Wichtig ist aber, dass parallel dazu die Schleuser gejagt werden und alles Mögliche unternommen wird, um ihnen das Handwerk zu legen. Es ist ein mühsamer, aber notwendiger Kampf und es ist aus meiner Sicht noch nicht ausreichend, was an Mitteln und Materialien eingesetzt wird. Allein mit dieser Doppelstrategie können wir die schlimmsten Entwicklungen verhindern.
Natürlich sehe ich in gewisser Weise kritisch, was das Wirken der privaten Hilfsorganisationen betrifft. Es ist in keiner Weise zu verurteilen, Menschen in Seenot zu retten. Wenn man aber das Gefühl bekommt, dass die Schleuser ihre Boote mehr oder weniger an die privaten Hilfsorganisationen übergeben, damit diese die Flüchtlinge direkt nach Italien bringen, dann hat das zumindest einen bitteren Beigeschmack, außer Zweifel. Ich glaube, jeder Beteiligte sollte sein Handeln in dieser Frage durchaus kritisch hinterfragen. Wer das Geschäft der Schleuser unterstützt und gleichzeitig nichts gegen die Verbrecher unternimmt, darf sich nicht wundern, wenn die Flüchtlingsboote unterm Strich immer voller werden. Das gehört zur Ehrlichkeit auch dazu.
Meine Damen, meine Herren, ich unterstütze Frontex und die Operation „Sophia“ ausdrücklich. Gleichwohl glaube ich eben nicht, dass es reicht, lediglich immer mehr Schiffe ins Mittelmeer zu entsenden. Die steigenden Flüchtlingszahlen über die Mittelmeerroute sprechen Bände. Aus diesem Grund plädiere ich persönlich dafür, analog zum Türkei-Abkommen Vereinbarungen mit den afrikanischen Staaten zu treffen. Ich weiß, das TürkeiAbkommen ist ein beliebtes Ziel für Spott und für Kritik.
Was auch immer man von diesem Abkommen halten mag, bis zur Stunde funktioniert es. Warum soll es also nicht auch in Nordafrika funktionieren? In europäischen Auffangeinrichtungen an der afrikanischen Küste könnten
Flüchtlinge Asyl beantragen. Wer vor Krieg, Tod oder Verfolgung flieht, bekommt Asyl. Wer keine hinreichenden Asylgründe nachweisen kann, wird abgelehnt.
Mit dieser Lösung würde den Schleusern augenblicklich ihre Geschäftsgrundlage entzogen, denn Europa hätte endlich mehr Kontrolle über das Geschehen an den südlichen Grenzen. Im Übrigen würde ich persönlich einen Rückgang des Flüchtlingszuzuges erwarten, denn nach wie vor kommen eben viele Menschen leider ohne Bleibeperspektive zu uns.
Aber wie eingangs erwähnt, meine Damen und Herren, werden diese Entscheidungen auf anderen Ebenen getroffen. Deswegen tun wir gut daran, uns im Landtag Mecklenburg-Vorpommern mit der Versorgung, mit der Integration der Menschen, die nach MecklenburgVorpommern kommen, zu befassen und mit den Problemen, die das Land Mecklenburg-Vorpommern betreffen, und nicht mit Problemen und Fragen, für die wir als Parlamentarier, aber auch als Landesregierung nicht zuständig sind, sondern worüber man nur Stimmung zu erzeugen versucht. Das verurteilen wir in dem Falle. Wir sind uns der Aufgabe und der Situation in dieser Frage durchaus bewusst und stellen uns den Problemen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Auch wenn das Thema der Aktuellen Stunde doch sehr allgemein gehalten ist und keine Angelegenheit aus dem Bereich der Landespolitik aufgreift, ist es dennoch angebracht, dass wir uns als Landesparlament mit dem Thema befassen, hat es doch zumindest mittelbar auch Auswirkungen auf unser Bundesland.
