Protokoll der Sitzung vom 14.12.2018

Meine Damen und Herren, die Bundesratsinitiativen, die bisher gelaufen sind, sind gescheitert, und sie helfen in solcher Sache im Übrigen nichts.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Die Freien Wähler in Bayern wollen eine Bundesratsinitiative starten!)

Ach so, Entschuldigung! Da sind wir doch gerne dabei. Das ist doch schön.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass Sie recht haben. Momentan kommen wir aber bundesweit nicht weiter. Deswegen wird diese Landesregierung ihren Kurs „Klarer Kontrolldruck“ fortsetzen. Ich bin mir sicher, die Justiz in ihrer Unabhängigkeit wird auch weiterhin klar mit Strafen reagieren, die eine Signalwirkung setzen. Wir werden weiterhin präventiv tätig sein. Eine Prävention ist, dass wir das Fifty-Fifty-Ticket als Ministerium finanzieren. Ich sage nichts weiter dazu, weil Sie signalisiert haben, Sie wollen dazu was sagen. Ich glaube, dass wir damit an Wochenenden jungen Fahrerinnen und Fahrern ein Signal senden. Aber noch mal: Das sind die, die heute oft schon gar nicht mit Alkohol fahren dürfen, weil sie „bis 21“ sind und noch in der Probezeit.

Wir werden weiterhin das tun, was unser Verkehrsministerium, aber vor allem die Straßenverkehrswacht und verschiedene Trägerinnen und Träger anderer Bereiche, Polizei zum Beispiel, gemeinsam machen: die Prophylaxe durch Erschrecken. Wenn Sie ans Uniklinikum Greifswald gehen, werden dort regelmäßig Berufsschulklassen eingeladen. Die Idee ist, sie vom Schockraum, das heißt, da, wo der Rettungswagen Schwerstverletzte anbringt, zu begleiten durch alle Räume, die so jemand durchlaufen muss, im Extremfall leider bis in den Raum, wo Leichen gekühlt werden, und sie vor allen Dingen mit Rettungssanitätern, mit Notärzten, zum Teil mit Seelsorgern reden, manchmal auch mit Eltern, die ihr Kind auf diese schreckliche und tragische Weise verloren haben.

Wenn Sie die erleben, ich habe das einmal getan, wie die reinkommen und alle ganz cool sind und noch locker, und wenn die so eineinhalb Stunden da durch sind und am Ende eine kurze Abschlussrunde machen, wie mucksmäuschenstill so ein Hörsaal ist, wenn selbst die kerligen Kerle einmal so ein Gefühl dafür gekriegt haben, wenn gestandene Polizeibeamtinnen und -beamte, ge

standene Rettungssanitäter ihnen sagen, wie schwer das Gefühl ist, wenn man in einer Samstagnacht jemanden aus dem Auto zieht und sagt, meine Arbeit war leider vergeblich und jetzt muss jemand zu den Eltern gehen. Ich habe den Eindruck, dass diese Arbeit mindestens den gleichen Wert hat, selbst für die, die es mit dem Recht nicht immer perfekt nehmen wollen. So ein kurzes Erschrecken wirkt hoffentlich mehr als der Paragraf, den mancher nicht sofort verstehen will oder mag, vielleicht auch nicht kann.

