Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/2016.

Der hierzu eingereichte Änderungsantrag der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2061 ist zwischenzeitlich zurückgezogen worden.

Ich lasse nun über den vorliegenden Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2068 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Ge

genprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2068 einstimmig angenommen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das kostet aber einen. Herr Ritter! Herr Ritter, das kostet aber einen!)

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/2016 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/2016 mit den soeben beschlossenen Änderungen ebenfalls einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Weichen stellen für künftige Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs, Drucksache 7/1996.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Weichen stellen für künftige Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) – Drucksache 7/1996 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, ist in weiten Teilen des Landes die Mobilität für unsere Bürgerinnen und Bürger – zumindest nicht ohne motorisierten Untersatz und Fahrerlaubnis – außerhalb der Schulzeiten nicht gesichert. Außerhalb der Schulzeiten sind ganze Regionen abgehängt, zumindest die Regionen ohne funktionierendes Rufbusangebot.

(Vincent Kokert, CDU: Das stimmt.)

Dabei gehört Mobilität zur Daseinsvorsorge, die zu sichern und zu finanzieren ist. Deshalb meinen wir, der Nahverkehr braucht eine Initialzündung und die Finanzierung ist neu aufzustellen.

Bis zur parlamentarischen Sommerpause soll ja nun endlich der überfällige Integrierte Landesverkehrsplan vorliegen. Nebenbei bemerkt, ich glaube es erst, wenn ich ihn tatsächlich auf dem Tisch habe. Ein Teil davon soll der ÖPNV-Landesplan sein. Wir kennen nur den Entwurf mit Stand vom Februar 2016. Nach diesem Entwurf wird sich am Angebot nicht so sehr viel ändern, denn mehr Geld will das Land nicht ausgeben, mit dem vorhandenen Geld muss ausgekommen werden. Das betont Minister Pegel bei jeder Gelegenheit. Da macht sich das Land ohnehin einen schlanken Fuß. Für den SPNV fließt nicht ein Cent aus dem Landesetat. Von der Landesunterstützung der Landkreise und der kreisfreien Städte für ÖPNV und Schülerverkehr in Höhe von rund 81 Millionen Euro sind 44 Millionen Bundesmittel beziehungsweise Mittel der EU. Nicht einmal die Hälfte kommt aus dem Land.

Meine Damen und Herren, beim Schienenverkehr liegt vieles im Argen. Ich erzähle da nichts Neues. Weil sich der Fernverkehr selbst tragen muss, ist MecklenburgVorpommern weitgehend davon abgehängt. Was sich nicht rechnet, fährt nicht. Die Regionalbahn bedient zum

Teil Strecken, die eindeutig dem Fernverkehr der Deutschen Bahn zuzuordnen sind. Die dafür eingesetzten Mittel fehlen im Schienenpersonennahverkehr. Damit sich daran etwas ändert, muss der vom Bundesrat im März dieses Jahres erneut gestartete Vorstoß, ein gesetzlich verankertes Grundangebot im Schienenpersonenfernverkehr zu gewährleisten, endlich gelingen.

Warum gehört eigentlich Mecklenburg-Vorpommern nicht zu den Initiatoren dieses Antrages? Dabei könnte Mecklenburg-Vorpommern von solch einem Grundangebot stark profitieren und nicht mehr vom Wohlwollen der Deutschen Bahn abhängen. Vor allem würden die Regionalisierungsmittel endlich für den originären SPNV, also Strecken bis 50 Kilometer und einer Stunde Fahrzeit, eingesetzt werden können.

Meine Damen und Herren, ein Grundangebot wollen wir auch für den Nahverkehr mit Bahn, Bus und Rufbus sichern. Ich rede von einem integrierten Angebot, das die Verkehrsmittel miteinander vernetzt, auch unter Einbindung des Radverkehrs. Zudem sind Verwaltungsgrenzen zu überwinden. Da ist der am vergangenen Freitag unterzeichnete Kooperationsvertrag für Westmecklenburg ein guter Anfang. Auch für Vorpommern sollte das aktiv befördert werden. Um den Finanzbedarf für dieses Grundangebot ermitteln zu können, muss erst einmal diskutiert und festgelegt werden, wie ein solches Grundangebot aussehen soll. Für uns steht fest, dass es weit besser sein muss als das derzeitige Niveau. Die Verständigung auf landesweit einheitliche Mindestbedienstandards, einheitliche Qualitätsmaßstäbe ist ein Ziel unseres Antrages. Wenn zusätzlich zu diesem Grundangebot weitere Leistungen hinzukommen, wäre das gut. Besser geht es bekanntlich immer.

