Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

(Andreas Butzki, SPD: Ja, das machen wir mal beide.)

Wenn Sie nicht seekrank werden. Na gut!

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Nee, natürlich nicht.)

Also nichts zu erkennen von Nahrungsmangel bei den Heringen. Aber wie gesagt, das ist mein privates Empfinden, manch einer oder manch einer in der Wissenschaft sieht das etwas anders.

Aber eines ist mir auch aufgefallen, meine Damen und Herren: Je mehr Quotenkürzung, je mehr Umwelt-, Natur-, Tierschutzmaßnahmen auferlegt werden, umso weniger Fisch. Bestes Beispiel hierfür ist übrigens das

Rückwurfverbot. Die Ostsee wird immer sauberer, die Umwelt immer sauberer, die Luft immer sauberer, unsere Lebenserwartung wird immer höher, aber angeblich stehen wir kurz, …

(Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD: Der Hering immer fetter.)

Der Hering wird immer fetter.

… aber angeblich stehen wir kurz vor der absoluten Umweltkatastrophe.

Aber, meine Damen und Herren, die Frage muss erlaubt sein: Fördern diese ganzen Maßnahmen letztendlich nur die Feinde der Fischbestände, zum Beispiel die Robben und die Kormorane? Wann wird endlich ein möglicher Zusammenhang zwischen deren explodierender und aggressiver Vermehrung und den schrumpfenden Fischbeständen untersucht und das auch ausgewertet? Und da kommen der Nationalpark und das Nutzungsverbot ins Gespräch.

(Elisabeth Aßmann, SPD: Ganz plötzlich, schnipp!)

Man kann zusammenfassen: Ein drohendes Heringsfangverbot, drohende Einschränkung im Aalfang, hohe Verluste durch Robben und Kormorane, die angedrohte Sperrung der Nationalparkgewässer und viele andere Maßnahmen bedrohen die Existenzgrundlage unserer Fischer.

Aber bleiben wir erst mal beim Hering. Der Internationale Rat für Meeresforschung ICES schlug vor, den Heringsfang in der westlichen Ostsee 2019 komplett einzustellen. Das würde das komplette Aus für viele Betriebe in der kleinen Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern bedeuten. Also gerade kleine und handwerklich betriebene Fischereibetriebe würden in der Existenz bedroht. Wie wir, so hoffe ich doch, alle wissen, ist der Hering der Brotfisch unserer Fischer. Von 2007 bis 2017 ist der Ertrag um über 30 Prozent zurückgegangen. Nach der Wende waren noch über 600 Unternehmen in der Kutter- und Küstenfischerei tätig, heute sind es 230 Haupterwerbs- und 132 Nebenerwerbsbetriebe, die übriggeblieben sind. Eine weitere Absenkung der Heringsquote und somit der Fangmengen macht eine Zertifizierung des Herings in der westlichen Ostsee unmöglich. Es würde unweigerlich zu weiteren Absatzproblemen kommen.

Meine Damen und Herren, ich habe mir mal die Zahlen zum Export von Fischereierzeugnissen angeschaut: Fische und Krebstiere 2014 27.116 Tonnen, 2015 23.451 Tonnen, 2016 – da habe ich aber nur den Wert bis Juli – 10.685 Tonnen. Hochgerechnet aufs Jahr wären das circa 18.000 Tonnen. Das wäre ein Rückgang um circa 10.000 Tonnen. Ähnlich sieht es beim Fangaufkommen für unsere kleine Hochsee- und Küstenfischerei aus: 2008 22.443 Tonnen, 2017 15.634 Tonnen. Das ist auch hier ein Rückgang von 6.809 Tonnen.

Meine Damen und Herren, die Entscheidung für das Jahr 2019 trifft der Fischereirat im Oktober 2018. Das Ministerium fordert nun im Falle einer weiteren Reduzierung oder einer Aussetzung der Heringsfischerei einen Einkommensausgleich. Wir erwarten, dass die Wirtschaftlichkeit und die sozialökologischen Auswirkungen berücksichtigt werden. Die Fischerei ist ein Wirt

schaftsfaktor und ein tragender Teil im Tourismus. Daher müssen natürlich auch Einbußen ausgeglichen werden. Wir brauchen eine Festlegung der Fangmengen auf der Grundlage eines mehrjährigen Managementplans, ähnlich des Managementplans beim Dorsch.

(Elisabeth Aßmann, SPD: Haben wir doch.)

