Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 33. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten – Einen Moment! Wir sind noch nicht drin? Ich habe ihn doch schon … ach ja, er ist auch da –, möchte ich unserem Kollegen Christian Brade ganz herzlich zu seinem heutigen Geburtstag gratulieren.
Herr Brade, Sie haben Glück, es steht noch nicht im Protokoll, wir haben die Sitzung noch nicht eröffnet.
Also auch noch außerhalb des Protokolls: Es ging darum, dass sich mindestens drei Minister hier im Saal befinden. Ich hatte den Finanzminister schon gesehen. Ich gehe auch davon aus, dass es nur eine Frage von Minuten ist.
Ich eröffne jetzt die Sitzung und rufe auf den Tagesordnungspunkt 33: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Ganzheitliches integriertes Verkehrskonzept für Usedom, Drucksache 7/1827.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Ganzheitliches integriertes Verkehrskonzept für Usedom – Drucksache 7/1827 –
Guten Morgen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Morgen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag ist eine Reaktion auf die Nöte der von der Verkehrsbelastung der Insel Betroffenen und der Tatsache, dass es nicht so recht vorwärtsgeht.
Die Bürgermeister der Insel Usedom wandten sich im Dezember 2017 mit einem offenen Brief an den Landtag mit der Bitte, die Verkehrsanbindung der Insel Usedom zu verbessern. Zuvor gab es wiederholt Forderungen zur
Verkehrsentlastung, etwa durch Kreisverkehre. Auch wurden Ängste aufgrund des zunehmenden Verkehrsaufkommens durch den bevorstehenden Bau des Swinetunnels vorgetragen. Eine Studie weist nach, dass das Verkehrsaufkommen weiter steigen wird.
Nach einem Ortsbesuch versprach CDU-Fraktionschef Vincent Kokert, das Thema „Verkehrsinfrastruktur auf Usedom“ im März auf die Tagesordnung des Landtages zu setzen. Wenige Tage später wurde das allerdings durch den Fraktionssprecher etwas relativiert. Ob dies bereits im März möglich sei, sei offen. Hoffnung keimte auf, als Ministerpräsidentin Schwesig während der Demonstration der Usedomer Eisenbahnfreunde am 24. Januar Hilfe zusagte. So wolle sie nach einer Finanzierung für die Vorentwurfsplanung für die Bahnanbindung im Süden der Insel suchen und sie beauftragen.
Auch das Verkehrsministerium kündigte an, eine Grundlagenermittlung und eine Vorplanung für die Wiederbelebung der Bahnstrecke zwischen Ducherow und Swinemünde vorzunehmen, sofern der Landtag dies wünsche. Verkehrsminister Pegel gehe davon aus, dass es etwa 1 Million kosten würde. Dies wäre dann die Grundlage für weitere Entscheidungen. Das alles hört sich vielversprechend an, aber wir sehen den Fortschritt nicht so recht. Frau Ministerpräsidentin ist heute nicht da, aber ich habe gehört, sie kommt noch. 40 Demonstranten waren aufmerksame Zeugen, die Presse hat ausführlich berichtet. Was sie zugesagt hat, muss jetzt auch eingehalten werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Linksfraktion legt Ihnen heute diesen Antrag vor. Es steht nicht viel mehr drin, als ohnehin versprochen oder vorgeschlagen wurde oder selbstverständlich sein müsste. Kaum war dieser Antrag in der Welt, da kamen auch schon Kollegen der Koalitionsfraktionen, insbesondere der SPD auf uns zu und von einem gemeinsamen Antrag war die Rede, aber der der Linksfraktion sollte es nicht sein. Es wäre ja blöd, wenn heute dieser Antrag abgelehnt würde und demnächst ein Antrag der Regierungsfraktionen auf die Tagesordnung komme, zumal der Antrag faktisch im Schreibtisch liege und so gut wie fertig sei.
Was uns als Entwurf dann aber zugeleitet wurde, war, wie befürchtet, ein reiner Schaufensterantrag. Er war inhaltlich für uns unakzeptabel: nur Berichte statt verbindlicher Forderungen. Dafür bedarf es keines Antrages. Berichten kann Minister Pegel jederzeit im Ausschuss und davon …
(Torsten Renz, CDU: Sie machen doch den Antrag der SPD schlecht und reden nur über diesen Antrag. Legen Sie den doch mal am besten vor!)
Berichten kann Minister Pegel, wie gesagt, jeder Zeit im Ausschuss und davon macht er auch regelmäßig Gebrauch. Die Regierungsfraktionen konnten sich nicht einigen, so wurde es uns gesagt. Deshalb gibt es nun keinen fraktionsübergreifenden Antrag, sondern unseren.
Erstens. Die Voraussetzungen für die Grundlagenermittlung und die Vorplanung für die südliche Bahnanbindung der Insel müssen geschaffen werden. Bei einem Landeshaushalt mit 2 Milliarden Euro in der Rücklage und einem Jahresüberschuss von mehr als 300 Millionen können SPD und CDU niemandem im Land erklären, dass kein Geld aufzutreiben ist.
