Protokoll der Sitzung vom 21.11.2018

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wahlalter ab 16 – der Antrag auf

Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre überzeugt nach unserer Auffassung nicht. Es gibt Argumente für und gegen ein Wahlrecht ab 16, es gibt aber keine zwingenden Argumente dafür, dass eine Absenkung des Wahlalters notwendig wäre. Es ist bei dieser grundsätzlichen Frage auch nicht angemessen, das Wahlalter einfach mal so, gewissermaßen probeweise, zu senken, um zu sehen, was dabei in der Praxis herauskommt.

Natürlich gibt es politisch interessierte Jugendliche, denen man die Reife, eigenständig eine Wahlentscheidung zu treffen, nicht absprechen kann, aber wir haben ein allgemeines und gleiches Wahlrecht und das schließt es aus, die nötige persönliche Reife der Jugendlichen in irgendeiner Form zu überprüfen oder von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen. Machen wir uns nichts vor, mit 16 ist der Reifeprozess eines jungen Menschen noch lange nicht abgeschlossen.

(Beifall Christoph Grimm, AfD – Thomas Krüger, SPD: Das ist bei vielen mit 20 auch manchmal nicht.)

Das Argument, das politische Interesse von Jugendlichen würde durch eine Absenkung des Wahlalters früher gefördert, das Engagement für die Demokratie gestärkt, überzeugt nicht. Das Interesse an den Belangen der Allgemeinheit und politischen Prozessen sowie die Identifikation mit dem demokratischen Rechtsstaat hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählen neben persönlichen Eigenschaften vor allem das Elternhaus und die Schule sowie weitere Einflüsse im jeweiligen Umfeld der Jugendlichen. Ich halte es für absolut lebensfremd, zu glauben, dass eine Absenkung des Wahlalters hier einen nachhaltigen Einfluss haben könnte. Schließlich waren wir alle mal 16 Jahre alt und sollten wissen, dass man in dieser Lebensphase noch ziemlich weit vom Erwachsenensein entfernt ist und dass das eine sehr schwierige Lebensphase ist,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das trifft bei manch Älterem aber auch zu, Herr Förster.)

wo einen vieles andere interessiert, aber nicht, wer nun an der politischen Macht ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh Gott, oh Gott, oh Gott!)

In Wahrheit hängt das politische Interesse der Jugendlichen wesentlich von Bildung und Herkunftsfamilie, aber signifikant auch vom Geschlecht ab. Bei Männern ist das Interesse statistisch annähernd doppelt so hoch wie bei Frauen, übrigens auch ein Marker für die Gleichstellungsdebatte, wenn man denn Fakten zur Kenntnis nimmt.

Das Argument, es widerspreche dem Grundgedanken von Demokratie, dass Jugendliche bei den sie betreffenden Regelungen nicht mitbestimmen können, verfängt natürlich ebenfalls nicht, denn irgendwo muss eine Altersgrenze gesetzt werden. Diese ist mit 18 Jahren sicherlich nicht willkürlich. Es ist aus meiner Sicht auch naiv zu glauben, dass sich Politikverdrossenheit mit einer Absenkung des Wahlalters bekämpfen ließe. Nein, dafür gibt es nur eine Therapie, und die lautet, die Politik muss glaubwürdiger werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aktuelles Beispiel: der Migrationspakt. Egal, was man davon hält, ihn ohne öffentliche Diskussion am Parlament vorbei zu unterzeichnen

(Thomas Krüger, SPD: Das hat jetzt aber lange gedauert.)

und dann so zu tun, als ob er eine völlig unverbindliche Wohlverhaltenserklärung wäre, stärkt mit Sicherheit nicht das Vertrauen in die Politik.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Erwägung, die Absenkung des Wahlrechts würde dazu führen, dass die Jugendlichen von der Politik stärker wahrgenommen würden, dass die Politik sich der Jugend verstärkt zuwenden müsse, überzeugt ebenfalls nicht. Damit wird quasi unterstellt, dass die Jugendlichen der Politik derzeit weniger wichtig seien. Das ist nun wirklich nicht der Fall, auch wenn eine verantwortungsvolle Politik für Jugendliche nicht immer so aussehen kann und darf, wie Jugendliche sich das vorstellen. Das Argument entlarvt sich deshalb als populistisch im schlechten Sinn. Es entspricht der menschlichen Natur, dass das, was man sich mühsam erwerben muss, meist mehr geachtet wird, als das, was einem geschenkt wird. So ist es in gewisser Weise auch mit dem Wahlrecht. Da muss man erst langsam wie vormals als Kind für die Schulreife heranwachsen. Da muss man erst vom Jugendlichen zum Erwachsenen werden,

(Thomas Krüger, SPD: Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht?)

der grundsätzlich über mehr Reife und Verantwortung verfügt. Erst dann wächst einem dieses für den Bürger so wichtige und meist einzige Beteiligungsrecht an der Demokratie zu. Das sollte für jeden Bürger und auch für jeden einsichtigen Jugendlichen nachvollziehbar sein.

Das Wahlrecht korrespondiert mit der Volljährigkeit, die nicht nur Rechte gewährt, sondern auch Pflichten auferlegt. Mit einer Absenkung des Wahlalters würde dieser innere Zusammenhang gestört. Minderjährige dürften dann zwar wählen, wären aber noch nicht voll strafmündig und nicht geschäftsfähig. Mit der Absenkung der Volljährigkeit und des Wahlrechts von 21 Jahren auf 18 Jahre ist man einen in sich stimmigen Weg gegangen. Eine Absenkung allein des Wahlrechts ist weder logisch noch angemessen und entwertet letztlich dieses Bürgerrecht. Die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters erfolgte übrigens in Westdeutschland erst 1975, in der DDR bereits 1950. Das lässt beliebige Interpretationen zu.

