Protokoll der Sitzung vom 14.12.2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Oldenburg macht oft mal einen Scherz über meinen Nachnamen, der an der Stelle jetzt nicht Programm sein soll.

(allgemeine Heiterkeit – Ann Christin von Allwörden, CDU: Besser mit Pegel!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst herzlichen Dank für den Antrag. In der Sache, da bin ich mir ziemlich sicher, werden Sie im Hause wenig Widerspruch finden, Komma, aber – und ich glaube, jetzt muss man die Aber-Fragen dranhängen –:

Erstens. Sie argumentieren mit Feststellungen sehr hoher, im Übrigen dann im Straftatenbereich befindlicher Alkoholfahrten. Diejenigen, die heute mit 1,5/1,7/3,5 Promille im Fahrzeug festgestellt werden, überraschen mich erstens schon damit, dass sie das Auto noch aufkriegen und reinkommen.

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD)

Nun mache ich vielleicht meinen eigenen Alkoholumgang zu sehr zum Maßstab für andere, aber es sind zumindest Werte, wenn Sie oberhalb von drei Promille sich bewegen und noch ein Fahrzeug führen, ist das schon ein hoher Gewöhnungsstand, um das mal vorsichtig zu formulieren. Medizinerinnen und Mediziner nennen es im Übrigen drastisch anders.

Zweitens. Das ist auch schon heute verboten, aber um jedes Missverständnis rauszunehmen, es ist nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, weil das 0,5 überschreitet,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Genau.)

sondern sie sind so deutlich über der 1, dass sie ohne jeden weiteren Fahrfehler, selbst wenn sie vermeintlich

fahrsicher unterwegs sind, schon in der sogenannten absoluten Fahrunsicherheit, der Fahruntüchtigkeit sind, sie sind in der Straftat. Das heißt, ich rede jetzt über Fälle, bei denen ich mich sorgen muss, dass sie es offenbar mit der Rechtsordnung nicht ganz so ernst nehmen. Ob ich die jetzt eher erreiche, wenn ich sage, du darfst gar keinen Alkohol trinken, als die, zu denen ich sage, du durftest maximal 0,5 Promille haben oder unter 0,5 Promille, um nicht im Ordnungswidrigkeitenbereich zu sein, davon bin ich nicht so überzeugt.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Wer sagt, ich fahre trotzdem und bin so rechtsuntreu, den hole ich auch mit der 0,0 nach meinem Bauchgefühl nicht ab, erstens.

(Beifall Wolfgang Waldmüller, CDU)

Zweitens. Ja, Unfallschwerpunkt ist oder eine der Hauptunfallursachen ist in der Tat Alkohol, aber wieder in diesem höheren Promillebereich. Und wieder der Hinweis: Ich fürchte, dass ich die nicht mit 0,0 stärker erreiche als anders. Das ist einfach ein Bauchgefühl. Und wenn ich reinhorche, auch zu DDR-Zeiten, wo es ja strenge Regeln gab, gab es auch schon diejenigen, die glaubten, sich im dörflichen Raum nicht daran halten zu müssen. Da ist eine Rechtsuntreue, die sich nicht an den gesetzlichen 0,5/0,0/1,0/1,1 festmacht, sondern sagt, packe ich schon.

Drittens. Sie haben so ein bisschen die Sorge geäußert, mancher trinkt sich an die 0,5 ran. Vielleicht ist das der Hintergrund Ihrer Idee. Wer sich an 0,5 rantrinkt und dann mit 1,7 aussteigt, ich bin mir nicht sicher, ob das nur die sind, die sich versehentlich „über rangetrunken“ haben. Mein Bauchgefühl sagt mir …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Als juristischer Referendar hatte ich die Gelegenheit, bei der Staatsanwaltschaft zusammen mit der DEKRA so eine Trinkprobe zu machen mit ganz vielen Kolleginnen und Kollegen. Es gibt einen signifikanten Gefühlsunterschied zwischen 0,5 und 1,7.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Schwanken und tot!)

