Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 17 auf: Es handelt sich um die Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Kein Platz für menschenverachtende Hetze im Parlament, Drucksache 7/1052.
Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE Kein Platz für menschenverachtende Hetze im Parlament – Drucksache 7/1052 –
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Wochen wurden verschiedene menschenverachtende und gewaltverherrlichende Äußerungen von AfD-Abgeordneten öffentlich bekannt. Insbesondere der Abgeordnete Holger Arppe ist hier in besonders schlimmer Art und Weise in Erscheinung getreten, aber nicht nur er. Die Äußerungen sind dabei so abstoßend, so demokratiefeindlich und so parlamentsunwürdig, dass wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können.
Die Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE legen dem Parlament daher heute einen Antrag vor, der drei Ansätze verfolgt: Erstens kritisieren alle drei Fraktionen die Äußerungen auf das Schärfste, zweitens fordern wir den Abgeordneten Holger Arppe auf, alle öffentlichen Ämter und vor allen Dingen sein Landtagsmandat unverzüglich niederzulegen,
und drittens, liebe Kolleginnen und Kollegen, fordern wir alle Abgeordneten auf, die mit den Gewaltfantasien und der Hetze von Herrn Arppe sympathisiert haben, sich unverzüglich öffentlich zu erklären und gegebenenfalls selbst Konsequenzen zu ziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, über welche Äußerungen reden wir? In Facebook-Chats hat sich Herr Arppe mit anderen AfD-Abgeordneten oder anderen AfD-Sympathisanten ausgetauscht, zum Beispiel über Jan Hendrik H., einem Terrorverdächtigen, dem die Bundesanwaltschaft vorwirft, eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet, Waffen gehortet und Angriffe auf Linke geplant zu haben. Zitat Holger Arppe: „Der Typ würde perfekt in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.“ Zitatende. Falls die AfD scheitere, so Arppe weiter, sei es „eben gut, wenn man einen Schrank voller Gewehre und ʼne Munitionskiste in der Garage hat“, Zitatende.
Herr Arppe hat sich auch um Ordner für eine Demonstration gekümmert und schrieb in diesem Zusammenhang an ein Mitglied der rechtsradikalen Identitären Bewegung und ehemaliges NPD-Mitglied, ich zitiere: „Wir brauchen noch ein paar ordentliche Nazis als Freiwillige.“ Zitatende. Für Herrn Arppe ist auch Gewalt ein wichtiges Mittel in der politischen Auseinandersetzung. Er sagt, ich zitiere: „Ich kann mir jetzt erklären, warum Revolutionen immer so blutig verliefen. Da muss man einfach ausrasten und erst mal das ganze rotgrüne Geschmeiß aufs Schafott schicken. Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte kracht!“ Zitatende.
Der öffentliche Auftritt soll natürlich ganz anders erfolgen. Arppe sagt: „Wir müssen ganz friedlich und überlegt vorgehen, uns ggf. anpassen und dem Gegner Honig ums Maul schmieren aber wenn wir endlich sowei sind, dann stellen wir sie alle an die Wand.“ Zitatende. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, erinnert mich sehr an die Aussagen von Goebbels aus dem Jahr 1929: „Wenn die Demokraten so blöd sind“ – ich zitiere sinngemäß –, „uns die Instrumente in die Hand zu geben, dann werden wir sie nutzen.“ Und Arppe weiter: Für die „widerlichen grünen Bolschewisten“ solle man eine „Grube ausheben, alle rein und Löschkalk oben rauf“. Herr Arppe unterscheidet Menschen nach ihrer Hautfarbe und träumt von einem Apartheidstaat. Ich zitiere: „… wenn es hier in Deutschland gut läuft, werden wir am Ende so eine Art Apartheidstaat haben wie damals in Südafrika, wo die Weißen den Rest einfach nur irgendwie in Schach halten“, Zitatende.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu sexuellen und pädophilen Gewaltfantasien möchte ich hier keine Zitate aufführen. Das möchte ich Ihnen und uns ersparen. Die von mir verlesenen Zitate sprechen bereits für sich. SPD, CDU und DIE LINKE sind daher überzeugt, dieser Hetzer und Menschenfeind hat im Parlament sowie in allen anderen öffentlichen Ämtern und Funktionen nichts, aber auch gar nichts zu suchen.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es dazu jetzt auch in der AfD-Fraktion Beifall gibt und wenn die AfDFraktion meint, dass mit dem Austritt des Herrn Arppe aus Fraktion und Partei und mit seiner Abwahl als Schriftführer, mit seinem Abzug aus den Ausschüssen die Sache erledigt sei, dann irren Sie, meine Herren von der AfD-Fraktion, gewaltig.
