Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Aber am Ende, …

Die Jugendlichen haben sich weiterentwickelt. Herr Renz ist ein wunderbarer Optimist, das freut mich.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Deswegen dürfen sie auch ab 16 wählen. – Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Vincent Kokert, CDU)

… aber am Ende müssen wir eine ganze Republik – nicht nur uns, sondern die ganze Republik – von der Richtigkeit einer solchen möglichen Änderung der Bundesgesetze überzeugen. Deshalb brauchen wir die aktuellen Verkehrsbedingungen als Grundlage und den entsprechenden Nachweis im Rahmen dieses Modellvorhabens. Dem dienen also die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der BASt, die genau das auswerten.

(Vincent Kokert, CDU: Mit 15 Moped fahren oder mit 16 wählen? Dazu können wir eine Volksabstimmung machen.)

Und zu dem von Herrn Renz klar zurückgewiesenen, zuweilen angenommenen Automatismus, jüngere Fahrerinnen und Fahrer gleich mehr Verkehrsgefahren, will ich auf Folgendes hinweisen:

(Heiterkeit bei Minister Harry Glawe: SR2 oder Spatz?)

Der Mopedführerschein mit 15 erfordert dann eine vollwertige Fahrschulausbildung mit theoretischer und praktischer Prüfung.

(Torsten Renz, CDU: Das war damals auch so.)

Das ist übrigens der gravierende Unterschied zum Mofa, …

Wie das damals war, weiß ich nicht, da war ich noch in den Kinderschuhen.

(Torsten Renz, CDU: 30 Fragen mussten beantwortet werden.)

… das ist übrigens der gravierende Unterschied zum Mofa – hier geht es jetzt ums Mofa –, das dürfen nämlich auch heute schon 15-Jährige fahren.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Für das Mofa brauchen sie lediglich eine Prüfungsbescheinigung, die deutlich leichter zu erlangen ist. Also, wir haben auch heute schon Jugendliche mit 15 auf Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr, die allerdings mit sehr viel weniger theoretischer und praktischer Fahrprüfung hineindürfen.

Für das Mopedfahren mit 15 besteht deshalb die begründete Hoffnung, dass die jungen Fahrerinnen und Fahrer durch die Fahrschulen erheblich intensiver auf die Anforderungen vorbereitet werden, aber natürlich auch auf die Gefahren des Straßenverkehrs. Vor allem die Unterschiede, die sich vielleicht zum Radfahren ergeben – die sind ja heute auch schon Verkehrsteilnehmer mit 13/14, aber mit dem Rad eben deutlich langsamer –, werden in der praktischen Fahrschulausbildung eine Riesenrolle spielen. Wir werden also gut vorbereitete 15-Jährige haben, im Übrigen wie schon zu DDR-Zeiten und wie in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt auch heute.

Analysiert wird in diesem Modellversuch auch, welche Folgen das Mopedfahren ab 15 für das Mobilitätsverhalten der jungen Leute hat. Das ist das, was Herr Liskow eben ansprach: die Frage, ob das gerade im demografisch besonders herausgeforderten Raum einen Zusatz, ein Plus an Mobilität bringt, dass sich das auch wirklich auswirkt. Und weil dieses Mobilitätsverhalten mit untersucht werden soll, ist auch Mecklenburg-Vorpommern für eine Teilnahme an diesem Modellversuch prädestiniert, denn an der Stelle haben wir einiges zu bieten. Gerade im dünner besiedelten ländlichen Raum wird sich gut beobachten lassen, ob der Führerschein mit 15 mehr Mobilität, vor allem eine durch die jungen Menschen selbstbestimmte Mobilität möglich macht – Mobilität, die also nicht vom Goodwill eines Erwachsenen abhängt, der sie fährt, sondern tatsächlich eine selbst entscheidbare Mobilität, bei der ich nicht auf andere angewiesen bin.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, obwohl sich der Modellversuch schon auf der Zielgeraden des fünften Jahres seiner Gesamtlaufzeit befindet – begonnen im Mai 2013 –, haben wir momentan die begründete Hoffnung, dass Mecklenburg-Vorpommern noch zu diesem späten Zeitpunkt in das Modellprojekt aufgenommen werden kann, denn auf ein ähnliches Ersuchen unserer brandenburgischen Nachbarn hat das Bundesverkehrsministerium, sagen wir mal freundlich, Wohlwollen signalisiert, obwohl die Laufzeit des Modellvorhabens schon

dermaßen weit fortgeschritten ist. Wir wollen diese Chance gern nutzen und zumindest testen, ob der Mopedführerschein mit 15 ein guter Weg ist, die frühe selbstbestimmte Mobilität zu fördern.

