Dieser Antrag ist von uns auf den Weg gebracht worden, weil wir immer wieder in der Presse lesen, eigentlich kann man es fast jeden Tag jetzt lesen, dass dort viel zu tun ist. Zum Beispiel hat sich gestern die Hansestadt Greifswald in ihrem Sozialausschuss in zwei Tagesordnungspunkten auch mit der Thematik „Willkommenskultur“ und „Dezentrale Unterbringung“ befasst.
Ich weiß, dass die SPD sich da ausdrücklich für die dezentrale Unterbringung einsetzt. Wir haben eben das große Land mit den unterschiedlichen Rahmenbedingungen vor Ort, die sehr unterschiedlich sind, und, ich denke, da ist viel zu tun.
Nehmen Sie bitte diesen Antrag als Angebot, dass wir dort weiterarbeiten. Ich glaube, es gibt da in vielen Punkten Nachholbedarf.
Der Antrag ist auch so zu verstehen: Wir haben ja im Punkt 3 geschrieben „Verfahren“. Wir wollten jetzt nicht sagen, es soll ein Runder Tisch sein, sondern es sind Gedanken darüber,
wie man so einen Prozess auf den Weg bringt, einen Prozess, wo wir langfristige Strategien entwickeln, die eben gerade unserem Land mit den großen Unterschieden zwischen Stadt und Land gerecht werden.
In der Woche konnten wir, konnten Sie im „Medienspiegel“ die Geschichte von Tesfalem Beyene lesen. Er erzählte, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: „In Eritrea gab es für mich keine Zukunft. Männer werden dort oft jahrelang zum Militärdienst gezwungen, manchmal sogar Jahrzehnte.“
„Also habe ich den Tod in Kauf genommen, um ein neues Leben zu beginnen. Schleuser haben mich durch die Sahara gekarrt.“
„Mit Dutzenden weiteren Flüchtlingen war ich auf einem Laster zusammengepfercht. Ein wackliges Boot brachte uns über das Mittelmeer.“
„Dann habe ich mich über Mailand nach Deutschland durchgeschlagen. Jetzt sitze ich hier in Zimmer 111 im Flüchtlingsheim in Anklam und frage mich: Wo bin ich nur gelandet?“
(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Jaja. – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD – Udo Pastörs, NPD: Bis er dann erwachte.)
„Es macht mir nichts aus, dass wir zu zweit in einem kleinen Raum wohnen. Was mich stört ist, dass viele Menschen in Anklam mich hier offenbar nicht haben wollen.“ Zitatende.
Bis zur Entstehung einer Willkommenskultur im Sinne des gemeinsamen Antrages der demokratischen Fraktionen ist es ganz offensichtlich noch ein langer Weg.
Erst am letzten Montag wurden in Anklam Medienberichten zufolge drei Asylsuchende zunächst fremdenfeindlich beleidigt, dann körperlich angegriffen.
Der „Nordkurier“ stellt in seinem Bericht explizit einen Zusammenhang her zu einem Video, das unser Kollege Herr Andrejewski im Laufe desselben Tages veröffentlicht hat.
Darin warnt Herr Andrejewski vor Tausenden von Asylsuchenden, die angeblich in den Landkreis strömen. Dabei liegt der Anteil der Asylsuchenden an der Gesamtbevölkerung des Kreises gerade mal bei 0,3 Prozent.
Doch nicht nur das. Das Video enthält auch eine Ankündigung für den Fall, dass in Anklam neue Flüchtlingsunterkünfte errichtet werden: Wir haben nicht vor, das hinzunehmen.
(Stefan Köster, NPD: Nicht nur in Anklam. Auch im Landkreis Ludwigslust-Parchim will man das nicht hinnehmen. Da will man nicht mal die Vorbereitungen durchführen.)
Herr Andrejewski, Ihre Politik und auch die der Partei der NPD, Ihre Art, Politik zu machen, ist rassistisch, ausländerfeindlich und mir einfach zuwider.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Stefan Köster, NPD)
Weltweit zählt der UNHCR mehr als 51 Millionen Flüchtlinge – Binnenvertriebene, Asylbewerber. Die meisten Flüchtlinge, 86 Prozent, wurden von Entwicklungsländern aufgenommen, allen voran Pakistan, Iran, Libanon und Jordanien.
Fast die Hälfte aller Flüchtlinge finden Zuflucht in Ländern, in denen das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bis unter 5.000 US-Dollar liegt.
Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit kommt aus Afghanistan, Syrien und Somalia. Ich glaube, wir alle wissen, wer von dort kommt, hat allen Grund, seine Heimat zu verlassen.
Beim Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz am 30. Juni 2014 sagte der Bundespräsident Joachim Gauck, ich zitiere: „,Tun wir wirklich schon alles, was wir tun sollten?‘ Die Antwort auf diese Frage hängt nicht
allein von finanziellen Ressourcen ab oder von politischen Programmen, sondern mindestens ebenso von der Art und Weise, wie ehrlich, pragmatisch und nüchtern die Politik und die Gesellschaft die Herausforderungen der Flüchtlingspolitik diskutiert.“
„Dabei würde deutlich, dass die Zahlen und Proportionen … keineswegs so erschreckend sind, dass unsere Hilfsbereitschaft schon überfordert wäre. Solidarität ist zuerst und vor allem eine Grundlage unseres menschlichen Miteinanders und im Übrigen ist sie Kennzeichen unserer Demokratie.“ Zitatende.
Man könnte fast meinen, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg sich dieses zu Herzen genommen hat, als sie Mitte Oktober im Rahmen eines Flüchtlingsgipfels mit Vertreter/-innen von Spitzenverbänden aus Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Wirtschaft, Kirche und Flüchtlingsorganisationen über Maßnahmen sprach, mit denen die Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen im Bundesland Baden-Württemberg verbessert werden könnte.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Flüchtlings- gipfels einigten sich unter anderem auf verschiedene Maßnahmen. Die haben Sie in der Begründung auch gelesen.
Warum haben wir das so explizit gemacht? Das heißt natürlich nicht, weil ich damit rechne, dass jetzt gesagt wird, das können wir so nicht tun, das waren Anregungen. Ich finde, dass die Diskussion darüber, Herr Caffier – gerade die Arbeitsgruppe, die Sie ja haben zur Sprachintegration, wo ich weiß, dass einiges jetzt auf den Weg gebracht wird, was Sie gleich sagen werden –, immer nur kleine Facettenstücke sind.
Das heißt ja nicht, weil ich jetzt gerade den Antrag von Frau Bernhardt noch mal Revue passieren lasse, dass wir sagen, dass jetzt alles hier schlecht ist oder dass es nicht vorangeht. Es ist nur so, dass bestimmte Ministerien nicht wirklich zusammen agieren. Ich denke da an die elektronische Krankenkassenkarte.