Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Ich will an dieser Stelle auch sagen, dass dieser Antrag offenbart, dass Sie sich vielleicht mit dem Kormoran auseinandergesetzt haben, aber mit unserem Managementplan offenbar nicht.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das wird nicht funktionieren.)

Auf der anderen Seite möchte ich auch noch mal unterstreichen, der Kormoranbestand ist am Sinken. Das hängt je nachdem von den Jahresläufen ab. Im Jahr 2015 lag der Brutbestand in Deutschland bei fast 25.000 Brutpaaren. Das sind dann immer je zwei. Das ist ein drastischer Anstieg. Sie kommen natürlich insbesondere aus anderen europäischen Mitgliedsstaaten, insbesondere aus Dänemark und Schweden. Das sind die Durchzügler, von denen Sie hier gesprochen haben, die in diesen Zahlen nicht enthalten sind, da der Bestand tatsächlich in Deutschland Anfang der 90er-Jahre bei knapp 10.000 Brutpaaren war. Das heißt, wir haben eine deutliche Steigerung in diesem Bereich erzielt, und das ist noch mal ausdrücklich auch ein Erfolg für den Natur- und Umweltschutz.

Auf der anderen Seite ist es so, dass diese Kormorane mittlerweile, kann man sagen, in Mecklenburg-Vorpommern einen Korridor zwischen 10.000 und 16.000 Brutpaaren beheimaten und wir selbstverständlich auch in den letzten Jahren mit großer Sorge sehen, welche Schäden sie anrichten.

Im Übrigen darf ich hier und heute feststellen, wir waren ja schon mal bei über 16.000. Der Brutbestand belief sich in diesem Jahr auf 14.277 und selbstverständlich haben wir Bewirtschaftungsmaßnahmen eingeleitet. 15 Prozent der Brutpaare sind im Binnenland aktiv und 85 Prozent, wenn Sie sich das ausrechnen, sind an der Küste.

Hier will ich Ihnen mal mit an die Hand geben, bei den großen Kolonien, die wir in Mecklenburg-Vorpommern in den Naturschutzgebieten haben, die mit dem höchsten Rang des Natur- und Artenschutzes ausgestattet sind, ist es nach nationalem und internationalem Recht nicht gestattet, in diese, insbesondere innerhalb des Brutgeschäftes, überhaupt einzugreifen. Da gilt auch der Mutterschutz.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ich will an dieser Stelle unterstreichen, wenn wir Kolonien mit über 4.000 Brutpaaren haben, insbesondere in Peenemünde oder auch im Raum Stralsund, dann ist es selbstverständlich, dass diese Kormorane eine relativ gute Grundlage finden.

Was haben wir an Management untersetzt? Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern eine Kormoranverordnung, die national und international anerkannt ist. Diese Verordnung ermöglicht den Abschuss und die Vergrämung von Kormoranen, um erhebliche Schäden – und das müssen Sie nachweisen, Herr Strohschein, Sie müssen erhebliche Schäden an Binnengewässern oder auch außerhalb von Nationalparken, Naturschutzgebieten und Schlafplätzen sowie außerhalb der Brutzeit tatsächlich

nachweisen – zu vermeiden. Erst dann dürfen Sie überhaupt eingreifen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das sehen Sie doch am Fischbestand.)

Kormorane, die erkennbar nicht am Brutgeschäft beteiligt sind, können ganzjährig in Mecklenburg-Vorpommern getötet werden. Sie haben recht, dass wir unsere Strategie der Kormoranverordnung auch auf die Neugründung der Kolonien ausgerichtet haben. Es sollen in Mecklenburg-Vorpommern keine neuen Kolonien entstehen und diese werden durch Störung dann auch verhindert. Es besteht im Übrigen ähnlich wie beim Wolf oder beim Biber nach Paragraf 45 Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz zur Abwendung von erheblichen wirtschaftlichen Schäden die Möglichkeit, in diese Kormoranbestände einzugreifen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Tun Sie es doch!)

Insofern besteht die Möglichkeit – ich habe gerade mit den Fischern und den Fischereiverbänden zusammengesessen –, dass sowohl von den Binnenfischern, den Anglern als auch von den Kutter- und Küstenfischern Anträge gestellt werden auf Reduktion der Bestände.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube auch, dass eine Strategie darin bestehen muss, die Beeinflussung des Brutgeschäftes voranzutreiben, das heißt, mit Vergrämungsmaßnahmen, wie beispielsweise der Beunruhigung der brütenden Kormorane mittels Lasergewehren oder auch neuartigen Technologien, den Bruterfolg zu vermindern.

