Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr de Jesus Fernandes. – Der Redner hat keinen Bedarf zu reden.

(Torsten Renz, CDU: Nichts mehr zu sagen.)

Von daher liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Aussprache gemäß Paragraf 43 Ziffer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Untersuchungsauftrag des 1. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ‚Wohlfahrtsverbände‘ erweitern“.

Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT zum Thema Untersuchungsauftrag des 1. Parlamen- tarischen Untersuchungsausschusses „Wohlfahrtsverbände“ erweitern

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Und wer uns noch zuhört, dem sage ich auch einen schönen guten Abend!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gleichfalls.)

In dem Moment, als die Unregelmäßigkeiten in einem einzigen AWO-Kreisverband an die Öffentlichkeit gerieten, passierte Folgendes in diesem Land: Die wichtige soziale Arbeit, die Pflege, die Beratung sahen sich Vorwürfen ausgesetzt, die so in Gänze nicht stimmen. Die eine Seite, zu meiner Rechten, hetzte und schimpfte, was das Zeug hielt, die andere Seite, zu meiner Linken, traf sich mit den in der Sozialarbeit Tätigen und hörte zu. Die eine Seite, zu meiner Rechten, hat alle Vereine und Verbände unter Generalverdacht gestellt

(Torsten Koplin, DIE LINKE: So ist es.)

und damit zugelassen, dass ganze Berufszweige in Misskredit geraten sind. Die andere Seite, zu meiner Linken, hat aus den Gesprächen mit den Vereinen einen Antrag gestellt: „Sozialverbände besser prüfen und unterstützen“.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Genau.)

Dieser wird nun im Sozialausschuss behandelt. Die Richtlinien werden geprüft, das LAGuS wird aufgesucht, Vereine und Verbände werden um Stellungnahme gebeten.

Dass dies nicht genug sei, umtrieb nun wieder die Seite zu meiner Rechten und kraft ihrer Wassersuppe, also ihrer demokratischen Rechte, wurde der PUA „Wohlfahrt“ beschlossen. So weit, so gut. Ab und an schaut nun die eine Seite zu meiner Rechten anscheinend sogar in die Protokolle des Sozialausschusses, aber das, was dort festgehalten ist, kommt überhaupt nicht im PUA an. Die andere Seite zu meiner Linken ist sehr klug und arbeitet mit dem Festgehaltenen in den Protokollen.

Und was macht nun die Mitte? Die Mitte freut sich. Da müssen wir uns dauernd anhören: Sie waren ja noch nie Mitglied in einem PUA. Nee, das waren wir nicht, aber wenn ich hier in die Reihen gucke, sind da ganz viele Herren, und Sie waren wahrscheinlich noch nie Fußballtrainer und meinen bei jeder Weltmeisterschaft, dass Sie wissen, wie man Weltmeister wird.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE, Elisabeth Aßmann, SPD, und Christel Weißig, BMV)

Die Mitte freut sich darüber, dass sie der einen Seite zu meiner Rechten wegen der permanenten Generalvorwürfe überhaupt nie zustimmen kann, und sie freut sich auch darüber, dass sie der anderen Seite wegen des Wissens aus dem Sozialausschuss nicht zustimmen muss.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und genauso sieht es im PUA aus. Wenn man sich die Unterlagen anguckt, die eine Seite zu meiner Rechten, die AfD, und die andere Seite zu meiner Linken, DIE LINKE, stellen Beweisanträge und die Mitte schreibt Pressemitteilungen. Es ist schwierig, Anträge zu stellen, um Verbände zu überprüfen, denen man vorsteht und dessen Mitglied man ist. Und es ist noch schwieriger, all der Hetze und der Verallgemeinerung der Seite zu meiner Rechten angemessen zu begegnen. Hetze und Verallgemeinerungen begegnet man aber nicht mit erneutem Schweigen, sondern einzig und allein mit Öffentlichkeit.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Sich ständig hinter den Regularien der Verschlusssache PUA zu verstecken, lässt Spekulationen zu, die Öffentlichkeit schimpft noch mehr und das Vertrauen schwindet.

