Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste, die kaum noch da sind! Zu

dem, was ich bisher gehört habe, kann ich zunächst zwei Stichpunkte als Antwort benennen: Mir fehlt hier und da der realistische Blick und mir fehlt der Opferschutz. Es ist natürlich völlig in Ordnung, wenn man die Resozialisierung stark betont, aber, wie ich es gestern bereits in einem anderen Zusammenhang sagte, häufig zeigt schon die Sprache, dass die Sache nicht ganz in die richtige Richtung geht.

Paragraf 2 des Strafvollzugsgesetzes sagt, wie schon zitiert: „Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.“ Das hört sich gut an, setzt aber begrifflich voraus, dass die Gefangenen, die sich in Unfreiheit befinden – eingesperrt werden, auf gut Deutsch –, vorher nicht fähig waren, straffrei ein Leben zu führen. Wer wirklich nicht fähig ist, ein Leben ohne Straftaten zu führen, der landet nicht im Knast, sondern im Maßregelvollzug. Das ist nicht ganz so gemeint, das sage ich sehr wohl, aber es zeigt eine sehr einseitige Richtung, die sich dann natürlich auch in den Vollzugsplänen fortsetzt. Mir fehlt die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Strafe.

Oft habe ich das Gefühl, dass diejenigen, die über diese Dinge reden, eigentlich Betroffene einer Straftat gewesen sein müssten. Ich habe kürzlich sehr nah im engeren Verwandtenkreis erlebt, dass eine 82-Jährige in einem Treppenhaus von einem Handtaschenräuber überfallen wurde, sehr schwer verletzt war, und ich habe erlebt, welche Folgen das hat. Für dieses Opfer, das jetzt nur beispielhaft genannt wurde, ist es kaum verständlich, wenn sich der Gesetzgeber – auch wenn wir vom Vollzug reden – nur damit auseinandersetzt, wie man diesen betreffenden Täter resozialisieren könne. Strafe heißt auch irgendwo Sühne. Das hört sich sehr altmodisch, fast nach Rache an, ist aber immer noch ein anerkanntes Strafzweckziel.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Strafe hat vor allem den Sinn, die Rechtsordnung zu verteidigen. Wenn nämlich Strafe nicht mehr Strafe ist, dann besteht eigentlich kein Grund, nicht straffällig zu werden. Wir merken es doch sehr deutlich, dass hier und da die Dinge nicht mehr im Lot sind. Wenn eine Gestalt eines großen Fußballvereins einen millionenfachen Steuerbetrug begeht, sich vielleicht mal sechs Monate in Haft befindet mit allen Annehmlichkeiten, die der Haftvollzug heute so mit sich bringt, und die weitere Haftdauer darin besteht, dass er abends dort schlafen geht, wie soll das denn den rechtstreuen Bürger veranlassen, seine Steuererklärung noch ehrlich zu gestalten?

Vielleicht wissen Sie auch, wie stark die regionalen Unterschiede sind. Zum Beispiel ist in Bayern alles etwas konsequenter mit der Folge, dass dort die Straffälligkeit 50 Prozent weniger ist. Je mehr man gen Norden geht, wird das sehr unterschiedlich, aber es ist alles etwas lascher. Deshalb meine ich, dass Strafe auch heißt, dass der Täter etwas empfinden muss, was das Gleichgewicht wiederherstellt. Er hat eine Straftat begangen, dafür muss er eine wirkliche Unannehmlichkeit empfinden. Wenn es nur um Resozialisierung ginge – damit fasse ich vielleicht einen ganz brisanten Fall an –, dann erklären Sie mir mal, wie dieser SS-Täter Gröning mit 96 jetzt eingesperrt werden soll! Strafe ist also auch ein Stück Strafe. Das steht aber an keiner Stelle, da es inzwischen Mode geworden ist, alles irgendwo euphemistisch zu

verharmlosen. Strafe ist und sollte Strafe bleiben, das muss deutlich werden, auch im Strafvollzug.

Wir haben uns gestern über die Genderproblematik, über Gleichstellung unterhalten. Da ist es als Erstes interessant, sich zu überlegen, mit wem wir es überhaupt bei den Straftätern zu tun haben. Ich war 15 Jahre Vorsitzender eines Schöffengerichtes und weiß deshalb, dass Frauen da keine Rolle spielen, die sind echt benachteiligt. Ich habe hier eine statistische Aussage von den 897 Strafgefangenen. Im Jahr 2016 waren es ganze 39 Frauen.

(Martina Tegtmeier, SPD: Das finde ich jetzt nicht so schlimm.)

Ich auch nicht.

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD)

Ich war auch vorher davon überzeugt, dass dem so ist. Männer und Frauen sind eben verschieden, und Männer neigen eher zu Straftaten.