Ich will aber auch gern jetzt schon Wasser in den Wein schütten – Herr Liskow sprach gleich an, Mensch, dann müssen wir das Gesetz noch ändern –: Der Modellversuch läuft im kommenden April aus. Wie es dann weitergeht, wissen wir heute noch nicht.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Außer mir natürlich.)

Ob der Modellversuch also am Ende zum Gesetz für alle wird, lässt sich heute noch nicht sagen, denn wenn man einen wissenschaftlichen Versuch macht, macht es auch Sinn, den abzuwarten, auszuwerten und dann zu entscheiden. Erst anhand dieser Evaluation durch die BASt lässt sich auf der Basis der Ausbildungs- und Verkehrssituationen in Deutschland belegen,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

wie sich eine solche Regelungsänderung auswirkt und ob sie in Dauerrecht überführt werden kann. Herr Renz wird dann auf jeden Fall engagiert Unterschriften sammeln.

(Torsten Renz, CDU: Ich bin da guten Mutes.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren …

Guten Mutes ist wunderbar. Ich fürchte, wir brauchen trotzdem einen wissenschaftlichen Beleg.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das macht er gleich mit.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Vincent Kokert, CDU: Ist schon fertig.)

der Mopedführerschein mit 15 kann also ein realer Zugewinn für die selbstbestimmte Mobilität sein. Das im Antrag ebenfalls angesprochene begleitete Fahren mit 17 mit dem Pkw ist damit im Übrigen nicht vergleichbar. Beim begleiteten Fahren mit 17 ging und geht es vor allem um die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Das begleitete Fahren mit 17 vergrößert nämlich schlicht die Fahrpraxis in Begleitung eines Fahrerfahrenen.

(Torsten Renz, CDU: Damit kenne ich mich auch aus. Das hat meine Tochter gemacht.)

Das hat Ihre Tochter gemacht?

(Torsten Renz, CDU: Jawohl.)

Mensch, Sie sind ja ein echter Fahrerlaubnisprofi hier. Ich bin begeistert.

(Torsten Renz, CDU: Ich durfte sie aber nicht begleiten.)

Sie mussten oder Sie durften Ihre Tochter nicht begleiten? Das habe ich nicht verstanden.

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Es führt aber nicht, und das ist mir wichtig, es führt nicht – Herr Renz ist mein Zeuge – zu einer früheren Möglichkeit, allein den Pkw zu steuern, weil es eben ein begleitetes Fahren ist.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig.)

Die Erhöhung der Selbstbestimmtheit von Mobilität ist also nicht mit dieser Fahrerlaubnis verbunden, denn die Regeln für das begleitete Fahren mit 17 sind klar: Es muss immer ein Erwachsener von mindestens 30 lebenserfahrenen Jahren neben dem Jugendlichen sitzen. Es bleiben also beispielsweise die Eltern in der Pflicht, Herr Renz offenbar nicht, aber alle anderen müssen als Beifahrer dabeibleiben.

(Jochen Schulte, SPD: Bei Herrn Renz ist es auch besser, wenn einer dabei ist. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Da ist es für den Erwachsenen, für den Elternteil übrigens beinahe unerheblich, ob ich mein Kind selber fahre oder ob ich Beifahrer bin. Die zeitliche Bindung ist die gleiche. Ich bin nicht in der Situation, dass meine Kinder dadurch ohne mich fahren können, sondern die Frage ist nur, wer auf dem Fahrer- und dem Beifahrersitz sitzt.

Die Regeln sind aber auch ansonsten klar: Die Beifahrer unterliegen klaren Regeln beim Alkoholkonsum. Ich muss nicht genau das gleiche Maximale der Promillegrenze aufweisen, was der Fahrer darf. Die Idee: Wir fahren gemeinsam zur Party oder zum Verwandtenfest, mein Kind fährt begleitet zurück und ich habe einen Schluck mehr, als ich darf – das funktioniert nicht. Der Beifahrer muss voll reaktionsfähig sein, genauso, als wenn er selbst fahren würde. Und er muss im Übrigen mindestens fünf Jahre einen Führerschein haben, und – das ist das Wichtigste – er muss im Führerschein des Fahrenden mit 17 vermerkt sein. Ich kann also nicht sagen, ich guck mal, wer im Dorf heute zum Einkaufen muss, und der ist jetzt Begleiter des Fahrenden mit 17, sondern er muss im Führerschein vermerkt sein. Das ist also alles ein bisschen formaler und geordneter, als es vielleicht bei manchem zunächst die Hoffnung auslöst.