Beim SPNV, der in Landesverantwortung liegt, muss ein einstündiger integrierter Taktfahrplan die Regel werden, allenfalls in Randzeiten zweistündig. Und selbstverständlich müssen Fern- und Nahverkehr auf der Schiene weit besser koordiniert werden und überhaupt erst wieder in Takt kommen. Ein Gutachten soll klären, wie der Bahnverkehr optimiert werden kann. Einmal abgesehen von den Baustellen ist die Schiene derzeit im Angebot ziemlich ausgebremst und völlig aus dem Takt geraten. Weil der Bahnfernverkehr den seit Jahrzehnten größten Fahrplanwechsel hinter sich hat, will Minister Pegel erst einmal schauen, wie sich der Fernverkehr in MecklenburgVorpommern wieder einpendelt. Solange ruht die Arbeit am Gutachten.

Für das Ostseeküstennetz erfolgt eine Zwischenvergabe für vier Jahre, um geplante Umstrukturierungen vorbereiten zu können. Es wird also noch dauern. Aber der Stundentakt muss Maßstab sein. Im Entwurf des Integrierten Landesverkehrsplans ist ein durchgehender Stundentakt während der Tageszeiten auf allen Hauptstrecken und für die Übergangszeit ein verdichteter Zweistundentakt benannt. Uns reicht das nicht. Auch für Nebenstrecken sollte der Stundentakt Ziel sein, nur so ist die Bahn attraktiv genug und zieht Fahrgäste an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kommen wir zum Busverkehr. Weil der Integrierte Landesverkehrsplan seit Jahren aussteht, mussten und müssen die Kreise allein ohne Vorgaben handeln. Im Entwurf des Integrierten Landesverkehrsplans finden sich durchaus gute Ansätze, aber keine verbindlichen Vorgaben, keine Zeitschiene zur Umsetzung und vor allem keine Aussagen

zur Finanzierung. So ist zu erwarten, dass weiterhin jeder Aufgabenträger für sich über die Qualität des Angebotes entscheidet. Letztlich ist es die Kassenlage, die entscheidet, denn der ÖPNV kommt ohne Zuschüsse nicht aus. Die Landesunterstützung ist etwa gleich geblieben oder sinkt sogar, zum Beispiel im Ausbildungsverkehr.

Die Leistungsgrenzen der Landkreise sind erreicht. Die Einsparpotenziale der Verkehrsunternehmen sind ausgeschöpft. Die Verkehrsleistungen wurden massiv gekürzt. Ein weiteres Streichen von Fahrkilometern stößt heute schon an logistische Grenzen. Bei geteilten Schichten und Tarifzurückhaltung ist der Busfahrerjob inzwischen ziemlich unattraktiv. Weiter steigende Fahrpreise führen zu noch weniger Fahrgästen. Die Spirale dreht sich immer noch weiter nach unten. Landeseinheitliche Mindeststandards für die Bedienungsqualität würden die auseinanderdriftenden Regelungen in den Nahverkehrsplänen und im Angebot mindern.

Für die Linksfraktion muss auch der Bus im Linienverkehr auf Hauptstrecken und im Ergänzungsnetz im Stundentakt fahren, allenfalls in Randzeiten zweistündig. Bisher lassen sich im Busverkehr laut Entwurf des Integrierten Landesverkehrsplanes kaum Taktstrukturen ablesen. Mit der Umsetzung der neu aufgestellten Nahverkehrspläne wird sich das erheblich ändern. Allerdings hängt die Umsetzung dieser Pläne erheblich von der auskömmlichen Finanzierung ab.

Mit der kommunalen Familie sind vor allem folgende Fragen zu klären:

Erstens. Ab welcher Einwohnerzahl muss ein Linienangebot vorgehalten werden oder wann reichen flexible Bedienformen wie der Rufbus?

