Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

wenn es nämlich darum geht –

(Jens-Holger Schneider, AfD: 40 Jahre DDR.)

Sie mit Ihrem Antrag greifen sich zwei Konzerne raus, der eine ist Nestlé –, und wenn dann Frau Gramkow im Jahre 2012 verkündet, was für große Erfolge sie erreicht hat bei der Ansiedlung von Nestlé

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

in Zusammenarbeit mit der Landesregierung, glaube ich, das, was wir hier erleben, ist scheinheilig.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD – Marc Reinhardt, CDU: Jawoll!)

Vielleicht ist Ihnen das persönlich auch nicht bekannt, deswegen will ich das ganz gerne noch mal zitieren, Pressemitteilung der Stadt Schwerin von Frau Gramkow: „Die Ansiedlung ist das Resultat der ergebnisorientierten Wirtschaftsförderung von Land und Stadt. Unsere kontinuierliche und beharrliche Arbeit hat sich ausgezahlt. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der städtischen Wirtschaftsförderung, die jahrelang auf diesen Erfolg hingearbeitet haben. Ich hoffe, dass die NestléAnsiedlung Signalwirkung hat und wir gemeinsam mit der

Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes weiteren Firmen den Geschmack auf Investitionen in Schwerin versüßen können.“

(Sebastian Ehlers, CDU: Hört, hört!)

Das heißt übersetzt, Frau Gramkow – und davon können wir alle ausgehen,

(Marc Reinhardt, CDU: Die war Fraktionsvorsitzende.)

ich habe Frau Gramkow aufgrund ihrer Arbeit hier schätzen gelernt – ist wirklich eine LINKE, aber sie ist definitiv keine extreme LINKE. Und wenn die linke Frau Gramkow sich inhaltlich so einsetzt für die Schaffung von Arbeitsplätzen, dass Sie dann als Fraktion eine Debatte in dieser Art und Weise, insbesondere, was die Einbringung betrifft, hier vom Zaun reißen, das führt eigentlich eher zur Sprachlosigkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich bin ja, wie gesagt, auch unsicher, ob Sie als Person gesprochen haben, aber wenn ich jetzt noch den Kreisverband Schwerin nehme, der über ein „Offenes Blatt“, über eine mehrseitige Zeitung seine Erfolge vermeldet – das ist ja auch richtig so – und im Prinzip signalisiert, das, was sie hier gemacht haben im Zusammenhang mit Nestlé, ist Chefsache, dann will ich noch mal ein Zitat von Frau Gramkow zum Besten geben: „Wir beweisen, dass mit langem Atem und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Unterstützung durch das Land auch eine linke Oberbürgermeisterin wirtschaftliche Ansiedlungen befördern kann. Dies macht mich stolz!“ Und das ist diese Widersprüchlichkeit von Regierungsverantwortung und Opposition – das kann ich gut akzeptieren und damit umgehen –, aber alles andere, was ich bisher dargestellt habe und erlebt habe, hat mich zu einem anderen Schluss geführt.

Und wenn ich ein zweites Beispiel anführen darf: Wir als CDU-Fraktion haben am 22. Juni unseren herzlichen Glückwunsch zum Ausdruck gebracht zum Thema Werft Wolgast, 70 Jahre Peene-Werft Wolgast. Es ist schon erstaunlich, dass DIE LINKE Wolgast unseren Beitrag – also vom politischen Mitwettbewerber, der sozusagen in der Gunst der LINKEN nicht ganz oben steht –, dass Ihre Parteigenossen der LINKEN unseren Beitrag teilen und auch noch kommentieren, nämlich kommentieren mit den Worten: Genau so! Ich hoffe, dass es auch DIE LINKE so sieht. Schönes Wochenende!

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Karen Larisch, DIE LINKE)

Dass Sie dann entsprechend auch noch auf die Posts

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

der eigenen Partei dort geantwortet haben, denn DIE LINKE Wolgast hat auch noch einen eigenen Post

(Sebastian Ehlers, CDU: Da ist was los, du!)

gegen Abend losgelassen und insbesondere zum Ausdruck gebracht, viel Erfolg weiterhin, meine Unterstüt

zung haben Sie, die Mitarbeiter und die Geschäftsführung.

Wenn es aber tatsächlich darum geht, auch noch zwei, drei Gedanken zu äußern, was den angedachten inhaltlichen Teil hier vielleicht betrifft, dann, glaube ich schon, hat der Minister Caffier sehr deutlich dargestellt, dass es ein kleines Mosaiksteinchen ist aus einem großen Paket, was man diskutieren muss. Deswegen, glaube ich, ist das richtig, was die Bundesregierung gemacht hat, nämlich in den Koalitionsvertrag diese Thematik aufzunehmen unter der Überschrift: „Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge.“

Und dann haben Sie eben die vielen Punkte, die zu diesem Thema Flucht gehören, ich will nur mal exemplarisch zwei, drei nennen: verstärkten Klimaschutz, faire Handels- und Landwirtschaftspolitik und so weiter, aber auch die Rüstungspolitik. Wenn diese Punkte aufgezählt sind und im Koalitionsvertrag eindeutig vereinbart wird, wir werden eine Kommission „Fluchtursachen“ im deutschen Bundestag einrichten,

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

die der Bundesregierung und dem Bundestag konkrete Vorschläge unterbreitet, dann glaube ich, das ist sachdienliche Politik ohne Schaum vorm Mund.