(Zuruf von Christel Weißig, BMV)

Aus meiner Praxis waren Frauen allenfalls imstande, meistens wegen falscher Aussage angeklagt, weil sie ihren Männern falsche Alibis gaben. An andere Fälle kann ich mich nicht erinnern.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Also wir müssen wissen, mit wem wir es zu tun haben, dann ist es nun mal so.

Und dann müssen sie wissen, wann sie in Deutschland in den Knast kommen.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Sie fangen nicht mit 30 oder 25 an, zum ersten Mal ein Auto zu stehlen oder einen zu überfallen. Sie haben – und das sind ja meist die roten Akten bei uns –, sie haben da in der Regel mehrere grüne Blätter. Dass das mehrere grüne Blätter geworden sind, das liegt nach meiner Auffassung nicht daran, dass der Strafvollzug vielleicht nicht genügend auf die Resozialisierung achtet, sondern das liegt einfach daran, dass es nun mal Menschen gibt, die, aus welchen Gründen auch immer – meist kommen natürlich eine bestimmte Veranlagung, ein bestimmtes Milieu zusammen, das passt auch alles immer zusammen, und das ist nicht menschenverachtend –, irgendwo persönlich prädestiniert sind, Straftaten zu begehen. Trotzdem können sie einem, wenn man sie im Gerichtssaal sitzen sieht, durchaus leidtun, weil sie hier und da kaum eine andere Chance hatten. Die hatten ihre entsprechenden Eltern, die sich nicht darum kümmerten, und sie haben die verkorksten weiteren Lebensläufe. Das ist die Realität.

Dann aber zu glauben – und das ist ja so ein bisschen der Irrglaube –, in der Haftanstalt können die nun therapiert, von der Drogensucht und vom Rauchen befreit werden,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Dann lassen wir die jahrelang da drin vergammeln. Das ist dann Ihre Antwort?!)

das können ganz ordentliche, liebe Männer werden, die sich jetzt dank ihrer Verantwortung der nicht ehelichen Kinder, die sie nämlich auch meistens haben, bewusst werden, das ist ein Irrglaube. Gleichwohl – ich will das jetzt nicht zu sehr vertiefen – ist es natürlich richtig, auch wenn nur ein geringer Prozentsatz begründete Erwartung ist, alles dafür zu tun, was man realistisch tun kann, damit diese Menschen eine positive Veränderung nehmen. Allerdings nannte ich bei dieser Zahl eben, glaube ich, nicht, dass von den 800 oder 900 Strafgefangenen 688 Rückfalltäter waren. Das zeigt auch, wie das Bild wirklich ist.

Und wenn ich das richtig verstanden habe, dann hat die Ministerin versprochen, ein Strafvollzugskonzept noch im Jahre 2017 zu erstellen, denn das, was wir haben, betrifft ja mehr die Örtlichkeit. Sie nicken, also habe das ich richtig verstanden, das liegt noch nicht vor und darüber will ich jetzt auch nicht meckern.

(Zuruf von Ministerin Katy Hoffmeister)

Es soll offensichtlich noch gemacht werden. Was Sie eben berichtet haben, waren, wenn ich das richtig verstanden habe, Einzelakte, die ich nicht kritisieren kann, nicht kritisieren will. Das hört sich alles ganz vernünftig an.

Nur, soviel ich weiß, ist es eben so, dass schon große personelle Probleme bestehen, meist jedenfalls ein sehr hoher Krankenstand zu verzeichnen ist und dass das zumindest ein Hinweis darauf ist, dass die Justizvollzugsbeamten sich sehr stark belastet fühlen. Sicherlich wird es bereits jetzt so sein und sich auch weiter so entwickeln, dass neue Probleme entstehen, insbesondere wohl durch den starken Anteil von Ausländern bei den Tätern im Strafvollzug. Darauf wird sicherlich auch in besonderer Weise zu reagieren sein.

Also ich denke mal, dieses Vollzugskonzept liegt noch nicht vor und ich halte es auch nicht für angebracht, das jetzt unangemessen zu kritisieren. Es ist sicherlich wichtig, dass man das alles schön zu Papier bringt, aber immer mit dem realistischen Blick und ohne zu hohe Erwartungen zu schüren. Meine Aufgabe sah ich vor allem darin, vielleicht etwas für Klarheit zu sorgen, dass man sich bewusst wird, wir haben es ganz überwiegend mit straffälligen Männern zu tun, die nicht zum ersten Mal straffällig geworden sind und bei denen realistisch kaum eine Erwartung besteht, dass aus einem Saulus ein Paulus wird. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Friedriszik.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! „Strafvollzug zukunftsfähig aufstellen“ – so lautet der Titel des vorliegenden Antrags, und genau das praktiziert die Landesregierung. Der Justizvollzug in Mecklenburg-Vorpommern soll bis zum Jahr 2020 neu organisiert werden. Hintergrund sind Berechnungen, die von einer Belegungsprognose für das Jahr 2020 von 1.100 Gefangenen im Schnitt pro Tag ausgehen.

