Protokoll der Sitzung vom 03.06.2015

Sie haben mit Ihrem Verhalten mehrfach deutlich gemacht,

(Vincent Kokert, CDU: Dann hätten Sie klagen müssen vorm Landesverfassungsgericht. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, dann klagen Sie das ein!)

Sie haben mehrfach deutlich gemacht, dass Sie den mit weit mehr als 120.000 Unterschriften dokumentierten Bürgerwillen ablehnen und dass Sie vollendete Tatsachen schaffen wollen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nur, weil wir nicht Ihrer Meinung sind, sind wir undemokratisch, Herr Kollege?)

Das in der Landesverfassung verankerte Recht zum Volksbegehren und zum Volksentscheid führen Sie damit aus meiner Sicht ad absurdum.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Ich will mich an dieser Stelle einmal an den Vorsitzenden des zuständigen Fachausschusses wenden, der gerade gesagt hat – ich sage das, Herr Müller, mal so frei, wie ich das verstanden habe, ich glaube aber, ich habe Sie richtig verstanden –, das erfolgreiche Volksbegehren sei ein Zeichen, dass Bürger und Bürgerinnen sich nicht abwenden würden, sondern dass sie sich ausdrücklich für Politik und für relevante Fragen der Politik engagieren.

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

Ich teile das ausdrücklich, diese Einschätzung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir auch.)

Ich sage aber gleichzeitig, wenn Bürgerinnen und Bürger einen derartigen Umgang mit einer solchen Initiative erleben,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Welchen denn?)

dann ist das wieder ein wichtiger Baustein dafür,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Welchen denn?)

dass sie sich in der Tat abwenden, sehr geehrte Damen und Herren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Verhalten wir uns nicht gesetzeskonform, Herr Kollege, oder was?)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich wage zu prognostizieren.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist ein formales Verfahren, das ist doch vorgeschrieben, Herr Suhr! Wo behindern wir das denn? – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Sehr geehrter Herr Kokert, natürlich ist das Verfahren vorgeschrieben. Nur wenn man Bürgerinnen und Bürger in diesem Land mit weit mehr als 120.000 Unterschriften ernst nimmt und ihnen die Möglichkeit lassen will, tatsächlich über ein Volksbegehren in einem Volksentscheid abzustimmen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Vincent Kokert, CDU: Ja, machen wir doch.)

dann vollzieht man das nicht, indem man immer wieder Standorte dichtmacht und letztendlich Fakten schafft,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch Blödsinn.)

gegen die sich hinterher kaum jemand wenden kann. Das empfinde ich nicht als ein demokratisches Grundsatzverständnis, welches ich teilen möchte, sehr geehrte Damen und Herren.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Vincent Kokert, CDU: Nee. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das gibt es doch gar nicht.)

Und Sie machen so weiter, Sie machen so weiter. Ich will das an zwei Beispielen deutlich machen: der Rechtsausschuss in der letzten Sitzung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja! – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Im Amtsblatt wird die Position der Initiatoren des Volksbegehrens veröffentlicht, im Amtsblatt wird auch die Position der Landesregierung veröffentlicht. Damit hat man zwei Gegenpositionen.

(Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Es steht nicht in den Gesetzen dieses Landes, dass der Landtag die Mehrheitsposition von CDU und SPD auch noch veröffentlichen soll, aber selbst wenn er das macht, da haben Sie sich geweigert, die Position der Opposition zu veröffentlichen. Das empfinde ich nicht als ein gleichberechtigtes Verhalten im Sinne von „sich bewusst eine Meinung bilden und darüber abstimmen können“, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Was für ein Gesetz ist da veröffentlicht?)

Und der nächste Punkt:

(Vincent Kokert, CDU: Sie erzählen einen Blödsinn.)

Sie haben sich heute hier hingestellt und gerade den Dringlichkeitsantrag von den LINKEN und den GRÜNEN abgelehnt,

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

als es darum ging, das Urteil von gestern auszuwerten. Und da geht die Justizministerin her und erklärt,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

na ja, im Wesentlichen habe das OVG, das Oberverwaltungsgericht, gestern der Landesregierung recht gegeben.

Sehr geehrte Damen und Herren, eine tragende Säule der Gerichtsstrukturreform war doch die Zusage – damit haben Sie Abgeordnete aus Ihren eigenen Reihen überzeugt –, die Nebenstellen tatsächlich mit relevanten Aufgaben zu bestücken, sie dort zu belassen, vor Ort quasi die Gerichtsstruktur vorzuhalten. Genau das ist doch gestern infrage gestellt worden. Das war nicht irgendeine Nebensächlichkeit,

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

das war ein Kernstück Ihrer Reform, sehr geehrte Damen und Herren, und das steht infrage nach diesem Gerichtsurteil vom gestrigen Tag.

(Vincent Kokert, CDU: Haben Sie die Urteilsbegründung schon, Herr Suhr?)

Und da stellen Sie sich hier noch nicht mal einer Debatte,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee.)

bei der Aktualität des Gerichtsurteils von gestern.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Kennen Sie denn die Urteilsbegründung? – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Für meine Begriffe ist das nicht nachvollziehbar, sehr geehrte Damen und Herren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Kennen Sie denn die Urteilsbegründung, Herr Kollege? Nein, haben Sie auch nicht. Worüber sollen wir hier diskutieren? Über Ihre Meinung, oder was? Mein Gott!)

Sehr geehrte Damen und Herren, dabei hätten Sie, was die Nebenstellen angeht – Frau Borchardt ist darauf eingegangen –, ja durchaus einmal auf die hören können, die die ersten Erfahrungen damit gemacht haben. Genau das war der Punkt, warum ich glaube, dass die Anhörung tatsächlich noch mal neue Erkenntnisse gebracht hat, weil in der Anhörung zum ersten Mal die Möglichkeit bestanden hat – und da sind ja Amtsgerichtsdirektoren gehört worden –, sich einmal anzuhören, wie denn jetzt tatsächlich die ersten Schritte nachvollzogen werden können.

Ich will das mal zitieren, ich will zwei Anzuhörende zitieren, die tatsächlich aus ihren Erfahrungen berichtet haben. Herr Burgdorf – da ist Frau Borchardt …

(Heiterkeit bei Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, das haben wir fast erwartet.)

Na, dass Ihnen das nicht passt, Herr Nieszery, weil Herr Burgdorf nicht das berichtet, was Sie gern möchten, das kann ich mir gut vorstellen. Anhören müssen Sie sich das auch.