Man zieht sich zurück und behauptet, zur Häufigkeit und zu den Ursachen möglicher Belästigungen von Anwohnern durch Emissionen von Windenergieanlagen gäbe es bisher nur wenig wissenschaftlich belastbare Studien. Dabei gibt es gute Nachweise und Studien, die zum Beispiel Zusammenhänge zu gesundheitlichen Schäden beweisen. Sie wollen diese eigentlich in der Regel nur nicht zur Kenntnis nehmen und auch nicht für Ihre Betrachtungen heranziehen.
Schließlich ist die Nutzung von Windenergie an Land eine zentrale Säule der Strategie Deutschlands für den weiteren Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Im Energiekonzept der Bundesregierung wird kurz- und mittelfristig das wirtschaftlichste Ausbaupotenzial im Bereich erneuerbarer Energien, insbesondere Windenergie, gesehen.
Beim Ausbau der Windenergie kommt der Akzeptanz durch die Bevölkerung eine wachsende Bedeutung zu. Das Verständnis für einen weiteren ungehinderten Ausbau der Windkraft in Mecklenburg-Vorpommern stößt aber in den betroffenen Regionen zunehmend an Grenzen. Viele Bürger fühlen sich von den baulichen Anlagen und ihren Wirkungen bedrängt und verstehen nicht, dass ihre unmittelbaren Lebensbedingungen, ihre Gesundheit und vor allem auch ihre schöne Heimat aus allein wirtschaftlichen und politischen Interessen geopfert werden sollen.
Wenn Anwohner sich belästigt fühlen durch Windkraftanlagen in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld, dann ist es ihr gutes Recht, ihren Unmut zu äußern und für bessere Umstände zu kämpfen. Geplante neue Gebiete müssen sich daher kritischen Prüfungen von allen Seiten unterziehen. Dabei dürfen nicht nur die Energieversorgung aus erneuerbaren Energien und Klimaschutzziele eine entscheidende Rolle spielen. Umweltbelange, Abstandsregelungen und Beeinträchtigungen der Anwohner müssen ernst genommen werden. Es muss ein angemessener Interessenausgleich zwischen den Anforderungen der Energiewende und den zu berücksichtigenden Interessen der örtlichen Wohnbevölkerung geschaffen werden.
Dabei müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen regelmäßig an die gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen angepasst werden. Wurden bis Ende der 90er-Jahre noch Anlagen mit einer maximalen Höhe von bis zu 100 Metern gebaut, so ist die Gesamthöhe der aktuellen Generation teilweise doppelt so hoch. Und auch bei der Größenentwicklung des Rotordurchmessers gab es eine Steigerung. Im Jahre 2008 betrug der durchschnittliche Durchmesser von Rotoren 79 Meter, im Jahre 2015 waren es bereits 104 Meter.
Die Gesamthöhe und Größe einer Anlage ist im Hinblick auf die als bedrängend empfundene Wirkung von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz in der Bevölkerung. Der gültige Rechtsrahmen für den Ausbau der Windenergie kennt zwar bau- und emissionsschutzrechtliche Regelungen, in gewisser Weise findet auch ein Schutz der Betroffenen vor schädlichen Umwelteinwirkungen, wie etwa vor Lärm, statt, doch das ist aus Sicht der Betroffenen oftmals nicht genug.
Auch in den Hinweisen zur Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen legt die Landesregierung fest, dass die Anforderungen an geeignete Flächen für Windenergieanlagen durch die Raumordnung, durch die Gewährleistung gesunder Wohn- und Arbeitsbedingungen und durch den Natur- und Umweltschutz bestimmt werden.
Doch ob die in den regionalen Entwicklungsplänen festgelegten Abstände der Windkraftanlagen zur Wohnbebauung von durchschnittlich 800 bis 1.000 Metern tatsächlich ausreichen, das ist die Frage.
Die Angaben basieren eben nicht auf einer gesetzlichen Vorgabe, sondern sie sind ein Minimalkompromiss, den die zahlreichen Bürgerinitiativen vor Ort den Planungsgesellschaften und Genehmigungsbehörden abgetrotzt haben.
Und von diesen kann jederzeit nach unten abgewichen werden. Die 800 bis 1.000 Meter sind in unmittelbarer Nähe – da fragen Sie mal die betroffene Bevölkerung vor Ort – viel zu wenig. Insbesondere wenn eine Anlage 200 Meter hoch und der Rotordurchmesser über 100 Meter ist, dann sind diese Abstände zu gering,
denn es besteht ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Infraschall von Windkraftanlagen und gesundheitlichen Beschwerden von Anwohnern.
