Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

Na ja, Herr Renz, dazu komme ich gleich noch mal.

Aber wir haben keine gegen den Mindestlohn gehört.

Ich frage mich: Der Austausch, den wir jetzt hier geführt haben, Herr Nieszery, was hat der denen gebracht, die da draußen unter dem Mindestlohn verdienen, die Hartz IV empfangen, die eine Mindestrente empfangen und die von Sozialhilfe leben? Nichts!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ja auch nicht das Thema.)

Das ist genau der Punkt, der meines Erachtens auch von dieser Aktuellen Stunde hinaus ins Land geht.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und, Herr Ministerpräsident, wenn Sie von dem Vergabegesetz sprechen, welches diese Koalition auf den Weg gebracht hat, dann darf ich Sie daran erinnern, dass wir bereits zu den Rot-Roten-Zeiten – PDS damals und SPD – über ein Landesvergabegesetz gestritten haben. Wir haben uns nicht einigen können, weil die SPD auf der Bremse stand.

(Vincent Kokert, CDU: Ach so?)

Ja, ja, ja, genau.

(Vincent Kokert, CDU: Das nimmt ja eine ganz ungeahnte Wendung jetzt hier!)

In der Koalition – Herr Kokert, Sie werden sich erinnern –, da saß anstelle von Jürgen Suhr damals Michael Roolf und wir haben hier über die Frage von Vergabegesetzen gestritten und gesprochen. Wir sind aber auch hier in dem Landtag nicht dazu gekommen, dass vor 2011 ein Vergabegesetz auf den Weg gebracht wurde. Meine Fraktion hat eigene Gesetzentwürfe eingebracht, um deutlich zu machen, dass wir im Land ein Beispiel geben können,

(Torsten Renz, CDU: Das ist ja so ähnlich wie bei Rot-Grün auf der Bundesebene.)

dass wie bei öffentlichen Aufträgen tatsächlich ein Mindestlohn,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

und zwar in Höhe von 10 Euro, eingeführt werden kann.

(Minister Harry Glawe: Da waren wir jetzt flexibler.)

Zu der Geschichte gehört auch: Sie haben, Frau Tegtmeier, davon gesprochen, dass es eine Sozialreform ist. Ja, es ist eine Sozialreform, aber Sie haben vollkommen ausgeblendet, dass mit der Agenda 2010 und mit Hartz IV der größte Sozialabbau in Deutschland eingeführt wurde. Dieser größte Sozialabbau lässt sich durch die Einführung des Mindestlohnes nicht korrigieren. Das, glaube ich, gehört auch zu den Tatsachen hier in Deutschland.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und wenn ich mich dann, Herr Renz, an Ihre Debatte aus dem März erinnere und auch an die von heute, dann kann ich Ihnen als CDU nur noch einmal zurufen: Hände weg vom Mindestlohn! Nachbesserungen, da sind wir uns einig mit der SPD, sind sicherlich notwendig.

(Vincent Kokert, CDU: Ach so? Das hörte sich nicht ganz so an.)

Das habe ich im März hier bereits eingefordert.

(Torsten Renz, CDU: Wer stellt das denn infrage? Kein Mensch.)

Aber wer denn meint, man müsse den Mindestlohn als solches aushebeln und weitere Ausnahmetatbestände schaffen, der ist schief gewickelt.

(Torsten Renz, CDU: Nur weil Sie das wiederholen, wird es nicht richtiger.)

Und, Herr Ministerpräsident, ich teile eins nicht,

(Torsten Renz, CDU: Es wird nicht richtiger, wenn Sie die Unwahrheit sagen.)

ich teile eins nicht, was Sie hier gesagt haben, und zwar, dass es richtig ist, in den zwei Jahren diejenigen vom Mindestlohn freizustellen, die Tarife abgeschlossen haben, denn es gibt Unternehmen und Branchen, die Tarife abgeschlossen haben unter 8,50 Euro pro Stunde.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das, glaube ich, kann man nicht tolerieren. Deswegen haben wir immer gesagt, wir wollen einen Mindestlohn ohne Wenn und Aber,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

und dieses „Ohne-Wenn-und-Aber“, glaube ich, gehört auch heute in diese Debatte.

Und wenn ich darüber gesprochen habe – Sie auch, Herr Ministerpräsident, und auch andere haben darüber gesprochen –, dass mit der Einführung des Mindestlohns die Preise steigen und Herr Renz sich dann eine teure Frisur oder etwas anderes mehr leisten kann, wie das hier gesagt wurde, dann ist das meines Erachtens …

(Torsten Renz, CDU: Blödsinn! Ich habe gesagt, ich kann mir das locker leisten.)

Das hat der Ministerpräsident gesagt, dass Sie sich dann eine teurere Frisur leisten können.

(Torsten Renz, CDU: Das ist nicht wahr.)

Ich greife bloß auf, was in der Debatte gesagt wurde. Ich will Ihnen nur sagen, das ist ein Hohn. Das ist ein Hohn denen gegenüber, die nicht mehr Geld in der Tasche haben, die nach wie vor von den Regelsätzen zu Hartz IV leben, gegenüber Auszubildenden, die nicht von der Mindestlohnregelung profitieren, und gegenüber Rentnerinnen und Rentnern, die keine Rentenerhöhung erhalten haben, weil sie in diesem Zuge der Mindestlohneinführung nicht angeglichen wurden.

(Torsten Renz, CDU: Wie die Renten in diesem Land berechnet werden, wissen Sie.)

Deswegen können sich diese Menschen die höheren Preise, die mit der Einführung des Mindestlohns verbunden sind, nicht leisten.

Ich sage Ihnen noch mal: Sie müssen jetzt als Koalition und Sie als SPD die nächsten Schritte gehen. Sie müssen die Regelsätze zu Hartz IV erhöhen, Sie müssen raus aus Hartz IV, Sie müssen für die Auszubildenden was tun, indem Sie dort die alten Tarifverträge, 15 oder 20 Jahre alt sind die, nehmen.

(Vincent Kokert, CDU: Da hat die SPD ganz schön was vor.)

Und fragen Sie mal, was Auszubildende verdienen im Monat! Davon kann kein Mensch leben.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das ist richtig.)

Natürlich müssen auch die Renten nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch generell angehoben werden. Dann kann man von Wohlstand sprechen. Aber man kann nicht nur im Zusammenhang mit dem Mindestlohn über Wohlstand sprechen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

wo alle wissen, dass der Mindestlohn nicht einmal armutsfest ist

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

und damit nicht vor Armut im Rentenalter tatsächlich schützt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ein Einstieg! Das ist ein Einstieg!)

Das gehört zur Wahrheit dazu, Herr Nieszery,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, und das wissen wir alle.)

und das muss man hier meines Erachtens auch sehr deutlich sagen.