Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt der interfraktionelle Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und LINKE zu einer weiteren Änderung der Geschäftsordnung des Landtages hier in Mecklenburg-Vorpommern vor. Wir haben uns in diesem Haus, als wir die Geschäftsordnung das letzte Mal überarbeitet haben, darauf verständigt, dass wir das, was damals neu eingeführt worden ist, hier ausprobieren werden, evaluieren wollen und dann im Nachgang schauen wollen, ob man gegebenenfalls noch mal Änderungen, Ergänzungen vornimmt. Das ist jetzt zwischen den verschiedenen Fraktionen erarbeitet worden und liegt Ihnen heute vor.
In dem Zusammenhang will ich das kurz gliedern. Es handelt sich bei dem vorliegenden Änderungsvorschlag für die Geschäftsordnung letztendlich um vier verschiedene Positionen:
Ich will einmal mit einem Punkt anfangen, der wahrscheinlich der unproblematischste für alle ist. Da geht es nämlich tatsächlich nur darum, in den Paragrafen 88 und 96 der Geschäftsordnung – und das sind die Ziffern 5 und 6 des vorliegenden Vorschlages – unter I, dass das, was hier im Haus ohnehin schon in Absprache zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern regelmäßig so gehandhabt worden ist, nun auch in der Geschäftsordnung verschriftet wird, dass die entsprechenden Redezeiten für persönliche Bemerkungen beziehungsweise für Erklärungen zur Abstimmung sowie bei anderen ähnlichen Punkten auf zwei Minuten begrenzt werden.
Ein weiterer Punkt, das ist das, was Ihnen unter I.4 vorliegt, eine weitere Einfügung in die Geschäftsordnung des Landtages, dass dann, wenn es tatsächlich bereits bei der Einbringung von Gesetzentwürfen seitens der Landesregierung eine entsprechende Verbandsanhörung gegeben hat, was ja der Regelfall ist, dass dann mit der Vorlage des entsprechenden Gesetzentwurfes dem Landtag auch mitgeteilt wird, welche Anhörung dort tatsächlich schon oder wer genau angehört worden ist, damit es möglicherweise keine Doppelungen gibt beziehungsweise die entsprechenden Unterlagen im Zweifelsfall, wenn das gewünscht ist, auch hier eingeholt werden können. Das ist, glaube ich, etwas, was relativ unproblematisch ist und was auch von allen Beteiligten so ohne Weiteres mitgetragen werden kann.
Ein weiterer Punkt oder zwei weitere Punkte sind da natürlich schon eher politisch sensibel. Da geht es im Endeffekt um die Frage, wie agiert der Landtag in der aktuellen Corona-Situation.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns über eines an dieser Stelle klar werden: Dieses Haus, unabhängig von allen politischen Differenzen, die die Fraktionen teilt, dieses Haus als Ganzes ist das höchste Verfassungsorgan dieses Landes und es ist unser aller Aufgabe ‒ mit welcher Art und mit welchen Mitteln auch immer ‒, die Funktionsfähigkeit und die Arbeitsfähigkeit dieses Hauses möglichst lange, auch in dieser Situation, aufrechtzuerhalten. Ich stelle mir lieber nicht vor, wenn wir zum Beispiel gestern nicht hätten tagen können. Dann wäre es nämlich unter anderem auch nicht zu einer Beschlussfassung über den Nachtragshaushalt gekommen, mit allen Konsequenzen, die dann daraus resultiert wären.
Da mag man nun das politisch anders bewerten, Herr Professor Weber, was den Nachtragshaushalt angeht, aber es macht an der Stelle deutlich, dass letztendlich dieses Haus für maßgebliche Entscheidungen hier in diesem Land Verantwortung trägt und deswegen auch die Arbeitsfähigkeit dieses Hauses sichergestellt werden muss.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns dann, da gibt es momentan, wenn ich das richtig in der Diskussion verfolgt habe, noch keinen Konsens über alle Fraktionen, es gibt dann aber zumindest zwischen den drei Fraktionen und ihren Parlamentarischen Ge
schäftsführern, die diesen Antrag vorbereitet haben, insofern einen Konsens, dass das, was teilweise schon gehandhabt worden ist, nämlich in den Ausschüssen die Durchführung von Videokonferenzen oder auch Telefonkonferenzen, dass das tatsächlich verschriftet und in der Geschäftsordnung dieses Landtages festgehalten wird.