Werte AfD-Fraktion, Sie haben sich mit dem PUA tatsächlich ein Bein gestellt. Es ist nichts mit öffentlicher Aufklärung! Aufklärung und tatsächliche Neuausrichtung sowie Gerechtigkeit der Wohlfahrt gegenüber anderen, genauso wichtigen Vereinen schafft einzig und allein unser Antrag, der sehr gute Fortschritte und Informationen im Sozialausschuss erzielt.

Nun haben wir allerdings den PUA und das ist jetzt auch gut so. Wir haben die Akten und die Unterlagen, und zwar ausschließlich die zur LIGA und zu drei AWOKreisverbänden. Das haben Sie so beantragt, genau so haben Sie das beantragt. Und ich kann überhaupt gar nicht mehr zählen, wie viele Latten aus meinem Gartenzaun ich geschnitten und Ihnen vor die Füße geschmissen habe. Vielleicht hat Sie ja auch mein Zaun erschlagen und deshalb verstehen Sie nicht, was ich von Ihnen wollte. Sie können noch so viele Anträge stellen, wie Sie wollen, und dann können Sie auch klagen, es wird weiterhin abgelehnt werden. Was nicht im Untersuchungsauftrag steht, kann auch nicht untersucht werden. Im Übrigen haben Sie persönlich die Anträge wieder zurückgenommen und jetzt beschweren Sie sich. Auch dort habe ich mehrfach gefragt, ob Sie sie wirklich zurücknehmen wollen.

Was mich persönlich aber erheblich ärgert, ist die Tatsache, dass ich fast täglich irgendwelche Mails erhalte mit Aussagen, die ich in den letzten zehn Jahren gemacht habe. Ständig meinen Ihnen nahestehende Menschen mich erinnern zu müssen, was ich wann zu wem zum Thema Förderung in den letzten zehn Jahren gesagt habe. Und stellen Sie sich vor, um Abgeordnete in diesem Parlament zu werden, muss man sehr extrovertiert sein und auch ein wenig unter Narzissmus leiden, und genau deshalb habe ich alle Zeitungsartikel, die über mich und meine Worte geschrieben wurden, ausgeschnitten, laminiert und mir an die Wand gehängt.

(Torsten Renz, CDU: An die Wand?! Hoffentlich haben Sie damit nicht die Wohnung tapeziert. – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Glauben Sie mir, einige Regierungsmitglieder in diesem Hause wissen ganz genau, wie schwierig es ist, mich wieder loszuwerden, wenn ich erst einmal in der Tür stehe und mich beschwere.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich stehe nach wie vor zu diesen Worten, daran muss ich mich nicht erinnern lassen und Sie müssen mich auch nicht daran erinnern. Ich kann für mich allein stimmen, ich weiß beim Thema „Soziale Arbeit“ sogar, wovon ich spreche, weil ich aus diesem Bereich komme, und das weiß ich bestimmt besser als Sie.

Jetzt kommen wir zum Auftrag vom PUA. Meine Fraktion und ich sind für eine Erweiterung, aber nicht für eine pauschale Erweiterung. Und zwar möchten wir mit den Bestandteilen des Auftrages, unseres Antrages, Vereine und Verbände besser zu fördern und zu kontrollieren, im PUA weiterarbeiten.

(Torsten Renz, CDU: Warum haben Sie denn keinen Antrag gestellt, wenn Sie ihn erweitern wollen?)

Es geht um die Förderung der sozialen Arbeit insgesamt. Nur, wenn wir uns entsprechend des allgemeinen Auftrages des PUA wirklich alle Vereine, Verbände und Träger ansehen

(Sebastian Ehlers, CDU: Alle!)

und auch vergleichen, werden wir zu einem Ergebnis kommen.

(Torsten Renz, CDU: Egal, welches.)

Nur dann wird es aufhören, dass Mitarbeitende der AWO und des Deutschen Roten Kreuzes sich momentan sehr, sehr schlecht fühlen. Nur dann wird dieser wichtigen Aufgabe Sozialarbeit die Achtung zuteil, die sie auch verdient.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Ich bin es leid, dass Sie meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen immer wieder unter Generalverdacht des Betruges und der Bereicherung stellen. Das werde ich nicht weiter zulassen! Lassen Sie uns stattdessen gemeinsam einen Weg finden, den Auftrag des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses dahin gehend zu ändern, dass die wichtigen Aufgaben der sozialen Arbeit endlich mit Gerechtigkeit in der Förderpraxis Unterstützung finden! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat jetzt die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung Frau Drese.

