unseren Organismus gelangt. Das Problem ist die Zweckentfremdung dieses Totalherbizides, denn es wird zweckentfremdet, um Arbeitsabläufe zu vereinfachen und nicht, um diesen „Ruck-zuck-alle-Kräutersterben-Effekt“ zu bekämpfen. Es wird nicht eingesetzt oder es wird viel zu viel eingesetzt, um die Sikkation zu erreichen. Es ist eben nicht nur, um Beikräuter zu bekämpfen, im Einsatz.

Die sogenannte Sikkation wird zu einem immer größer werdenden Problem. Sikkation heißt, unmittelbar vor der Ernte – also bevor das Korn dann in die Weiterverarbeitung kommt – wird noch mal das ganze Feld mit diesem Totalherbizid gespritzt, damit sie absterben.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das stimmt doch so einfach nicht! Das ist eine Verallgemeinerung, die nicht zutrifft.)

Das ist eine Notreife. Dieses scheinreife Korn kann dann leichter geerntet werden, um ohne aufwendige Trocknung schneller verkauft werden zu können. Das ist einfach das Grundprinzip, Herr Backhaus. Ich will nicht damit sagen, dass jedes Feld jedes Jahr mit einer Sikkation behandelt wird.

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Aber das Grundprinzip als solches ist ja schon hane- büchen und absurd. Ein von den Anwendern hier erwünschter Nebeneffekt ist natürlich das Absterben sämtlicher Wildkräuter. Die Folge ist dann, dass das auf diese Weise geerntete Korn mit Glyphosat belastet ist.

Auch wenn von den Herstellern, die alljährlich Milliarden mit diesem Wirkstoff verdienen, immer wieder betont wird, wie ungefährlich Glyphosat …

(Die Abgeordnete Dr. Ursula Karlowski trinkt Wasser. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da ist nichts drin.)

Hoffen wir mal.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist Gänsewein. – Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

… für Mensch, Tier und Umwelt sei, lassen verschiedene Studien berechtigte Zweifel aufkommen. So wird beispielsweise die hauptsächlich bei Rindern vorkommende Krankheit Chronischer Botulismus mit glyphosathaltigem Sojafutter in Verbindung gebracht. Dafür ist es noch mal als Hintergrund wichtig zu wissen, dieses Sojafutter ist generell importiert, wir bauen es ja hier nicht an,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Stimmt nicht, das wird auch in Deutschland angebaut und auch in Mecklenburg-Vorpommern.)

und es ist generell mit Glyphosat verunreinigt.

Dann muss man vielleicht noch Frau Professor Krüger im Hinterkopf haben, die in der Anhörung auch da war. Sie hat darauf hingewiesen, die Benutzung von Grenzwerten bei diesem Stoff Glyphosat ist eigentlich nicht tauglich. Die Anwesenheit von Glyphosat reicht aus, weil es enzymähnliche Wirkungen hat.

Was macht nun dieses Glyphosat in den Tieren? Ich sprach vom Chronischen Botulismus, und zwar wird das miteinander in Verbindung gebracht, das glyphosathaltige Sojafutter und diese schwere Rindererkrankung. Gesichert ist das noch nicht, aber man muss hier vorsichtig sein und weiter genau hingucken. Das Glyphosat vergiftet nicht unmittelbar die Rinder, es ist ja ein Totalherbizid,

(Vincent Kokert, CDU: Die Rinder werden damit auch nicht eingesprüht.)

aber es tötet die Pansenbakterien, und die sind sehr wichtig für die Rinder.

Ja, wenn Sie zugehört hätten: Sie werden nicht damit eingesprüht, sie werden damit gefüttert!

(Dr. Till Backhaus, SPD: Deswegen essen Sie wahrscheinlich auch kein Fleisch mehr.)

Die Gefährlichkeit des Glyphosateinsatzes für Amphibien wurde ebenfalls nachgewiesen, also für Frösche, Kröten und Molche. Hier zeigte sich, dass bei den Amphibienwanderungen, …

(Vincent Kokert, CDU: Hier haben wir die Frösche wieder.)