Wenn Sie möglicherweise gemeint haben, dass wir im Land etwas tun sollten, was das Thema Nachhaltigkeit betrifft, will ich darauf verweisen – vielleicht auch mit Blick auf die Zukunft, wenn es wieder um sachliche Auseinandersetzung geht –, es gibt von der Bundesregierung eine Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, die sozusagen die Grundsubstanz liefert, was man möglicherweise in den Ländern tun kann, wie man das untersetzen kann. Da ist es tatsächlich so, dass elf Bundesländer das mit einem Programm untersetzt haben und an einem Gesamtprogramm arbeiten, aber nicht einfach „Fluchtursachen, Punkt, das war’s“, und das in Verbindung setzen mit der Generalkritik, die Sie hier abgelassen haben. Insofern danke, dass Sie mir zugehört haben.

Und, Frau Larisch, ich hoffe, Sie nehmen es nicht so persönlich. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, AfD und BMV)

Ums Wort gebeten hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer!

Frau Larisch ist noch da?

(Karen Larisch, DIE LINKE: Ja, ja.)

Ich meine es ernst, wenn ich sage, ich habe große Sympathie dafür, wenn jemand seine Sache mit Leidenschaft vertritt, und das haben Sie getan. Sie haben sogar als Hintergrund gesagt, dass Sie dieses Land, in dem Sie leben, lieben. Auch das finde ich sehr sympathisch. Aber es ist wirklich so, auch was Sie plakativ geschildert haben, da ist es richtig, das hat überall auch reale Hintergründe, über die man sehr viel reden könnte, also es ist

wirklich nur ein kleiner Ausschnitt im Bereich der Fluchtursachen und insofern kann ich mich ganz auf das beziehen, was der Minister dazu gesagt hat.

Ich bin jedenfalls sicher, liebe LINKE, dass Sie nicht ernsthaft daran glauben, mit diesem Antrag wirklich konkret etwas bewegen zu können. Die Änderung des Sortiments in unseren Kantinen hätte allenfalls eine symbolische Wirkung.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Immerhin!)

2017 stieg die Zahl derjenigen, die auf der Flucht sind, auf einen neuen Rekordwert von 68,5 Millionen Menschen. Dies wurde schon erwähnt. Damit mussten wir zum fünften Mal in Folge mit ansehen, wie ein neuer Rekordwert erreicht wurde. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Im Wesentlichen sind es Krieg, Armut und Unterdrückung. Oft reichen Ursachen weit in die Kolonialzeit zurück, wo von den Kolonialmächten ohne Rücksicht auf ethnische, religiöse und kulturelle Unterschiede Grenzen gezogen wurden. Ungerechte Handelsbeziehungen, Ausbeutung von Rohstoffen und nicht zuletzt Umweltzerstörung und Klimawandel kommen hinzu.

Unsere Welt erlebt eine zunehmende Unordnung. Die Welt ist insbesondere nicht so, wie wir sie uns aus europäischer Sicht wünschen. Daran wird sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern. Das von den USA und anderen Staaten mit dem Irakkrieg begonnene Programm eines Regimewechsels hat einen desaströsen Flächenbrand ausgelöst und uns zerfallende Staatsstrukturen beschert, die zu Stellvertreterkriegen einladen. Auch die Intervention in Libyen sowie die westlich-türkische Außenpolitik im Syrienkonflikt haben eher zu einer Verschlimmerung der Lage beigetragen.

Das Elend der Welt, das Sie in Ihrem Antrag besonders ansprechen, finden wir vor allem in Afrika. Hier gibt es neben den Ländern, die von Krieg und Terror heimgesucht werden, Länder, die sich besser entwickelt haben, und andere, in denen trotz Wirtschaftshilfe keine nachhaltigen Fortschritte zu erkennen sind. Es ist naiv und realitätsfern zu glauben, wir seien kurz- oder mittelfristig in der Lage, die Ursachen für die Armutsmigration aus Afrika und anderen Ländern nachhaltig zu beseitigen. Im Gegenteil, der Bevölkerungszuwachs und der Klimawandel werden den Migrationsdruck in der Zukunft noch wesentlich erhöhen. Bis 2040 soll sich die Bevölkerung in Afrika verdoppelt haben. Bis ins Jahr 2100 soll nach Prognosen der UN eine Vervierfachung stattfinden. Von einer Geburtenkontrolle ist allerdings weit und breit keine Rede. Europa muss eine gezielte Entwicklungshilfe vor Ort leisten. Es gibt bereits Leuchtturmprojekte im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe, die belegen, dass dieser an sich reiche Kontinent nicht zwangsläufig im Elend untergehen muss. Jeder Euro, der vor Ort investiert wird, bringt langfristig im Vergleich weit mehr Hilfskraft als Sozialleistungen, die in Deutschland für Zuwanderer gezahlt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel brachte diese Fehlentwicklung Ende letzten Jahres in der FAZ auf den Punkt, indem er ausführte, Zitatanfang: „Zum moralischen Desaster wird die deutsche Migrationspolitik aber mit der nachgerade tragischen Fehlallokation ihrer Mittel: An die 300 Milliarden Euro werden die Aufnahme und die