Es ist aus unserer Sicht auch alles andere als überzeugend, ein unterschiedliches Wahlalter für den Bund und das Land zu installieren. Damit würde der Eindruck verstärkt, dass die Landtagswahlen eine geringere Bedeutung und Qualität hätten.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Wie bereits ausgeführt, geht es bei der Altersgrenze um eine generelle Betrachtung, bei der es keine Ausnahmen geben kann. Mit 16 Jahren ist der Reifeprozess noch lange nicht abgeschlossen. Das führt dazu, dass der Jugendliche in der Tat leichter zu manipulieren ist, die Fähigkeit zur Abwägung noch unterentwickelt ist und junge Menschen tatsächlich eher zu extremen Positionen

neigen, auch im Sinne von, das ist gut und das ist schlecht und die Strafe muss ganz anders sein. Das habe ich häufig gemerkt bei Schulklassen bei Gericht.

Bei einer Absenkung des Wahlalters würde das Jugendwahlrecht zum Gegenstand der politischen Bildung an den Schulen werden, ganz besonders vor Wahlen. Hier ist das Risiko von subtiler Manipulation durch engagierte Lehrer, die natürlich Ihre Präferenzen für bestimmte Parteien haben, durchaus gegeben.

(Thomas Krüger, SPD: Ach so! Ah ja! Natürlich!)

Bei der Diskussion um die Herabsetzung des Wahlalters werden nicht nur ganz böswillige Zeitgenossen die Frage stellen, ob es den Antragstellern tatsächlich nur um das Wohl der Jugendlichen geht oder ob man sich davon auch Wahlvorteile erhofft.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Nee, die gerade nicht.)

Kinder und Jugendliche sind uns wichtig, sogar sehr wichtig. Wir müssen unsere Jugendlichen aber nicht mit einem Recht ausstatten, für dessen verantwortungsvolle Wahrnehmung sie noch nicht reif genug sind.

Noch ein paar Bemerkungen zu der Rede von Herrn Schulte. Er sprach von „Spiegelfechterei“, und das, meine ich, kann man ihm zurückgeben. Es ist in der Tat ein Glaubwürdigkeitsproblem, das ich hier auch sehe. Sie tun so, als ob die Herabsetzung des Wahlalters ein Ding von größter Bedeutung für die Verfassung, für das Land sei.

(Jochen Schulte, SPD: Das aktive Wahlrecht ist das schon.)

Es ist eine Altersgrenze, die man irgendwo treffen muss, die theoretisch bei 17 sein könnte,

(Jochen Schulte, SPD: Das habe ich auch nicht gesagt.)

natürlich auch bei 16 und bei 18, aber es soll eine ganz große Bedeutung sein.

(Jochen Schulte, SPD: Ich habe vom aktiven Wahlrecht gesprochen.)

Und Sie sagten, wegen des aktiven Wahlrechts, ja, Sie sagten, dass da – wenn überhaupt, dann dort – das Volk befragt werden müsse, und Sie tun so oder verkennen, was Sie sonst immer gerne behaupten, dass wir in einer parlamentarischen Demokratie leben und dass nach dem Verfassungsrecht allein dieser Landtag berufen ist, darüber zu entscheiden. Die Wahrheit ist doch die: Da Sie sich in der Koalition nicht einig sind, flüchten Sie in die Volksbefragung.

(Jochen Schulte, SPD: Stimmt doch gar nicht.)

Die Volksbefragung, eine Verfassungsänderung, die macht man aber nicht, weil irgendein Problem in der Luft ist, das man vielleicht damit lösen zu können meint, die macht man aus grundsätzlichen Erwägungen und muss immer für alles stimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jochen Schulte, SPD: Und es gibt in diesem Land nichts Grundsätzlicheres als das Wahlrecht der Menschen.)

Wir haben es doch im Ausschuss bei der Anhörung gehört, das haben doch die Sachverständigen Ihnen auch um die Ohren gehauen, dass es hier eine Flucht aus der Verantwortung ist. Die Verantwortung liegt beim Landtag, und wenn man sich nicht einigen kann und das in ganz wichtigen Fällen eine Gewissensfrage ist, dann gibt man die Abstimmung frei. Aber man tut nicht so, als ob man das nur mit einer Volksbefragung lösen könne, und tut auch nicht so, als ob DIE LINKE unbedingt in der Form, wie Sie die vorschlagen, diese Volksbefragung mitmachen müsse.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Nein, das ist Spiegelfechterei, die Sie selbst definiert haben. Sie täuschen die Allgemeinheit darüber, dass Sie sich – und das ist ja normal und gar nichts Schändliches –, Sie können sich über das Thema nicht einig werden, also nehmen Sie es von der Tagesordnung und dann ist es gut. Aber tun Sie nicht so, als ob deshalb und notwendigerweise wir hier eine Volksbefragung machen müssen,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

weil nur, wenn das Volk dazu seine Meinung sagt, man sich eine Meinung hier im Landtag bilden kann!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Marc Reinhardt, CDU: Das Volk ist Ihnen also nicht wichtig.)

Das Volk ist nicht wichtig, das ist eine tolle Interpretation! Dazu muss ich doch wohl nicht Stellung nehmen!

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Also, im Ergebnis sind wir der Meinung, dass eine Altersgrenze, ein Wahlalter von 18 vernünftig ist, dass es keine dringenden Gründe gibt, das abzusenken, und deshalb ist der Antrag der LINKEN abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz.