Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

Vielen Dank, Frau Vorsitzende!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Dr. Till Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Abfall beschäftigt uns ja tatsächlich seit Beginn der Menschheit. Ich weiß nicht, ob Ihnen eigentlich bewusst ist, wann die ersten, wenn man es so will, abfallrelevanten Themen auf die Tagesordnung gesetzt worden sind.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Waren Sie da schon dabei?)

Es sind im Übrigen die Birkenrinden gewesen, die durch Erwärmung zum Pech, zum Pech geworden sind.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Waren Sie da schon Minister, Herr Minister?)

Ja, das ist ein Urgedanke der Menschheit, weil er mit Feuer, Wasser und nachwachsenden Rohstoffen sich immer zunehmend weiterentwickelt hat.

Jetzt mache ich einen ganz großen Sprung und gehe mal 150 Jahre zurück im Menschengedenken. Da muss man zur Kenntnis nehmen, dass in dieser relativ kurzen Zeit im Übrigen die synthetischen Pflanzenschutzmittel entwickelt worden sind, die synthetischen Haber-BoschVerfahren, die synthetischen Düngemittel entwickelt worden sind, am Anfang im Übrigen aus der Landwirtschaft heraus „Teufelszeug“ benannt worden. Oder wenn ich mir die Polymere oder andere chemische Substanzen

oder letzten Endes damit auch, wenn man es so will, die drei wesentlichen aus meiner Sicht, die Thermoplasten, die Duroplasten und die Elastomere anschaue, dann nehme ich zur Kenntnis, es ist auf der einen Seite Segen – im Übrigen, was Verpackung oder was Hygiene, was die Sicherheit anbetrifft – und auf der anderen Seite ist es der Fluch der Menschheit, weil wir alle nicht wissen, wie diese Substanzen sich in der Perspektive weiterentwickeln werden.

Und ich nehme zur Kenntnis, dass der Agrarausschuss, ich will mich ausdrücklich bedanken für diese doch substanziellen Beiträge, die hier entwickelt worden sind, und insofern ausdrücklich auch bei den LINKEN bedanken für diesen Antrag. Und wenn ich mir überlege, wie viele Aktionen wir im Land und ich selber schon gemacht habe, darf ich mal die Frage stellen: Wer war beim Müllsammeln mit dem Landesanglerverband, mit Schulklassen oder mit anderen Richtungen dabei?

(Einige Abgeordneten melden sich.)

Hervorragend! Sie auch, Herr Richt..., Herr Förster?

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Das möchte ich mir noch mal anschauen.

(Heiterkeit bei Burkhard Lenz, CDU)

Aber sind ja gute Beiträge, gute Beiträge.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Zum Nachsammeln.)

Nehme ich freundlich zur Kenntnis.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Also ein Hinweis: Es soll ja Leute geben, die nicht so richtig wissen, was sie an den Weihnachtsfeiertagen und nach dem Fest machen sollen. Ein Spaziergang am Strand, im Übrigen im Wald

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das wollen wir mal nicht beschwören, ne, ob das möglich ist.)

und dann das DDR-Netz noch mal wieder auspacken, mitnehmen – wir haben es noch zu Hause –, mit den Kindern im Übrigen dann Müll und Abfall zu sammeln und es dann geordnet in die entweder schwarze, gelbe, blaue

(Nikolaus Kramer, AfD: Die AfD-Fraktion hat dafür extra Baumwolltaschen.)

oder vielleicht auch in die grüne Abfalltonne zu werfen, wäre doch ein toller Beitrag. Ich kann uns da nur gemeinsam ermuntern. Ich mache das jedenfalls regelmäßig.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Ich nehme mit großer Freude zur Kenntnis, dass wir auch hier ein Umweltbewusstsein haben innerhalb unseres Bundeslandes, wo man sehr stark auch darauf achtet. Und da möchte ich mich auch ausdrücklich bei den Kommunen, bei den Landkreisen, aber auch letzten

Endes bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern insgesamt der Abfallwirtschaft, des Recycelns und der Kaskadennutzung im Übrigen sehr herzlich bedanken. Ich glaube, da darf man auch mal klatschen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Denn auch unter Corona-Bedingungen nehme ich zur Kenntnis, dass das Entsorgungssystem zu 100 Prozent funktioniert hat. Im Übrigen, neben Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen ist die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung und auch das gesamte Entsorgungssystem komplett durchgelaufen. Ich nehme zur Kenntnis, dass wir dort praktisch keine Ausfälle gehabt haben und hier konsequent gearbeitet worden ist. Und auch dafür möchte ich mich an dieser Stelle sehr, sehr herzlich bedanken.

(Beifall Thomas Schwarz, SPD – Heiterkeit bei Nadine Julitz, SPD)

Für mich ist das keine Selbstverständlichkeit.

Und die Erfindung des Kunststoffes und dieser Werkstoffe, ich habe es gesagt, ist auf der einen Seite Segen und auf der anderen Seite Fluch. Seit den entwickelten Rohstoffen haben wir mittlerweile 8 Milliarden Tonnen – 8 Milliarden Tonnen! – Kunststoffe hergestellt. Und wenn ich das auch noch mal auf den Punkt bringen darf, Mecklenburg-Vorpommern pro Jahr, wo liegt die Abfallsituation, da gehe ich davon aus, dass wir gut 1 Million Tonnen – 1 Million Tonnen! – an Abfällen produzieren, und davon sind es immerhin jetzt schon 600.000 Tonnen, die einer Verwertung wieder zugeführt werden. Das reicht noch nicht, da sind wir uns einig, und wir werden auch an diesen Dingen weiterarbeiten.

Im Übrigen, weltweit – weltweit, wir sind etwa bei 60 Prozent Recyclinganteil, 60 Prozent, das ist schon mal was –, weltweit sind es zurzeit noch 91 Prozent der Abfälle, die nicht recycelt werden. 91 Prozent! Das muss man sich mal vorstellen! Allein 2018 wurden 360 Millionen Tonnen – 360 Millionen Tonnen! – produziert, davon gut 60 Millionen Tonnen allein in Europa. Bis 2030 – und das sehen wir mit ganz, ganz großer Sorge –, bis 2030 sollen sich diese Abfälle nochmals verdoppeln, eine unvorstellbare Zahl. Den allergrößten Anteil machen im Übrigen die Einwegprodukte aus den Verpackungen aus.

Und auch an dieser Stelle – die Vorsitzende hat ja schon darauf hingewiesen –, hier müssen wir auch mit den Partnern, insbesondere mit dem Lebensmitteleinzelhandel, aber auch mit den Vermarktern insgesamt darüber reden, weil ich nehme zur Kenntnis im Übrigen im öffentlichen Raum – Sie sehen das vielleicht auch manchmal, dass manche, die dann in sogenannte, ich gehe da nicht so gerne hin, in die sogenannten Schnellrestaurants, wenn da mal so die Verpackungen, die Einwegverpackungen aus dem Auto geworfen werden –, nehme ich zur Kenntnis, im öffentlichen Raum sind allein 20 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern – 20 Prozent! – dieser Abfälle tatsächlich diese Einwegverpackungen, aus meiner Sicht wirklich ein Unding.

(Beifall Horst Förster, AfD)

Deswegen bin ich froh im Übrigen, dass im kommenden Jahr diese Einwegverpackungen endlich verboten werden,

(Beifall Horst Förster, AfD)

und ich hoffe, wir kommen damit gut voran.

Damit im Übrigen sind die Umweltprobleme natürlich verheerend, denn Plastik zersetzt sich kaum, sondern zerfällt immer nur in kleinere Partikel. Und ich nehme zur Kenntnis, dass wir heute im Übrigen in der Analytik, ob beim Fisch oder auch beim Menschen, wir das Mikroplastik in allen Bereichen finden. Und das ist aus meiner Sicht ein Unding. Daher hat sich mittlerweile Plastikmüll in allen Größen, einschließlich Mikroplastik, darauf habe ich schon hingewiesen, in besorgniserregender Weise überall in der Umwelt angereichert. Ich denke, mittlerweile ist allen klar, dass wir ein Riesenproblem mit diesen Kunststoffabfällen haben, und zwar weltweit. Ich glaube persönlich, dass neben dem Klimawandel, der Artenvielfalt, dem sauberen Wasser das Thema Abfall das viertgrößte Problem der Menschheitsgeschichte insgesamt sein wird.

Zum Glück hat das Bewusstsein bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, in der Politik und in der Wirtschaft in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Reduktion von Plastikmüll, insbesondere in unseren Gewässern, stellt aber auch bei uns nach wie vor ein Riesenproblem dar und ist auf der Agenda. Ich darf hier und heute schon sagen, wir sind im kommenden Jahr, also ab dem 01.01.2021, in der Verantwortung als Vorsitzland der Umweltministerkonferenz. Und damit steht für mich schon auch ein Thema vollkommen fest: Wasser ist Leben, Wasser ist das wichtigste Lebensmittel auf dieser Erde, und wir müssen dieses Problem lösen. Und zum Zweiten müssen wir das Thema tatsächlich der Pflanzenschutzmittel und auch der Abfälle in der Landschaft lösen. Es ist enorm wichtig, dass wir uns mit diesem Thema weiter auseinandersetzen. Und ich will insofern noch mal ausdrücklich Danke sagen. Die Ergebnisse hat Ihnen Frau Aßmann ja bereits vorgestellt.