Aber als wenn das nicht schon Todesstoß genug wäre, kommt jetzt noch die Drohung eines Nutzungsverbotes in der Kernzone von Nationalparken. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht eine klare rechtliche Festlegung hinsichtlich der Entwicklung der Kernzone in Nationalparken nicht vor. Es besteht jedoch die Auffassung, dass nach 30 Jahren in der Kernzone eines festgesetzten Nationalparks keine Nutzung mehr stattfinden sollte. Jedenfalls ist die Naturschutzverwaltung dieser Auffassung. Für den Bereich der Vorpommerschen Boddenlandschaft würde dies dann im Jahr 2020 zutreffen.

(Andreas Butzki, SPD: 2022.)

Es wurde sich aber auf eine fünfjährige Verlängerung dieser Frist geeinigt. Nach Aussagen der Fischer – und nicht nur der Fischer – gab es bei der Ausweisung des Nationalparks Zusagen, dass es zu keiner Nutzungseinschränkung kommen sollte. Das ist dem Ministerium heute nicht bekannt. Und noch etwas ist wichtig: Damals hatte niemand die Ausbreitung von Offshorewindparks und Stromtrassen auf dem Radar. An diese weitere Einschränkung der Fischer war damals nicht zu denken. Da stellt sich die Frage: Was soll denn für unsere Fischer als Fanggebiet noch übrigbleiben?

Andere Nutzer sind ebenso betroffen. Auch nahegelegene Bereiche wie der Hafen Mukran und Sassnitz müssen erhalten bleiben. Das kommt einer kalten Enteignung nahe, also müssen wir letztendlich über die Ziele des Nationalparks nachdenken. Und ich muss sagen, da bin ich auch ganz bei Herrn Kuhn, CDU-Abgeordneter im Europaparlament, wenn er sagt, notfalls müssen wir den Nationalpark zu einem Naturpark herunterstufen.

Zum Schluss ganz wichtig, meine Damen und Herren, Fischerei ist Kulturgut. Wir müssen uns überlegen, wie gehen wir mit unserem Kulturgut um. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich auch über die Besucher, sehr!

(Thomas Krüger, SPD: Genau. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Ich möchte folgenden Einstieg wählen: Ich glaube, es war gut, dass ich gestern in Berlin war und mit der Bundesministerin über dieses Thema gesprochen habe. Mittlerweile habe ich persönlich – und in Teilen auch die Wissenschaft – den Eindruck, inzwischen geht es den Fischen besser als den Fischern. Warum sage ich das? Wenn man sich die letzten Jahre anschaut und seit 1990 gestalterisch einzuwirken versucht, dann nehme ich zur

Kenntnis, wir hatten 1990 in Mecklenburg-Vorpommern – runde Zahlen – 1.300 Fischereiunternehmen. 1.300, noch mal! Wir hatten zur Wende eine Heringsquote von 111.000 Tonnen. Ich betone noch mal: 111.000 Tonnen! Davon sind im Übrigen knapp 40.000 Tonnen, also exakt 34.000 noch was, damals gefischt worden, 1990. Heute haben wir round about 350 Fischereiunternehmen, davon 238 Haupterwerbsbetriebe. 238 Haupterwerbsbetriebe! Das heißt, wer ein bisschen mitgerechnet hat, wir haben die Fischereikapazität um 80 Prozent reduziert. 80 Prozent der Fischer und Fischereiunternehmen sind nicht mehr da.

Deswegen sage ich hier in aller Klarheit und Deutlichkeit, die Fischer sind an der Reduktion, die mecklenburgischvorpommerschen Fischer sind an der Reduktion der Fischbestände nicht schuld. Es muss andere Ursachen haben, und dazu brauchen wir Wissenschaft, wir brauchen Forschung und wir brauchen realistische Szenarien. Denn eins ist vollkommen klar, die Fischerei – im Übrigen die Kutter- und Küstenfischerei, die Hochseefischerei, die Binnenfischerei – als auch die Angelei sind für Mecklenburg-Vorpommern eines der touristischen Highlights dieses Bundeslandes, im Übrigen mit einer saisonverlängernden und auf der anderen Seite natürlich auch mit einer wirtschaftlich extrem positiven Entwicklung. Dieses Land ist gerade aufgrund seiner schönsten Ostseeküste, dem größten deutschen Binnensee und den Naturschutzgebieten beliebt in ganz Deutschland, Europa und der Welt.

