Protokoll der Sitzung vom 13.07.2017

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat das Wort der Innenminister. Sie haben das Wort, Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kirchenasyl hat eine jahrtausendealte und sehr wechselhafte Geschichte, das ist wohl so. In vielen Fällen,

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

in vielen Fällen hat es Leben gerettet, in anderen Fällen wurde es missbraucht. Diskussionsstoff bot es immer, so eben auch heute.

Das Kirchenasyl ist in Deutschland auch Ausdruck der besonderen Beziehung zwischen Staat und Kirche. Die Kirchen stehen nicht über dem Gesetz, aber der Staat gewährt ihnen einen besonderen Schutzraum. Das ist derzeit gültige Realität in Deutschland. Dieser Schutzraum erstreckt sich örtlich über alle Räume der Kirchengemeinde, jedoch nicht, das betone ich ausdrücklich, nicht über die Privatwohnungen der Gemeindemitglieder oder des jeweiligen Kirchenvorstandes.

In Mecklenburg-Vorpommern beanspruchten Anfang Juni 55 Menschen Kirchenasyl. Aufgrund der vorgelegten Gemeinderatsbeschlüsse entsteht der Eindruck, dass sich die Anzahl der Kirchenasyle auf einem kontinuierlich hohen beziehungsweise tendenziell ständig ansteigenden Niveau bewegt. Wie Sie wissen, und da haben Sie korrekt ausgeführt, beobachte ich diese Entwicklung nicht erst seit gestern mit großer Sorge.

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Ich respektiere das Engagement der Menschen, die den Asylsuchenden helfen. Gleichwohl kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass das Kirchenasyl nicht selten zur Aushebelung des europäischen Asylrechts genutzt wird. Wir müssen feststellen, die allermeisten Flüchtlinge im Kirchenasyl sind derzeit und waren auch in der Vergangenheit Dublin-Fälle. Das heißt, eigentlich ist ein anderer Staat für diese Flüchtlinge zuständig.

(Enrico Komning, AfD: Wieso „eigentlich“?)

Nur gilt das lediglich für die ersten sechs Monate.

(Enrico Komning, AfD: Aha!)

Danach ist der Staat zuständig, in dem sich der Asylsuchende aufhält, in diesem Fall also Deutschland.

(Enrico Komning, AfD: Weil er nicht ausgewiesen wird.)

Zufälligerweise verstreicht diese 6-Monate-Frist in Regelmäßigkeit in diesen Fällen. Das ist umso ärgerlicher, als das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sich bereits vor zwei Jahren mit den Bevollmächtigten der Evangelischen und Katholischen Kirche darauf verständigt hat, dass das bloße Vorliegen eines DublinVerfahrens keinen ausreichenden Anlass für Kirchenasyl bietet. Es sollten vielmehr im individuellen Einzelfall begründbare und vor allen Dingen besondere Härten vorliegen. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Kirchenasyl wird mittlerweile regelmäßig gar nicht mehr begründet, es werden auch immer weniger Fälle als Härtefall beim BAMF angemeldet. Das alles steht ganz klar im Widerspruch zur Vereinbarung von vor zwei Jahren zwi

schen der Bundesregierung und den Kirchen, und das ärgert auch mich.

Vor diesem Hintergrund habe ich die Nordkirche noch mal angeschrieben und einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Kirchenasyl angemahnt. Ich bleibe dabei, niemand muss befürchten, dass ich plötzlich mit der Polizei oder dem SEK vor der Kirche stehe, aber den handelnden Personen sollte bewusst sein, dass sie auf einem schmalen Grat wandern. Die derzeitige Praxis ist eine große Gefahr für die Akzeptanz des Kirchenasyls. Der besondere Status für die Kirchen kann aus meiner Sicht nur aufrechterhalten werden, wenn es dafür auch den notwendigen Rückhalt in der Bevölkerung gibt. Es äußern mir gegenüber immer mehr Menschen auf der Straße ihr Unverständnis über die fortwährende Ausweitung. Da bin ich ganz ehrlich, mir persönlich gefällt es zunehmend auch nicht, weil sie schwierig ist, diese besondere Auslegung und Regelung, die einige Kirchgemeinden, nicht alle, verteidigt hören wollen.

Insofern appelliere ich nochmals an alle Beteiligten, das Kirchenasyl zurückhaltend, wohlüberlegt, begründet und auch entsprechend der Vereinbarung zwischen Bund und Kirchen umzusetzen und einzuhalten.

Im Übrigen wird derzeit der Vorschlag, die Überstellungsfristen im Dublin-Verfahren abzuschaffen, intensiv diskutiert. Ich bin gespannt, wie sich diese Neuerung offensichtlich auch in Zukunft auf das Kirchenasyl auswirken wird.

Alles in allem komme ich trotzdem und trotz der vielen Bedenken zu dem Ergebnis, am Kirchenasyl nicht zu rütteln. Statt auf Konfrontation setze ich lieber auf konstruktive Gespräche und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kirchen.

(Minister Harry Glawe: Sehr gut.)

Ich lade alle ein, diesen Weg mitzugehen, und empfehle Ihnen daher, den vorliegenden Antrag abzulehnen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Machen wir.)

Meine Damen und Herren, abschließend noch ein Wort zum Antragsteller: Liebe Kollegen der AfD, Sie bombardieren ja die Ministerien derzeit mit den unterschiedlichsten Kleinen Anfragen. Damit sind Sie formal vollkommen im Recht. Niemand stellt das infrage,

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

aber ich muss auch sagen, aus meiner Einschätzung, Sie haben teilweise jedes Maß verloren. Nicht nur, dass sinnfreie NPD-Anfragen einfach eins zu eins übernommen werden, um lediglich die Verwaltung lahmzulegen, hinzu kommen eben Fragen, bei denen ich nicht weiß, was Sie mit den Antworten vorhaben. Wir hatten fünf,

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Weil sie es selbst nicht wissen.)

wir hatten fünf Kirchenasylfälle in Anklam und eine dazugehörige Kleine Anfrage der AfD. In dieser Kleinen Anfrage wurde auch nach den Namen der Personen im Kirchenasyl gefragt.

Lieber Herr Manthei, Sie haben die Kleine Anfrage gestellt. Sagen Sie mir bitte: Was soll die Frage nach den

Namen? Was um Herrgottswillen bezwecken Sie damit? Wollen Sie diese Menschen öffentlich denunzieren?

(Patrick Dahlemann, SPD: Genau.)

Wollen Sie die Namen an irgendwelche dunklen Gestalten weitergeben? Was machen Sie mit den Namen, die wir leider nennen müssen, weil es die Verfassung so vorschreibt? Leider müssen wir sie nennen. Ich staune zwar manchmal, bei bestimmten Dingen hat der Datenschutz immer seinen Einwand, in dem Fall ist es anders.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Können wir ja vertraulich machen, können wir ja mal überlegen.)

Aber das frage ich mich.

Ich bin ehrlich, das sind Anfragen, die mich erschaudern lassen. Und da müssen Sie sich dann wirklich nicht wundern, dann müssen Sie sich wirklich nicht wundern, wenn der AfD eine bestimmte Nähe zur NPD nachgesagt wird.

(Thomas Krüger, SPD: So ist das.)

Die Art und Weise, wie Sie an das Thema „Flüchtlinge und Asyl“ herangehen, ist regelmäßig schlicht grenzwertig. Ich möchte Sie daher eindringlich zu diesem durchaus sensiblen und komplizierten Thema um Mäßigung bitten. Es ist im Rahmen der Meinungsfreiheit in Ordnung, sich gegen das Kirchenasyl auszusprechen,

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

aber es ist infam, deswegen einzelne Asylsuchende an den Pranger zu stellen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Peter Ritter, DIE LINKE)

Danke, Herr Minister.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Dachner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Um es vorwegzusagen, den Antrag der AfD lehnen wir ab. Er ist wie oft sehr einseitig nur auf die logische innere Einstellung der AfD bezogen. Und man hat da natürlich den Eindruck, als wenn Kirche und AfD so etwas sind wie Feuer und Weihwasser.

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Ja, man kann natürlich sagen, Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Kirche. Wenn der niedersächsische AfDChef zum Kirchenaustritt offen aufruft, dann sagt das eigentlich genug.

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Sie betonen allerdings richtig …

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Ja, aber Sie haben sich davon auch nicht distanziert. Und andere Äußerungen möchte ich hier gar nicht wiederholen. Das ist ja auch nicht,