Und wenn man tatsächlich das dann auch verschriften will, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man das normieren will, dann muss man sich natürlich auch damit auseinandersetzen, wie geht man mit dem Thema von Beschlussfassungen um, wenn Videokonferenzen durchgeführt werden. Wie sichert man das ab, dass Beschlussfassungen entsprechend auch ordnungsgemäß durchgeführt werden? Wie sichert man es auch ab, wenn zum Beispiel eine Kollegin oder ein Kollege der Auffassung ist, dass es in dieser Form nicht durchgeführt werden sollte? Und das ist das, sehr geehrte Damen und Herren, was Ihnen in diesem Vorschlag unter der Ziffer I.1 bis 3 vorliegt. Da geht es tatsächlich darum, wie ein entsprechendes Verfahren sichergestellt werden kann.
Ein weiterer Punkt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hängt letztendlich auch mit der Situation zusammen, in der wir heute alle arbeiten, in der wir auch in diesem Haus ‒ in Anführungszeichen ‒ leben. Wir haben es ja nun letzte Woche auch gehört, dass es hier innerhalb der Landtagsverwaltung die ersten positiv getesteten Fälle an SARS-CoV-2 gibt und es natürlich nicht auszuschließen ist, dass auch hier im Haus auch Kolleginnen und Kollegen, auch jemand unter uns, tatsächlich sich infiziert. Und da ist es natürlich schon etwas schwieriger für eine Ordnungsbehörde bisher, zu sagen, dieser Kollege, diese Kollegin muss jetzt zu Hause bleiben. Und deswegen schlagen wir Ihnen dann ein Verfahren, das sich an das Verfahren mit der Aufhebung der Immunität anlehnt, vor, dass nämlich tatsächlich die Ordnungsbehörden, die Gesundheitsämter dann verpflichtet sind, die Präsidentin des Landtages darüber zu unterrichten, und nur wenn die Präsidentin des Landtages das auch nachträglich genehmigt, diese entsprechende Anordnung einer Quarantäne gegenüber einem Mitglied dieses Hauses dann Bestand behält.
Das ist im Wesentlichen das, was wir Ihnen vorschlagen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich würde mich freuen, wenn wir eine angeregte Diskussion zu diesem Novellierungsvorschlag dann im Rechtsausschuss führen könnten, damit der Landtag dann möglichst breit eine entsprechende Änderung der Geschäftsordnung beschließen kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Mein Vorredner hat schon deutlich gemacht, es gibt einige Punkte bei diesem Tagesordnungspunkt, wo
wir, glaube ich, alle einig sind, und es gibt zwei Punkte, wo meine Fraktion die Einigkeit nicht mittragen kann.
Um mal vorwegzunehmen, auch wir sind der Meinung, dass die Beschränkung der Redezeit bei persönlichen Erklärungen und bei Erklärungen zum Abstimmungsverhalten auf zwei Minuten angemessen ist. Die Punkte tragen wir mit. Auch den neuen Paragrafen 46 Absatz 2a mit der Beifügung der Beteiligten bei Verbandsanhörungen ist unproblematisch. Und auch den Anhang über die Mitteilung von Quarantäneanordnungen gegenüber Mitgliedern des Landtages an die Präsidentin und das gleiche Verfahren wie bei Aufhebung der Immunität ist ordnungsgemäß, ist so, dass wir das alles mittragen können.
Problematisch sind dagegen die beiden Neuregelungen in den Paragrafen 13 Absatz 3a und 16a der Geschäftsordnung. Da geht es in der Tat um die Ermöglichung von Telefon- oder Videokonferenzen in den Ausschüssen. Das ist Paragraf 13 Absatz 3a. Das ist eine Thematik, die in der Tat zum Nachdenken zwingt.
