Protokoll der Sitzung vom 25.01.2017

Ich will der künftigen Entwicklung nicht vorgreifen, aber es deutet einiges darauf hin, dass die AfD-Fraktion auf den Pfaden des Schweriner Weges wandelt, allerdings in die falsche Richtung und auf der falschen Straßenseite.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie sind ein übler Demagoge, ein ganz übler!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist gerade für unser Bundesland von enormer Bedeutung. Wer hier Zweifel hat, der möge sich die umfangreichen Passagen im Urteil und die Begründung dick anstreichen. Der Antrag ist für all jene Bürgerinnen und Bürger in unserem Land von Bedeutung, die sich den alten und neuen Nazis entgegenstellen, und für die ist das Urteil bitter.

Herr Ritter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvorsitzenden Holm? interjection: (Zustimmung)

Bitte schön, Herr Holm.

Herr Ritter, es ist ja ehrenwert, dass Sie sich hier gegen den Rechtsextremismus aussprechen. Das tun wir auch als Alternative für Deutschland,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Ach so?)

das ist schon mal klar. Das hat doch damit nichts zu tun. Es geht doch darum,

(Zurufe aus dem Plenum: Frage, Frage!)

es ist nur die Frage, ob ein Verbotsverfahren richtig oder falsch ist. Darüber diskutieren wir.

Was ist denn nun Ihre Frage? Das geht von meiner Zeit ab.

Einen Moment, meine Herren!

Ich habe versucht, hier eine Frage zuzulassen. Wenn das jetzt in einen Dialog ausartet, möchte ich noch mal auf die Geschäftsordnung verweisen. Es sind Zwischenfragen zulässig, der Redner kann sie zulassen und die Zwischenfrage ist kurz und präzise zu stellen. Es gibt keine Zwischenerläuterungen, es gibt keine Debatten zwischen den anderen Abgeordneten. Wenn sich beide Herren und alle Abgeordneten hier in diesem Hause an diese Regel halten, dann würde ich jetzt die Frage wieder freigeben.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Herr Ritter, liegt es vielleicht daran, dass Sie nur vom Rechtsextremismus sprechen, weil Teile Ihrer Partei im Verfassungsschutzbericht auftauchen, Sie dort also vertreten sind als extremistische Plattform in Ihrer Partei?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Herr Holm, Sie haben offensichtlich den Antrag nicht gelesen. In Punkt 5 nehmen die drei Fraktionen, die antragstellend sind, explizit Stellung zu allen Extremismusformen,

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

zweitens gibt es eine extremistische Plattform meiner Partei nicht.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sowohl das Urteil selbst als auch der vorliegende Antrag lassen erkennen, der Kampf gegen Rechtsextremismus ist nicht zu Ende, er muss vielmehr noch härter und konsequenter geführt werden. Wir müssen das Urteil aber auch nutzen im Kampf gegen alles und alle, die mit ihrem Populismus den Rechtsextremismus und Rassismus salonfähig machen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Denn genau diesen Rassismus, Herr Professor Weber, den Höcke und andere verbreiten, hat das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Das ist nicht mehr allein Provokation, das ist langfristiges Programm und Sie müssten es am besten wissen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Bei der Frage der Wesensverwandtschaft der NPD mit dem Nationalsozialismus hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich Aspekte der Sprache, der Symbolik und des Geschichtsverständnisses hervorgehoben. Dies alles sind keine abstrakten Fragen, sondern konkrete Probleme auch für diesen Landtag, wie wir bei der Fraktion an der Fensterfront sehen. Trotz aller Abgrenzungsbeschlüsse gelingt es der AfD nämlich nicht – anders, als Herr Holm hier behauptet hat –, ideologische und personelle Überschneidungen zu rassistischen, antidemokratischen und rechtsextremen Tendenzen zu überdecken.

Für den Kollegen Arppe zum Beispiel ist das ohnehin nur Abgrenzeritis. Damit steht er allerdings auf dem Boden der Erfurter Resolution, die von AfD-Funktionä- ren unterzeichnet worden ist, unter anderem von der AfD-Landesschatzmeisterin aus Mecklenburg-Vorpommern,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

die in einer Verengungstendenz als in einer tatsächlichen Abgrenzung gegenüber dem Rechtsextremismus eine Gefahr für die AfD sieht.

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Wenn der Kollege Arppe dann zum Beispiel auch praktisch den engsten Schulterschluss mit der Identitären Bewegung in Rostock vollzieht, dann kann das problematisch werden für die parlamentarische Arbeit, etwa bei der Mitwirkung in der PKK, Herr Arppe.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Holger Arppe, AfD: Sie haben doch da draußen demonstriert mit der DKP, mit den Verfassungsfeinden!)

Einen Moment! Herr Ritter, einen kleinen Moment!

