Protokoll der Sitzung vom 17.05.2017

Herr Krüger, denken Sie an Ihren Blutdruck! Es geht natürlich um Religion,

(Thomas Krüger, SPD: Sehen Sie!)

denn dem Schächtungsverbot steht ja die Behauptung von Religionen entgegen, dass ihr Gott ihnen aufgetragen hätte, geschächtetes, also Fleisch von durch Schächtung …

(Thomas Krüger, SPD: Sie wollen religiöse Riten zurückweisen, weil Sie die Religionen hier nicht haben wollen. Das genau ist der Punkt.)

So, wie ich die Polygamie zurückweise. Sie wahrscheinlich nicht.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Das glaube ich nicht.)

Luther führte in seiner Schrift also aus, dass der Mensch in zwei Reichen lebt, nämlich unter dem Regiment des Geistes, das ist die Kirche, sowie unter dem Regiment des Schwertes, das ist der Ordnung und Frieden stiftende Staat, laut Luther.

Wenn nun also die Repräsentanten unseres Staates ihren Amtseid mit dem Satz „So wahr mir Gott helfe“ abschließen, erkennen sie damit die Pflicht an, jener Aufgabe gerecht zu werden, die Gott dem Staat zugedacht hat, nämlich Ordnung und Frieden zu schaffen. Das kann aber nur geschehen, wenn das Gesetz des Staates auch gegenüber den Religionen durchgesetzt wird. Wo kämen wir hin, wenn jede Glaubensgemeinschaft für sich beanspruchen dürfte, dass ihr Ausnahmen vom geltenden Recht gewährt werden müssen?!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Es geht Ihnen nur um die Zurückweisung von zwei zentralen großen Religionsgruppen. Das ist der eigentliche Kern.)

Sie müssen sich nicht immer wiederholen, Herr Krüger.

(Thomas Krüger, SPD: Sehe ich nervös aus?)

Ich habe Ihren Einwurf schon verstanden, als Sie ihn das erste Mal vorgebracht haben.

(Jörg Heydorn, SPD: Das weiß man bei Ihnen nicht so genau.)

Ja, Herr Heydorn ist auch wieder da. Hallo!

(Dr. Ralph Weber, AfD: Er schließt von sich auf andere.)

Das Ergebnis eines solchen Zustandes, liebe Kollegen, wären Chaos, Unordnung und vor allem Unfrieden. Solches wiederum kann nicht im Sinne Gottes sein. Eine Religion, welche die Gesetze des Staates, in dem sie existiert, nicht anerkennt,

(Thomas Krüger, SPD: Aber das Gesetz des Staates sagt, Schächtungen sind erlaubt.)

steht folgerichtig außerhalb der göttlichen Ordnung. Für Sie kann dann auch die Religionsfreiheit keine Geltung haben, denn eine solche Religion stellt den Staat an sich infrage und sich selbst also gegen Gott. Wir dürfen ergo erwarten, dass alle in Deutschland wirkenden Religionen sich dem geltenden Recht unterwerfen,

(Nadine Julitz, SPD: Ging es nicht ums Tierwohl?)

und zwar nicht, weil sie dadurch in Bezug auf bestimmte Gebote die göttliche Autorität, die ja das Schächten angeblich fordert, kompromittieren, sondern, ganz im Gegenteil, dem Willen Gottes Genüge tun. Eine Religion, die das weiß, wird von unserem Staat niemals verlangen, die geltende Rechtsordnung zugunsten von Scharia oder Schächtungsbräuchen aufzuweichen. Sie weiß, dass Religionsfreiheit und Anerkennung der Gesetze unauflöslich miteinander verknüpft sind, denn ohne Gesetz kann es auch keine Freiheit geben. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/536. Wer dem Antrag der AfD zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/536 bei Zustimmung der Fraktion der AfD und Gegenstimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Strom muss bezahlbar bleiben, auf Drucksache 7/542.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Strom muss bezahlbar bleiben – Drucksache 7/542 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne Strom geht gar nichts. Wir brauchen Strom zum Essenkochen, um fernzusehen, unser Tablet und das Smartphone aufzuladen, unsere Haare zu trocknen und vieles andere. Wir brauchen Strom also sowohl für banale Dinge im Alltag als auch für lebenswichtige Dinge. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Lebensmittel, ein unabdingbarer Bestandteil der Daseinsvorsorge für einen jeden Menschen.