In der Sache gibt es Einigkeit. Es gibt schon Beschlüsse, ich glaube deshalb, dass unsere anderen Arbeitsweisen fortgesetzt werden sollten und müssen. Gerade diese Versuche, junge Menschen mitzunehmen – die sind das Hochrisikopotenzial an dieser Stelle –, sind wesentlich. Aber am Ende, und das dann in die Runde gerufen, und zwar in das gesamte Mecklenburg-Vorpommern hinein: Wenn jeder von uns, wenn er merkt, dass jemand doch einen im Tüddel hat, sich den Mut fasst zu sagen, komm, lass den Schlüssel liegen, entweder ich fahre dich oder du schläfst hier, dann wäre schon eine Menge gewonnen. Kaum eine Alkoholstraftat im Verkehr passiert so, dass jemand heimlich trinkt, heimlich einsteigt, heimlich fährt, sondern meistens gibt es vorher Berührungen. Wenn wir da alle miteinander uns die Zivilcourage nähmen – und die findet im Übrigen zig-fach am Tag vermutlich statt, die wird bloß nicht so öffentlich –, jemandem zu sagen, wir kennen uns gut, sei bitte nicht böse mit mir, sei nicht beleidigt, aber momentan bist du nicht mehr fahrtauglich, hätten wir schon eine Menge gewonnen, weil in der Tat, und da haben Sie recht, die schrecklichen Ergebnisse von Alkoholfahrten sind uns allen vor Augen.

Und noch mal: Wer so eine Jugendtruppe mal begleitet bei diesem Kurs, der sieht, wie verheerend das auch bei denen, die helfen, wirkt. Das sind schon traumatische Erlebnisse.

Ich drücke uns trotzdem die Daumen, dass in den nächsten Jahren auch der Westen aufwacht. Hier im Osten hatten wir unsere Einigkeit schon hergestellt. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich glaube auch, 0,0 Promille ist überspitzt formuliert. Ich würde lieber sagen, entweder fahren oder Alkohol, ist der richtige Kurs. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und AfD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geehrter Herr Minister Pegel, Sie haben mir fast alle Argumente vorweggenommen, aber zu Recht. Dennoch werde ich hier auf den einen oder anderen Aspekt, den Frau Weißig eingebracht hat, eingehen.

Frau Weißig, Sie haben in Ihrer Einbringung gemeint, dass es unlogisch sei, dass Fahranfänger 0,0 Promille einhalten müssen, oder der Minister hat es ja dann richtig ausgeführt: Im Paragrafen 24c steht, ohne Alkohol. Das ist mitnichten unlogisch, denn die alkoholbedingten Un

fälle, wenn ich die in Altersgruppen aufteile, haben ihren größten Peak, also den größten Ausschlag, genau in dieser Altersgruppe. Deswegen ist der Paragraf 24c Straßenverkehrsgesetz absolut sinnvoll.

Ihre Beispiele, die Sie hier angebracht haben vorhin, die lagen alle über 0,5 Prozent. Ich sehe es genauso wie Herr Pegel, meine Fraktion im Übrigen auch: entweder fahren oder trinken. Das muss getrennt sein voneinander. Aber nur, weil eine Minderheit genau mit dieser Unterscheidung nicht klarkommt, dürfen wir nach meinem Dafürhalten nicht alle Bevölkerungsteile gängeln. Es gibt auch den moralischen Anspruch, den ich an unsere Bürger stelle und den unsere Bürger größtenteils erfüllen, und zwar verantwortungsvoll mit Alkohol im Straßenverkehr umzugehen. Deswegen das jetzt absenken zu müssen auf 0,0 Promille beziehungsweise ganz ohne Alkohol, ginge mir zu weit.

Frau Weißig, Sie haben vorhin den Deutschen Verkehrssicherheitsrat angesprochen. Ich habe da auch mal eine Statistik bemüht: Die häufigsten Unfallursachen sind im Übrigen falsches Abbiegen, Vorfahrt missachten, Abstand nicht eingehalten und vor allen Dingen Geschwindigkeitsübertretung. Alkohol am Steuer sind lediglich drei Prozent der gesamten Verkehrsunfälle.

Da bin ich ganz bei unserem Minister. Wir sollten den Kontrolldruck weiter aufrechterhalten, nach Möglichkeit sogar erhöhen, aber nicht durch das Absenken von Promillegrenzen zu der Meinung kommen, dass das Absenken von Promillegrenzen die alkoholbedingten Unfälle verringern wird.

