Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Interessant ist auch, dass der größte Milchvermarkter, das Deutsche Milchkontor, eine Genossenschaft, anscheinend Vorreiter bei der Preisunterbietung ist. Es kann kein vernünftiger Zustand sein, wenn die Landwirte ihre Milch abliefern und erst am Monatsende den Preis erfahren. Meine Damen und Herren, ich war 20 Jahre selbstständig. Hätte mir ein Kunde gesagt, liefere mal, was ich dir bezahle, sage ich dir erst nächsten Monat, dem hätte ich gesagt, du hast sie wohl nicht alle, gib mir meine Ware zurück!

(Beifall Bernhard Wildt, BMV)

Also eine sehr komfortable Situation, nicht nur für das Deutsche Milchkontor.

Die Verantwortung kann nicht alleine auf die Milchbauern abgewälzt werden. Mit „freier Bauer auf freier Scholle“ hat das alles sehr wenig zu tun. Sie selbst schreiben in Ihrer Begründung, die wesentliche Verantwortung für das Marktgeschehen, auch auf dem Milchmarkt, tragen die Wirtschaftsbeteiligten selber. Nun fordern die Milchbauern, dass die Politik, also der Staat, die Milchpreise regulieren soll. Die Bauern sollen also finanziell unterstützt werden, wenn sie freiwillig weniger Milch abliefern. Ich komme nicht drum herum, es hat einen Hauch von Planwirtschaft.

(Thomas Krüger, SPD: Vielleicht muss einfach ein Markterst mal geschaffen werden.)

Wir müssen aber auch aufpassen, dass nicht ein staatlicher Eingriff dem nächsten folgt, um die fehlerhafte Entwicklung des vorherigen Eingriffs zu heilen. Dann ist der Patient irgendwann verstorben und die Milch kommt nicht mehr aus Deutschland.

In Ihrem Antrag schreiben Sie, die Landesregierung soll sich dafür einsetzen, dass „die Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien einen verbindlicheren Charakter erhalten“. Dies liegt im Interesse der Milcherzeuger. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Aßmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vielleicht eins noch mal aus meiner Einbringung verdeutlichen: Und zwar sind wir als Koalitionsfraktion natürlich der Auffassung, dass man dieses Instrument der entschädigungslosen Mengenreduktion – Herr Borschke, entschädigungslose Mengenreduktion! –, dass wir dieses Instrument sicher brauchen, um ein greifbares Instrument zu haben, was wirklich als letzte mögliche Lösung da ist, um so eine Krise abzuwenden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das heißt nicht, dass wir an jeder Stelle immer in den Markt eingreifen wollen. Nein, die EU muss natürlich sorgfältig prüfen, wann so ein Instrument kommen muss.

Und, Herr Dr. Weiß, die EU muss auch zeigen, wie so ein Instrument tatsächlich kommen muss, mit welchen Rahmenbedingungen, wann wird reagiert in welchem Zeitraum, was sind die Bezugszeiträume. Keine Frage! Aber das ist Aufgabe der Europäischen Kommission, genau das zu klären, denn es kann doch nicht sein, dass wir wieder einfach sehenden Auges auf so eine Krise zusteuern, dass wir zusehen. Und wir, Herr Dr. Weiß, wir brauchen uns garantiert nicht vorwerfen zu lassen, dass wir nichts getan hätten. Sie können das am Ende des Tages! Wenn Sie damit leben können, dann ist das genau Ihr Problem und nicht das unsere.

Wir haben doch in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt, und das hat Herr Borschke ja gerade auch

gesagt, was einzelbetrieblich wichtig ist oder richtig ist, nämlich, dass man die Menge hochschraubt, um, ich sage jetzt mal, betriebswirtschaftlich die Stückkosten herabzusenken, um die Kosten für einen Liter erzeugte Milch runterzukriegen, aber das heißt ja nicht, dass es für die Volkswirtschaft gut ist, dass das für den gesamten Markt gut ist. Aber was ist denn unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker? Doch genau das in den Blick zu nehmen: Was ist für die Volkswirtschaft gut, was ist für die gesamte Branche gut? Genau das haben wir mit diesem Antrag auf den Weg gebracht.