Wir haben in den letzten Jahren auch hier große Erfolge gehabt, aber in den letzten zwei/drei Jahren haben die Fischer – Herr Strohschein, dazu können Sie eine Anfrage stellen –, die davon ja am meisten betroffen sind, gar keine Anträge gestellt. Auch das gehört dazu. Man muss dann schon einen Antrag stellen, wenn man eingreifen will. Daran müssen wir hier kontinuierlich weiterarbeiten.

Ich selbst habe ein Gutachten an die Universität vergeben, welches deutlich gemacht hat, dass wir tatsächlich mindestens 7.500 Brutpaare jedes Jahr entnehmen müssten, um überhaupt den Gesamtbestand zu reduzieren. 7.500! Dass wir rund 1.400 im Jahr erlegen, ist hier schon von mir gesagt worden. Das zeigt auch, wie schwierig diese Maßnahme ist, zum Teil sogar aussichtslos. Wer sich ein bisschen in der Evolutionstheorie auskennt, der weiß, irgendwann kippen solche Bestände auch. Sie sind aufgefüllt oder es sind die Nahrungsgrundlagen in dem Sinne nicht mehr vorhanden beziehungsweise andere Rahmenbedingungen stimmen nicht und es stellt sich ein Gleichgewicht in den Populationen ein. Hinzu kommt, dass wir freie Brutplätze besonders im Küstenbereich sehr schnell wieder besetzt bekommen, insbesondere durch die Durchzügler. Der Kampf – das sage ich hier auch sehr klar – gegen übermäßig hohe Kormoranbestände gleicht also dem Kampf gegen Windmühlen.

Zur Obergrenze: Vor dem Hintergrund erscheint es aberwitzig, eine Obergrenze zu fordern, wie es aus dem Antrag von Ihnen hervorgeht. Dieser Populismus entbehrt jeder sachlichen Grundlage.

Lassen Sie mich zwei wesentliche Aspekte noch mal feststellen:

Erstens. Die Höhe der Population entscheidet sich an dem guten Erhaltungszustand und dieser ist meiner Meinung nach längst erreicht. Das belegen auch die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse.

Zweitens. Aus diesem Grund fordere ich hier und heute erneut die Bundesregierung auf, genau diesen Fakt zu bestätigen und dann klare Bewirtschaftungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

In bin selbst in Brüssel gewesen und habe mit der EUKommission verhandelt. Ich habe die feste Zusage, wenn Deutschland diesen Antrag stellt – das muss die Bundesregierung machen, wir haben keine Außenvertretung –, dann ist Brüssel bereit, das wird in anderen Regionen Europas auch gemacht, Bewirtschaftungsmaßnahmen zu bestätigen.

Drittens. Dies gelingt nur, wenn die Bundesregierung sich erfolgreich an die EU-Kommission wendet und die Zuordnung des Kormorans zum Anhang II der Vogelschutzrichtlinie einsetzt. Auch das ist ein Ziel, mit dem guten Erhaltungszustand in eine andere Kategorie zu kommen.

Ich sage hier und heute noch mal, wir werden uns dafür starkmachen. Im Übrigen gibt es klare Beschlusslagen. Wir haben in dieser Woche ab morgen die Umweltministerkonferenz. Da wird es auch um Kormoran, Wolf und Biber gehen und ich werde mich nach wie vor aktiv für ein vernünftiges Management einsetzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Dr. Weiß.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Gäste!

Herr Backhaus, ich glaube fast, wir hätten uns vorher abstimmen sollen, sonst gibt es hier wahrscheinlich Redundanzen. Aber ich denke mal, wir haben das Thema der Wiederholung als Grundlage der Festigung heute schon einmal als didaktisches Thema erwähnt bekommen. Bei manchen Themen ist es schwierig, sachlich zu bleiben, weil entweder die verhärteten Positionen, die aufeinandertreffen, oft von Vorurteilen getragen sind und für einige Disputanten jede vernünftige Argumentation unakzeptabel bleibt oder weil andererseits schnell Langeweile aufkommt, weil sie abgegriffen sind. Das ist dann genau jene Wiederholung, die nicht mehr zur Festigung führt, weil sie überzieht.

Hier trifft beides zu. Es soll nach dem Willen der AfD dem Kormoran jetzt wieder einmal, aber endgültig an den Kragen gehen. Der Schutz der Fischbestände und der Fischerei wird über den Schutz des Vogels erhoben. Der Kormoran wird zur Ursache für die Probleme des Bestandes von diversen Fischarten und des Berufsstandes der Fischer erklärt. Um die Worte des AfD-Abgeordneten Strohschein zum Wolf auf den Kormoran anzuwenden, gehört also jeder Kormoran, der mit seinen Flügeln flattert, abgeknallt, nicht nur im Binnenland, sondern auch in seinen Brutkolonien an der Küste.

(Jürgen Strohschein, AfD: Hab ich nicht gesagt.)

Selbstverständlich macht da meine Fraktion nicht mit.