Als ganz plastisches Beispiel kann ich auch nur sagen, was Herr Pegel gesagt hat, das Begleiten von diesen Helfern. Ich selbst habe mehrfach, ich formuliere es mal salopp, tote Menschen von den Bäumen gekratzt, tote Menschen vom Auto gekratzt, ich habe mehrfach Todesnachrichten überbringen müssen. Das ist, glauben Sie mir, kein Spaß und das bringt auch den gestandensten Kerl dazu, sich eine Träne aus dem Knopfloch zu drücken.

Das Beispiel DDR ist genannt worden. Die 0,0-PromilleGrenze gab es in der sowjetischen Besatzungszone, in der Deutschen Demokratischen Republik, und trotzdem waren an der Gesamtzahl der Verkehrsunfälle die alkoholbedingten Unfälle höher als in der Bundesrepublik, also auch hier wieder ein Indikator dafür, dass wir mit dem Senken der Promillegrenze auf 0,0 nicht das erreichen werden, was Sie sich wünschen.

(Torsten Renz, CDU: Wo sehen Sie die Ursache dafür, dass es so war?)

Das ist eine gute Frage,

(Andreas Butzki, SPD: Das war aber eine schwierige Frage!)

dazu habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich habe ja noch ein bisschen Redezeit, ich denke im Hinterkopf ein bisschen darüber nach, vielleicht kann ich Ihnen eine Antwort liefern, Herr Renz.

(Torsten Renz, CDU: Während des Redens denken Sie über meine Frage nach, ja?!)

Ja, multitaskingfähig.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Aber wenn Sie eine Frage haben, Herr Renz, dann können Sie doch auch ans Mikrofon treten und nachfragen, ob ich Ihnen eine Frage beantworten würde.

(Torsten Renz, CDU: Alles klar! Schauen wir mal!)

So läuft es doch normalerweise.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Jetzt haben Sie mich aus dem Konzept gebracht,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU, AfD und Freie Wähler/BMV – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

und genau das wollten Sie, aber das passt schon, das kriegen wir hin.

(Torsten Renz, CDU: Also warum die in der DDR so viel getrunken haben, war die Frage!)

Ich finde wieder zurück.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, Torsten Renz, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Einen Moment, Herr Fraktionsvorsitzender!

Gestatten Sie mir den Hinweis, Herr Renz. Es war ja durchaus berechtigt zu sagen, dass man, wenn man konkrete Fragen an den Redner hat, auch die Zwischenfragemöglichkeit nutzen kann.

(Manfred Dachner, SPD: Man kann auch auf die Frage verzichten! – Peter Ritter, DIE LINKE: Provozieren Sie es nicht, Frau Schlupp! – Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Der Minister hat es angesprochen, wir sollten an dem festhalten, was wir hier im Land haben, und das nach Möglichkeit ausbauen.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

Das Fifty-Fifty-Taxi ist eine sehr gute Geschichte für Jugendliche, Heranwachsende, für die Fahranfänger. Da stellt das Innenministerium im Verbund mit der AOK und der Taxigenossenschaft 90.000 Euro im Jahr zur Verfügung, die auch fast vollständig abgerufen werden. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir nicht Alkoholsimulatoren zur Pflicht machen bei der Ausbildung in der Fahrschule, damit die jungen Leute ein Gefühl dafür kriegen, wie Alkohol sich auswirkt auf die Sinnesorgane und dementsprechend auf das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr.

In diesem Sinne kann ich Ihnen nur sagen, danke der Linksfraktion für den Änderungsantrag, darüber haben wir schon gesprochen. Ansonsten ist Ihr Antrag abzulehnen. – Herzlichen Dank.

Herr Fraktionsvorsitzender, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder jetzt eigentlich eine Nachfrage von Frau Weißig?

Natürlich.

Bitte schön, Frau Weißig.

Herr Kramer, meinen Sie nicht, wenn bei null Promille nur ein Mensch dadurch gerettet wird,