Es handelt sich nach all dem, was wir lesen mussten, nicht um einen Einzelfall Arppe, es steckt noch viel mehr Arppe in dieser AfD-Fraktion, und ich befürchte, noch viel, viel mehr, als wir derzeit überhaupt absehen können, denn neben Holger Arppe traten auch die AfDAbgeordneten Sandro Hersel und Thomas de Jesus Fernandes in Erscheinung. Auf die Überlegung Holger Arppes aus dem angeblich, ich zitiere, „völlig versifften Land“ auszuwandern, entgegnete Sandro Hersel, ich zitiere: „Da kann man nur zum Nazi werden.“ Der Abgeordnete Hersel erklärte daraufhin, er neige eben zu „derbem Sarkasmus“. Treffender ist wohl, er neigt zum Nationalsozialismus. Hersel schrieb auf die Frage, wo denn der Sitz der neuen Landesgeschäftsstelle sei, im Chat am 30.12.2014: Sassnitz, geschrieben: SA...SS...nitz.
Da passt auch eine Wortwahl im Zusammenhang mit den Bemühungen um Sicherheitskräfte bei einer AfDVeranstaltung. Die Stellenausschreibung à la Sandro Hersel lautete wie folgt: Die Männer sollten „groß, kahl und tättowiert“ sein, eine Vorstrafe solle „Voraussetzung“ sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und zum Angriff auf Flüchtlingsheime kam Hersel Folgendes in den Kopf, ich zitiere: „Brennende Flüchtlingsheime sind kein Akt der Aggression, sondern ein Akt der Verzweiflung gegen Beschlüsse von oben.“ Zitatende.
Das ist der perfide Versuch der politischen Rechtfertigung von schweren Straftaten in Reinkultur, das ist Sprache der NPD, und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine Herren von der AfD-Fraktion.
Herr Hersel fantasierte auch von Waffengewalt. Im Zusammenhang mit einer angekündigten Gegendemonstration wetterte Hersel schon einmal, dass man sich „den Weg wohl freischießen“ müsse – anscheinend ganz im Sinne seiner ehemaligen Kollegin Christel Weißig, die Plünderer erschießen lassen wollte. Aber auch das war offensichtlich nur Sarkasmus, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der AfDAbgeordnete Thomas de Jesus Fernandes blies ebenso ins selbe Horn der Hetzer und Menschenfeinde. Auf die Mordfantasien des Holger Arppe reagierte er wie folgt: „Du weißt aber schon das dieses Rotgrüne Geschmeiß trotz ihrer Abartigkeit nur willfähige Erfüllungsgehilfen sind.“ Zitatende. Und was fiel Herrn Fernandes zum Terrorverdächtigen Jan Hendrik H. ein, der eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet, Waffen gehortet und auf Linke Angriffe geplant haben sollte? Er kommentierte dies doch tatsächlich mit den Worten: „Recht hat er!“ Im Dezember 2014 ließ Fernandes wissen: „Habe eben einen Kanaken aus meinem Büro geschmissen.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer weiß, welche Zitate durch die Herren Arppe, Hersel, Fernandes und andere noch fielen in diesem Chat. Fest steht, auch andere AfD-Mitglieder oder AfD-Sympathisanten haben sich mit ebenso widerwärtigen Aussagen beteiligt. Die AfD-Fraktion hat dazu geschwiegen und schweigt dazu bis heute. Auch die Biodeutschen-Fantasien eines Herrn Weber bleiben unwidersprochen. Und Gauland spricht davon, dass wir stolz sein sollen auf die „Leistungen“ der Soldaten in zwei Weltkriegen. Udo Pastörs hat einmal gefordert, wir wollen, dass die Bundeswehr wieder „Deutsche Wehrmacht“ heißt, damit alle wissen, was sie davon zu halten haben. Wissen Sie eigentlich, wes Geistes Kind Sie sind, Herr Weber?