Der Effekt wird also noch geringer und es handelt sich damit um eine Symbolpolitik. Aber, Herr Schulte, auch Symbole können gut sein, wenn sie eine Signalwirkung entfalten. In diesem Sinne hätten wir uns Ihnen eventuell sogar anschließen können, wären da nicht die vielen negativen Auswirkungen des geplanten geänderten Gesetzes, die die positive Symbol- oder Signalkraft bei Weitem übertreffen.
(Jochen Schulte, SPD: Jetzt sagen Sie doch ganz offen, Sie wollen nicht, dass die Beschäftigten im Land mehr verdienen!)
Erstens ist Ihnen aufgefallen, dass viele Unternehmer Lieferungen und Leistungen zukaufen und auf diesem Wege die Regelungen des Gesetzes unterlaufen könnten. Deshalb sollen sie die Bedingungen nicht nur selbst erfüllen, sondern auch bei den Lieferanten und Nachunternehmern einfordern und überwachen. Diese Arbeit ist schlichtweg nicht zu leisten. Darauf haben auch die Experten der Verbände nachdrücklich hingewiesen.
Ich möchte nicht alle Argumente aus der Ersten Lesung wiederholen, die können Sie nachlesen oder sich noch mal anschauen, und komme daher gleich auf den nach meiner Ansicht wichtigsten Punkt, die vergabefremden Kriterien.
Vorweg: Viele Ziele sind grundsätzlich in Ordnung. Die Prioritäten werden sich bei den Fraktionen unterscheiden, aber man kann sich tatsächlich vieles ausdenken,
was man positiv beurteilt und deshalb belohnen möchte durch Pluspunkte in der Beurteilungsmatrix. Aber es geht hier nur darum, dass die öffentliche Hand Aufträge vergeben möchte, und zwar als Dienstleister für unsere Bürger. Soll also zum Beispiel eine Schule renoviert werden, so interessiert die Bürger – insbesondere die Schüler und die Eltern – erst einmal, dass die Arbeiten schnell und fachlich einwandfrei erledigt werden. Weiterhin wünschen wir uns als Bürger, dass kein Geld verschleudert wird, denn wir haben es schließlich in Form von Steuern und Abgaben in die Gemeinschaftskasse eingezahlt. Es muss nicht das billigste Angebot sein, sondern natürlich sind Folgekosten in Betrieb und Instandhaltung zu berücksichtigen, zum Beispiel der Energieverbrauch. Auch das ist geregelt.
Außerdem möchten wir, dass Beziehungen zwischen Firmen und Beschäftigten im öffentlichen Amt keine Rolle spielen, es also weder Vetternwirtschaft noch Korruption gibt. Das alles soll das Vergabegesetz sicherstellen und regeln, sodass öffentliche Aufträge nachvollziehbar, korrekt und wirtschaftlich vergeben werden. Die Ausschreibungsbedingungen dürfen auch nicht so gestaltet werden, dass der Gewinner der Ausschreibung schon von vornherein feststeht.
Sie packen aber nun alles Mögliche in das Vergabegesetz. Die Fraktion der LINKEN hat dabei selbstverständlich noch mehr anspruchsvolle und hehre Ziele als die Koalition. Ich kann diese Punkte hier nicht alle durchgehen, habe mir daher drei ausgesucht, um Ihnen das Prinzip meiner Kritik zu verdeutlichen, die Zahl der Auszubildenden zum Beispiel. Mit dem gerade genannten Zweck eines öffentlichen Auftrages hat das überhaupt nichts zu tun. Es ist schön, wenn Betriebe Ausbildungsplätze anbieten, wenn sie geeignete Auszubildende finden und die gut ausbilden. Aber was hat das zum Beispiel mit der fach- und termingerechten sowie wirtschaftlichen Renovierung einer Schule zu tun? Sie sagen, das sei nur ein Aspekt von vielen, und wollen damit das Thema herunterspielen. Aber wenn Sie zwei Angebote haben, die genau gleich sind, nur der eine hat einen Auszubildenden und der andere nicht, dann bekäme derjenige mit dem Auszubildenden den Zuschlag. Tendenziell werden größere Betriebe bevorzugt, die auch günstiger liegen, zum Beispiel in der Nähe einer Berufsschule oder doch zumindest in einem größeren Ort, denn Sie wissen, wie schwer es ist, Auszubildende im abgelegenen ländlichen Raum zu finden.
Natürlich ist es richtig, die betriebliche Ausbildung zu fördern, und wir werden morgen auch über den Antrag „Offensive für das Handwerk“ sprechen, aber doch nicht an dieser Stelle. Sie vermischen Dinge miteinander, die nichts miteinander zu tun haben. Wenn Sie Ausbildung fördern möchten, dann hätten Sie dem Antrag auf das Azubi-Ticket vor vier Wochen zustimmen können. Das bisherige Unterstützungsprogramm für Azubis kommt nur einem winzig kleinen Teil der Auszubildenden zugute und Sie wissen das auch.
