Aber was die AfD hier veranstaltet, übersteigt in der Tat meine Vorstellungen. Ich habe wirklich geglaubt, auch da könnten wir irgendwann einen Konsens finden und ein ernstes Thema mit Ihnen beraten. Aber es hat ja nicht einen einzigen Tag nach dem Anschlag gedauert, als Sie schon beraten haben, hier eine Sondersitzung durchzuführen.
aber Sie fordern mich förmlich heraus, Ihren Unfug noch einmal zu kommentieren. Und so ist es, Sie haben nicht mal 24 Stunden abgewartet,
Jetzt zitiere ich mal, da schreiben die „Bild-Zeitung“ und die FAZ: „Die Strategie scheint zu erklären, weshalb die AfD-Funktionäre dann so drastisch auf den Anschlag vom Breitscheidplatz reagieren. Da twittert André Poggenburg, Rechtsaußen aus Sachsen-Anhalt: ‚Das Gutmenschengejaule zu Terror in Berlin wird gleich einsetzen.‘“ Wie menschenverachtend!
„Aus der AfD-Jugend wünscht man dem SPD-Vize Ralf Stegner ‚fast Bekanntschaft mit einem Lkw-Reifen‘, weil dieser festgestellt hatte, dass es absolute Sicherheit in
einer freiheitlichen Demokratie nicht gebe. ‚Es sind Merkels Tote‘“ – das wurde hier heute schon gewähnt – „behauptet Marcus Pretzell, Chef“ des NDR, ach Quatsch, „der NRW“ …
„Pretzells Lebensgefährtin Petry sekundiert wenig später via Facebook: ‚Merkel und Co. tragen eine erhebliche Mitschuld!‘ … Schnell und zielgerichtet verbindet die AfD den Anschlag mit ihren Feindbildern, beantwortet die Schuldfrage, bevor die Hintergründe klar sind“. Genau das war Ihr Ausgangspunkt. Das war das Vorwort.
Und wenn Sie, Herr Komning, und auch andere Redner einfach behaupten, wir stocken die Polizei mit 150 auf, dann ist das eine glatte Lüge. Das wissen Sie auch ganz genau.
Wir werden unser Land um 300 Beamte operativ stärken. Im Jahr zuvor hatten wir schon einmal die Ausbildungszahlen erhöht.
Es geht nicht um 150. Und wenn Sie die Zahl tausendmal wiederholen, sie bleibt falsch und sie bleibt eine Lüge.
Dass Sie die Polizeiarbeit loben, das ehrt vor allen Dingen die Polizistinnen und die Polizeibeamten. Dass Sie daraus Ihr Kapital schlagen wollen und sich anbiedern, das ist doch mehr als offensichtlich!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind und bleiben bei den Opfern, bei den Toten und bei den Verletzten und deren Familienangehörigen. Fassungslosigkeit, Trauer und Wut – danach müssen allerdings Besonnenheit, politische Weitsicht und rechtsstaatliches Handeln in den Vordergrund gestellt werden. Davon bin ich heute eigentlich ausgegangen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Sie ist zu schützen und zu achten und ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das, was der Terrorist den Menschen nicht nehmen konnte, das war ihre Würde, weil die Würde – das ist ein Stück unserer Kultur – den Menschen weit vor ihrer Geburt verliehen wurde und mit dem Tod nicht endet.
In diesem Bewusstsein des Grundgesetzes und der Präambel unseres Grundgesetzes werden wir diese Verletzten und Toten niemals vergessen. Unsere Antwort wird nicht Hass und Terror sein. Wir, die demokratischen Kräfte in diesem Landtag, werden die neuen Herausforderungen im Kampf gegen den IS und seine Helfershelfer noch weiter intensivieren müssen. Darüber gilt es auch in der Zukunft stärker zu beraten und nach Lösungen zu suchen, aber nicht durch populistische Sondersitzungen.
„Schießbefehl“, „Abschottung“ könnte man die Sicherheit erhöhen und den Terrorismus bekämpfen, der irrt. Auch Sie, meine Damen und Herren der AfD, werden mit diesem dummen, populistischen Gerede Schiffbruch erleiden. Glauben Sie wirklich, wenn Sie Ihre Familien in ein Haus einmauern und einen Stacheldraht herumziehen, dass Ihre Familien in Freiheit leben können und dass der Terrorismus sie nie erreichen wird? Warum glauben Sie das denn von Deutschland?
Wir müssen, wenn wir über Terrorismus reden, unseren Menschen hier im Land auch sagen, dass sich die gesamte muslimische Welt im Krieg befindet, dass jeden Tag Hunderte von Muslimen Muslime umbringen – bestialisch.
Der Terror hat nicht gestern begonnen und wird nicht morgen aufhören. Das gehört zur Wahrheit. Er wird uns Jahrzehnte begleiten und er wird uns herausfordern. Das ist unsere Aufgabe, und nicht Parteiengezänk.
Der IS hat der Welt den Krieg erklärt. Nicht nur den Großmächten wie Russland, China, den USA und 60 weiteren verbündeten Staaten, nein, er hat auch die Expansion Europas in den nächsten fünf Jahren angesagt. Unser Verfassungsschutz – darauf können wir stolz sein – hat viele Kenntnisse über diese Vorhaben. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der AfD: Wollen Sie das alles mit Ihrem 5-Punkte-Programm, das Sie tatsächlich, wie hier oft genannt, irgendwo zusammengefasst und abgeschrieben haben, bewerkstelligen?
Das, was Sie fordern, will ich jetzt nicht wiederholen. Die operative Aufstockung der Polizei ist schon längst im Gange. Die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft – welche Sicherheitsvorteile soll es bringen? Die Vermischung von Sicherheitspolitik und Flüchtlingspolitik verschleiert eigentlich den Blick auf die Bekämpfung des Terrorismus. Grenzschließung bringt nicht mehr Sicherheit, denn die Gefährder, die wir in Deutschland haben
Die Zusammenarbeit – das will ich Ihnen sagen – oder, besser gesagt, die Sicherheit ist ein ursozialdemokratisches Thema. In den Konzeptionen der CDU und CSU und auch der SPD gibt es Gemeinsamkeiten, aber natürlich auch große Unterschiede. Die CDU/CSU konzentriert sich eher auf Gesetzesverschärfungen, die SPD sieht die Sicherheitspolitik als Einheit von Prävention, Stärkung vor allen Dingen des inneren Zusammenhalts unserer Gesellschaft und der Zusammenarbeit sowie der Stär
kung der Arbeit der Polizei, der Justiz, der Staatsanwaltschaft, also der inneren Sicherheit insgesamt.
Natürlich sieht die SPD auch gesetzlichen Handlungsbedarf, zum Beispiel bei der Videoüberwachung und bei der Überwachung des öffentlichen Raums. Wir sehen überhaupt nicht ein, weshalb Private das können und der Staat eben nicht. Und natürlich frage ich mich, und das fragt sich sicherlich jeder: Wie kann es sein – die Debatte wurde hier geführt, wie weit die Abschiebehaft geht –, wie können Gefährder in Deutschland leben? Wer ist Gefährder? Gefährder ist nicht unbedingt der, der eine Straftat in Vorbereitung oder in Durchführung hat, aber der Gefährder hat, zumindest nach meiner Auffassung, in Deutschland nichts zu suchen. So lange muss er in Abschiebehaft sein. Wie Sie diese Abschiebehaft nennen, ist für mich nicht das Thema.
Wir als SPD sagen natürlich auch, die Zusammenarbeit mit den Moscheen und Gemeinden im Rahmen der Präventionsarbeit ist genauso wichtig und schließt nicht aus, dass wir radikal-islamistische und salafistische Moscheen schließen. Null Toleranz gegen Hass-prediger ist genauso wichtig wie die Prävention und die Repression. Der Kampf gegen den islamistischen Terror kann nicht nur mit polizeilichen – und so kam es ja heute oftmals zum Ausdruck – und nachrichtlichen Mitteln geführt und auch gewonnen werden, es ist an der Zeit, dass wir der Kommunikationszentrale des Dschihad etwas entgegenzusetzen haben. Wir brauchen also eine große deutsche, aber auch europäische Initiative aller sozialen Medien und Netzwerke gegen diese Propagandaarbeit. Scheinlösungen wie Transitzonen, meine Damen und Herren, bringen niemandem Sicherheit. Alle Täter, die 2016 in Deutschland waren, sind hier radikalisiert worden.
Es gibt eine Reihe von Vorschlägen der Gewerkschaften. Und der Gewerkschaft der Polizei kann man ja nun wirklich nicht nachsagen, dass sie entweder links- oder rechtsorientiert wäre. Aber ich denke, auch da hat die SPD signalisiert, mit der Gewerkschaft über diese Punkte nachzudenken und zu sprechen, nämlich über die Vereinheitlichung aller Datensysteme der Sicherheitsbehörden. Da kann ich nur aus meinem eigenen Erleben sprechen, wie es mit dem Datenabgleich und dem Datenfluss in der Polizei und darüber hinaus in den letzten 20 Jahren und länger aussah.