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, niemand widerspricht diesen Gedanken, niemand aus der AfDFraktion. Niemand hat dem Einhalt geboten, kein Widerspruch, wenn Goebbels zitiert wird, Liedtexte der Hitlerjugend zitiert werden oder wenn dazu aufgerufen wird, Barrikaden vor dem Landtag anzustecken, das „Pack an den Haaren da rauszuziehen“ und „das Gesindel aus den Parlamenten“ aufzuhängen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE nehmen das nicht hin. Deswegen verlangen wir von der AfD-Fraktion Klarheit. Wir erwarten insbesondere von den Herren Hersel und Fernandes eine öffentliche Erklärung. Um es klar zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir unterstellen nicht allen Mitgliedern der AfD oder der AfD-Fraktion, dem Nationalsozialismus nahezustehen oder Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung zu befürworten, wir sagen aber auch klar, wer Leute in den eigenen Reihen schützt oder auch nur duldet, die mit den Gedanken von Arppe, Hersel oder Fernandes offen oder stillschweigend sympathisieren, der macht sich am Ende mit diesen Leuten gemein.
Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist jede spätere öffentliche Distanzierung unglaubwürdig oder doch nur geheuchelt.
Deswegen ist dieser Antrag auch zum Schutz der Würde und für das Ansehen des heutigen Parlamentes dringend notwendig und deswegen beantworte ich jetzt auch keine Zwischenfragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte abschließend an unsere Landesverfassung erinnern. Darin heißt es in Artikel 18a in den Absätzen 1 und 2, ich zitiere: „Alles staatliche Handeln muss dem inneren und äußeren Frieden dienen und Bedingungen schaffen, unter denen gesellschaftliche Konflikte gewaltfrei gelöst werden können. … Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker oder der Bürger Mecklenburg-Vorpommerns zu stören und insbesondere darauf gerichtet sind, rassistisches oder anderes extremistisches Gedankengut zu verbreiten, sind verfassungswidrig.“
Dieser Artikel 18a, meine Herren von der AfD-Fraktion, ist im Ergebnis einer Volksinitiative in diesem Land in die Landesverfassung aufgenommen worden. Sie können heute beweisen, ob Sie auf dem Boden der Landesverfassung stehen oder nicht. – Herzlichen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich darauf hinweisen, dass der Abgeordnete de Jesus Fernandes großen Wert darauf legt, dass sein Name auch so ausgesprochen wird, wie er verschriftet ist. Ich denke, das ist ein berechtigter Anspruch, und von daher bitte ich doch die folgenden Redner, das zukünftig entsprechend zu beachten. Ansonsten müsste ich
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht wäre es interessant gewesen, wenn die Kollegen der AfDFraktion – an dieser Stelle zumindest – den Arsch in der Hose gehabt hätten und gleich als Erste im Nachgang zu der Rede des Kollegen Ritter hier Position bezogen hätten, aber wahrscheinlich ist es nicht mal dafür ausreichend, was da noch in der AfD-Fraktion übrig geblieben ist.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Herren von der AfD! Man hat mich gestern attackieren wollen – das war ja wohl ein untauglicher Versuch –, man hat mich gestern attackieren wollen, weil ich Ihnen, Ihren Mitgliedern, Ihrer Fraktion, Ihrer Partei, ich will es mal als Euphemismus formulieren, Nähe zum Nationalsozialismus oder zum Rechtsradikalismus vorgeworfen habe. Und, Herr Dr. Jess, ich habe es gestern schon an dieser Stelle gesagt – da kann ich mich auch nur den Worten des Kollegen Ritter anschließen –, keiner von uns hält jeden von Ihnen für einen Nationalsozialisten oder einen Rechtsradikalen.