Für mich ist vollkommen klar, allein mit Bundesratsinitiativen ohne Erarbeitung von Maßnahmenkatalogen wird dieses globale Problem natürlich nicht zu lösen sein. Das soll auch überhaupt gar keine Ausrede sein, sondern das ist einfach eine Feststellung. Unser Haus ist schon seit vielen Jahren aktiv bei dem Thema Gewässer-/Bodenschutz und jetzt natürlich auch im Abfallbereich, diesem Bereich, den wir ja vor gut einem Jahr übernommen haben.

Und auch weltweit und auch auf europäischer Ebene, aber unterm Strich auch auf nationaler Ebene gibt es natürlich zahlreiche Initiativen. Ich will die wichtigsten kurz angesprochen haben: die europäische Meeresschutzrichtlinie, die HELCOM-Vereinbarung, die Arbeiten zur Aktualisierung der Maßnahmenprogramme der Meeresschutzrichtlinie und HELCOM im Ostsee-Aktionsplan. Oder Mecklenburg-Vorpommern ist auch hier am Ball im Übrigen, um diese Dinge weiter umzusetzen. Das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie und ich selber haben mehrfach mit am Runden Tisch „Meeresmüll“ oder letzten Endes auch zur Plastikfracht aus der Warnow teilgenommen. Bereits seit 2018 sind weitere europarechtliche Maßnahmen zur zukünftigen Reduktion von Plastikmüll insgesamt beschlossen worden.

Ich bin froh, ich betone das noch mal, dass eigentlich Kunststoffe ab 1. Juli 2021 gänzlich verboten werden. Auch die Lebensmitteleinzelhändler sind im Übrigen dann mit dran, Verpackungen aus Styropor oder Produk

te aus nicht abbaubaren Kunststoffen dürfen dann nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Ich sehe diese Verordnung im Übrigen als einen ganz großen Schritt, der aus Deutschland und letzten Endes auch über die UMK mit auf den Weg gebracht worden ist. Es kann tatsächlich gelingen, Herr Liskow, es kann tatsächlich gelingen, dass wir in dieser Frage EU-weit zu einer Vorreiterrolle kommen werden.

Und ich glaube auch, dass die Novellierung der Schiffsabfallentsorgungssysteme auch eine ganz entscheidende Rolle spielen wird. Auch hier sind bereits Maßnahmen eingeleitet worden, um damit Plastikmüll massiv zu reduzieren.

Die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, auch das ist mir eine wichtige Aussage, ist am 29. Oktober 2020 in Kraft getreten. Es dient damit der Umsetzung der Novellierung der europäischen Abfallrichtlinie. Und wir werden im Übrigen unseren Abfallwirtschaftsplan auch fortschreiben und für die neue Legislaturperiode Ihnen dann auch vorlegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für mich ist klar, die Quotenvorgaben für das Recycling werden bis 2035 auf 65 Prozent Gewichtsanteilprozente für Siedlungsabfälle angehoben. Auch das ist aus meiner Sicht ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Flankiert wurden diese Maßnahmen natürlich auf gesetzlicher Ebene in Form von Bundesratsinitiativen oder auch durch die UMK-Beschlüsse.

Meine Damen und Herren, ich glaube, auch unsere Eigeninitiativen in diesem Lande, dass wir Geisternetze heben und dieses jetzt im Übrigen auch im Rahmen der Fischereiförderung auf den Weg gebracht haben und wir gemeinsam mit einem anerkannten Naturschutzverband, nämlich dem WWF, diese Dinge umsetzen, spielen hier eine besondere Rolle. Und ich bin davon überzeugt und ich habe mich sehr darüber gefreut, dass wir im Rahmen der Umweltministerkonferenz eine doch große Unterstützung erfahren haben, als ich dieses Projekt vorgestellt habe. Ich glaube auch, dass es richtig ist, dass wir gemeinsam mit den Küstenländern im Zuge der Aktualisierung des Maßnahmenplanes zur Meeresschutzrichtlinie auch weitere Maßnahmen einleiten werden.

Bei uns, das muss man ganz klar sagen, ist die Recyclingquote nach wie vor zu gering und wir werden nach wie vor auch an diesem Thema intensiv arbeiten müssen. Dazu zählt für mich vor allen Dingen die Sammlungspflicht für Kunststoffabfälle, die Durchsetzung der Pfandpflicht. Ich glaube, was nichts kostet, taugt auch nichts. Ich weiß nicht, wer von Ihnen mit dem SERO-System groß geworden ist, aber ich selber habe Flaschen gesammelt, ich selber habe Papier gesammelt und ich habe auch Schrott abgeliefert. Damit habe ich mir im Übrigen auch meine erste Armbanduhr tatsächlich verdient, und das war Wertevermittlung. Vielleicht müssen wir dahin wieder zurückkommen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig!)