Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Intelligenzbestie! – Glocke der Vizepräsidentin)

zunächst etwas sagen zu der grundsätzlichen Diskussion, die wir brauchen, wie sie auch Herr Kollege Schulte hier angesprochen hat.

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

Ich wäre ja sehr dafür, dass wir diese Diskussion führen, und das ist auch der Unterschied, den ich hier feststelle auch zu anderen Diskussionen, Kollege Schulte. Ich wäre ja sehr dafür, dass wir die endlich führen, auch, was Kompetenzen betrifft, denn die Kompetenzen, wer ist wofür zuständig, das ist den Nutzern so was von egal! Die wollen kostengünstig von A nach B kommen, dahin, wo sie hinwollen und hinmüssen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Aber diese Diskussion, die haben wir deshalb bisher nicht geführt, weil es ja schon an der Bereitschaft fehlt.

Kreise machen sich inzwischen sehr viele Gedanken, wie sie den ÖPNV in ihrem Verantwortungsbereich verbessern können. Also Schwerin hat jetzt gerade festgelegt oder beschlossen, dass die Schülerinnen und Schüler kostenfrei fahren können. Rostock hat das schon lange getan. Also es ist nicht so, dass in den Kreisen in der Frage überhaupt nichts passiert, alleine schon deshalb, weil die Not so groß ist.

Und, Herr Kollege, Herr Minister Pegel, wenn Sie von einem Gemischtwarenladen reden, also mal abgesehen von der Despektierlichkeit dieses Begriffes, aber das zeigt dann nichts anderes, als dass wir so große Probleme auf diesem Gebiet haben. Es zeigt auch, zumindest für mich, dass es mit Flickwerk nicht mehr getan ist. Wir wollen ja diesmal mit diesem Antrag nichts anderes, als dass wir Strategien entwickeln, dass wir uns darüber unterhalten, welche Bedarfe tatsächlich bestehen.

Ja, Sie sagen es richtig, Herr Eifler, es muss bedarfsgerecht sein. Aber sagen Sie mir doch mal, wo liegt denn der Bedarf! Der ist doch überhaupt nicht ermittelt, weder der finanzielle noch der tatsächliche, vom Nutzer des öffentlichen Verkehrs aus gesehen. Also wir brauchen eine Strategie, die dieses Problem insgesamt betrachtet, über Kompetenzgrenzen hinaus. Ich habe noch niemals, noch niemals gesagt, dass das Land das alles alleine finanzieren muss. Noch nie! Bund, Land und die Kommunen können dieses wichtige Aufgabenfeld nur zusammen bewältigen, nur gemeinsam. Und das muss natürlich auch in gemeinsamen Strategien enden.

Herr Eifler, Sie haben hier eine Brandrede gehalten in der letzten Sitzung hier im Landtag für die Strecke „Verkehrsprojekt Nummer 1“.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Schon damals habe ich Ihnen gesagt...

Sie haben gesagt – das will ich erst noch mal betonen, sinngemäß zumindest –, der Bund müsse flexibler sein, die regionalen Bedürfnisse berücksichtigen, dürfe den Nordosten nicht abhängen, auch wenn hier weniger Menschen leben.

(Dietmar Eifler, CDU: Richtig!)

Ich habe dem sehr zugestimmt. Das ist richtig. Aber wissen Sie was? Sie haben ja überhaupt kein Recht, mit dem Finger auf den Bund zu zeigen! Haben Sie das schon mal gemacht, so? Drei Finger – mindestens! – zeigen auf einen selber zurück. Also fassen Sie sich selber an die Nase! Hier im Land machen Sie nichts anderes!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Der Vorpommern-Staatssekretär hat eine Scheunen-Tour veranstaltet. Er hat sich gefreut, dass so viele Menschen gekommen sind. An einer dieser Veranstaltungen habe ich auch teilgenommen. Und was meinen Sie, was an oberster Stelle in allen Runden, egal, mit welchem Oberthema die sich befasst haben,

(Glocke der Vizepräsidentin)

gestanden hat? Ganz oben stand: Wir brauchen einen besseren öffentlichen Personenverkehr! Warum ist nicht

jedes Dorf angebunden, um die Zentren zu erreichen? Wir brauchen Radwege, die ohne Gefahr genutzt werden können und auf denen ich bis zum nächsten Knotenpunkt komme, um dann in den ÖPNV einzusteigen. Übrigens ist das auch wieder, das haben Sie sicherlich alle bekommen, eine Forderung des Landkreistages, die Sie alle erhalten haben für die nächste Legislatur.

Ich rede nicht davon – das halte ich auch nicht für bedarfsgerecht –, dass leere Busse durch die Gegend fahren müssen. Die regionale Situation, die müssen wir natürlich schon im Fokus behalten. Da haben Sie vollkommen recht, Herr Eifler. Aber das ist kein Grund, da sozusagen solche Anträge abzulehnen. Natürlich können wir auch Rufbusse einsetzen, aber das ist doch nicht die Lösung des Problems. Das ist ein Beitrag, ein kleiner Baustein.