Videokonferenzen, meine Damen und Herren, ermöglichen immerhin das, was uns wichtig ist, nämlich Gestik und Mimik der Beteiligten, wenigstens derer, die sprechen, dann auch wahrnehmen zu können, etwas, was uns sehr wichtig ist bei der Diskussion von Tagesordnungspunkten. Das Problem ist nur, dass Videokonferenzen eben nicht jedem zur Verfügung stehen, insbesondere den Abgeordneten, die sich vielleicht in Quarantäne befinden und die deswegen zu Hause bleiben müssen. Es ist nicht überall ermöglicht, zu Hause eine Videokonferenz abhalten zu können. Dementsprechend könnten solche Abgeordnete ‒ und wir reden hier über Corona-Zeiten ‒ von dieser Technik nicht profitieren.
Telefonkonferenzen dagegen erlauben keine Wahrnehmung von Gestik und Mimik und, was jedenfalls ich auch für gravierend halte, noch nicht einmal eine sichere Feststellung, ob derjenige, der da am Telefon an der Sitzung teilnimmt, auch derjenige ist, der es sein sollte. Nun kann man sagen, wir kennen uns inzwischen über die vier Jahre so weit, dass man das vielleicht doch an der Stimme festmachen kann, aber das sind doch Unsicherheiten. Und insbesondere, wenn es um Abstimmungsverhalten geht, sind das Punkte, die wir so nicht mittragen wollen.
Und entsprechend verschärft gilt das für den neuen Paragrafen 16a, bei dem die ganze Problematik auch auftaucht, wo aber sogar für Fälle, in denen keine Telefon- oder Videokonferenz möglich ist, der Ausschussvorsitzende im schriftlichen Beschlussverfahren oder mit elektronischen Kommunikationsmitteln ermächtigt wird, Ausschusssitzungen durchzuführen. Darüber hätte man reden können, wenn alle Versuche ausgeschöpft worden wären, andere Räume anzumieten oder zur Verfügung zu stellen, in denen hier im Landtag oder in seiner Umgebung entsprechend eine Präsenzsitzung abgehalten werden könnte. Und das ist immer noch das, wovon wir als Primäransicht ausgehen, was sein sollte. Davon ist aber,
Es ist schon eine Glückssache, dass wir ‒ „Glückssache“ in Anführungszeichen ‒, dass wir das Café Niklot weiter nutzen können. Das ist auch nur dem Umstand geschuldet, dass Gastronomie zurzeit nicht stattfinden
darf, ansonsten wäre mit Ende des Jahres 2020 auch das Café Niklot als Ort, an dem Ausschusssitzungen unter Einhaltung von Abstandsregelungen möglich sind, ausgeschieden. Solange nun die Verlängerung dieser Gastronomiemaßnahmen andauert, haben wir wenigstens das Café Niklot. Aber man hätte sich, so denken wir jedenfalls, intensiver darum bemühen müssen, Räume zusätzlich zu gewinnen, in denen hier im Schloss oder in der näheren Umgebung Ausschusssitzungen als Präsenzsitzungen stattfinden können. Das ist so nicht geschehen, jedenfalls auf unsere Nachfrage hin nicht mitgeteilt worden, und deswegen halten wir die Durchführung von Ausschusssitzungen und Abstimmungen auf dem Wege von Videokonferenzen für bedenklich, von Telefonkonferenzen für inakzeptabel und können diesen Punkt deshalb auch nicht mittragen.