Für die Energiepreise gab es in den vergangenen Jahren nur einen Weg, den nach oben, und zwar in einem Tempo und Umfang, wie ansonsten nirgends anzutreffen. Besonders im Fokus ist dabei immer der Preis für Strom. Nebenbei bemerkt steigen die Strompreise nicht erst seit gestern. Von 1980 bis 1990, also noch vor der Energiewende, haben sie sich von 16 Pfennig je Kilowattstunde auf 30 Pfennig verdoppelt. Das macht die Situation nicht besser, sondern zeigt nur, dass nicht die Energiewende ursächlich für die Preissteigerungen verantwortlich ist, zumindest nicht allein.

Aber auch von 2002 bis heute hat sich der Strompreis noch einmal beinahe verdoppelt. Gerade die Hartz-IVBetroffenen, die Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Renten und Menschen mit geringem Einkommen treffen diese Preisentwicklungen besonders hart. Ebenso sind kleine und mittlere Unternehmen angeschmiert. Sie und die Privathaushalte tragen die Kosten in überproportionaler Höhe.

Damit muss Schluss sein. Energie darf nicht zum Luxusgut werden. Ständig weiter steigende Kosten werden der Akzeptanz für die Energiewende über kurz oder lang das Genick brechen, erst recht, wenn die Kosten auch noch ungerecht verteilt werden. Unser Antrag hat deshalb eine soziale und eine politische Dimension. Meine Fraktion wendet sich an die Landesregierung, endlich mit der Faust auf den Tisch des Bundes zu hauen. Da ein Großteil der Energiepolitik auf der Bundesebene verhandelt wird, bleibt uns nichts weiter übrig, als über den Bundesrat politische Veränderungen herbeizuführen. Was soll konkret in einer solchen Bundesratsinitiative stehen? Erstens, wir wollen die Stromsteuer abschaffen.

Meine Damen und Herren, die Stromsteuer wurde im Jahre 1999 eingeführt. Ziel war es, Energie wie in anderen EU-Staaten zu verteuern, das ist ja nachhaltig gelungen. Als Stromsteuer hat sie aber heute überhaupt keine Existenzberechtigung mehr. Mit deren Abschaffung würde den Verbraucherinnen und Verbrauchern bereits eine große Last genommen. Stattdessen brauchen wir aber eine CO2-Steuer, damit schädliche Emissionen bestraft werden, und wir brauchen eine deutliche Reduzierung der Industrierabatte. Es kann doch nicht wahr sein, dass Supermarktketten und Golfplätze zu energieintensiven Unternehmen im internationalen Wettbewerb gezählt werden und in den Genuss solcher Rabatte kommen! Es muss klar sein, dass etwas an den Bedingungen dafür nicht stimmt. Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben und nicht zur Regel erklärt werden. Wir sehen auch die Notwendigkeit für Industrierabatte für einzelne Unternehmen, aber bitte wirklich nur für Energieunternehmen, für energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb, und auch nur dann, wenn das Unternehmen selbst einen eigenen Beitrag leistet. Damit meine ich, dass die Unternehmen selbstverständlich die Pflicht haben, alle wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen zur Energieeinsparung umzusetzen. Allein dadurch, dass Industrierabatte wieder zur Ausnahme werden, würden die Privathaushalte und unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen um mindestens 0,5 Cent pro Kilowattstunde, wenn nicht sogar noch mehr, entlastet.