Im Übrigen, auch das will ich ausdrücklich bestätigen, die Bestände der Biolaichermasse, und da muss man sich, Herr Borschke – ich hätte bald wieder Dorschke gesagt, aber Sie kennen mich ja auch ein bisschen, das meine ich nicht böse, sondern eher positiv –, also wenn ich mir die Biolaichermasse und die wissenschaftlichen Grundlagen ansehe, dann ist die Wissenschaft, glaube ich, angehalten, jetzt endlich mal klare Aussagen zu treffen: Wie viel Biolaichermasse ist denn da? Wie viel brauchen wir, um der Nachhaltigkeit zu entsprechen, nämlich nur so viel zu entnehmen, wie zuwächst? Und wie können wir das in Einklang bringen? Dazu, Herr Borschke, gibt es einen mehrjährigen Plan, und deswegen sage ich mal in aller Klarheit und sehr deutlich: Eine Heringsfischerei, die verboten wird, wird es mit mir nicht geben. Ich sage das ganz klar.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich will das auch gleich andeuten. Wenn Herr Kuhn, der nun seit Jahren im Europaparlament sitzt – ich meine jetzt den Bruder von dem, der Landrat werden wollte –,

(Andreas Butzki, SPD: Wahlverlierer.)

das muss ich ganz klar sagen, wenn der auf diese Idee kommt, dieses Flaggschiff der beiden Nationalparks an der Ostsee in eine Abstufung zu bringen, dann hat er entweder zu viel in die Flasche geguckt oder er weiß wieder nicht, wovon er redet. Mit mir wird es eine Runterstufung der Flaggschiffe des Tourismus und des Natur- und Artenschutzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Richtung eines Naturparkes nicht geben. Ich sage das in aller Deutlichkeit,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

in aller Klarheit, denn auch das ist mir noch mal wichtig.

Im Übrigen, auch im Interesse des Tourismus ist es so, dass die Fischerei und die Angelei da einen ganz, ganz hohen Stellenwert besitzen. Die Angler setzen in der Bundesrepublik Deutschland – allein die Angler! – 7,8 Milliarden Euro um. Davon auch zusätzliche Kapazitäten in unser Land zu holen, halte ich für ausdrücklich wichtig, und natürlich das Flair unserer kleinen Fischereihäfen, wenn Sie mal nach Vitte fahren, in Sassnitz meinetwegen den Fischereihafen sich anschauen oder die anderen wunderbaren Häfen. Herr Lenz wird sicherlich darauf noch eingehen, aber ich bin schon ein Stück glücklich und stolz, auch wenn hier von den europäischen Fonds gesprochen worden ist von der AfD, den Europäischen Meeres- und Fischereifonds hat man dabei nicht in Betracht genommen.

Aber eins will ich sagen: Vom Jahr 2000, nur 2000 bis heute, sind allein für die Fischerei, für die Fischereihäfen, für die Fischverarbeitung – an denen in MecklenburgVorpommern über 5.000 Arbeitsplätze hängen und wo wir das modernste Fischverarbeitungszentrum haben oder die neue Rügen Fisch, mittlerweile Deutschlands größtes Fischverarbeitungsunternehmen, das wir gefördert haben –, 195 Millionen Euro sind in die Infrastruktur, in Besatzmaßnahmen, im Übrigen für den Aal oder auch die Meerforelle, investiert worden, ein großer Erfolg für das Fischland, wenn man es so will, MecklenburgVorpommern. Insofern ist es für mich natürlich ein Wirtschaftszweig und es ist auf der anderen Seite eine sozioökonomische, artenschutzrechtliche und letzten Endes damit auch für die Gesamtentwicklung dieses Landes nach wie vor über Jahrhunderte geprägte Kulturlandschaft, die wir im Bereich der Fischerei haben und die damit allgegenwärtig ist und ein Thema mit Zukunft.