Mecklenburg-Vorpommern verfügt über insgesamt knapp 1.500 Haftplätze. Die Belegung der Justizvollzugseinrichtungen geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Darauf hat

die Landesregierung reagiert und ein überzeugendes Konzept vorgelegt. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, ist dies geschehen. Dies gilt zum einen natürlich im Hinblick auf die Häftlingszahlen im Strafvollzug, vor allem aber geht es darum, diesen auch zukünftig so auszugestalten und zu optimieren, dass er den Anforderungen an einen modernen Strafvollzug entspricht.

Meine Damen und Herren, die Behauptung, das vom Justizministerium vorgestellte Strafvollzugskonzept sei lediglich ein JVA-Standortkonzept, wie die Fraktion DIE LINKE es glauben machen will, geht fehl. Es ist ebenso unzutreffend wie die Behauptung, dass die Entwicklung bei der Klientel der Gefangenen und ihre Auswirkungen auf Personal und Raumbedarf im Strafvollzug unzureichend berücksichtigt wurden. Auch der Feststellung, dass sich die Klientel der Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten in den letzten Jahren verändert hat und vielfach umfangreichere Behandlungen und Therapiemaßnahmen erforderlich sind, wird Rechnung getragen. Um das zu erkennen, hätte ein genauer Blick in das Strafvollzugskonzept gereicht. Die einzelnen Aspekte hat die Ministerin Ihnen bereits umfänglich geschildert.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die umfangreiche Darstellung der Ministerin mag Ihnen vielleicht etwas detailliert erscheinen, macht aber sehr gut deutlich, dass der vorliegende Antrag ins Leere geht, und zeigt, es handelt sich mitnichten um ein reines JVAStandortkonzept.

Meine Damen und Herren, der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen, und hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Dabei wirkt der Vollzug von Beginn an auf die Eingliederung der Gefangenen in das Leben in Freiheit hin. Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich anzugleichen und schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken. Der Bezug der Gefangenen zum gesellschaftlichen Leben ist zu wahren und zu fördern. Den Gefangenen soll so bald wie möglich die Teilnahme am Leben in Freiheit gewährt werden.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, im Hinblick auf das Ziel und die Aufgabe des Vollzuges sowie die Vollzugsausgestaltung wird der Strafvollzug in MecklenburgVorpommern jedenfalls auch weiterhin zukunftsfähig aufgestellt sein. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Sebastian Ehlers, CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

(Der Abgeordnete Dr. Matthias Manthei verzichtet.)

Nicht? – Dr. Manthei verzichtet auf einen Wortbeitrag.

Dann hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es zuerst schon rübergerufen, Herr Kollege Ritter, vielleicht sollten wir doch die Ausschusssitzungen öffentlich machen, denn dann hätten die Leute draußen mal mitbekommen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Warum nur „vielleicht“?)

dass, als die Ministerin das Konzept vorgestellt hat, es ziemlich dünn war, was von Ihnen im Rechtsausschuss kam. Da waren so gut wie gar keine Fragen, nachdem Sie vorher einen riesigen medialen Aufschlag gemacht haben und kritisiert haben, dass die Ministerin zuerst die Beschäftigten informiert und dann erst Sie. Also das fand ich schon sehr spannend. Wenn man die Mitarbeiter nicht informiert, ist es falsch, wenn man sie zuerst informiert, ist es falsch. Vielleicht müssen Sie entscheiden, was Sie wollen, werte Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann ich Sie jetzt beim Wort nehmen?)

Die Ministerin hat ja die zentralen Punkte genannt. Ende November hat sie das Konzept im Rechtsausschuss vorgestellt mit dem Schwerpunkt der Schließung der JVA Neubrandenburg. Die Gründe sind hinlänglich bekannt. Wir haben derzeit 1.493 Haftplätze. Laut einer Prognose werden aber 2020 nur noch 1.155 Haftplätze benötigt. Das ist ja an sich erst mal eine positive Botschaft, andersrum wäre es schlimmer. Deswegen ist es, glaube ich, gegenüber dem Steuerzahler auch nicht zu verantworten, diese zusätzlichen Kapazitäten dort aufrechtzuerhalten.

Zu Ihrem Antrag und Feststellungsteil: Das hat die Ministerin auch gesagt, die Ziffer 1, glaube ich, kann man unterschreiben, aber diese zwei Sätze, denke ich, sind nicht tauglich, um hier einen Landtagsbeschluss zu fassen. Und dann bin ich schon sehr irritiert, wenn ich mir Ihre Ziffern 2 und 3 durchlese. Da würde mich mal interessieren, wie Sie zu dieser Annahme kommen, dass bestimmte Dinge unzureichend berücksichtigt sind.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das hatte ich Ihnen doch erzählt. Viele Psychologenstellen sind nicht besetzt.)