Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

mal mehr und mal weniger gelungen – und es ging in diesem Zusammenhang eigentlich hauptsächlich um die Kritik dieses Linguisten an dieser Form mit dem Sternchen, also wenn da geschrieben steht, nicht „Frauen“, „Lehrerinnen und Lehrer“, sondern „Lehrer*Innen“.

Aber da brachte auch dieser Linguist seltsame Beispiele. Er nannte zum Beispiel „Bäcker und Bäckerinnen“ oder „Arzt und Ärztin“. Bei diesen Begriffen führte er zum Beispiel aus, in diesen Fällen werden Frauen ja doppelt sichtbar, was auch nicht okay wäre, weil bei „Bäcker“ ist ein Handwerk gemeint, und wenn da „Bäcker und Bäckerin“ steht, sind die Frauen zweimal sichtbar. Beim Handwerk, bei der Bezeichnung „Bäcker“ als Handwerk, wären Frauen mitgemeint, also hier zweimal sichtbar, wäre auch nicht so gelungen. Oder aber, er führte weiter aus als sehr große Inkonsequenz, wenn man jetzt auf dem politischen Feld, im politischen Raum häufig von „Politikerinnen“ und „Bürgerinnen“ spricht, aber nur sehr selten von „Straftäterinnen“ und „Steuerhinterzieherinnen“, wäre das eine haarsträubende Diskriminierung. Ha! Ich könnte mir da auch andere Gründe vorstellen, warum das so vorkommt!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Von diesen Beispielen einmal abgesehen, hat Herr Eisenberg aber sehr praktikable Vorschläge gemacht, wie man ganz einfach und total unsperrig Sprache gendergerecht aufstellen kann, ohne dass wir dadurch fürchterliche Leseprobleme bekommen würden.

Aber die AfD fährt ja die ganze Zeit schon die Schiene, was für Männer gut ist, ist auch für Frauen sowieso schon gut, und wenn nicht, dann haben sie eben Pech gehabt.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist deren Weltbild.)

Das haben wir ja auch bei der Diskussion um die Genderforschung zum Beispiel gehabt, als wir uns hier mit Krankheitsbildern und diesen Dingen auseinandergesetzt haben.

Sprache befindet sich seit jeher im Wandel, weswegen beispielsweise auch die wenigsten von uns des Mittelhochdeutschen mächtig sind. Das hat unsere Sozialministerin hier schon sehr schön dargestellt. Auf den Bezug zu Frankreich – der ist, glaube ich, durch Dr. Manthei und durch Frau Friemann-Jennert ausreichend gewürdigt worden – möchte ich jetzt nicht noch mal extra eingehen.

Also abschließend: Wir möchten, dass Frauen auch in der deutschen Sprache sichtbar sind. Sie möchten das nicht, deswegen werden wir Ihren Antrag selbstverständlich ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Thomas Krüger, SPD: Sehr gut!)

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete!

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Glocke der Vizepräsidentin – Thomas Krüger, SPD: Sehr gut!)

Natürlich.

Bei meinen Vorrednern habe ich teilweise entsetzliche Unterstellungen gehört. Man kann ja hier verschiedener Auffassung sein, aber wenn man diese gendergerechte Sprache nicht gut findet, muss man nicht gleich ein frauenfeindliches Weltbild haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Na, na! Na, na!)

Das prallt einem hier ab.

Wir werden dem Thema Gendersprache nur gerecht, wenn wir uns zunächst bewusst machen, was Sprache für uns bedeutet. Sprache ist das prägende Element unserer Identität. Sprache ist der Spiegel von Kultur und Tradition eines Volkes. Jede Sprache hat ihre Besonderheiten und Begriffe, die es nur in dieser Sprache gibt. Wer in der Wüste lebt, hat für die Farbe des Sandes

mehr Begriffe als „Braun“ und „Gelb“, in der Sprache der Inuit auf Grönland werden die Entfernungen nicht in Kilometern, sondern in Schlaf gemessen, also wie oft man zur Überwindung einer Strecke schlafen muss, und wir haben im Alltagswortschatz mit dem Begriff der „Halbseligkeiten“ ein Wort, das es so woanders nicht gibt.

Unsere Sprache ist eine besonders wortreiche Sprache und reich an Feinheiten der Ausdrucksweise. Darauf dürfen wir stolz sein. So sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass wir unsere Sprache achten, mit ihr bewusst und pfleglich umgehen und damit für ihren Erhalt eintreten. Leider ist das Gegenteil der Fall. Unsere Sprache steht offen oder subtil gewissermaßen unter Dauerbeschuss. Obenan steht die Zersetzung der Sprache durch die Vermischung mit Anglizismen in einem Ausmaß, das nichts mehr mit einem natürlichen Prozess der Sprachentwicklung zu tun hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Oft geschieht dies aus Nachlässigkeit oder Gedankenlosigkeit, vielleicht aber auch, weil uns das Gefühl für die eigene Identität ein Stück abhandengekommen ist. Die Verfremdung der Sprache führt dazu, dass dadurch die Verständigung untereinander erschwert wird, insbesondere mit denen, die „nur“ ihre Muttersprache beherrschen und sich dafür nicht schämen müssen.

