Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

Deshalb sind auch Übereinkommen wie die IstanbulKonvention wichtig, da Maßnahmen zum Schutz und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen verpflichtend werden. Im Rahmen der Istanbul-Konvention werden diese zudem auf ihren Umsetzungsstand durch das eingangs erwähnte Expertengremium überprüft. Sofern diese Evaluierung abgeschlossen ist, wird für Deutschland, aber auch für Mecklenburg-Vorpommern ein entsprechendes Ergebnis vorliegen. Sollten sich dann neue Handlungsbedarfe ergeben, bin ich davon überzeugt, dass das Land darauf auch reagieren wird.

Und zum wiederholten Male, Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, lehnen wir aus den eben genannten Gründen ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Tegtmeier.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal, als Europäerinnen und Europäer ist für die SPD-Landtagsfraktion

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

die Istanbul-Konvention selbstverständlich zu unterstützen, weil wir schauen nicht nur, wie sieht es bei uns aus, sondern auch, wie sieht es bei unseren Nachbarn und Nachbarinnen aus.

Nachdem Frau Friemann-Jennert und Minister Pegel in diesem Fall hier ausführlich über die Maßnahmen bei uns im Land vorgetragen haben, könnte man ja sagen, ich schließe mich dem an

(Zuruf von Holger Kliewe, CDU)

und das reicht mir jetzt,

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

aber dafür ist mir das Thema viel zu wichtig.

Zu früh gefreut, zu früh gefreut!

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Danke, Frau Tegtmeier! Danke!)

Als ich mich 1994

(Zurufe von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

das erste Mal gegen Gewalt gegen Frauen engagiert habe, war die Vergewaltigung in der Ehe noch kein Straftatbestand. Das ist ja erst 1997 eingeführt worden. Mir kommt es noch gar nicht so lange vor, und deswegen muss man auch immer schauen, wo kommen wir eigentlich her, wenn wir hier von häuslicher Gewalt, in erster Linie auch von Opferschutz sprechen, was uns ja besonders am Herzen liegt. Da muss man natürlich resümieren, dass in Deutschland sehr, sehr lange Zeit das Opfer überhaupt nie im Fokus stand. Das war immer so eine Randfigur, wenn es um Täter ging. Die Opfer kamen nur in den Blick, wenn es um Zeugenaussagen ging,

(Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

aber auf ihnen selbst lag der Fokus nicht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wie bitte? Können Sie das noch mal laut sagen?)

und da wird sich Herr Förster auch noch ganz genau dran erinnern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Können Sie das mal laut sagen?)

Er hat ja darauf hingewiesen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass er als Richter oft genug mit solchen Sachverhalten zu tun hatte. Erst in den …

Ach so, man kann natürlich noch weiter gehen: In der DDR gab es ja gar keine häusliche Gewalt, wenn man so den Staatsorganen Glauben schenken durfte. Das ist natürlich alles Quatsch.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Natürlich! Völliger Unfug ist das.)

Erst in den letzten Jahrzehnten kamen die Opfer wirklich mal als Opfer in den Fokus und Opferrechte wurden als Menschenrechte anerkannt und an etlichen Stellen in der

Strafprozessordnung auch verankert. Das war gut so und das war lange, lange überfällig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja. – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ein bisschen mehr Anteilnahme da!)

Ja, danke, mein Fraktionsvorsitzender, dass du das hier so anerkennst.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Frau Bernhardt, nachdem Sie die Grundintention der Istanbul-Konvention, die hier, glaube ich, hinlänglich bekannt ist, vorgetragen haben,

(Präsidentin Birgit Hesse übernimmt den Vorsitz.)

haben Sie darauf hingewiesen oder haben Sie auch selbst an einer anderen Stelle darauf hingewiesen, dass es ja nicht nur Land und Kommunen betrifft, sondern eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, darauf hinzuwirken. Und nur so funktioniert das ja auch. Das können wir hier alles nicht umsetzen, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen, auch die Strafprozessordnung, das Strafgesetzbuch und so weiter, uns keine Möglichkeiten an die Hand geben. Also es ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der selbstverständlich weiterentwickelt werden muss und weiterentwickelt wird.

Aber wenn Sie dann in Ihrem Antrag feststellen, dass die Istanbul-Konvention ja nun seit 2018 bei uns in Kraft ist und sich hier nichts getan hat, also dann sträuben sich mir natürlich die Nackenhaare, muss ich mal so sagen.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Es ist ja mitnichten so, dass wir bei null angefangen haben, sondern wir kommen hier von einem sehr hohen Niveau und haben hier tatsächlich viele Standards bereits gesetzt und haben viel vorzuweisen. Und diese Relation muss man ja auch mal mit in Betracht ziehen. Viele Punkte aus der Konvention spielen zum Glück bei uns keine Rolle mehr, weil für mich hier Forderungen gestellt werden, die tatsächlich selbstverständlich bei uns schon sind, aber natürlich haben wir auch Dinge, die sich weiterentwickeln müssen und wo noch Handlungsbedarfe bestehen.

Aber ich möchte auch darauf hinweisen, das hat Frau Friemann-Jennert teilweise auch schon getan, dass wir hier gerade in Mecklenburg-Vorpommern auch Vorreiterrollen eingenommen haben, wenn es um den Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt ging und um Opferschutz ging insgesamt. Frau Friemann-Jennert hat ja schon so eine kleine Aufzählung gemacht, auch was die Opferschutzbeauftragten angeht, die der Polizei, jetzt hier noch gar nicht genannt, die gibt es ja mittlerweile aber auch. Wir haben auch seinerzeit das Wegweisungsrecht ins SOG eingeführt. Das war damals zu dem Zeitpunkt auch nicht selbstverständlich. Also wir haben tatsächlich einiges vorzuweisen gehabt.

Oder aber auch das Modell der psychosozialen Prozessbegleitung, Frau Bernhardt.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Das haben Sie selbst ja auch sehr geschätzt und schätzen es immer noch eigentlich

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Damals, als noch die Stellen finanziert waren. Jetzt gibt es ja nur noch Kuddelmuddel.)

und möchten das eigentlich so auch wiederhaben. CDUHäuser und trotzdem sehr, sehr fortschrittlich teilweise, was eben diese sensible Thematik anging.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Also hier so zu tun, als hätten wir nichts getan, also das finde ich ehrlich gesagt schon ganz schön, schon ganz schön dreist.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Selbstverständlich sind immer noch Baustellen vorhanden. Aber Sie haben vorhin viele Punkte angesprochen, und viele Punkte finden sich genau oder genau diese Punkte finden sich in dem Aktionsplan wieder. Und Sie wissen ganz genau, wie der aufgebaut ist, weil Sie ja diese Aktionspläne auch durchforsten, würde ich mal behaupten. Das ist ja auch gut so! Und Sie wissen ganz genau, dass jeder Aktionsplan ausgewertet wird. Er wird evaluiert, es werden davon Handlungsbedarfe abgeleitet. Und genau die Zielgruppen, die Sie auch angesprochen haben, die kommen da ja alle drin vor. Die kommen da alle drin vor.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Getan hat sich aber nichts.)

Und da drin kommt auch vor Fort- und Weiterbildung für Berufsgruppen zum Beispiel, die hiermit zu tun haben,

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)