Protokoll der Sitzung vom 17.05.2017

In 20 Jahren ungefähr

(Enrico Komning, AfD: Ja.)

oder in 25 Jahren, wenn sie ein Studium machen.

(Enrico Komning, AfD: Ja. – Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Und die Frage ist ja ganz pragmatisch: Was machen Sie in der Zwischenzeit?

(Enrico Komning, AfD: Geregelte Zuwanderung ist das Lösungswort, und nicht die Tore auf.)

Ihr Fraktionsvorsitzender hat hier am Mikrofon gestanden und hat ausgeführt: Ich gestehe zu, es gibt in vielen Bereichen Fachkräftemangel.

(Thomas Krüger, SPD: Genauso ist es.)

Wenn Sie mich persönlich fragen, ist das Thema Fachkräftemangel wahrscheinlich die größte Herausforderung,

(Thomas Krüger, SPD: Ja.)

vor der das Land Mecklenburg-Vorpommern in den nächsten Jahren stehen wird. So. Und wenn wir pragmatisch rangehen und sagen, Menschen mit einer Duldung, die sich bei uns gut eingefügt haben, die die deutsche Sprache sprechen, die auch den Wunsch haben, hier in Deutschland zu bleiben, sind für uns Leute, die wir weiter integrieren können, die von mir aus auch hierbleiben können, die für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, was ist denn daran verwerflich?

(Enrico Komning, AfD: Dann ändern Sie die Gesetze!)

Was ist denn daran verwerflich,

(Enrico Komning, AfD: Dann ändern Sie doch die Gesetze!)

außer dass man hier juristische Spitzfindigkeiten zugrunde legt und sagt, die augenblicklichen gesetzlichen Formulierungen an der Stelle sehen anders aus?

(Zuruf von Ralph Weber, AfD)

Also das, was Sie machen, ist doch nicht konsistent. Wenn man sich im Grunde genommen die Frage stellt, was soll das Ziel sein – also Integration von Leuten, Entlastungswirkung für unseren Arbeitsmarkt und so weiter und so fort –, dann ist das, was Sie vorschlagen, nicht konsistent. Das wollte ich an der Stelle noch mal deutlich machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einmal vorab: Meine Fraktion hat Frau Kaselitz zu einer Fraktionssitzung eingeladen. So viel dazu, dass wir angeblich nicht mit ihr reden.

(Zuruf von Enrico Komning, AfD)

Dort hatte sie erwähnt, dass wir eine der ersten und der einzigen Fraktionen waren, die dieses getan haben.

(Thomas Krüger, SPD: Das kann nicht sein. Sie war bei uns schon längst.)

Bei euch ist sie Mitglied.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Das ist nicht wahr.)

Unsere Fraktion hat auch, gemeinsam mit exakt allen ehrenamtlichen Initiativen im Land, einen Workshop veranstaltet zum Thema Integration und was diese benötigen, um Menschen zu integrieren. Der war sehr erfolgreich und wir haben sehr viel erfahren, womit diese Ehrenamtlichen unzufrieden sind. Hier handelt es sich um Ehrenamtliche, die überwiegend die Arbeit der Hauptamtlichen erledigen, und das finden wir nicht gut.

Am 1. Juni soll es eine Auftaktveranstaltung geben. Davon hören wir heute zum ersten Mal. Wurden die Initiativen eingeladen oder wieder nur Ausgewählte? Damit zeigt die Landesregierung wieder einmal,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass sie überfordert ist, wichtige Konzeptionen fristgemäß oder wenigstens zeitnah zu erstellen. Wie ich mitbekommen habe in der kurzen Zeit, die ich hier Landtagsabgeordnete bin, gilt das für Verkehrskonzepte ebenso wie für die Jugendhilfe, für das KiföG und für die Pflegeplanung. Diese Landesregierung hat es nicht so

mit konzeptionellem und strategischem Denken, könnte man jetzt beschwichtigend einlenken,

(Torsten Renz, CDU: Das ist aber sehr global. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

wenn es nicht um die Lösung der Probleme eines ganzen Landes und seiner 1,6 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner ginge. Fahren auf Sicht, ob bei Nebel oder bei gutem Wetter ohne Kompass,

(Torsten Renz, CDU: Für den Innenminister weise ich das zurück.)

läuft immer auf ein Abenteuer hinaus, dessen Ausgang ungewiss ist. Ungewiss ist auch, wie die Integration Geflüchteter oder Asylsuchender in Mecklenburg-Vorpommern gelingen soll, wenn jeder immer nur auf Zuruf handelt und Aktionen immer gerade dann aus dem Boden gestampft werden, wenn der Schuh besonders doll drückt.