(Torsten Renz, CDU: Wenn das so weitergeht, brauchen wir noch einen Minister für Untersuchungsausschüsse.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte die Aussprache zunächst nutzen, um das Verhältnis zwischen dem Land einerseits und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege andererseits zu erläutern. Es ist, glaube ich, für den Landtag, aber auch für die Öffentlichkeit gut und wichtig, die wesentlichen Grundlagen dazu zu kennen.

Seit Neugründung des Landes Mecklenburg-Vorpom- mern fördern die für Soziales und Jugendhilfe zuständigen Ressorts Aufgaben gemeinnütziger Organisationen, an denen das Land ein erhebliches landes- und fachpolitisches Interesse hat, die jedoch ohne eine Zuwendung des Landes nicht oder nicht im notwendigen Umfang umgesetzt werden können. Bereits 1990 haben sich in Mecklenburg-Vorpommern die Arbeiterwohlfahrt Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., die Caritas Mecklenburg e. V., der Caritas-Verband für das Erzbistum Berlin e. V. Region Vorpommern, das Deutsche Rote Kreuz Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., der Paritätische Wohlfahrtsverband Landesverband

Mecklenburg-Vorpommern e. V., die Diakonie Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. Zweigstelle Mecklenburg-Vorpommern als Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege etabliert und zur LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern zusammengeschlossen. Diese Verbände beziehungsweise ihre angeschlossenen Vereine oder Organisationen sind geprägt durch unterschiedliche Mitgliederstrukturen und die vielfältigen Tätigkeiten Ehrenamtlicher.

Welche Rolle spielt eigentlich die Freie Wohlfahrtspflege in unserem Land und wie ist ihr Verhältnis zu anderen Anbietern und Dienstleistern auf dem sozialen Markt? Gestatten Sie mir auch dazu einige Erläuterungen.

Als Freie Wohlfahrtspflege werden alle sozialen Hilfen bezeichnet, die gemeinnützig und in organisierter Form geleistet werden. Die Tätigkeit der Freien Wohlfahrtspflege unterscheidet sich einerseits von den der gewerblichen, auf Gewinnerzielung ausgerichteten sozialwirtschaftlichen Unternehmen und andererseits von den Aufgaben öffentlicher Träger der Sozial- und Jugendhilfe, also Landkreise, kreisfreie Städte und Länder, und den öffentlichen Kassen- beziehungsweise Versicherungsträgern. Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege bestehen zumeist in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Die Hauptmerkmale der Freien Wohlfahrtspflege sind Unabhängigkeit und die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den öffentlichen Trägern. Alle Angebote und Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege zielen satzungsgemäß auf die Unterstützung der Notleidenden und Hilfebedürftigen. Grundlage der Zusammenarbeit ist das Prinzip der Subsidiarität, das diesen freien Trägern in allen Sozialgesetzbüchern einen bedingten Vorrang bei der Erfüllung sozialstaatlicher Aufgaben einräumt.

Was ist nun die Aufgabe des Staates und der Leistungsverantwortlichen und welche Steuerungsfunktion obliegt ihm? Der Staat oder die öffentlichen Leistungsträger und Kassen haben keine rechtliche Aufsicht über die Träger der Freien Wohlfahrtspflege. Gleichwohl hat der öffentlich zuständige Leistungsträger die Pflicht, die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen qualitativer Fachstandards in der sozialen Arbeit zu verlangen. Bei Nichteinhaltung kann der öffentliche Träger seine finanziellen Leistungen daher zurücknehmen. Gleiches gilt auch für die Organe,

wie zum Beispiel die Vorstände, Aufsichtsräte oder andere Gremien freier Träger. Der Staat oder die anderen öffentlichen Leitungsträger kontrollieren keine Tätigkeiten im jeweiligen Binnenrecht der Träger, eine Ausnahme besteht lediglich für die Finanzämter, die die Gemeinnützigkeit feststellen und somit Satzungen kontrollieren und den Geschäfts- und Finanzverkehr der freien Träger beurteilen.

Ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen darlegen konnte, in welchem Verhältnis das Land und die Freie Wohlfahrtspflege stehen. Das ist auch wichtig im Hinblick auf die Vorwürfe gegen den DRK-Kreisverband in der Mecklenburgischen Seenplatte.