(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das stimmt überhaupt nicht! – Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, Philipp da Cunha, SPD, und Thomas Krüger, SPD)
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hat von 2004 bis 2016 Infraschallmessungen an einem Windrad nördlich von Hannover durchgeführt und festgestellt, ich zitiere aus dem Bericht: „Der durch die Flügelbewegung hervorgerufene Lärm beschränkt sich … nicht nur auf den hörbaren Bereich, denn auf Grund ihrer Größe und geringen Rotationsgeschwindigkeit wird ein erheblicher Energieanteil unterhalb von 20 Hz, als Infraschall abgestrahlt.“ Zitatende.
Mit diesen medizinischen und auch wissenschaftlichen Befunden empfiehlt dann das deutsche Ärzteforum Emissionsschutz in einem Schreiben vom 2. Februar 2014 an die Bayerische Staatskanzlei eine Abstandsregelung von wenigstens der 10-fachen Höhe. Das ist weitaus mehr als die 800 bis 1.000 Meter bei uns.
Bei der Bemessung pauschaler Abstände zwischen Windenergieanlagen und Siedlungsbereichen handelt es sich schlichtweg um eine politische Entscheidung über das Maß dessen, was der Bevölkerung zum Zweck des Klimaschutzes zugemutet werden soll. Die Entscheidung wird durch die derzeitigen Regelungen auch für Mecklenburg-Vorpommern weitgehend bundesrechtlich getroffen, sicherlich auch, um eine Verminderung der für die Windenergie nutzbaren Flächen und einen Rückgang von Genehmigungsanträgen für Neuanlagen zu vermeiden.
Nach dem Auslaufen der Umsetzungsfrist in Paragraf 249 Absatz 3 Baugesetzbuch Ende 2015 steht den Landesgesetzgebern der Regelungsspielraum für landeseigene Abstandsregelungen nicht mehr offen. Der den Ländern verbleibende Regelungsspielraum beschränkt sich dabei im Wesentlichen auf zahlungsrechtliche Festlegungen unter der Beachtung höherrangigen Rechts, insbesondere der Vorgaben der Privilegierungsregelung in Paragraf 35 Absatz 1 Satz 5 Baugesetzbuch.
Bei der planerischen Festsetzung von Abstandsgeboten durch die Landesplanung steht also das Gebot, der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen. So entstehen dann Abstandsregelungen von 800 bis 1.000 Metern, denn nur so verbleiben ausreichend Flächen, um Windenergieanlagen in einem Maße zu verwirklichen, das der bundesrechtlichen Privilegierung auch noch genügt. Wir fordern deshalb die unbefristete Wiedereinführung der Länderöffnungsklausel und die Streichung der Frist in Paragraf 249 Absatz 3 Baugesetzbuch.
Die Landesregierung soll wieder eigene Handlungsmöglichkeiten haben und durch Landesgesetze regional passende Abstandsregelungen für Windenergieanlagen festlegen können. Nur so können wir einen angemessenen Ausbau der Windenergie, der eine breite Befürwortung und Akzeptanz bei der Bevölkerung genießt, voranbringen, so und nicht anders!
Weiterführend sollen die neuen Abstandsregelungen so flexibel geregelt werden, dass sie sich an die technischen Entwicklungen, insbesondere in Bezug auf Größe und Höhe der Anlagen anpassen. Erfahrungsgemäß hängt die Zustimmung für Windkraft bei den betroffenen Anliegern in erster Linie sowohl von der Höhe als auch von der Entfernung zur jeweiligen Windkraftanlage ab. Es bietet sich daher auch zur Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse an, diese beiden Parameter bei der Ausweisung von Sondergebieten durch höhenbezogene Abstandsregelungen miteinander zu verknüpfen. Je hö
Mittlerweile sind Windräder üblicherweise 220 Meter hoch und die technische Entwicklung schreitet weiter voran, sodass ihre Höhe weiter zunehmen wird. Ob wir dann am Ende eine 10H-Regelung in MecklenburgVorpommern haben, so, wie es in Bayern ist, oder ob wir andere, individuelle, flexible Lösungen brauchen, das wird noch mit Experten zu klären sein.
Wir sollten jetzt erst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen, länderspezifische Regelungen herbeizuführen, und vom Bund die Wiedereinführung der Länderöffnungsklausel fordern. Meine Fraktion freut sich auf eine angeregte Diskussion und hoffentlich auch Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.