(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das schaffst du in einer Minute, Burkhard! – Burkhard Lenz, CDU: Nee. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Doch, ich vertraue dir!)
Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letzte Landtagssitzung Fischerei, diese Landtagssitzung Fischerei, diesmal aus einer anderen Sichtweise heraus, und da stellen sich mir immer mehr Fragen.
Ich möchte erst mal auf meinen Kollegen Wolfgang Weiß eingehen, der gesagt hat, die Ostsee sei eine Kloake
und wir haben schon ewig alles ins Meer geschmissen, weil wir immer gedacht haben, das Meer nimmt alles wieder weg. Lieber Wolfgang, ich bin ein paar Jahre über die Weltmeere geschifft. Auf DDR-Schiffen gab es sogenannte Fullbrassen, es gab getrennte Müllcontainer. Wir haben den Müll gesammelt und es wurde, gerade in der Ostsee, nichts ins Meer geschüttet, ja. Nicht auf die Seefahrt schimpfen, was gar nicht gewesen ist! Wenn du davon keine Ahnung hast, dann sollst du dazu auch deinen Mund halten.
Das geht mir als Seemann an die Ehre, denn wir haben uns wirklich an Vorschriften gehalten, da hat man in anderen Ländern von geträumt. Wir sind auf Schiffen gefahren – Ralf, ich sehe das Nicken, danke –, da gab es wirklich getrennte Fullbrassen.
Ja, da müssen Sie andere Leute fragen, aber nicht unbedingt die Seeleute. Und, Herr Heydorn, die Schadstoffe, die da drin sind, da sind die Gründe woanders.
Aber eines kann ich Ihnen auch sagen: Im letzten Jahr habe ich gelesen, dass die Ostsee aufgrund der starken Ströme und der Winde einen sehr großen Salzwasserzufluss hatte. Es gab kaum noch tote Gebiete. Dieses Jahr ist die Ostsee wieder tot. Ich bin ja dankbar dafür, dass wir endlich mal wieder einen Nordoststurm hatten, der das Oberflächenwasser aus der Ostsee herausgetrieben hat und neues, frisches Salzwasser aus der Nordsee in die Ostsee kam.
Das andere Problem ist, Sie sagen Klimawandel. Ja, Klimawandel hin und her, ich habe gesagt, ich beschäftige mich seit 1995 mit dem Klimawandel. Da hat hier keiner an CO2 gedacht. Einen interessanten Beitrag fand ich am 26., Entschuldigung, am 24.09.2020 in den „Rostocker Nachrichten“. Das Wasser wird ja wärmer, die Heringslarven sterben an Herzinfarkt, weil die Sonne mit dem Aufstieg nicht hinterherkommt. Das sagt uns alles
Herr Zimmermann. Ich schätze den Mann, aber das, was ich jetzt sage, widerspricht genau dem oder widerspricht dem, was er so sagt, weil die „Rostocker Neuen Nachrichten“ veröffentlichen einen Bericht vom IOW, vom gleichen, nur von einer anderen Abteilung. Und da steht drin, die Ostsee wird in den nächsten 30 Jahren wesentlich kälter. Das hängt zusammen mit Hochdruck, Hoch- und Tiefdruckverschiebungen über dem Nordatlantik. Das hängt mit dem Islandtief zusammen und mit dem Azorenhoch.
Und damit dann können wir rechnen, das geht über einen 1.000-jährigen Zyklus, ja, und das ist nachgewiesen, dass wir jetzt an dem Punkt angelangt sind, wo die Ostsee wieder kühler wird. Das heißt, dem Hering wird es demnächst wieder blendend gehen.
Nein. Ich kann das erläutern. Wir haben uns aufgrund Corona darauf geeinigt, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer eine Kurzintervention anzeigen. Die wird aber erst aufgerufen, wenn die Rede vorbei ist, und ich werde das einleiten und auch nicht vergessen.
Also ich möchte noch mal etwas, nicht mehr so emotional, sondern mal sachlich, auf die ganze Geschichte eingehen.
Also neue Forschung brauchen wir nicht. Ich denke, dass man mit den Fischern zusammen zu vernünftigen Ergebnissen kommen kann. Wie mir die Fischer – und ich kenne ja nicht nur einen, sondern zwei – gesagt haben, gibt es mittlerweile mit wesentlich weniger Netz wesentlich mehr Hering. Das heißt also, dass die Heringsdichte so groß ist und sie sich nicht erklären können, warum sie immer geringere Quoten kriegen. Zum einen fischen sie schon nicht mehr in den Gebieten, die von alters her in die Fischereigebiete übergeben worden sind. Sie sind gar nicht mehr in den Gebieten tätig und fischen da nicht mehr, wo die Vorfahren gefischt haben. Da muss man auch die Forschung verlegen dazu.