Versorgung schon der bisher Zugewanderten in den nächsten zehn Jahren kosten. In den oft bitterarmen Ländern ihrer Herkunft wäre das Geld das Zehn- bis Fünfzigfache wert. Damit ließe sich das Elend der Menschen dort […] in ungleich höherem Maße lindern als durch die Aufnahme und Versorgung jenes Bruchteils von ihnen, der es bis hierher geschafft hat.“ Zitatende.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ergebnis führt die Kanzlerin ihre eigenen Bemühungen ad absurdum, wenn sie uns weismachen will, die Migration bei weiterhin offenen Grenzen durch eine Beseitigung der Fluchtursachen in den Griff zu bekommen. Zudem müssen wir uns eingestehen, dass an diesem Projekt bereits seit Jahrzehnten mit letztlich nur mäßigem Erfolg gearbeitet wird. Bisher hat niemand ein Rezept dafür geliefert, wie man überall auf der Erde erträgliche Lebensverhältnisse schafft, jedenfalls nicht in einigen Monaten oder Jahren.

Wir können auch nicht so tun, als ob das Wohl der Menschen in den afrikanischen Staaten nur von uns abhinge. Es hängt vor allem von den dort lebenden Menschen und deren Regierungen ab. Wir sind nicht in der Lage, afrikanische Politiker, die noch in ihrem Stammesdenken verwurzelt sind, zu einem gesamtverantwortlichen Staatsbewusstsein umzuerziehen.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Wir haben es bisher auch nicht zu verhindern vermocht, dass Hilfsgelder oft in die Taschen einer korrupten Elite fließen. Im Übrigen ist es so, dass die Migration bei einer Verbesserung der Situation zunächst einmal zunimmt, statt abnimmt. Für die Flucht braucht man nämlich erst einmal Mittel zur Bezahlung der Schleuser, die die wirklich arme Bevölkerung sich erst bei einer Besserung der Verhältnisse beschaffen kann.

Meine Damen und Herren, die Zauberformel von einer absehbaren Beseitigung der Fluchtursachen entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Nebelkerze, um von der selbstverordneten Ohnmacht in Sachen illegaler Migration abzulenken. Die Beseitigung der Fluchtursachen ist eine Herkulesaufgabe, die nachhaltig nur in den betroffenen Ländern und über einen längeren Zeitraum gelingen kann. Eine Politik der offenen Grenzen hilft dabei niemandem.

Damit komme ich zu den Fluchtursachen, die hausgemacht sind und wo allein eine rasche und Erfolg versprechende Steuerung möglich ist, sofern der politische Wille dazu vorhanden ist. Ich versuche, in das Weltbild der LINKEN zu schlüpfen: Ihnen geht es bei der Migrationskrise nicht um unser Land, nicht um Deutsche oder Ausländer, sondern um Menschen, die alle ein Bleiberecht haben sollen. Ich begebe mich gedanklich in ein afrikanisches Dorf, wo die Menschen in bitterer Armut ohne eine Perspektive auf Besserung leben. Dann erzähle ich ihnen von unserem Land, von dem sie schon gehört haben, wie paradiesisch die Verhältnisse dort sein sollen. Dann erkläre ich ihnen, dass sie ihrem Elend entrinnen können, wenn sie an die deutsche Tür anklopfen und nur ein Wort sagen, das da lautet „Asyl“. Sie wissen bereits, dass die Reise dorthin mühsam und nur mithilfe von Schleppern möglich ist. Wenn sie das aber schaffen, dann ist ihnen ein Aufenthalt in Deutschland für mehrere Jahre sicher. Sie erhalten dort praktisch dieselben Leistungen wie ein

arbeitsloser Deutscher, der nach 30-jähriger Anstellung bei bescheidener Entlohnung nun länger arbeitslos ist. Sie werden ärztlich versorgt, erhalten Unterkunft und Verpflegung beziehungsweise so viel Geld, dass sie damit bescheiden und sorglos leben können. Ich erkläre ihnen weiter, dass sie für den Einlass in unser Land keine Papiere vorzeigen und ihre Identität nicht nachweisen müssen und dass es hilfreich ist, wenn sie angeben, aus einem Krisengebiet zu stammen. Dann zerstreue ich ihre Zweifel, dass es sich nicht um ein Märchen handelt, sondern um die offizielle Politik Deutschlands und seiner großen Kanzlerin Merkel und deren Willkommenskultur. Auch davon hatten sie schon gehört und sogar Bilder „Refugees welcome“ gesehen. Das ist vereinfacht das linksliberale Weltbild, für welches DIE LINKE streitet und das von SPD und CDU faktisch gestützt wird.