Meine Damen und Herren, die gemeinsame Sicherung der EU-Außengrenzen ist für die Mitgliedsstaaten die entscheidende Voraussetzung dafür, dass an den EUBinnengrenzen auf systematische Kontrollen verzichtet werden kann und die Bürger weiterhin ihren Wohnort frei wählen und ungehindert reisen können. Die jüngst eingerichtete Grenz- und Küstenschutzagentur soll dazu beitragen, die vorübergehenden Binnengrenzkontrollen in einigen Staaten des Schengen-Raumes beenden zu können. Das Mandat der Grenz- und Küstenschutzagentur reicht da weiter als das von Frontex. Neben der Unterstützung von Mitgliedsstaaten bei aktuellen Problemen soll sie für die einheitlichen Standards bei der Grenzsicherung sorgen.
Im Hinblick auf die Erlangung der vollen Einsatzfähigkeit der europäischen Grenz- und Küstenwache wurden in den vergangenen Monaten weitere Fortschritte erzielt. Laut Mitteilung der EU-Kommission vom letzten Monat über die Einsatzfähigkeit der Grenz- und Küstenwache ist durch den Einsatz von mehr als 1.600 Beamten zur Unterstützung der nationalen Einsatzkräfte in Griechenland, Italien, Bulgarien und Spanien der Schutz der EU-Außengrenzen verbessert worden. Die Europäische Agentur für
die Grenz- und Küstenwache hat die Gefährdungsbeurteilung der Außengrenzen der Schengen-Staaten abgeschlossen und konkrete Empfehlungen an 20 Staaten ausgesprochen.
Damen und Herren Abgeordnete, im AfD-Bundestagswahlprogramm heißt es: „Das Schengen-Abkommen betrachten wir als gescheitert, da eine wirksame Kontrolle der Außengrenzen nicht gegeben ist.“ Dann heißt es weiter: „Es muss deshalb wieder ein deutscher Grenzschutz aufgebaut werden, der die Staatsgrenzen zu schützen vermag“, wobei der freie Personen- und Güterverkehr zu gewährleisten ist. Also dieser zweite Satz ist ein Widerspruch in sich.
Die heutige Aktuelle Stunde besagt, Grenzen zu schützen und Solidarität mit Italien zu üben. Dies legt den Schluss nahe, dass die AfD von ihrer Forderung nach Kontrolle der nationalen Grenzen Abstand nimmt und sich auf die Sicherung der EU-Außengrenzen verlegt. Die deutschen Grenzen zu sichern wäre ja auch kein Beitrag zur Solidarität mit Italien.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Europäische Union muss gemeinsam ihre Zusammenarbeit mit Drittländern intensivieren, um die EU-Außengrenzen besser zu schützen und – nicht zu vergessen – dafür zu sorgen, dass Schutzbedürftige eine Zuflucht erhalten. Nach der Konferenz der EU-Innenminister am 6. Juli will die EU gemeinsam mit Libyen Schlepperbanden bekämpfen. Dazu soll die libysche Küstenwache personell verstärkt und besser ausgerüstet werden. Die Küstenschützer sollen künftig selbst alle Schlepperboote einfangen, die von Libyen aus starten, damit sie erst gar nicht auf das offene Meer hinauskommen. Außerdem sollen private Seenotretter strengere Regeln auferlegt bekommen. Ein geplanter Verhaltenskodex sieht vor, dass sie nicht mehr in libyschen Hoheitsgewässern fahren dürfen. Auch soll Hilfsorganisationen jegliche Kommunikation mit Menschenschleppern verboten werden.
Damen und Herren Abgeordnete, Anfang des Monats hatte Italien von den EU-Staaten mehr Unterstützung bei der Aufnahme von Flüchtlingen gefordert. In Italien sind seit Jahresbeginn nach UN-Angaben fast 20 Prozent mehr Flüchtlinge angekommen als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt trafen seit Januar mehr als 85.000 Bootsflüchtlinge ein. In diesem Zusammenhang ist auch die Mitteilung der EU-Kommission vom 13. Juni 2017 über die Fortschritte bei der Umverteilung und Neuansiedlung von Flüchtlingen zu sehen. Danach ist das Tempo der Umverteilung im Jahr 2017 deutlich gestiegen. Mit fast 10.300 umverteilten Personen seit Januar ist ein fünffacher Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Umverteilung lag Anfang Juni bei 21.000 Menschen, fast 14.000 aus Griechenland und 7.000 aus Italien. Neu angesiedelt wurden 16.400 Menschen in Europa.