Auf jeden Fall, so, wie der öffentliche Verkehr in unserem Land organisiert ist, lockt er keinen Autofahrer in Bus und Bahn, und das ist doch das, was wir aber erreichen müssen.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Einen Moment! Einen Moment, Frau Dr. Schwenke!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe jetzt regelmäßig die Glocke geläutet. Das scheint hier niemanden zu interessieren. Wir sind jetzt kurz vor Ende der, kurz vor Beginn der Mittagspause, wo man sich ganz intensiv unterhalten kann. Ich bitte doch, diesen Zeitpunkt nicht noch zu verzögern, indem ich Sie hier permanent unterbrechen muss. Das dauert alles nur länger. Ein bisschen Disziplin! Und ich finde auch, jeder Redner hat die gleiche Disziplin verdient. Auch wenn das jetzt schon ziemlich lange an Sitzungszeit ist und Hunger böse macht, bitte ich doch, jetzt auch wirklich noch dem letzten Redner die gleiche Aufmerksamkeit zu widmen.

(Andreas Butzki, SPD: Alle sind unterzuckert. Ausnahme Herr Ritter!)

Jetzt können Sie fortfahren.

Na, jetzt habe ja erst noch mal die A-Karte. Jetzt stehe ich zwischen Ihnen und dem Mittagessen. Na gut!

(allgemeine Heiterkeit)

Also worauf ich noch mal, wo ich noch mal drauf hinweisen möchte: Also was wir erreichen wollen, ist doch, wenn wir Klimaschutz auch ernst nehmen und die Verkehrswende ernst nehmen, dann müssen wir doch erreichen, dass wir mehr Leute in Busse und Bahnen bringen. Und nicht nur ältere Menschen, nicht nur Kinder und Jugendliche, alle wollen einen gut ausgebauten und vernetzten öffentlichen Verkehr. Es gibt inzwischen – das wissen Sie auch alle – eine Generation, die sehr gerne, auch wenn sie im ländlichen Raum lebt, auf ein Auto verzichten würde und öffentliche Verkehrsmittel nutzt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, man muss auch bei der Finanzierung nicht immer das Rad neu erfinden. Es gibt viele Erfahrungen in anderen Ländern, auch in anderen Bundesländern. Ich habe mir so eins aufge

schrieben aus Sachsen-Anhalt, die da sehr viel gemacht haben und sehr gut unterwegs sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Land der Frühaufsteher.)

Und das ist nicht das reichste Land, das ist nicht ein Land wie Baden-Württemberg und Bayern, wo es sozusagen auf die Million nicht ankommt.

Sie wissen ja ganz genau, dass DIE LINKE eigentlich perspektivisch einen kostenlosen Nahverkehr möchte, weil wir ganz einfach meinen, es ist Teil der Daseinsvorsorge. Es gibt kein Anrecht auf ein Auto, aber es gibt ein Recht,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wieso gibt es denn kein Anrecht auf Auto?)

in angemessener Zeit dahin zu kommen, wohin ich will.

Aber natürlich, natürlich weiß ich, dass das Geld kostet, Herr Eifler – das ist doch völlig klar, natürlich geht das auch nicht von heute auf morgen und natürlich geht das auch nur schrittweise –, und dass man, wenn man weiß, dass das Geld kostet, dass man dann wissen muss, wo man es hernimmt, das Geld.

(Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

Kostenfrei...

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ja, ich komme ja noch dazu. Nun warten Sie doch mal einen Moment ab!

Also woher soll das,

(Glocke der Vizepräsidentin)

woher soll das Geld kommen? Also wir meinen nicht, wir meinen nicht, dass es sozusagen eine Alternative ist, entweder kostenfreie Kita oder ein gut ausgebauter, zumindest kostengünstiger ÖPNV. Wir sagen – und dabei bleibe ich auch –, wir sagen, 280 Millionen in ein Sondervermögen für schlechte Zeiten zu stecken, das halten wir für unsinnig. Vorsorge ist gut, aber wir haben schon einen schlechten ÖPNV und es ist höchste Zeit, etwas dagegen zu tun.

Und außerdem, ich bezweifle auch – das wäre ja ein Armutszeugnis für die Länderverkehrsminister –, dass sie zulassen, dass der Bund sich völlig aus der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs, auch des Regionalverkehrs, zurückzieht. In den letzten Jahren ist es immer mehr Geld vom Bund geworden. Wir sagen, wie gesagt, niemals, dass das Land das alles alleine bezahlen soll. Aber alleine, wenn Sie mal zusammenrechnen, wie viel Geld Bund, Land und die kommunale Ebene in MecklenburgVorpommern in den öffentlichen Verkehr stecken, dann ist das eine enorme Summe – und aus meiner Sicht für ein ziemlich mageres Ergebnis. Und es ist aus meiner Sicht auch höchste Zeit, daran etwas zu ändern.

Wir haben auch, das ist Meinung von Fachleuten, keine Strategie in dem Land, wo wir eigentlich hinwollen. Und offensichtlich ist es so, dass mit dieser Koalition nicht mal die Erarbeitung einer solchen Strategie als Vorbereitung für positive Veränderungen zu erreichen ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Als Letztes, als Letztes will ich noch auf den Änderungsantrag der Fraktion der AfD eingehen. Ich schlage vor, dass wir den, also wir werden den ablehnen auf jeden Fall.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Natürlich!)

Ausgereift …