Dann kommen wir zur Sauberkeit des Greifswalder Boddens, der ja auch bemängelt worden ist. Und das hatte ich in meiner letzten Rede schon gesagt, wie sich die Qualität des Boddens verbessert hat. Und, Herr Backhaus, Sie schauen mich an. Ich muss auch sagen, dass ich, letztes Mal habe ich es noch nicht erwähnt, aber es ist deutlich geworden, dass der durch die Eutrophierung verdrängte Blasentang im Greifswalder Bodden wesentlich mehr geworden ist. Das ist ein Zeichen wieder dafür,
das ist auch Laichsubstrat für den Hering gewesen, weil nämlich die Tausenden Tauch- und Schwimmenten, die sich im Greifswalder Bodden in der Winterzeit aufhalten, von diesem Laichsubstrat die Nahrung, den Heringslaich nicht abnehmen können. Eine Arbeit der ornithologischen Arbeitsgruppe der Universität Greifswald besagt das nämlich, aus dem Jahre 1990 allerdings schon. Aber da kann man mal nachlesen, wie der Heringslaich von anderen Laichfressern verschwunden ist.
Über die Robben und die Kormorane haben wir gesprochen. Nur einen Satz dazu: Dass sehr viel Fisch da ist, beweist die Anzahl dieser Prädatoren, ja, sonst würden wir nicht ein so hohes Aufkommen an diesen Prädatoren haben. Es muss ein riesiges Nahrungsdargebot da sein, ansonsten würden diese Tiere sich nicht hier aufhalten.
Herr Borschke, wir brauchen nicht mehr Forschung, wir müssten die augenblicklichen Forschungsmethoden eigentlich den augenblicklichen Situationen anpassen und, was für mich ganz wichtig ist, enger mit den Fischern vernetzen. Und die Fischer, denen wir jetzt vorschlagen, Abwrackprämien zu nehmen oder sich mit dem Tourismus zu befassen, Herr Backhaus, tut mir leid, aber das machen die seit 1990 schon bei mir im Hafen. Ich bin froh, dass ich den letzten Fischer, den wir in Lauterbach haben, dass wir den jetzt gefördert kriegen, dass er seinen Haupterwerbsfischereibetrieb erhalten kann. Der verkauft auch schon seit 15 Jahren seinen Fisch selbst, ja. Das ist alles nichts Neues. Das machen die Fischer so, wie sie es können. Sie kennen die Strandfischer von Baabe, ja,
Ja, aber es ist nichts Neues. Wie weit wollen wir das aber machen? Es gibt bald keinen mehr, weil viele junge Leute einfach den Betrieb ihres Vaters nicht übernehmen können mehr. Das ist das Schlimme, ja! Aber Forschungen brauchen wir keine neuen. – Danke!
Herr Lenz, genau, es wird Sie ja jetzt nicht überraschen, zu Ihrem Wortbeitrag ist eine Kurzintervention von Herrn Dr. Weiß angemeldet worden.
Punkt 1. Ich weiß nicht, wie man so kollektiv was falsch hören kann. Ich habe kein einziges Wort über Hochseeschifffahrt gesagt, …
… sondern ich habe im Hinblick auf die Verschmutzung der Ostsee unter anderem auf die Forschungen aus der Physischen Geografie
am Oder-Ästuar hingewiesen. Ich will das jetzt nicht lang und breit auswälzen, aber, wenn wir allein daran denken, was seit 140 Jahren aus dem oberschlesischen Raum die Oder entlang bis in die Ostsee gelangt, das hat mit Schifffahrt nichts zu tun, aber hat maßgeblich etwas zu tun mit der Verschmutzung der Ostsee, beispielsweise mit Schwermetallen, mit Spurenelementen, die hochtoxisch sind und die auf die Fauna genauso wie auf die Flora des Meeres Einfluss haben. Ja, kein Wort über die Schifffahrt und über vielleicht Verklappung von irgendwelchen Dingen dort.
Punkt 2. Ich habe im Hinblick auf den Klimawandel nicht in irgendeine Richtung gewiesen, sondern nur auf die Fragestellung, dass der Klimawandel ein Grund dafür ist, dass es hier zu Irritationen kommt. Das entscheidende Thema, was das Institut für Ostseeforschung diesbezüglich auch in den Veröffentlichungen immer wieder bestätigt, und zwar egal, aus welcher Abteilung, ist das Auseinanderdriften der Schlüpfzeit der Larven und der Verfügbarkeit des nötigen Futters. Es ist völlig egal, ob es beim Klima oder in der Erwärmung oder in der Abkühlung der Ostsee in die eine oder andere Richtung geht, das Auseinanderdriften dieser beiden Zeiten führt dazu, dass teilweise bis zu 80 Prozent der Larven kurz nach ihrem Schlüpfen verhungern. Das ist der Hintergrund. Was anderes habe ich auch gar nicht angedeutet.
Das Dritte erspare ich mir, wir sind so weit fortgeschritten in der Zeit. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.