Ich wiederhole meine Hinweise aus der vergangenen Landtagssitzung. Zwischenrufe sind zulässig. Sie sollen vielleicht den Redner auch dazu bringen, auf bestimmte Aspekte einzugehen, aber das, was jetzt hier kommt, führt dazu, dass der Redner hier vorn nicht mehr zu verstehen ist. Ich bitte wirklich darum, Zwischenrufe auf das Maß zu begrenzen, das dem Redner vorn die Gelegenheit gibt, seine Rede einigermaßen ungestört fortsetzen zu können.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das war heute Morgen bei Herrn Borschke auch so, ohne dass man eingeschritten ist.)

Ich möchte jetzt noch einmal darauf hinweisen – das ist heute auch schon gesagt worden –, ich werde die Redezeit von Herrn Ritter um die von mir in Anspruch genommene Zeit, diese Erläuterungen zu geben, ergänzen und möchte dann trotzdem fortfahren und darauf hinweisen, dass Kommentare zu den Entscheidungen hier im Präsidium und zu meinen Hinweisen nicht zulässig sind. Von daher bitte ich alle noch mal darum, sich das alles vor Augen zu halten.

Jetzt, Herr Ritter, können Sie fortsetzen. Ich gucke, wie viel Zeit ich Ihnen dazugebe.

Danke schön, Frau Präsidentin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag versteht das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ausdrücklich als Aufruf an die staatlichen Institutionen und die Zivilgesellschaft, zum Kampf gegen den Rechtsextremismus und Rechtspopulismus alle geeigneten Mittel einzusetzen. Ausdrücklich angesprochen werden Polizeirecht und Strafrecht. Wie im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung erwarte ich auch hier eine Prüfung der bestehenden Regelungen und gegebenenfalls Vorschläge für eine Fortschreibung. Für den Bereich zivilgesellschaftliche Initiativen sollte auch unser Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken“ zu einer noch wirksameren Agenda fortgeschrieben und zukünftigen Herausforderungen angepasst werden. Daher unser Antrag zum Programm am morgigen Tag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn heute in einem deutschen Parlament von Kollegen der AfD-Fraktion gefordert wird, Fördergelder für NS-Gedenkstätten zu streichen oder Schülerfahrten zu Gedenkstätten des nationalsozialistischen Unrechts zu beenden, dann ist das nicht mehr länger ein rhetorischer Tabubruch der AfD, nein, das sind Bestandteile eines menschenverachtenden Programmes. Das ist die Legitimation des vorliegenden Antrages, nämlich Verfassungsgegnern entschieden entgegenzutreten. – Recht herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Fraktionsvorsitzende Herr Krüger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere: „Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist um des Menschen willen da; es hat die Würde aller in diesem Land lebenden oder sich hier aufhaltenden Menschen zu achten und zu schützen.“ Das klingt vielleicht etwas pathetisch, es ist aber richtig. Es ist aus meiner Sicht der wichtigste Satz unserer Landesverfassung. Unsere Verfassung bildet gemeinsam mit dem Grundgesetz auch die Grundlage unserer Arbeit hier im Landtag. Die Landesverfassung und das Grundgesetz definieren die Würde des Menschen allumfassend, das Grundgesetz mit dem Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Die NPD trat und die NPD tritt diesen Satz mit Füßen, mancher mag anfügen, sie tritt sie auch im wörtlichen Sinne mit Füßen.

Im Grundsatzprogramm der NPD definiert sie die Würde des Menschen ganz anders. Hier steht der Satz, ich zitiere: „Volkstum und Kultur sind die Grundlagen für die Würde des Menschen.“ Zitatende. Das heißt, für die NPD ist die Würde des Menschen eben nicht allumfassend. Die NPD definiert die Würde des Menschen völkisch und kulturell.

Das, meine Damen und Herren, sind keine semantischen Spielereien, das ist gefährlich, weil es die Grundlagen unseres friedlichen Zusammenlebens infrage stellt. Die NPD hat in Wort und Tat gezeigt, dass sie willens ist, eine andere Gesellschaft aufzubauen, eine Gesellschaft, in der der freiheitlich-demokratische Staat abgeschafft werden soll. An dessen Stelle soll dann offenbar eine völkisch ausgerichtete Diktatur treten.

Meine Damen und Herren, deswegen haben wir gemeinsam das Verbotsverfahren gegen die NPD angestrengt. Deswegen haben wir gemeinsam mit anderen Ländern Material gesammelt, um den Verbotsantrag zu untermauern. Deswegen haben wir vor Gericht für unsere Sicht auf die Dinge zur NPD gestritten.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Und verloren.)

Nein, wir haben nicht verloren,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Doch.)

Herr Professor Weber, wir haben nicht verloren, denn das Bundesverfassungsgericht hat zweifelsfrei eine ganze Menge Dinge festgestellt:

erstens, dass die NPD eine verfassungsfeindliche, menschenverachtende Partei ist,

zweitens, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland beseitigen möchte,