Richtig. Natürlich. Hier haben wir die Frösche wieder.

… dass bei den Amphibienwanderungen das Überqueren, das reine Überqueren von Äckern, auf denen zuvor Glyphosat ausgebracht wurde, zu fast 80 Prozent für die Amphibien tödlich war,

(Burkhard Lenz, CDU: Da müssen wir sie einzäunen.)

und damit riskanter als das Überqueren von Straßen, wenn man eine stark befahrene Bundesstraße zum Vergleich nimmt.

(Egbert Liskow, CDU: Was machen wir mit den Marderhunden, die am Zaun sitzen?)

Nun ist hier in dem Fall aber nicht das Glyphosat selbst so hoch verantwortlich, sondern es sind die beigemischten Hilfsstoffe,

(Egbert Liskow, CDU: Wissen Sie eigentlich, dass man mit Glyphosat auch Krebs behandeln kann?)

das sind die sogenannten Tallowamine. Diese Hilfsstoffe bewirken, dass die Substanz besser an den Pflanzen haften kann und dass die Ausbringung vereinfacht ist. Diese Hilfsstoffe, diese Tallowamine beschädigen die ganz empfindliche Amphibienhaut. Die Erforschung und Risikobewertung dieser Hilfsstoffe, allen voran die gerade erwähnten Tallowamine, sind aber noch in den Anfängen. Es wird in vielen Herbiziden als Zusatz verwendet, um die Aufnahme des eigentlichen Wirkstoffes durch die Pflanzenzellwand zu verbessern. Untersuchungen haben gezeigt, dass dieser Stoff die Atmungsmembran von Wasserorganismen zerstört – ziemlich haarig.

In Kombination mit Glyphosat hat man Nekrosen in menschlichen Nabelschnurzellen, in embryonalen Zellen und in Plazentazellen festgestellt, weil nämlich die Durchlässigkeit der Zellmembran erhöht wird. Ich rede jetzt über diese Beimischstoffe, noch mal zur Erinnerung.

Für Tallowamine gibt es überhaupt keine festgelegten Grenzwerte und so gut wie keine standardisierten Testverfahren. Eine Risikobewertung des Glyphosats darf eben nicht nur für den isolierten Wirkstoff vorgenommen werden, Herr Backhaus, sondern muss für die im Handel befindlichen Mittel als Ganzes vorgenommen werden.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Genau das wird ja gerade gemacht. Das Bundesamt für Risikobewertung macht das.)

Wir haben im Ausschuss darüber auch gesprochen, über die Tallowamine. Tallowamine werden in Deutschland nicht mehr hergestellt, um dem Glyphosat beigemischt zu werden, aber sie werden weiterhin importiert und es gibt keine Möglichkeit, da einen Riegel vorzuschieben.

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

So weit sind wir in der Erforschung der Sache gekommen: Die tallowaminhaltigen Glyphosate sind hier weiter

im Einsatz. Auch die Langzeitfolgen für die menschliche Gesundheit wurden noch nicht ausreichend untersucht. Verschiedene Studien lassen auf eine zellschädigende und krebsauslösende Wirkung schließen.

Schauen wir noch einmal mit einem Blick auf die Umwelt! Auch die Umweltgefahren werden weitgehend ignoriert. Als Beispiele möchte ich folgende Punkte nennen: Die Aufnahme von Mikronährstoffen – von wegen Medikament – wird negativ beeinflusst und führt zu einem höheren Düngereinsatz. Die Vernichtung von Wildkrautflora, unserer Artenvielfalt sowie der Verlust von Nahrungsquellen und Lebensräumen verringern die Biodiversität.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Sie skizzieren wie immer ein Horrorszenario.)

Natürlich, ist doch logisch, wenn ich einen Ackerlebensraum ohne jede Beimischung von Wildkräutern habe, reduziere ich die Biodiversität insgesamt.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Da müssen Sie ja aufhören, Getreideprodukte zu sich zu nehmen, oder?)