Es ist auch in Ordnung, dass der Minister für sich sagt, dass er von Regierungsseite erst einmal fordern würde, dass die Branche alleine diese Lösung, diese Einigung findet. Das ist völlig legitim. Wir glauben aber als Koalitionsfraktion, dass wir eben nicht warten dürfen, sondern dass die Europäische Kommission schon jetzt dieses Kriseninstrument der entschädigungslosen Mengenreduktion auf den Weg bringen muss.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Was heißt denn, dass wir unsere Milchviehhalter stabilisieren wollen? Wichtig sind doch vor allen Dingen die Halter von Raufutterfressern auch für unser Dauergrünland. Das Dauergrünland, was wir hier in MecklenburgVorpommern haben, das soll bewirtschaftet werden, damit dort eine Artenvielfalt überhaupt erst gewährleistet sein kann. Es soll bewirtschaftet sein, damit wir nicht überall, ich sage mal, zugewucherte Landschaften haben, sondern wir wollen uns erholen in der Landschaft, wir wollen in die Ferne gucken – das zieht den Radtourismus an, das zieht den Wanderer an –, und auch dafür brauchen wir unsere Milchviehhalter. Deswegen ist es auch richtig, was Dr. Backhaus gefordert hat, nämlich, dass wir in Zukunft bei der Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik eine Prämie für Raufutterfresser haben wollen, damit eben auch die in Krisenzeiten besser gestützt werden.

Und ja, Herr Dr. Weiß, die Branche hat eine Verantwortung. Die Verantwortung haben auch die Molkereien, vor allen Dingen natürlich der Lebensmitteleinzelhandel. Aber was nützt denn das, wenn wir sagen, ihr habt die Verantwortung, wenn nicht danach gehandelt wird?! Wir brauchen endlich verbindliche Verträge zwischen den Erzeugern und den Molkereien, sonst geht das nicht voran.

Wenn wir auf die B.M.G. gucken, das hat Herr Hersel, glaube ich, angesprochen, also als ich noch im Außendienst war, Herr Hersel – mag ja sein, dass die B.M.G. vielleicht gute Preise erzielen konnte für sich selber gegenüber dem Einzelhandel –, aber als ich noch im Außendienst gearbeitet habe in der landwirtschaftlichen Beratung, da war die B.M.G. immer die, die mit am schlechtesten bezahlt hat für die Landwirte. Und das kann es nämlich auch nicht sein, dass immer nur die anderen Marktteilnehmer profitieren, nicht nur in Krisen profitieren, sondern auch in guten Zeiten. Wir müssen doch wirklich endlich mal die Landwirtinnen und Landwirte mitnehmen!

Ich möchte mal ein Beispiel bringen. FrieslandCampina hat das jetzt gezeigt, die machen ein neues Beteiligungsmodell in Holland, indem sie sagen, okay, ihr könnt einen Teil eurer Milchmenge in Zukunft über die Börse – aber organisiert über die Molkerei – absichern, und zwar

bis zu 50 Prozent der Liefermenge kann man für ein Jahr im Voraus seinen Milchpreis festmachen. Das hilft einem nicht, wenn eine drastische Krise ist in dem Moment, aber es hilft, diese Preisschwankungen zu glätten. Wir brauchen mehr von diesen Instrumenten, mehr von den Instrumenten aus der Branche heraus, aber wir brauchen auch mehr Risikovorsorge, die durch Politik unterstützt wird, und wir brauchen dieses Instrument der Ultima Ratio, die letzte Möglichkeit, auf europäischer Ebene eben eine Mengenreduktion entschädigungslos einzuführen, um einfach eine Notbremse zu haben.

Und ich sage es noch mal, Herr Dr. Weiß, ich hätte mir gewünscht, Sie hätten diesem Antrag heute zugestimmt, einfach um die Einigkeit hier im Parlament darzustellen. Wenn Ihr Gewissen sagt, Sie wollen das nicht tun, wenn Sie die Verantwortung nicht übernehmen wollen für die Branche, dann stimmen Sie eben nicht zu. Aber ich bin sehr froh darüber, dass alle anderen Fraktionen vernünftig sind und diesem Antrag hier heute zustimmen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2013. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. –

(Torsten Renz, CDU: Da seid ihr ziemlich alleine, ne? – Peter Ritter, DIE LINKE: Das erschüttert uns aber nicht.)

Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2013 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, AfD und BMV, bei Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: a) Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Heimische Fischerei erhalten – Verpachtung von Landesgewässern an ortsansässige Fischer, Drucksache 7/1990, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Binnenfischerei langfristig stärken, Drucksache 7/2016. Zum Antrag der Fraktionen der CDU und SPD liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2061 sowie ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2068 vor.

Antrag der Fraktion der AfD Heimische Fischerei erhalten – Verpachtung von Landesgewässern an ortsansässige Fischer – Drucksache 7/1990 –

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Binnenfischerei langfristig stärken – Drucksache 7/2016 –

Änderungsantrag der Fraktion der BMV – Drucksache 7/2061 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 7/2068 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der AfD hat für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Landsleute! Liebe Binnenfischer!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und -fischerinnen! – Andreas Butzki: Bei mir im Wahlkreis ist eine Fischerin!)

