Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

(Zuruf von Karen Larisch, DIE LINKE)

Ich weiß nicht, warum „die Sonne“ weiblich und „der Mond“ männlich ist – übrigens komplett anders als in Latein und Französisch –, warum „der Rhein“ männlich und „die Donau“ weiblich ist. Wo bleiben bei der Muttersprache die Väter oder, noch schlimmer, beim Vaterland die Mütter?

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Thomas Krüger, SPD: Sie stellen ja Fragen!)

Warum sind „die Gewalt“, „die Schande“, „die Lüge“ weiblich? Kann man ernsthaft darüber nachdenken,

(Karen Larisch, DIE LINKE: Aber wir haben schon eine Muttersprache, ne?)

ob dadurch unerwünschte Assoziationen geweckt werden, die einer gendergerechten Korrektur bedürfen? Glaubt irgendwer wirklich, dass eine gendergerechte Kunstsprache dazu beitragen kann, mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu schaffen? Dafür gibt es andere, probatere Mittel, wenn wir über alledem den Alltag der Menschen im Auge haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Da fallen mir kostenfreie Kitas eher ein als irgendwelche Sprachverkünstelungen. Unsere Muttersprache sollte uns heilig sein.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Niemand hat das Recht, sie außerhalb einer normalen Sprachentwicklung zu verdrehen und zu verkünsteln. Mit Sorge ist aber zu beobachten, dass es auch hier einer sprachpolitisch aktiven Minderheit gelungen ist, dass ihr Begehren in den Katalog politisch korrekten Handelns und Sprechens aufgenommen wurde. Die in Verwaltungsanordnungen und Sprachleitfäden angeordneten und empfohlenen Regeln greifen erheblich in unsere Sprache ein und beschädigen diese. Mit ständigen Doppelanreden wie „Parteifreundinnen und Parteifreunde“ und der Nachsilbe „-innen“ mit Unterstrich oder Binnen-I,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

sollen Frauen in der Sprache sichtbar gemacht werden, so das erklärte Ziel. Das haben wir eben auch hier noch mal gehört.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Dies soll auch dann gelten, wenn es sich um generische Hauptwörter handelt, die nach herkömmlichem Sprachverständnis alle Angehörigen einer Gattung bezeichnen. Die ständigen Doppelanreden und Doppelbezeichnungen verkommen dabei für den, der sich ein gesundes Gefühl für Sprachschönheit erhalten hat, zu inhaltslosen Wortwiederholungen.

(Thomas Krüger, SPD: Mann, Mann, Mann!)

Diese werden zudem in der Praxis oft halb verschluckt,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

im Übrigen ganz selten mit letzter Konsequenz durchgehalten. Die verschrobene Nachsilbenschreibweise ist mit unserem gewachsenen Sprachempfinden ebenfalls nicht zu vereinbaren.

Mit einer normalen Sprachentwicklung hat all dies nichts zu tun. Wir erleben vielmehr ein gewaltiges Umerziehungsprojekt, erdacht von einer Minderheit feministischer Gleichstellungspropheten, die meinen, der Mehrheit vorschreiben zu müssen, wie sie zu denken, zu sprechen und zu schreiben hat. Eine wirklich demokratische Legitimation dafür sehe ich nicht.

Interessant ist übrigens ein Rückblick in die DDRWirklichkeit. Dass die Frauen hier real rundum früher gleichgestellt waren als im Westen, wird wohl niemand bestreiten. Aber wie war es mit den Berufsbezeichnungen und den Anreden? An der Tür der Richterin Meier oder Schulze befand sich ein Schild mit der Aufschrift „Frau Meier, Richter“. Die Anrede „Frau Richter“ oder „Frau Staatsanwalt“, mit der auf die Funktion abgestellt wurde, war also entgegen einer insbesondere von der Präsidentschaft dieses Hauses vertretenen Ansicht keine Missachtung.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Sehr richtig!)

Um sich gendergerecht ausdrücken zu können, findet zudem eine Säuberung der Sprache durch ein Neutralisieren des Geschlechts oder durch ein Ausweichen auf unverfängliche Formen statt.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, wer tut das denn?)

So werden aus „Studenten“ „Studierende“, aus „Lehrern“ „Lehrkräfte“,

(Thomas Krüger, SPD: Vielleicht, weil sich Sprache entwickelt.)

aus „Helfern“ und „Unterstützern“, …

Aber nicht kommandiert von oben. Das ist der Unterschied.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Noch mal bitte!)

… aus „Helfern“ und „Unterstützern“ „Helfende“ und „Unterstützende“. Die nicht zu leugnende Doppelbenennung von Hauptwörtern wird also durch ein Partizip ersetzt, wo es eigentlich gar nicht hingehört. Mit anderen Worten: Der Sprachverhaltenskodex löscht Begriffe aus unserer Sprache

(Thomas Krüger, SPD: Sie möchten doch jetzt einen Kodex setzen.)

und macht sie damit ärmer. Dabei bedeuten die ausgetauschten Begriffe keinesfalls sprachlich immer dasselbe. „Studenten“ und „Studierende“, „Helfer“ und „Helfende“ sind nicht jeweils dasselbe.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich fahre vor einigen Tagen hinter einem Transporter und lese „Patiententransport“.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ich kann mir schon denken, wo Sie das abgeschrieben haben.)

Im Bewusstseins unseres Themas frage ich mich,

(Zuruf aus dem Plenum: Sind wir eigentlich noch beim Thema?)

ob ein unverkrampfter Artgenosse hier wirklich auf die Idee kommen kann, dass in der Nichtbenennung von Patientinnen irgendwie eine Diskriminierung liegen könnte.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Apropos Diskriminierung: Ist den Befürwortern einer Gendersprache schon aufgefallen, dass diese grundsätzlich – bewusst oder unbewusst mag dahinstehen – nicht zur Anwendung kommt, wenn sich hinter dem Begriff ein negatives Frauenbild verbergen könnte? Oder haben Sie schon mal gehört, das klang ja eben auch an,

(Martina Tegtmeier, SPD: Das ist aber eine Unterstellung!)

dass von „Verbrecherinnen und Verbrechern“, von „Raserinnen und Rasern“, „mutmaßlichen Täterinnen und Tätern“, von „Taschendiebinnen und Taschendieben“, „Betrügerinnen und Betrügern“ und insbesondere „Terroristen und Terroristinnen“ die Rede ist?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben es ja schon gut drauf.)

Auf Letztere sollten wir uns im Übrigen laut BKA einstellen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau, genau. Sie können das doch schon. Machen Sie es doch einfach! – Peter Ritter, DIE LINKE: Sie können das schon ganz prima.)

denn es ist verstärkt mit der Rückkehr von IS-Kämpfern zu rechnen, Kämpferinnen

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau, genau.)

zu rechnen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Immer schön, machen Sie gut.)

Hier wird also, wenn man den Genderwahn ernst nimmt,

(Martina Tegtmeier, SPD: Der Genderwahn in Ihrem Kopf.)