Zum Schutz der Teichwirtschaften und der Binnenfischer gibt es in der gültigen Kormoranverordnung auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung, die eine Bejagung dieses geschützten Vogels zeitlich befristet erlaubt. Das ist auch sinnvoll, da gerade den größeren Teichwirtschaften, wie zum Beispiel den Müritzfischern, oft keine andere Möglichkeit bleibt, ihre Bestände zu schützen, fischende Kormorane zu vergrämen. Größere Gewässer kann man eben zum Beispiel nicht durch Netze oder Ähnliches sichern.

Wenn wir aber jetzt die Küstenkolonien mit einbeziehen, um den Kormoran zu bejagen – ich möchte das Thema Naturschutz an dieser Stelle nicht noch einmal erwähnen müssen –, führt dies aus unserer Sicht auch dazu, dass der Schutzstatus dieses Vogels ad absurdum geführt wird, wenn ihm kein Lebensraum ohne Bejagung bleibt.

Und auch, wenn es viele behaupten, wo bitte sind die genauen Nachweise der erheblichen wirtschaftlichen Schäden für die Küstenfischerei durch den Kormoran? Welche Fischarten sind in ihrem Bestand denn genau durch den Kormoran bedroht oder stark in ihrem Bestand reduziert? Gibt es wissenschaftlich belastbare Studien dazu jenseits spekulativer Hochrechnungen?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das hat Herr Backhaus doch eben ausgeführt.)

Was versteht die AfD unter einer auf das Bundesland beschränkten Obergrenze für den Kormoran, von denen viele Strich- und sogar Zugvögel sind? Anders wäre es ja nicht zu verstehen, dass beispielsweise in Bayern mehr Vögel geschossen werden, als dort brüten. Und wie soll eine solche Regulierung der Kormoranbestände für Mecklenburg-Vorpommern rein praktisch funktionieren? Soll es Abschussprämien geben oder wie soll der Anreiz aussehen, damit überhaupt jemand Interesse hat, den Kormoran massenhaft zu dezimieren?

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Es wäre etwas anderes, wenn der Kormoran ein Speisevogel wäre, aber wir sind hier nicht im Kochstudio.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Quantitative Zielvorgaben für eine Bestandsreduktion des Kormorans bestehen, solange der günstige Erhaltungszustand rechtlich nicht festgestellt ist, nicht. Wozu auch, könnte man fast sagen, die Sache ist nämlich schwierig genug, denn einerseits beinhaltet das Grundverständnis von Ökologie die Kenntnis von der Balance zwischen Jäger und Opfer, und da spricht jede Zunahme der Kormorane eher dafür, dass die natürliche Basis gesund ist.

Ich kann da selbst auf ein Forschungsprojekt zurückgreifen, in dem ich vor über 20 Jahren tätig war, mit einem etwas mittelalterlich klingenden langen Titel: „Störungsarme Lebensräume für zoologische Populationen mit großem Raumanspruch“. Es ging unter anderem um eine

ganze Reihe von Tierarten, vom Dachs angefangen bis einschließlich bestimmte Vögel. Da wurde festgestellt, dass eine ganze Reihe von Tierarten in Deutschland zu 80 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern leben. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass die Natur bei uns eher in Ordnung ist.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Andererseits eröffnet die Kormoranverordnung grundsätzlich die Möglichkeit, Kormorane zur Abwehr erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden unter bestimmten Beschränkungen durch Abschuss zu töten. Das heißt, die Regelung bis zur Definition des günstigen Erhaltungszustandes ist insgesamt vorhanden, um damit umgehen zu können. Alle weiteren Öffnungen der Kormoranverordnung in Mecklenburg-Vorpommern müssten demzufolge aber auch sehr gut begründet sein. Dazu fehlt meiner Fraktion im Moment jede Grundlage und deswegen lehnen wir den Antrag der AfD-Fraktion ab. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Andreas Butzki, SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Lenz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier einen Antrag vor uns liegen, von dem ich nicht weiß, wie oft wir den in diesem Hause schon beraten haben, und wir werden der ganzen Sache nicht ganz Herr. Ich habe jetzt hier ein 20 Seiten langes Manuskript,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

das ich aber nach der Einbringung und nach der Rede des Herrn Ministers eigentlich beiseitelegen kann.

Wir werden des Vogels durch die im Augenblick zur Verfügung stehenden Maßnahmen, was die Reduzierung des Bestandes betrifft, nicht Herr. Das muss man ganz deutlich sagen. Auch die Natur hat hier zum Teil versagt, denn der Kormoran hat im Gegensatz zu vielen anderen Tierarten sehr wenige natürliche Feinde. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wer überhaupt der natürliche Feind des Kormorans ist.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Thomas Schwarz, SPD: Herr Strohschein! – Zurufe aus dem Plenum: Der Wolf!)