Aber alle unter Ihnen müssen sich eine Frage stellen: Schauen Sie sich Ihren Nachbarn an, gucken Sie ihm ins Gesicht und fragen Sie sich, wenn Sie selber kein Rechtsradikaler sind, wenn Sie selber kein nationalsozialistisches Gedankengut vertreten, ob Sie nicht auch einer derjenigen sind, die im Falle eines Falles dann auf dem Schafott landen! Fragen Sie sich genau! Fragen Sie sich genau, mit welchen Fraktionsmitgliedern Sie eigentlich diese Fraktion bilden! Sie müssen doch, sehr geehrte Herren aus der Fraktion der AfD, Sie müssen doch nicht glauben, dass Sie die Menschen in diesem Lande glauben machen können, dass man sich auf einen braunen Misthaufen setzt und sich dabei nicht selber den Hosenboden braun einfärbt!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, jeder von Ihnen, jeder von Ihnen hat gewusst, wes Geistes Kind der Kollege Arppe ist, als er tatsächlich mit Ihnen in diese Fraktion eingezogen ist. Keiner von Ihnen, keiner von Ihnen kann sich hinstellen und sagen, wir haben es erst mit diesen Chatprotokollen gewusst. Herr Arppe ist rechtskräftig verurteilt worden wegen Volksverhetzung. Und obwohl er wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, obwohl er wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, ist er aus der Mitte Ihrer Partei auf der Landesliste aufgestellt worden. Sie gemeinsam haben Wahlkampf mit ihm gemacht, Sie gemeinsam haben in dieser Fraktion mit ihm zusammengearbeitet, und es hat Sie nicht gestört. Es hat Sie an keiner Stelle gestört, mit wem Sie tatsächlich hier in diesem Plenarsaal zusammenarbeiten und welche Auffassungen er vertritt.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist doch schon bemerkenswert gewesen, wenn diese Protokolle, als die Chatprotokolle über die Medien veröffentlicht worden sind, mit Äußerungen von Herrn Arppe, der jetzt nicht mehr der Fraktion der AfD angehört, der jetzt nicht mehr der Partei der AfD angehört, der sich aber wahrscheinlich
deswegen trotzdem nicht in seiner Gesinnung geändert haben wird, wenn diese Protokolle gemeinsam mit den Noch-Mitgliedern der Fraktion der AfD, Herrn – ich hoffe, ich spreche den Namen jetzt richtig aus – Thomas Jesus de Fernandes oder Herrn Sandro Hersel...
Dann bitte ich um Verzeihung. Also, ich möchte Herrn de Jesus Fernandes vieles hier vorhalten, aber keine falsche Aussprache seines Namens.
Sehr geehrte Herren in der Fraktion der AfD, Sie haben gewusst, mit wem Sie zusammensitzen, und Sie haben gewusst, wes Geistes Kind das ist. Das gilt offensichtlich nicht nur für Herrn Arppe, es gilt auch für Ihre NochFraktionsmitglieder.
Ich kann mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, als die Chatprotokolle dann veröffentlicht worden sind, an dieses Rumgeeiere erinnern – ich weiß gar nicht, ob er noch Fraktionsvorsitzender der Fraktion der AfD ist oder ob er sich jetzt schon um den neuen Posten in der Berliner Bundestagsfraktion der AfD beworben hat, deswegen nimmt er ja wohl offensichtlich auch nicht mehr an der Plenarsitzungswoche teil, obwohl er immer noch dafür bezahlt wird, und ob Herr Holm hier tatsächlich noch irgendwas zu sagen hat –, jeder von Ihnen wird sich vielleicht an das Rumgeeiere erinnern, mit dem er sich dann notgedrungen – notgedrungen! – zu den Umständen und zu den Äußerungen des Herrn Arppe äußerte. Distanzierung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sieht weiß Gott anders aus.