Und ein bisschen an die Fraktion der CDU gerichtet: Es wundert mich Ihr Abstimmungsverhalten oder Ihr Mittragen dieses Antrags hier, denn den genau gleichen Antrag hatten wir im Kreistag Vorpommern-Greifswald, wo auch für die Kreistage eine solche Möglichkeit eingerichtet werden sollte. Da hat die CDU mit fast allen anderen beteiligten Fraktionen den Antrag abgelehnt. Hier stimmen Sie demselben Antrag nun plötzlich zu. Da frage ich mich schon: Wie erklärt sich so ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten? Ist für Sie die Durchführung von Kreistagsausschüssen und Kreistagssitzungen weniger wichtig als die Durchführung von Landtagssitzungen oder wie kommt es zu diesem unterschiedlichen Stimmverhalten? Vielleicht können Sie darauf ja in der Debatte noch kurz eingehen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir werden jedenfalls, die unter den Punkten I.4 und folgende und II und III vorgesehenen Punkte mittragen, die Punkte bei I.1 bis 3 dagegen ablehnen und bitten deswegen um Einzelabstimmung. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz Unrecht hat der Kollege Weber nicht gehabt mit seiner letzten Bemerkung, weil, ich glaube, in der gelben Tagesordnung steht „Abstimmung“ drin ausgewiesen. Insofern hatten wir uns aber darauf verständigt, das zu überweisen, im Rechtsausschuss zu behandeln, so, wie das normal ist.
Ich will nur drei, vier Dinge kurz sagen, weil meine Fraktion mit zu den antragstellenden Fraktionen gehört und wir also auch den Inhalt dieser Änderung der Geschäftsordnung mittragen.
Sie haben recht, Herr Professor Weber, Gestik und Mimik sind von großer Bedeutung. Wer das anzweifelt, dem empfehle ich mal einen Blick in den Livestream unseres Landtages während der Landtagssitzungen. Wenn man dann zum Beispiel unser hochgeschätztes Präsidium dort beobachtet, sieht man, wie wichtig Gestik und Mimik sind, auch derer, die uns hier durch die Tagungen führen.
Ihre Befürchtung, dass bei Telefonkonferenzen nicht der am Hörer sitzt, der am Hörer sitzen sollte, die kann ich nicht teilen, weil da schwingt ja so eine Unterstellung mit, dass wir jetzt dem einen oder anderen unterstellen, seinem Mitarbeiter das Handy zu geben und man sagt, hier, rufe mal an und sage mal. Das, glaube ich, wird keiner von uns machen. Dazu nehmen wir unseren Job alle viel zu ernst. Insofern ist das für mich kein Grund einer Ablehnung für eine Telefonkonferenz.
Sie haben recht, dass es bei Videokonferenzen hier und da Schwierigkeiten geben kann. Wir haben zu Beginn der Pandemie das ja selbst am eigenen Leib gespürt, zum Beispiel war die Kamera an meinem Laptop, den ich von der Landtagsverwaltung gestellt gekriegt habe, eben nicht freigeschaltet. So saß ich bei der ersten Videokonferenz mit meiner Fraktion ziemlich im Dunkeln. Wir haben alle dazugelernt, wir haben alle dazugelernt, wie wir auch mit diesen Dingen umgehen. Insofern glaube ich auch, dass sich mittlerweile – zumindest ist das unsere Erfahrung – Videokonferenzen durchaus als machbar erwiesen haben.
Letzte Bemerkung, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es hat lange gedauert, es hat lange gedauert, bis wir hier im Hohen Haus, in den Liegenschaften des Landtages vernünftige, nachvollziehbare Regelungen im Umgang mit der Corona-Pandemie gefunden haben, wenn ich an die Hygieneregeln denke und an die Diskussionen, die wir dazu geführt haben, mit der Festlegung, dass wir hier nur vor dem Plenarsaal die Maske tragen, im übrigen Haus nicht. Das ist alles jetzt überwunden. Das war aber auch alles nicht nachvollziehbar. Und ich bitte jetzt einfach darum, dass wir diese elendigen Diskussionen, die wir zu den Hygieneregeln im täglichen Umgang miteinander geführt haben, jetzt nicht auch bei der Geschäftsordnung führen, denn wir haben uns, glaube ich, ausgewogen und ausführlich darüber verständigt, wie wir mit diesen Fragen umgehen.
Das, was jetzt auch vorgeschlagen wird für das Parlament im Umgang mit der Geschäftsordnung unter den Corona-Bedingungen, halten wir für vernünftig und wir werden dann, wenn der Diskussionsprozess im Rechtsausschuss abgeschlossen ist, der Vorlage auch so zustimmen. – Herzlichen Dank!
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE auf Drucksache 7/5601 zur Beratung an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.