Unwissenheit in der Bevölkerung, aber auch bei den Helfenden und den Geflüchteten sowie bei den Behörden verursacht Unsicherheit und Angst. Was wir aber nicht brauchen, sind Unwissenheit und Angst, wir brauchen Gewissheit und Verlässlichkeit. Was wir brauchen, ist mehr Wissen und mehr interkulturelle Kompetenz bei allen Beteiligten auf beiden Seiten.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wir brauchen ein abgestimmtes Hilfesystem, wir brauchen passgenaue Hilfen, zum Beispiel für Frauen mit Kindern, für Homosexuelle, für transidente Geflüchtete und Asylsuchende.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Enrico Komning, AfD: Was für’n Ding?)

Das passt exakt zum heutigen Tag gegen Homophobie.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Was wir brauchen, ist ein Austausch guter Beispiele, um es einmal in deutscher Sprache und nicht in Neudeutsch auszudrücken. Was wir nicht brauchen, ist die wundersame Metamorphose einer Fahrschule zu einer Sprachschule, um ein extremes Beispiel zu nennen. Was wir nicht brauchen, das sind sechs Stunden Sprachausbildung am Stück und Bildungsträger, die ihrer Verantwortung überhaupt nicht gerecht werden können, weil auch sie überfordert sind oder Konzepte bewilligt wurden, die die Hilfesuchenden überfordern. Was wir brauchen, das ist Integration durch lebensnahe Kurse und durch eine schnelle Integration in Arbeit oder in ehrenamtliche Beschäftigung. Dazu müssen die Vereine und Verbände und die noch vorhandenen Beschäftigungsgesellschaften mit eingebunden werden.

Und wir müssen die vielen ehrenamtlichen Initiativen besser unterstützen, denn Integration muss von unten wachsen. Was wir brauchen, sind Eingewanderte, die Hilfe zur Selbsthilfe geben, die Migrantenselbstorganisationen und echte Teilhabe. Was wir auch brauchen, ist schonungslose Ehrlichkeit.

Was wir erwarten, ist, dass Sie den Macherinnen zuhören. Sie müssen Menschen einbinden, die täglich mit

Geflüchteten ihre Zeit verbringen, Menschen, die wissen, was funktioniert und was völliges Geldverbrennen ist. Was wir nicht brauchen, ist wieder ein Beirat, der immer nur Analysen erstellt und sich dann mit sich selbst beschäftigt. Was wir nicht brauchen, ist diese ständige Beweihräucherung von nicht in der haupt- und ehrenamtlichen Geflüchtetenhilfe Tätigen über deren tolles Engagement. Lob tut sehr gut, ein Dankeschön ist ganz, ganz furchtbar wichtig, aber alldem müssen endlich Taten folgen. Es fehlt schlicht an allem.

Nehmen wir einmal das Beispiel meiner Heimatstadt Güstrow. Sie ist exemplarisch für viele Städte und Gemeinden, und trotzdem pfeifen wir aus dem letzten Loch. Die Mittel für unsere DaZ-Klassen aus den Jahren 2015 und 2016 sind bis heute nicht geflossen, obwohl unsere Lehrerinnen und unsere Lehrer, unsere Schulsozialarbeiter/-innen, die Eltern und die Elternbeiräte sich dazu bereit erklärt haben, geflüchtete Kinder aufzunehmen. In der letzten Stadtvertretersitzung hat das sehr für Unmut gesorgt. Niemand ist gegen die Schüler/-innen und niemand ist gegen die Lehrer/-innen, aber es hat einen großen Zeitungsartikel gegeben, und das war nicht nett, weil genau daraus springen Hetze und Menschenfeindlichkeit.

Vereine, Verbände, Träger der Wohlfahrt, Initiativen, Gruppen und Beiräte – alle tragen zum Gelingen der Integration bei und alle können aus den Töpfen des Landes dafür eine Kostenerstattung erhalten. Bescheide sind da, vorzeitige Maßnahmenbeginne sind da, aber häufig fehlt es am rechtzeitigen Auszahlen des Geldes, und dann wuppt man wieder alles im Ehrenamt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ohne Ehrenamt wären wir im Bereich Integration völlig aufgeschmissen. Jetzt wurde das zuständige Ministerium auch noch halbiert und für die Aufgabe, um die sich eigentlich die Ministerin kümmern sollte, wurde zusätzlich, könnte man sagen, eine Reisebeauftragte eingestellt.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der SPD: Na, na, na, na!)

Liebe Frau Kaselitz, Sie wissen, dass ich Sie sehr, sehr schätze und auch Ihr jahrelanges Engagement kenne. Die Kritik ist nicht an Sie persönlich gerichtet,

(Jochen Schulte, SPD: Jetzt nicht einschränken!)

aber die Reduzierung der Aufgaben