Ja, also, das kann ich jedem garantieren. Ich war noch nicht bei 1,7 und der Gefühlsunterschied war schon deutlich darunter spürbar.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Auch zu sagen, Mensch, mancher vertut sich vielleicht, weil wir ihm erlauben, ein bisschen zu trinken, und dann trinkt er leider einen mehr – mit einem mehr kommen Sie nicht in den Promillebereich von 1,5/1,6/1,7. Wer mal schaut, mit so einem Trinkversuch, wie viel man sich reintun muss, um diese Werte zu erreichen, da kann keiner behaupten, ich dachte, ich hatte mich nur so knapp unter 0,5 bewegt. Meine Sorge ist, die Rechtsuntreuen kriegen wir mit Ihrer Regelung nicht.

Gleichwohl, um das deutlich zu sagen, bin ich dicht bei Ihnen, weil ich auch schon unter 0,5 Fahrunsicherheiten

haben kann, die ich selbst nicht bemerke – Klammer auf: die ich im Übrigen trotzdem über Strafrecht reinhole, weil auch dann der Paragraf 316 sagt, Fahrfehler plus berauschendes Mittel. Wenn ich erkennbar aus dem berauschenden Mittel heraus einen Fahrfehler gemacht habe, bin ich trotzdem dran. Aber Ihre Signalwirkung finde ich richtig, die Signalwirkung zu sagen, entweder fahren oder Alkohol.

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Genau.)

Ja, das ist die Alternative und ich glaube, in der sollten wir uns argumentativ bewegen. Dann sind Sie aber in keinem Neuland in diesem Landtag, in dieser Legislatur schon. Aber es gibt, ich glaube, schon aus den 90erJahren, breitest getragene Beschlüsse. Jetzt muss ich die angucken, die ganz viel Erfahrung im Landtag haben, breitest getragene Beschlüsse, dass man sich genau für diese aus der DDR bekannte Regelung einsetzt, entweder fahren oder Alkohol, und man möge das umsetzen. Das gilt im Übrigen in den ostdeutschen Bundesländern insgesamt. Alle Bemühungen, bundesweit da zu Veränderungen zu kommen, führen zu einer merkwürdigen Gegensituation Ost gegen West.

(Dietmar Eifler, CDU: Ja.)

Und von daher: Wir haben die Grundlagen. Die Landesregierung, ich weiß, Lorenz Caffier sagt mir wiederholt, er ist dicht bei uns bei dem Thema. Wir haben da Übereinstimmung. Wir kriegen aber die Mehrheit nicht hin. Es gibt Landtagsbeschlüsse, es gibt klare Positionierungen dieses Landes, von daher ist es eher ein Problem, dass es kein bundesweites Einsehen gibt. Sie müssten jetzt also ein Stück weit kämpfen in den elf westdeutschen Landtagen. Da müssten wir Leute abholen. Sie haben ja zwischenzeitlich mehrere Farbwechsel hinter sich.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Freie Wähler gibt es an verschiedenen Stellen. Von daher glaube ich, da wäre ein echtes Nadelöhr, auch zu gucken, was gelingt auf bundesweiten Parteitagen.

(Andreas Butzki, SPD: Aber da werden die bayerischen Freunde nicht mitmachen. Das glaube ich niemals.)

Meine Damen und Herren, zu guter Letzt: Bei der Regelung, die Sie vorschlagen, würde ich eine andere Formulierung anraten. Wenn Sie 0,0 sagen, kriegen Sie nämlich im Westen sofort die, die sich klugscheißernd zurücklehnen und sagen, da habt ihr ja wieder was angerichtet. Jetzt darf ich ja nicht mal mehr Hustensaft nehmen, bescheuerte Regelung.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich würde immer sagen, keinen Alkohol, weil Sie schon mit ein bisschen Hustensaft irgendwo zwischen 0,05 und 0,15 schaffen können, und ich würde keinem sein Medikament wegnehmen wollen und auch niemandem seine Mon Chéri. Die Dinge bringen uns nicht um. Deshalb rege ich an, wenn Sie auf einen Paragrafen gucken, dann würde ich erstens ins Straßenverkehrsgesetz schauen, da ist es geklärt, zweitens, nicht in 24a, sondern in 24c schauen. Der 24c enthält für einige wenige Gruppen schon heute die Regelung, die wir beide für richtig halten, nämlich für Fahranfänger innerhalb der

Probezeit. Und da steht nicht 0,0 Promille drin, sondern kein Alkohol und keinen Einfluss berauschender Mittel, Punkt, und er sieht es vor für bis 21-Jährige, weil man da eine Hochrisikogruppe hat, die man irgendwann aus der Ursachenforschung heraus genau in diesen Tatbestand aufgenommen hat.

