Seit wie vielen Jahren sprechen die verschiedensten Koalitionen davon, gebührenfreie Kitas einzuführen, gegen den Missbrauch von Leiharbeit vorzugehen oder den sachgrundlosen Befristungen den Garaus zu machen? Bereits 1989 plakatierte die SPD, Deutschland brauche soziale Gerechtigkeit.
Immer wieder wird sie versprochen, aber warum kann man den Frauen und Männern eigentlich immer wieder das Gleiche versprechen?
Weil diese Versprechungen und Ankündigungen, die sich so gut anhören, die ein soziales und gerechtes Leben für zahlreiche Familien, für Rentnerinnen und Rentner, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ermöglichen sollen, eben oft nur Versprechungen und Ankündigungen bleiben.
Ich möchte Ihnen das an zwei Beispielen verdeutlichen. Das erste Beispiel ist das Regierungsprogramm der SPD für die Bundestagswahl 2013. Folgende Versprechen wurden bereits 2013 gemacht:
(Thomas Krüger, SPD: Sind wir doch dran. – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Na, wenn das mal die CDU nicht wieder ablehnt!)
(Martina Tegtmeier, SPD: Leider müssen wir eine Koalition eingehen, wie Sie wissen. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
Das zweite Beispiel bezieht sich auf die Situation der alleingelassenen Alleinerziehenden. Vor zwölf Jahren kündigte die damalige Familienministerin Renate Schmidt an, ich zitiere: „Hier müssen wir unbedingt noch mehr tun.“ Zitatende. Das war vor zwölf Jahren! Die Worte bleiben, die Ministerinnen kamen und gingen.
Auch die Nachfolgerin Ursula von der Leyen verkündete, ich zitiere: „Wir müssen die Kinderbetreuung so verbessern, dass Alleinerziehende die Jobs machen können, die ihnen angeboten werden.“ Ende des Zitats. Und weil auf diesem Gebiet anscheinend so sehr geklotzt worden ist, konnte auch Frau von der Leyens Nachfolgerin, Kristina Schröder, weitere vier Jahre später versprechen, „bessere Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit, insbesondere auch für Alleinerziehende“ zu schaffen. Ende des Zitats. Vor mehr als drei Jahren nun äußerte sich die derzeitige Familienministerin Manuela Schwesig, Zitat: „Wenn es Spielräume im Bundeshaushalt gibt, müssen wir vor allem die Alleinerziehenden und die Familien mit kleinen Einkommen entlasten.“ Ende des Zitats.
Seit zwölf Jahren die gleichen Forderungen von Ministerinnen unterschiedlicher Parteien und keine Änderung ist in Sicht.
Sehr geehrte Damen und Herren, es geht nicht sozial zu, es geht nicht gerecht zu in Mecklenburg-Vorpommern,
es geht nicht sozial zu, es geht nicht gerecht zu in Deutschland, denn es ist ungerecht, dass weiterhin die Herkunft eines Kindes und das familiäre Umfeld darüber entscheiden,
welchen Schulabschluss einem Kind zugestanden wird. Es ist ungerecht, dass Frauen circa 20 Prozent weniger verdienen als Männer. Es ist ungerecht, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer zahlreicher werden.
Es ist ungerecht, dass 45 Arbeitsjahre oft nicht genügen, um eine Rente zu erhalten, von der man leben kann. Es ist ungerecht, dass trotz gleicher Arbeit im Osten und im Westen kein gleicher Lohn im Osten und im Westen gezahlt wird.
Es ist ungerecht, dass vom Mindestlohn auch noch Hunderte Euro für Krippe oder Kita bezahlt werden müssen. Und es ist ungerecht, dass sich die Bildungschancen eines Kindes im Verhältnis zum Einkommen seiner Eltern erhöhen.
Die soziale Gerechtigkeit ist für meine Fraktion nicht nur eine wichtige Frage, sondern sie ist die zentrale Frage. Sie muss beantwortet werden, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht weiter zerbröckeln zu lassen. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, wird nicht zum Zusammenhalt beitragen.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist doch nicht zu verstehen, dass Vermögen, dass Reichtum nicht ausreichend oder gleich gar nicht besteuert wird. Würden wir nur allein die Vermögensteuer wieder erheben, würden Mecklenburg-Vorpommern mehr als 200 Millionen Euro jährlich zusätzlich zur Verfügung stehen. Für 200 Millionen jährlich könnten wir für alle Kinder die Kitas kostenfrei machen.
Oder wir könnten die Lehrerarbeitszeit von 27 auf 25 Stunden senken. Oder wir könnten einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor schaffen und somit die Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig bekämpfen.
Man müsste Kunst und Kultur nicht zersparen. Die Schulsozialarbeit müsste nicht jährlich auf tönerne Füße gestellt werden. Der Sanierungsstau an den Schulen und auf den Straßen könnte nach und nach abgebaut werden
(Torsten Renz, CDU: Das ist doch Ihr Programm seit 15 Jahren. Warum werden Sie denn nicht gewählt? Ich verstehe das nicht.)
und wir müssten keine Verteilungskämpfe bei den Kommunen anzetteln. Die Feuerwehren würden nicht nur im Wahljahr mit Förderbescheiden beglückt, wir könnten Wohnungen bauen mit Mieten, die Wohnen bezahlbar machen,
wir könnten Bibliotheken erhalten und die Infrastruktur stärken. Kurzum: Wir würden die Gesellschaft zusammenhalten, denn solange man ein Luxusleben auch noch von der Steuer absetzen kann, statt für Luxus Steuern zu zahlen,
Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten, dass sich der Landtag heute zum zentralen Thema der sozialen Gerechtigkeit klar positioniert.