Ich glaube, man kann feststellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir uns natürlich in den letzten Jahren die Bestände sehr genau angeschaut haben. Im Übrigen bestätigen uns die Fischer immer wieder, diese Veränderungen hat es in der Ostsee immer gegeben. Wenn wir Salzwassereintrag kriegen, Sturmfluten, und sauerstoffreiches Wasser aus der Nordsee rüberkommt über die Darßer Schwelle, dann, nehmen wir zur Kenntnis, kommen die nächsten guten Jahrgänge. Die Prophezeiung hatte ich hier gerade im letzten Jahr zur Auskunft gegeben und es hat sich voll bestätigt, der Dorsch in der westlichen Ostsee ist hervorragend. Wir haben hervorragende Jahrgänge mit großen Zuwachsraten und im Übrigen auch in den Szenarien, die wir zur Kenntnis nehmen. Wenn man für die westliche Ostsee prognostiziert, dass wir Steigerungen von bis zu 298 Prozent der Quote bekommen sollen von einem Jahr zum anderen, wird deutlich, dass wir, glaube ich, Verlässlichkeit in der Frage der Fischereimengen und damit der Quoten dringend benötigen. Mecklenburg-Vorpommern wird sich dafür massiv einsetzen.

Ich sage noch mal – ich persönlich habe im Übrigen 1998 angefangen umzusteuern, den Hering wieder zum Brotfisch zu machen, vorher hieß es, der Dorsch ist jetzt unser Brotfisch –, ich halte den Hering nach wie vor für den Brotfisch, der auch Einkommen und letzten Endes damit diese ortsübliche kleine handwerkliche Fischerei unterstützen soll. Deswegen sage ich hier noch mal, der ICES muss uns endlich vorlegen, was die Ursachen sind. Der Internationale Rat für die Fischerei, für die Meeresforschung ist seitens der Bundesrepublik Deutschland zu fordern, endlich die Ursachen zu klären und damit der Fischerei in Deutschland eine Zukunft zu geben, um

damit tatsächlich auch jungen Leuten eine Perspektive zu ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier haben wir unsere Schularbeiten gemacht. Heute ist die Heringsfischerei, die Dorschfischerei MSC-zertifiziert und damit sind auch ganz gute Preise am Markt zu erzielen. Auch das haben wir, glaube ich, vernünftig auf den Weg gebracht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte es wirklich zu weiteren massiven Kürzungen der Quoten kommen, kann ich hier und heute nur erklären, wir werden Geld des Bundes und der Europäischen Union benötigen, um der Fischerei über diese schwierige Phase hinwegzuhelfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Borschke hat ausdrücklich das Thema der Fischerei in den Nationalparken angesprochen. Es ist richtig, dass ich mich mit den Fischern zusammengesetzt habe – im Dialog im Übrigen, im Dialog! – und wir nach Lösungen suchen. Dazu ist festgelegt worden, erstens, dass die Fischer ihren Pachtvertrag um fünf Jahre verlängert bekommen – das ist von den Fischern allgemein begrüßt worden – und dass die Fischer mit uns gemeinsam ein Konzept entwickeln, wie wir zu weiteren alternativen Einkommens- und Einnahmesituationen kommen. Ich muss Ihnen heute schon sagen, ich bin der festen Überzeugung, dass wir gerade im Tourismusbereich noch Riesenchancen haben, den Fisch hochwertiger zu vermarkten,

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

in Zusammenarbeit mit der Gastronomie, mit der Hotellerie.

(allgemeine Unruhe)

Ein Beispiel ist für mich ganz klar natürlich Prerow. Wenn wir den Inselhafen, den schönsten und größten Inselhafen Deutschlands, den wir haben werden, dort auch hochwertig mitvermarkten, wird dies dem Nationalpark und den Fischern im Nationalpark tatsächlich Alternativen vorlegen. Ich glaube, dass man sagen darf, dass wir mit den Fischern in einem sehr guten Dialog sind und damit zu tragfähigen, langfristig tragfähigen Lösungen kommen.

Das heißt unterm Strich, noch mal, wir wollen die kleine handwerkliche Fischerei, die wir in Mecklenburg-Vorpommern haben, erhalten – da sage ich auch alle Unterstützung zu – und wir brauchen von der EU-Ebene endlich verlässliche Grundaussagen, wie und in welcher Form die Fischerei in diesem Lande weiter begleitet und unterstützt wird. Ich betone nochmals, für mich ist das ein strukturbestimmender Zweig und wir werden alles unternehmen, um dieser wunderbaren Landschaft, aber auch den Fischern eine Perspektive zu geben. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Minister.

Ich bitte Sie und möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass wir auch bei Personen, die sich nicht im Hause befinden, von persönlichen Beleidigungen Abstand nehmen. In Bezug auf Herrn Kuhn war das schon ziemlich heftig. Also ich bitte darum, auch Menschen, die sich nicht hier in unserem Hause befinden, nicht persönlich zu beleidigen.