Es gibt neben den Fahrtkosten Probleme bei der preiswerten Unterbringung, da die Ausbildungsvergütungen in vielen Fällen einfach nicht ausreichen, um davon komplett außerhalb der Familie zu leben. Kleinere Betriebe könnten unterstützt werden, gerade wenn sie Schulabbrechern eine zweite Chance geben wollen. Sie können die Berufsschulen im Land modernisieren oder technisch auf neuesten Stand bringen und Ihre Bemühungen ver
Mit dieser unvollständigen Aufzählung möchte ich Sie exemplarisch eindringlich bitten, die Probleme jeweils da zu lösen, wo sie auftreten, und nicht den öffentlichen Auftragsvergabeprozess zu missbrauchen. Es geht dabei immer um klare Ursachen- und Wirkungsbeziehungen. Sollte nächstes Jahr zum Beispiel die Zahl der ausbildenden Betriebe abnehmen oder steigen, dann können wir das nur schwer mit dem Vergabegesetz in Verbindung bringen, obwohl es indirekte Zusammenhänge durchaus geben kann. Besser ist es, eindeutige Wirkungsketten herzustellen und entsprechend zu evaluieren, um für den nächsten Schritt lernen zu können.
Ein zweites Beispiel: Wenn Sie gerne die Chancengleichheit von Männern und Frauen erhöhen möchten – auch das ist ein gutes Ziel, ich habe nichts dagegen –, dann sollten Sie das aber nicht in eine nicht zu beeinflussende Verbindung mit Berufsausbildung, Preisen oder sonstigen Kriterien bringen. Ein höherer Preis darf nicht durch einen höheren Anteil an Frauen in der Unternehmensführung ausgeglichen werden. Erstens sind dann auch in diesem Fall Ursache und Wirkung nicht mehr sauber zu trennen. Zweitens können auf diesem Wege eindeutige Diskriminierungen entstehen.
Besser ist es auch in diesem Fall, zu schauen, aus welchen Gründen Frauen in der Wirtschaft weniger Führungspositionen bekleiden als Männer, und dann gegebenenfalls an den echten Ursachen einzugreifen. So ist für Frauen mit Kindern die Kinderbetreuung besonders wichtig. Gerade Frauen mit einem guten Einkommen können es sich leisten, auf die Qualität der Betreuung Wert zu legen. Das kann bedeuten, dass sie einen Teil der Erziehung nicht in fremde Hände übergeben wollen, solange der Betreuungsschlüssel so schlecht ist wie bei uns.
Ja, ich muss das jetzt ein bisschen abkürzen. Das dritte Beispiel kann ich gar nicht mehr bringen. Aber unsere große Sorge konnte uns bisher …
Herr Schulte, gestatten Sie mir den Hinweis, dass Herr Wildt eigentlich keine Redezeit mehr hat, um eine Frage zu beantworten.
Die große Sorge, die wir haben, ist, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge deutlich verlangsamt wird oder sogar zum Erliegen kommt, weil noch weniger Betriebe als bisher Angebote abgeben. Die Landesregierung wird dafür im nächsten Jahr die Verantwortung übernehmen müssen. Sie können sich jetzt schon auf unsere Kleinen Anfragen dazu freuen. Ich bin gespannt, welcher Minister am Ende dafür die Verantwortung persönlich übernimmt. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Kollege Wildt, ich hätte Sie das gerne eben noch gefragt, aber vielleicht können Sie mir das im Nachgang zu der Plenardebatte beantworten.
Das, was Sie hier kritisiert haben, nämlich die Einbeziehung von sonstigen Vergabekriterien, wie zum Beispiel umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange – das ist das, was den Hauptkritikpunkt Ihrer Rede anging –, ist im Paragrafen 128 GWB des bundesweiten Vergaberechts so geregelt. Jetzt hätte ich Sie gerne gefragt, ob nach Ihrer Kenntnis die öffentliche Auftragsvergabe im Vergaberecht des Bundes seit der Einführung des GWB zusammengebrochen ist. Vielleicht können Sie mir das im Nachgang noch beantworten. Mir ist das nicht aufgefallen. Ich habe auch nicht eine signifikante Zunahme von Unternehmenspleiten feststellen müssen.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der BMV – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Vereinzelter Beifall. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)
Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung vergaberechtlicher Vorschriften auf Drucksache 7/1931 sowie den von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung von Tariftreue und Mindestarbeitsbedingungen sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auf Drucksache 7/1992.
In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Wirtschaftsausschuss, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 7/2284 anzunehmen.
Ich rufe auf die Artikel 1 bis 4 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 bis 4 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Gegenstimmen der Fraktionen der AfD und BMV und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.
Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 7/2284 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es
Stimmenthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung der Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 7/2284 bei gleichem Stimmverhalten angenommen.
Ich rufe auf die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt in Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1992 abzulehnen.
Ich rufe auf die Paragrafen 1 bis 18 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. –
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Henning Foerster, DIE LINKE – Zuruf aus dem Plenum: Das ist eine Beschlussempfehlung! Ablehnung!)
Ich erkläre es noch mal: Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt in Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1992 abzulehnen.
(Wolfgang Waldmüller, CDU: Genau. Jetzt stimmen wir zu. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)
Ich rufe jetzt noch mal auf, damit es keine Unklarheiten gibt, worüber wir abstimmen, die Paragrafen 1 bis 18 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. –
Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Somit ist der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1992 entsprechend Ziffer 2 der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, AfD und BMV, bei Zusti…, Ablehnung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BMV – Zurufe aus dem Plenum: Angenommen! – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)