Den hielte ich im Übrigen, wenn man einfach die beiden Sondergruppen ausstriche, für vollkommen ausreichend. Er würde nach meiner Überzeugung das erfüllen, was Sie antreibt und uns im Übrigen auch. Aber noch mal: Darüber gab es in diesem Landtag bereits Einigkeit. Unser Problem ist nicht der Landeskonsens, sondern leider die Frage, wie wir mit anderen Bundesländern in Konsens kommen, und zwar auch in Bundesländern, die das für ein Kulturgut halten. Es wurden die bayerischen Kolleginnen und Kollegen angesprochen, die haben ein anderes Verständnis dazu.

Ich kann immer nur jedem anraten, in südwestlichen Bundesländern in Uni-Mensen zu gehen. Sie kriegen dann ein Gefühl dafür, wenn es Bier und Wein in der Mensa gibt, wenn man sagt, das ist doch ein Teil unserer Kultur. Gucken Sie sich im Vergleich dazu unsere Mensa an, wo es das nicht gibt. Dann kriegt man ein Gefühl dafür, dass da anders getickt wird. Das gilt im Übrigen auch für große Betriebe mit ihren Mensen. Das ist da einen Hauch anders. Ich bin trotzdem bei Ihnen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Weißig?

Gerne.

Bitte schön, Frau Weißig.

Herr Minister, glauben Sie nicht, wenn man … Bei vielen Menschen ist es so, wenn man ein Glas trinkt, dass es schon beginnt, dass man sich enthemmt und

(Zurufe aus dem Plenum: Oooh!)

dass man sagt, ach, ein zweites geht auch noch? Denke ich mal.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Manfred Dachner, SPD: Ja, ja, ja, da können Sie ja jetzt viel behaupten!)

Ich hoffe, ich habe eben den Satz deutlich formuliert. Ja, ich habe gesagt, dass ich glaube, dass auch unter 0,5 schon Beeinträchtigungen sind, und habe auf Paragraf 316 StGB hingewiesen, ein Straftatbestand, der Fahren unter Alkohol auch unter 0,5 verboten macht, wenn ich dann Fahrfehler begehe. Ich bin dicht bei Ihnen, ja.

In dem Bereich bin ich im Übrigen noch immer juristisch unterwegs. Sie werden ein dickes Buch finden, wo ich genau dazu was schreibe. Da gehöre ich zur Minderheit bei den deutschen Strafrechtlern, die behaupten, selbst unter 0,3 kann eine relative Fahruntüchtigkeit vorliegen. Wenn ich Alkohol getrunken habe plus Fahrfehler, bin ich da völlig schmerzfrei. Also ich gehe davon aus, ja, Sie haben recht, die Enthemmung findet schon vorher statt. Unser gesellschaftliches Problem ist, dass wir die immer alle ein bisschen leugnen.

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

Deswegen noch mal: Ich bin in der Sache dicht bei Ihnen. Wir sind überhaupt nicht auseinander. Die Enthemmung geht in ganz kleinen Schritten,

(Manfred Dachner, SPD: Die Enthemmung beginnt bei einem Glas Wasser!)

das ist der Haken, deswegen spürt man sie wenig. Es nützt mir aber nichts, wenn wir uns hier einig sind, das war sich dieser Landtag schon wiederholt, aber ich kriege es mit anderen Bundesländern nicht hin, weil sie einen bundesweiten Konsens brauchen in der Sache, völlige Einigkeit.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Freien Wähler in Bayern wollen eine Bundesratsinitiative starten.)

Meine Damen und Herren, die Bundesratsinitiativen, die bisher gelaufen sind, sind gescheitert, und sie helfen in solcher Sache im Übrigen nichts.