Meine Damen und Herren, wir wollen noch einen Schritt weiter gehen, wir wollen eine Abwrackprämie für Haushaltsgeräte von bis zu 200 Euro für einkommensschwache Haushalte. Es geht nicht nur darum, den Strompreis auf der einen Seite bezahlbar zu halten, sondern auch darum, Strom zu sparen. Doch gerade den Menschen mit geringem Einkommen ist es nicht so einfach möglich, sich einen neuen Kühlschrank zu kaufen und Wert auf ein A Triple Plus zu legen. Der kostet dann gleich mal 150 Euro mehr. Gerade die Leute, die am meisten unter den steigenden Strompreisen leiden, können sich nicht mit energieeffizienten Haushaltsgeräten vor hohen Stromrechnungen schützen. Dort laufen noch Haushaltsgeräte von anno sonst wann. In diesen Privathaushalten schlummert aber auch ein enormes Potenzial zum Einsparen von Energie und somit auch zur Senkung der Kosten für einen Haushalt.

Meine Damen und Herren, kommen wir dann zu einem besonders wichtigen Thema, die Netze und die Netzkosten, für uns alle nichts Neues. Für meine Fraktion ist es ein Unding, dass mit Netzen zur Daseinsvorsorge Profite erzielt werden. Die Daseinsvorsorge muss nach unserer Auffassung komplett zurück in die öffentliche Hand. Grundbedürfnisse der Allgemeinheit dürfen nicht dem Gewinninteresse, von wem auch immer, unterworfen

werden. Natürlich muss die öffentliche Hand und müssen kommunale Unternehmen auch wirtschaftlich arbeiten, um investieren zu können, aber sie brauchen keine absurden Renditeerwartungen zu erfüllen, sie brauchen keine enormen Gewinnsummen an Private auszuschütten, sondern können mit dem Geld der Allgemeinheit auch wieder für die Allgemeinheit investieren. Hinzu kommt, dass die Netzkosten höchst ungerecht verteilt sind, sowohl bei den Übertragungsnetzen als auch bei uns im Land selbst. Mal sehen, ob sich für die Übertragungsnetze auf Bundesebene jetzt nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen tatsächlich etwas in Sachen solidarische Wälzung tut.

Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern findet sich bei den Verteilnetzen auch eine Gerechtigkeitslücke. Die Schere bei den Netzentgelten geht zwischen Stadt und Land immer weiter auseinander. Es gibt Beispiele, da zahlen Dorfbewohner bis zu 5 Cent pro Kilowattstunde mehr als die Städter. Das ist zutiefst ungerecht und den Menschen im ländlichen Raum nicht vermittelbar. Sie haben die Windenergieanlagen vor der Tür, sie sind die Träger der Energiewende, haben aber die höchsten Kosten.

Ich wiederhole sinngemäß einen Satz, der nicht von mir ist, aber keiner kann das, was ich ausdrücken möchte, besser sagen: Diejenigen, die die Anlagen ertragen müssen, müssen auch etwas vom Ertrag haben. Ob unser Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz in dieser Weise wirkt, ist für mich noch nicht ausgemacht, das werden wir sehen, aber eine solidarische Verteilung der Kosten der Energiewende, sodass niemand überfordert wird, können die Menschen verlangen, auch bei uns im Land.

Auf Bundesebene wird es noch ein Riesenakt werden, die Kosten für die Übertragungsnetze solidarisch im gesamten Bundesgebiet zu wälzen. Wenn das gelingt, wird das den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei uns im Land zugutekommen. Aber wir müssen auch an die Verteilnetze ran. Das würde bedeuten, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in den Städten etwas mehr für den Strom bezahlen werden, aber auf der anderen Seite werden die Verbraucher in der Fläche deutlich entlastet. Das ist Solidarität. Eine solidarische Wälzung der Netzkosten im Land ist möglich, meine Damen und Herren.

