Thomas Krüger

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuallererst möchte ich mich mal bei Frau Kröger bedanken. Frau Kröger, das war eine sehr sachliche, eine sehr gute Rede,
und insbesondere der letzte Teil, den Sie gehabt haben, den kann ich zu 100 Prozent unterstützen.
Im Gegensatz dazu hat uns Herr de Jesus Fernandes eben gerade gezeigt, wofür die Reden sind.
Die Reden sind nicht dafür, dass wir uns hier im Plenum austauschen, die Reden sind nicht dafür, dass wir hier miteinander die besten Konzepte finden,
sondern die Reden sind für Social Media, und zwar zugeschnitten für Social Media. Und da geht es eben nicht um Fakten, sondern es geht um Scharfmachen. Das ist das, was die AfD hier tut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja nicht die erste Debatte. Wir haben schon des Öfteren über den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk hier miteinander gesprochen, und auch in früheren Zeiten sind hier Aussagen gekommen. Und ich will daran erinnern, dass die AfDFraktion in früheren Zeiten sehr deutlich gesagt hat, worum es ihr geht. Es geht ihr nämlich darum, dass die Berichterstattung aus ihrer Sicht falsch ist und sie schlicht und einfach deswegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ablehnt.
Und, meine Damen und Herren, genau das Gegenteil ist ja richtig. Wir brauchen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, weil wir eben keine Fake News brauchen, weil wir eben mit Fakten agieren wollen,
weil wir öffentlich die Dinge auch transparent dargestellt haben wollen.
Meine Damen und Herren, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unabhängig, und dafür gibt es unabhängige Kommissionen, und das passt offenbar der AfD nicht.
Die Mitglieder dieser Kommissionen kommen breit aufgestellt aus der Gesellschaft. Ich habe eben noch einmal nachgeguckt, wie der Rundfunkrat des NDR aufgestellt ist. Da ist beispielsweise ein Wissenschaftler der Uni Rostock der Chef, da sind Lehrer drin,
da ist jemand drin, der im Bereich von den sozialen Wohlfahrtsverbänden unterwegs ist, und so weiter und so weiter, also breit aufgestellt.
Und ich will hier noch mal deutlich machen, es hat zwölf Jahre lang, zwölf Jahre lang keine Gebührenerhöhung gegeben. Und natürlich verstehe ich jeden, der sagt, Mensch, und jetzt soll ich mehr Geld zahlen?!
Ich kann das verstehen. Ich kann jeden verstehen, der sagt, jetzt soll ich mehr Geld zahlen, und das gefällt ihm nicht. Trotzdem werbe ich dafür, dass wir diese Gebührenerhöhung mitmachen, dass wir die 86 Cent pro Monat, dass wir ihr zustimmen, weil das ist, meine Damen und Herren, die Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiterzuentwickeln, denn diese zwölf Jahre, meine Damen und Herren, sind dadurch unterbrochen worden, dass wir einmal sogar die Gebühr gesenkt haben. Das ist in dieser Debatte überhaupt noch nicht gesagt worden,
wir haben sie nämlich einmal sogar gesenkt. Und in der gleichen Zeit, zwölf Jahre lang, sind die Löhne gestiegen. Da kann man sich natürlich darüber aufregen, kann sagen, ja, das kann doch wohl nicht wahr sein,
aber wie überall in der Gesellschaft üblich, hoffe ich zumindest, haben wir Gewerkschaften, die Gewerkschaften handeln mit Arbeitgebern Löhne aus. Und diese Löhne sind auch im Bereich der Medien gestiegen, und das ist etwas, was wir wollen. Das ist etwas, was gut ist, was wir ausdrücklich befürworten.
Meine Damen und Herren, und dass man behaupten kann, dass hier nicht gespart worden ist, auch das ist Fake News. Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten und sich mal mit Vertreterinnen und Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zusammengesetzt hätten, dann wüssten Sie, dass da intensiv gearbeitet worden ist, wüssten Sie auch, dass da Einsparungen gemacht worden sind.
Meine Damen und Herren, der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in vielen Teilen der Welt Journalisten und bringt uns die Nachrichten, die am anderen Ende der Welt sind, in die Wohnzimmer. Und ich will mal darauf verweisen, dass dieses System, was wir haben, ein ganz tolles System ist. Wenn Sie sich anschauen, selbst in Europa, selbst in der Europäischen Union, was da in manchem Land Journalisten droht, wenn sie einfach das machen, was die Journalisten, die beispielsweise beim NDR sind, tun, nämlich unabhängige Berichterstattung, die sind zum Teil an Leib und Leben bedroht. Die werden eingesperrt in anderen Teilen der Welt. Wir haben hier ein System des unabhängigen Journalismus, und ich kann Ihnen sagen, meine Fraktion steht dazu.