Ich wiederhole einen Satz, der nichts von seiner Gültigkeit verloren hat: Was politisch gewollt ist, das wird auch finanziert.
Zweitens. Bitte fangen Sie an zu suchen! 1 Million Euro gibt das Sondervermögen „Schienenpersonennahverkehr Mecklenburg-Vorpommern“ her. Die Ausgabenreste aus den Regionalisierungsmitteln dokumentieren, dass bis 2031 nicht, wie immer behauptet, 50 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen. Tatsache ist, dass die bis 2016 verfügbaren Mittel nicht voll ausgegeben wurden und zusätzlich bereitstehen. Damit sind es insgesamt mehr Mittel. Das ist die Wahrheit.
Drittens. Die Planungen für die Ortsumgehung Wolgast sollen vorrangig vorangetrieben werden. Eine Überarbeitung der Planungsunterlagen wurde insbesondere im umweltfachlichen Teil der Unterlagen wegen der Wasserrahmenrichtlinie und der Berücksichtigung des Vogelzugs notwendig. Im Sommer 2017 hieß es, dass die DEGES die überarbeiteten Unterlagen bis Ende des Jahres 2017 vorlegt, sodass anschließend das Planfeststellungsverfahren beginnen kann. Wurde nun begonnen? Beginnt das Planfeststellungsverfahren? Das ist die Frage, die ich heute auch gern beantwortet haben möchte.
Viertens. Das Ministerium soll die Federführung und Koordinierung für ein Verkehrskonzept unter Mitwirkung aller Verwaltungsebenen, Verbände, Vereine, Kammern und der Öffentlichkeit übernehmen. Es soll keine reine Verkehrsplanung sein. So muss unbedingt die Tourismusbranche mit an den Tisch. Minister Pegel hat selbst schon gute Vorschläge unterbreitet. So fragte er zum Beispiel, ob der Bettenwechsel immer ausschließlich am Sonnabend sein muss. Ist jeder Tag ein Anreise- und Abreisetag, wird der Verkehr entzerrt, Verkehrsspitzen werden vermieden. Auch sollte es selbstverständlich zum
Service gehören, dass man abgeholt und gebracht wird, egal, ob man mit dem Flieger, der Bahn oder dem Bus anreist. Zumindest die großen Häuser müssen für ihre Gäste dieses Angebot sicherstellen, solange es der öffentliche Verkehr nicht vermag. Diesen Service halten wir alle auf Urlaubsreisen im Ausland für selbstverständlich, das muss auch hier möglich sein.
Bei der gemeindlichen Bauleitplanung oder bei Standortentscheidungen für Investitionsvorhaben mit hohem Verkehrsaufkommen muss der Verkehr mitgedacht werden. So sehr Karls Erlebnishof in Koserow ein Magnet ist, so sehr verschlechtert dies die Verkehrssituation. Auch müssen, so schwer es ist, die Gemeindevertretungen Nein zu weiteren Bettenburgen sagen. Heringsdorfs Kurdirektor Thomas Heilmann fordert eine Bettenobergrenze.
Das sind nur einige Vorschläge, über die man reden muss. Es müssen alle an einem Strang ziehen und gemeinsam etwas bewirken. Eine reine Verkehrsinfrastrukturplanung wird nicht ausreichen, sondern, im Gegenteil, womöglich noch mehr Autoverkehr erzeugen.
Das Ziel der Linksfraktion ist klar: den ÖPNV stärken und weniger Autoverkehr. Einige Nordseeinseln sind komplett autofrei. Ein zumindest stark eingeschränkter Autoverkehr wäre durchaus eine Option.
(Minister Harry Glawe: Träumen Sie mal noch ein bisschen! – Bernhard Wildt, BMV: Die sind ja auch viel kleiner.)
Das Bahnteilnetz Usedom wurde gerade neu vergeben, Ausweichgleise ermöglichen bereits einen schnelleren Umlauf.
Geprüft werden sollte jedoch eine Ausweitung des Bahnangebotes in der Nebensaison und vor allem im Winter. Winterreisen an die Ostsee werden immer beliebter. Die Insel ist voll wie im Sommer, aber die Bahn fährt zu wenig. Takt und die abendliche Ausdehnung der Fahrtzeiten sollten geprüft und der Vertrag sollte entsprechend angepasst werden. Auch besteht mit der Arbeit am Fahrplan 2019 die Chance, das Umsteigen in Züssow besser zu organisieren, wenn es denn schon unvermeidlich ist.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, all dies sind Vorschläge, die nicht allein von uns kommen, aber sie bieten die Chance für ein ganzheitliches Konzept, das wirklich Entlastung bringen kann und möglicherweise dann sogar auf andere Regionen übertragbar ist. Deshalb wollen wir, dass sich die Landesregierung als Moderator den Hut aufsetzt. Wir bitten um Zustimmung, stehen aber einer Überweisung in den Energie-, Wirtschafts- und Finanzausschuss positiv gegenüber. Der Antrag kann Grundlage für die ohnehin geplante Beratung mit den Bürgermeistern der Insel sein. – Danke für die Aufmerksamkeit!