Meine Damen und Herren, die Europäische Union beruht auf Solidarität und geteilter Verantwortung. In den letzten Monaten hat die EU-Kommission diejenigen Mitgliedsstaaten, die noch keine einzige Person umverteilt oder eine entsprechende Zusage gegeben haben, wiederholt zum Handeln aufgefordert. Leider haben die Tschechische Republik, Ungarn und Polen trotz dieser wiederholten Aufforderung unter Verstoß gegen die rechtlichen
Verpflichtungen, auch gegen ihre Verpflichtung gegenüber Griechenland, Italien und anderen Mitgliedsstaaten, noch nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission gemäß ihrer Ankündigung im letzten Fortschrittsbericht zur Umverteilung und Neuansiedlung beschlossen, Vertragsverletzungsverfahren gegen diese drei Mitgliedsstaaten einzuleiten.
Damen und Herren Abgeordnete, wenn vor diesem Hintergrund die AfD-Fraktion die von ihr beantragte Aktuelle Stunde „Solidarität mit Italien“ betitelt, heißt das für mich, dass sie neben der Sicherung der EU-Außengrenzen eine Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU befürwortet. Diese von der AfD-Fraktion postulierte Solidarität beinhaltet damit auch eine Missbilligung der Weigerung Ungarns, Polens und der Tschechischen Republik, Flüchtlinge aus Italien abzunehmen.
Meine Damen und Herren, für die SPD gilt es, die Kontrollen an den Außengrenzen des Schengen-Raumes zu verstärken und das Grenzkontrollsystem der SchengenMitgliedsstaaten effektiv umzusetzen. Dieser Schutz ist die Bedingung für offene Grenzen und für Freizügigkeit im Inneren der Union. Die SPD fordert ein gemeinsames Konzept zum Schutz der europäischen Außengrenzen und den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Grenzschutzpolizei, um die Außengrenzen ausreichend schützen zu können und so einen Geburtsfehler bei der Schaffung des Schengen-Raumes zu beheben.
Damen und Herren Abgeordnete, in der Flüchtlingspolitik sollen alle EU-Mitgliedsstaaten Verantwortung übernehmen. Wir wollen eine solidarische Verteilung der Aufgaben für Flüchtlingshilfe und eine einheitliche Entscheidungspraxis in der EU. Dass sich einzelne Mitgliedsstaaten dem gemeinsam beschlossenen europäischen Asylsystem verweigern, ist nicht zu akzeptieren. Wer illegale Migration eindämmen will, muss legale Einwanderungsmöglichkeiten schaffen. Es sollten über feste Kontingente Schutzberechtigte kontrolliert in die EU aufgenommen werden.
Sie sollen nach einem fairen Schlüssel auf alle EUMitgliedsstaaten verteilt werden, auf legalem Wege ohne kriminelle Schlepper und ohne die Risiken lebensgefährlicher Fluchtrouten. So können wir die Integration der geflüchteten Menschen besser vorbereiten, steuern und ordnen. Sogleich behält der Staat die Kontrolle über die Einwanderung in unser Land. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lautet „Grenzen schützen – Solidarität mit Italien“. Also was Sie von der AfD unter dem Begriff „Solidarität“ verstehen, da kann ich wirklich nur staunen.
Wenn der Innenminister Herr Caffier feststellt, dass Österreich Radpanzer an der Grenze aufstellt, und Ihre Fraktion laut applaudiert, dann will ich Ihnen sagen, das ist nicht Solidarität, sondern das ist eine ganz große Portion Menschenverachtung, die Sie hier an den Tag legen, und nichts anderes.
Italien hat die Hauptlast der Flüchtlinge zu schultern, die über die sogenannte Mittelmeerroute nach Europa kommen, das ist wohl so. Es hat sich gezeigt, dass das Dublin-System hier kläglich versagt und tagtäglich auch weiter versagt.