Wir schlagen vor, dass die Landesregierung sich alle Netzbetreiber an einen Tisch holt. Da sind dann viele Stadtwerke dabei und auch die E.DIS, die gerade im ländlichen Raum eine hohe Bedeutung bei den Netzen hat. Unser Vorschlag ist es, eine landesweite Netzgesellschaft zu gründen beziehungsweise zunächst mal darüber zu diskutieren. Innerhalb dieser Netzgesellschaft wäre es dann einfacher möglich, die Kosten zwischen allen Verbrauchern gerechter zu verteilen. Vielleicht ergeben sich aus den Gesprächen auch andere Optionen, das will ich gar nicht ausschließen. Fakt ist, dass endlich etwas passieren muss. Die Landesregierung muss an dieser Stelle eine moderierende Rolle einnehmen und deutlich machen, dass es eine Lösung geben muss. Die Landesregierung muss deutlich machen, dass sie bereit ist, eine politische Entscheidung für eine gerechte Verteilung der Netzkosten zu treffen. Die SPD könnte damit mal praktisch beweisen, dass das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ nicht nur der leere Wahlslogan von Martin Schulz ist, sondern dass sie es ausnahmsweise auch ernst meint.

Ich möchte mit einem Zitat eines unbekannten Autors enden: „Wenn die Strompreise so weitersteigen, könnte irgendwann sogar das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr bezahlbar sein.“

Ich wünsche mir eine angenehme und aufschlussreiche Diskussion und hoffe, dass Sie unserem Antrag zustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Dirk Friedriszik, SPD)

Vielen Dank.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der zuständige Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung. Herr Pegel, bitte schön.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den ersten Satz wird hier vermutlich keiner in Abrede stellen: Strom muss bezahlbar bleiben.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig.)

Keiner wird widersprechen. Aber dann gehört auch dazu: Stromproduktion und Stromtransport kosten Geld, und auch die Energiewende, vollkommen richtig, kostet Geld.

Ja, Frau Dr. Schwenke, der Strompreis hat sich seit 1980 erhöht, wie im Übrigen alle anderen Güter des täglichen Bedarfs auch. Die Frage beim Strompreis ist also: Wer kommt für welche Kosten auf, brauchen wir neue Preismodelle für Energie und, wenn ja, welche?

Fest steht, um einen Ihrer Punkte aufzugreifen, wir können hier im Land die Stromsteuer weder abschaffen noch ändern, denn bekanntermaßen ist das eine Bundessteuer, und tatsächlich ist die Abschaffung der Stromsteuer in den Verwaltungen des Bundes und der Länder seit vielen Jahren Thema. Auch viele Gremien der Branche sind sich einig, diese müsste eigentlich weg, aber die Länder und die Branchen können das relativ leicht diskutieren, denn die Stromsteuer hat einen großen Vorteil aus Ländersicht, sie ist eine reine Bundessteuersäckelsteuer, die also bei einer Veränderung unseren Haushalt nicht verändern würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Plattform Agora Energiewende, ein Thinktank zur Energiewende, hat gemeinsam mit Universitäten und Wissenschaftsinstituten gerade kürzlich eine Studie über neue Preismodelle für Energie erarbeitet. Sie schlägt vier Kernelemente vor, die Sie zum Teil auch angesprochen haben: eine CO2orientierte Reform der Strom- und Energiesteuern zum einen, eine verursacher- und verteilergerechte Finanzierungsbasis für die Netze – das ist das, was wir regelmäßig diskutieren –, eine sektorenübergreifende Finanzierung der Kosten der Energiewende und die Einführung zeitvariabler Tarifkomponenten, zu gut Deutsch, wenn Windstrom da ist oder Sonnenstrom, muss das Impulse im Netz geben. Früher hieß so was Nachtspeicheröfen bei den durchlaufenden Großkraftwerken in den Nächten.

Für diesen Sommer ist ein weiteres, im Übrigen vertiefendes Papier der Agora genau dazu angekündigt, aber dann gehört auch dazu, dass das ein längerer Weg ist, und es würde nahezu alles, was wir bisher in der Energiebesteuerung machen, über den Haufen werfen. Bevor das Realität wird, werden wir noch einige Diskussionen führen und mit Sicherheit einen erheblichen Zeitverzug vor uns haben.