Sprache und Herrschaft sind eng miteinander verknüpft. Die Sprache ist ein Werkzeug der Politik.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Die Herrschaft, die Männerherrschaft! – Martina Tegtmeier, SPD: Deswegen!)

Der korrekte Begriff ist die Grundlage guter Politik. Wenn die Begrifflichkeit nicht mehr stimmt, dann gerät auch die Politik in Unordnung.

(Thomas Krüger, SPD: Genau, und deswegen verwenden wir männliche und weibliche Formen.)

Und wenn die Begriffsverwirrung zum Mittel der Politik wird, dann haben wir es mit einem Missbrauch und damit ebenfalls einer Bedrohung unserer Sprache zu tun.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Seit vielen Jahren beobachten wir eine solche Verwirrung der Sprache durch Um- und Neudefinitionen einst unumstrittener Tatsachen. Ein aktuelles Beispiel ist die Umdeutung des Begriffs der Ehe, die seit jeher als die Verbindung von Mann und Frau zu einer Lebensgemeinschaft angesehen wurde, so übrigens auch das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist ja vorvorletztes Jahrhundert jetzt.)

Nun soll dieser Begriff „entwicklungsoffen“ sein. Er habe sich „gewandelt“ und bedeute heute „die dauerhafte Lebensgemeinschaft zweier Menschen beliebigen Geschlechts“, so der noch amtierende Bundesjustizminister. Welche Begriffsverwirrung! In Wahrheit soll hier auf dem Weg in die Beliebigkeit ein neues Leitbild mit den Mitteln einer Begriffsumdeutung etabliert werden.

(Beifall Christoph Grimm, AfD – Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Das ist ja Schwachsinn. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

In diesen Kontext ist die Forderung

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

nach einer gendergerechten Sprache zu stellen,

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Das darf man um die Uhrzeit ruhig mal sagen.)

mit der aus ideologischen Gründen unsere Sprache verändert werden soll. Auch hierdurch wird unsere Sprache bedroht, denn die der Gleichstellung der Geschlechter angeblich dienenden Eingriffe sind schwer und erfolgen ohne Rücksicht auf unser Sprachempfinden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dabei ist der Ausgangspunkt „Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter“ – jedenfalls von Mann und Frau – wohl ziemlich unbestritten. Allerdings kann es eine totale Gleichstellung aufgrund der biologischen Unterschiede niemals geben, weshalb ich auch keine Gleichstellung darin sehe, dass in Kampfeinheiten genauso viel Frauen wie Männer sind. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet nämlich, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Deshalb gibt es auch keinen Mutterschutz für Männer. Aber macht es wirklich einen Sinn,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Es gibt aber Elternzeit. Haben Sie das schon mal gehört?)

aber macht es wirklich einen Sinn, immer und überall,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Junge Väter können Elternzeit nehmen.)

wie es die sprachpolitische Korrektheit vorschreibt, die Doppelanreden zu benutzen, auch wenn es dabei gar nicht konkret um das Geschlecht geht, wie bei „Bürgern“, „Mitgliedern“, „Einwohnern“, „Wählern“ und so weiter? Grenzt es nicht an Irrsinn, wenn wir in einem Text von der „Vertreterin oder dem Vertreter der Präsidentin oder des Präsidenten“ reden beziehungsweise schreiben und damit Tinte und Papier verschwenden?

Herr Förster, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Larisch?

Jetzt bitte nicht, vielleicht am Ende.

Unsere Sprache ist nun einmal so, wie sie ist. Ich kann es nicht ändern,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt verschwenden wir schon Papier und Tinte!)

dass hier nur Abgeordnete sitzen und es mir nicht vergönnt war, Sie, verehrte Damen, als Abgeordnetinnen anzureden.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Abgeordnete!)

Ich kann mir allerdings auch nicht vorstellen, dass irgendeine unserer weiblichen Abgeordneten sich ausgeschlossen fühlt, wenn lediglich von „Abgeordneten“ oder „Volksvertretern“ die Rede ist. Was ist das für eine unsägliche und wirklichkeitsfremde Unterstellung, dass dadurch in den Köpfen der Menschen lediglich ein Bild von männlichen Mandatsträgern erzeugt würde?