Der Führerschein mit 17 führt deshalb nicht unbedingt zu mehr Selbstbestimmtheit bei der jugendlichen Mobilität, aber – und das ist mir wichtig – er ist nach allem, was wir an wissenschaftlichen Erkenntnissen sammeln konnten, ein Riesengewinn für die Verkehrssicherheit. Seit Januar 2011 ist das begleitete Fahren mit 17 Jahren möglich. Für die Einführung dieser Regelung sprach damals, dass sie den Jugendlichen ermöglicht, praktische Erfahrungen unter besonderen Bedingungen zu sammeln. In der Führerscheinausbildung in M-V legt ein Fahrschüler in seiner Ausbildung round about 800 Kilometer zurück. Durch die Phase, in der er in Begleitung fährt, kommen zwischen 2.000 und 4.000 Kilometer dazu, in denen die junge Fahranfängerin oder der junge Fahranfänger wertvolle Erfahrungen, und zwar in Begleitung, sammelt. Dabei lag der Idee die Erkenntnis zugrunde, dass man Autofahren, so leid es mir tut, nur beim Fahren lernt und nach Möglichkeit beim vielen Fahren.

Ein wichtiger Punkt in der aktuellen Regelung zum Führerschein mit 17 ist deshalb, dass eine erfahrene Begleitperson an der Seite der jungen Fahrerin oder des jungen

Fahrers hilft und diesem dann auch hilft, Anfängerfahrfehler zu vermeiden. Da steht also jemand mit Rat und Tat zur Seite, wenn es mal brenzlig wird, da ruft jemand auch mal freundlich zur Ordnung, wenn die Abenteuerlust zu doll wird, und es bringt jemand Ruhe und Erfahrungen rein, wenn die Aufregung mal ganz groß ist, weil eine Verkehrssituation ein bisschen unruhiger war, als es in der Fahrschule gelernt worden ist.

Der heutigen Regelung vorausgegangen ist dabei ein Modellversuch, wie schon erwähnt, und MecklenburgVorpommern war Kind der ersten Stunde. Von 2006 bis 2010 ist er bei uns durchgeführt worden. Das Ergebnis dieses Versuchs war damals überzeugend und deshalb gibt es seit 2011 eine bundesweite Regelung. Diese Entscheidung hat sich im Übrigen bis heute bewährt. Teilnehmer des begleiteten Fahrens mit 17 verursachen 30 Prozent weniger Unfälle als Fahranfänger, die erst mit 18 und dann gleich alleine loslegen. Und Fahranfänger mit 17 begehen hinterher – im Übrigen auch unbegleitet – unbegleitet 20 Prozent weniger Verkehrsverstöße, Regelverstöße als ihre gleichaltrigen mitfahrenden Kolleginnen und Kollegen, die erst mit 18 den Führerschein machen und die die begleitete Fahrphase nicht hatten.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht das begleitete Fahren an sich sorgt für verringerte Unfallzahlen, sondern die verlängerte Lernzeit von einem Jahr. Summa summarum ist das begleitete Fahren mit 17, wie es bei uns im Lande möglich ist und auch praktiziert wird, ein gutes Mittel, das hohe Unfallrisiko von jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern signifikant zu senken. Und es ist im Übrigen hier im Land durchaus beliebt: Jedes Jahr werden mehr als 4.000 Führerscheine im Rahmen des begleiteten Fahrens mit 17 erteilt. Insgesamt waren es von Beginn des Modellversuchs im Jahr 2006 bis Ende Dezember 2016 bei uns im Bundesland 41.000 Führerscheine für begleitetes Fahren mit 17. In puncto Verkehrssicherheit hat es sich also für alle gelohnt, das begleitete Fahren in Angriff zu nehmen, umfassend zu erproben und am Ende republikweit umzusetzen.

Lassen Sie uns jetzt gemeinsam schauen, ob das Moped mit 15 einen ähnlichen Erfolg in puncto selbstbestimmter Mobilität und Verkehrssicherheit bringt. Ich drücke uns die Daumen. Wir bemühen uns gern, beim Bundesverkehrsministerium dabei zu sein. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Eine erfolgreiche Debatte wünsche ich Ihnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Danke, Herr Minister!)