Zweitens. Wie oft muss vom Dorf oder Ortsteil aus die nächste Stadt oder der nächste Bahnhof erreichbar sein?

Drittens. Wie oft soll der Rufbus fahren?

Viertens. Inwieweit sollen sich die Angebote an Wochentagen, am Wochenende und in den Ferien unterscheiden?

Fünftens. Wie weit in die Nacht sind Angebote vorzuhalten?

Sechstens. Wie vernetzen wir Schülerbeförderung und sonstigen öffentlichen ÖPNV optimal und integrieren auch den Tourismusverkehr?

(Vincent Kokert, CDU: Da kann ich gar nicht mitschreiben.)

Das ÖPNV-Gesetz fordert den Ausbau des ÖPNV als vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr. Eine bedarfsgerechte Versorgung soll auch in den dünn besiedelten Räumen gewährleistet werden. Um es drastisch zu sagen, die gegenwärtige Situation grenzt an permanenten Gesetzesverstoß. Mit einem auf Mindeststandards beruhenden Grundangebot wollen wir dem Anspruch des Gesetzes näherkommen.

Der Landkreistag machte Anfang März einen beachtlichen Vorstoß. Rufbusse sollen auf ganz MecklenburgVorpommern ausgeweitet werden und die Mobilität im ländlichen Raum kundengerecht und effizient gewährleis

ten. Landrat Christiansen, der auch Vorsitzender des Kommunalverbandes ist, formulierte als Ziel, jedes Dorf im Ein- bis Zweistundentakt an den ÖPNV anzubinden, auch in den Ferien, an Wochenenden und Feiertagen. Diesem hehren Ziel schließt sich die Linksfraktion gern an. Das wäre ein guter Einstieg in die Debatte um Mindeststandards.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, erst wenn feststeht, welche Qualität der öffentliche Nahverkehr nach landeseinheitlichen Maßstäben erreichen soll, kann der Finanzbedarf dafür ermittelt werden.

Dr. Frank Snaga von PwC hielt auf der Länderkonferenz im Juli 2017 einen Vortrag über „Verlässliche, zukunftsorientierte Finanzierung des ÖPNV (für Mecklenburg- Vorpommern)“. Eine seiner Empfehlungen ist eine Finanzbedarfsermittlung. Die wollen wir auch und sie muss anhand eines vorzuhaltenden Grundangebotes erfolgen. Wir brauchen die Höhe des Zuschussbedarfes, bevor wir entscheiden können, wie der ÖPNV künftig finanziert werden soll.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Ah ja!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für den Antrag.

Zum Zweiten ein kleiner Schwank aus meinem Privatleben. Zu Beginn wurde mir bei den Anträgen der LINKEN zum ÖPNV regelmäßig deutlich, dass ich früh anfangen muss daheim. Mit unserer achtjährigen Tochter, 2. Klasse, üben wir jetzt seit vielen Wochen, Taschengeld zu bekommen, und der Versuch ist, zwei Dinge zu erreichen: Erstens macht Mathematik mehr Spaß, wenn man irgendwie auf eigene Dinge zusteuert, auch wenn es für die Kassiererin anstrengend ist, wenn das Geld langsam rausgezählt wird. Zweitens soll sie lernen, dass man Geld nur einmal ausgibt.

(Dietmar Eifler, CDU: Richtig!)

Ich finde das nicht schlecht, wenn man haushalten lernt. Der Vorwurf an mich war ja, dass der Pegel immer sagt, mit dem vorhandenen Geld muss ausgekommen werden. Ja, das stimmt. Das habe ich in meiner Kinderstube gelernt, das mag ein schweres Trauma sein. Ich finde das nicht dumm.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich versuche genau das meinen Töchtern im Alter von sechs und acht zu vermitteln und glaube im Übrigen,

dass das die Grundlage von klugem Handeln im privaten Haushalt und auch von klugem Handeln in einem staatlichen Haushalt ist.

(Vincent Kokert, CDU: Und mit welchem Erfolg?! – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Es ist mehr Geld da.)

Es ist unendlich mehr Geld da, ich weiß. Wenn ich Ihre Anträge, zumindest auf der Ausgabenseite, sehe, wäre unendlich mehr Geld da.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)