(Beifall Nikolaus Kramer, AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Wir beklagen das aus anderen Gründen, Herr Kramer. Erst nachdenken, dann klatschen!)
Die EU-Kommission schlug deshalb eine entsprechende verpflichtende Quote zur Verteilung von zunächst nur 160.000 Flüchtlingen vor, die tatsächlich auch von einer Mehrheit der Innenminister beschlossen wurde. Sie reden ja so gerne von Recht und Rechtmäßigkeit. Und was ist danach passiert? Fast gar nichts ist passiert! Knapp zehn Prozent wurden tatsächlich umverteilt und tagtäglich erreichen immer neue Flüchtlinge die Küsten Europas. Das ist richtig. Wenn Sie also wirklich solidarisch mit Italien sein wollten, so, wie es Ihr Antrag hier suggeriert, dann bringen Sie sich doch aktiv ein, wie das europäische Asylsystem vernünftig reformiert werden kann!
Vielleicht gelingt es Ihnen ja sogar, Ihre Parteifreunde von der PiS-Party in Polen oder andere auch davon zu überzeugen, endlich ihren Verpflichtungen nachzukommen. Gäbe es hier mehr wirklich gelebte Solidarität zwischen den EU-Mitgliedsstaaten, dann wäre Italien tatsächlich ungemein geholfen. Ein Abrücken vom Schengen-Raum, die Wiedereinführung von Grenzkontrollen und die damit verbundene Einschränkung der Reisefreiheit, das ist mit uns nicht zu machen. Herr Friedriszik hat das Wesentliche gesagt.
Auch eine Abschottung Europas, wie Sie sie hier gefordert haben, kann doch auf keinen Fall eine Lösung sein, denn solange die Bedingungen in ihren Herkunftsländern so miserabel sind, wie sie sind, werden die Menschen weiterhin fliehen, und das, obwohl sie wissen, was auf sie zukommt. Das Risiko nehmen diese Menschen doch nicht freiwillig in Kauf, sondern sie fliehen vor Hunger, Kriegen und Armut und sind gezwungen zu fliehen.
Seit dem Jahr 2000 ertranken im Mittelmeer mindestens 23.000 Menschen auf der Flucht nach Europa. In diesem Jahr sind es schon wieder mindestens 1.000, und das sind rein statistisch gesehen 8 Menschen jeden Tag. Dass das vor unserer Haustür passiert, ist doch eigentlich eine Schande für Europa, aber darüber verlieren Sie hier von der AfD kein Wort. Stattdessen warnen Sie vor einer erneuten „Flutung“ Deutschlands mit fremden Men
schen im besten NPD-Sprech. Das ist schon wirklich gruselig. Sie diskreditieren die ehrenamtlichen Helfer, die tagtäglich das Leben vieler Menschen retten.
Derzeit sind die Schiffe von rund zwölf privaten Initiativen im Mittelmeer unterwegs, darunter auch fünf deutsche. Sie alle eint die Überzeugung, dass wir Europäer unserer humanitären Pflicht, Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten, nicht ausreichend nachkommen. Ich möchte ihnen, die tagtäglich sich im Ehrenamt dafür aufreiben, deshalb an dieser Stelle meinen höchsten Respekt und auch Dank zollen.
Herr Komning, Sie haben davon gesprochen, Sie wollen die Ursachen bekämpfen, und haben Beispiele angebracht: Sie wollen die Rettungsschiffe beschlagnahmen, Sie wollen die Schleuser militärisch bekämpfen, Sie wollen die Grenzen schließen. Aber ich muss Ihnen sagen, das ist doch keine Ursachenbekämpfung für die aktuellen Probleme.
In erster Linie müssen wir dafür sorgen, dass Frieden geschaffen wird, dass der Hunger auf der Welt bekämpft wird. Anstatt das zu tun, schaffen wir – und damit meine ich insbesondere Deutschland, auch als drittgrößten Waffenexporteur der Welt – permanent neue Fluchtursachen.