Die Fischerin vom Bodensee, Herr Butzki?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Dann kannst du sie nachher begrüßen, Andreas. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Unser schönes Mecklenburg-Vorpommern ist das Land der Flüsse und Seen. Über 70.000 Quadratkilometer Wasserfläche sind prägend für die reizvollen Landschaften zwischen Elbe und Oder. So ist es kaum verwunderlich, dass die Fischerei seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle im Leben der hiesigen Menschen spielt. An den Küsten bestimmt die traditionelle Küstenfischerei das Bild der idyllischen Boddengewässer und die fischreichen Seen im Binnenland bilden seit jeher die Wirtschaftsgrundlage der Fischereifamilien, die oftmals schon seit Jahrhunderten in der Region ansässig sind.

Natürlich machten die Entwicklungen des letzten Jahrhunderts auch vor diesem Berufszweig nicht halt und so sank die Zahl der im Haupterwerb tätigen Binnenfischer und deren Angestellten auf unter 300. Heute zählen wir noch 42 Haupterwerbsunternehmen im Land.

Die wirtschaftliche Grundlage eines Fischers ist – wen überrascht es – das Fischereigewässer. Rund 65.000 Hektar der im Land vorhandenen Wasserflächen werden von den Berufsfischern bewirtschaftet. Aktuell werden die Pachtverträge in der Regel über 12 Jahre abgeschlossen, um den Fischern eine Planung hinsichtlich ihrer Investitionen zu bieten. Der Forderung der Fischereibetriebe nach einer langfristigen Ausweitung der Pachtdauer auf 18 Jahre will die Landesregierung erfreulicherweise bald nachkommen. So steht es im Koalitionsvertrag. Das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Denn wie der Bauer im Idealfall an seine Scholle, so ist der Fischer an seine Gewässer gebunden, und so soll es auch bleiben.

Auf der diesjährigen Jahrestagung des Landesfischereiverbandes vor wenigen Wochen übten die Fischer starke Kritik an der vom Landesrechnungshof geforderten bundesweiten Ausschreibung. Die Verpachtung an den Meistbietenden wäre dann die Konsequenz. Demnach könnten sich kapitalstarke Investoren aus München, Frankfurt oder auch Hamburg um die Pacht bewerben und sich somit die Fischereirechte hier in MecklenburgVorpommern sichern. Die ortsansässigen Fischer hätten das Nachsehen – eine Entwicklung, wie wir sie nur zu gut aus der Landwirtschaft kennen. Dort drängt außerlandwirtschaftliches Kapital seit Jahren auf den Bodenmarkt und für die heimischen Bauern bleibt kaum noch Entwicklungsspielraum. Herr Borschke hat es vorhin auch schon angesprochen. Hier liegt die Vermutung nahe, dass die

kurzfristige Gewinnabschöpfung für das Staatssäckel im Vordergrund steht

(Minister Dr. Till Backhaus: Na, na, na, na! Ruhig bleiben!)

und nicht die konstante Erhaltung und nachhaltige Fortentwicklung des Fischereigewerbes im ländlichen Raum.

Eines ist doch sicher: Wenn wir unsere Binnenfischer dem offenen Bietermarkt aussetzen, werden sie viele ihrer ertragreichsten Gewässer verlieren. Das wird nicht jeder Betrieb überleben. Und wenn in 10 oder 20 Jahren das Kapital aus dem Investment in Boden oder eben Gewässern abgezogen wird, weil man anderswo wieder bessere Renditen erzielen kann, dann ist niemand mehr da, der unseren ländlichen Raum noch bewirtschaften kann.

Das können und dürfen wir nicht zulassen. Wir fordern daher die Landesregierung entschieden auf, für die Fischerei in die Bresche zu springen und wie bisher eine Verpachtung nur an ortsansässige Fischer zuzulassen. Der entsprechende Paragraf findet sich in der Landeshaushaltsordnung. Dort heißt es im Paragrafen 55, ich zitiere: „Dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muss eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landeshaushaltsordnung lässt also eine Ausnahme von der bundesweiten Ausschreibung zu, wenn die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände dies rechtfertigen. Und diese besonderen Umstände sollten in diesem Fall doch eindeutig gegeben sein. Wir bitten also um Zustimmung zu unserem Antrag zum Wohle der Fischerei und der Menschen in unserem Bundesland, denn finanzkräftige Unternehmen wären so der sprichwörtliche Hecht im Karpfenteich.

Es ist davon auszugehen, dass unserem Antrag nicht stattgegeben wird. Von daher sind wir dankbar, dass die Regierungskoalition das erkannt hat, dass hier Handlungsbedarf besteht. Wir freuen uns über den Antrag der Regierungskoalition, dem wir – an dieser Stelle sei es gesagt – nur zustimmen können. Ebenso erfreulich finden wir den Änderungsantrag der Fraktion der BMV, weil die sich dann auch noch um die privaten Angler zu kümmern bemüßigt fühlen. Noch viel weiter gehend ist der Antrag der Linksfraktion, auch dem werden wir zustimmen können. – Vielen Dank.