Und meine Fraktion steht dazu, dass wir das auch entsprechend ausfinanzieren.
Und, meine Damen und Herren, wenn ich bei den Löhnen bin, will ich noch mal darauf verweisen, dass es Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer von der AfD war, Herr Weber, der hier deutlich gemacht hat, dass, wenn die Berichterstattung nicht nach seinem Duktus erfolgt, dass er denn sehr wohl dafür ist, dass man Löhne möglichst kürzt. Das hat Herr Weber hier ganz deutlich gesagt, dann müssen die auch wenig verdienen.
Herr Weber, das weisen wir in aller Form zurück! Das hat damals die Ministerpräsidentin auch gemacht und hat Ihnen eine, wie ich fand, eine Lehrstunde der Demokratie erteilt. Das fand ich damals richtig gut.
Meine Damen und Herren, das, was die AfD will, ist kein Grundfunk, das ist, dem Vogel die Federn ausreißen, dass der Vogel nackt dasteht, dass der Vogel am Ende nicht mehr fliegen kann und dass der Vogel hässlich wird. Das ist das, was Sie wollen.
Und das Zweite, was Sie wollen, ist, Sie wollen über Steuergelder den Rest finanzieren. Steuergelder-RestFinanzieren ist das Gegenteil dessen, was wir machen wollen. Wir wollen nämlich, über eine unabhängige Kommission zu ermitteln, wie der Finanzbedarf ist, und eben nicht davon abhängig, ob SPD, CDU, LINKE oder
wer auch immer in diesem Land regiert und dann über Haushaltsmittel zuweist, ob die Berichterstattung denn genehm war oder nicht genehm war. Nein, unabhängiger Rundfunk heißt unabhängige Finanzierung, und dafür stehen wir.
Noch ein Wort an Herrn Reinhardt: Herr Reinhardt, jeder kann kritisieren. Das ist Ihr gutes Recht, das tun wir auch. Ich verweise darauf, dass es nach Bundesverfassungsgericht ein Recht gibt der Bürgerinnen und Bürger auf Information. Und das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Paragraf 5 hier einschlägig ist und zur Anwendung zu kommen hat. Wir stehen dazu als Sozialdemokraten.
Wie es gehen soll, dass über 16 Länderparlamente hinweg Sie die Diskussion führen wollen, diese Information sind Sie uns schuldig geblieben. Ich sehe darin keine Lösung. Ich sehe dann darin, dass man miteinander ein Diskussionsforum hat, was wahrscheinlich nie zum Ende kommen wird, was nie zum Ende kommen wird, wo es keine Lösung geben wird. Da, finde ich, ist es besser, dass die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, die von uns legitimiert sind, das Verhandlungsmandat haben, dass wir uns als Fraktion informieren. Ich weiß, die CDU-Fraktion hat sich auch informiert, wir uns auch. Deswegen habe ich Ihre Rede nicht verstanden.
Wir haben Herrn Böskens in unsere Fraktion eingeladen, da sind auch reichlich Fragen gestellt worden, wie ich finde, zu Recht, und wir haben die Diskussion geführt und haben uns im Anschluss an diese Diskussion entschieden dafür, hier dem auch zuzustimmen und dem auch nachzugeben. Ich habe den Eindruck, in SachsenAnhalt ist genau dieser Schritt versäumt worden.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der Sozialdemokraten wird in voller Überzeugung dem Antrag zustimmen. – Herzlichen Dank!
Selbstverständlich will ich für Klarheit bei Herrn Kramer sorgen.
Sehr geehrter Herr Kramer, de facto haben Sie das getan in dem Moment, wo Sie sagen, die 86 Cent gibts nicht. Nach zwölf Jahren sagen Sie, nach all den Einsparungen muss ja weiter gespart werden. Wo soll denn gespart werden? Das ist das eine.
Das Zweite ist, ich beziehe mich darauf, was Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer in einer früheren Debatte gesagt hat. Der hat nämlich genau darauf Bezug genommen. Dem passte die Berichterstattung nicht und er hat daraufhin deutlich gemacht, dann muss es bei den Löhnen eben geringer sein. Und genau das will er, wollte er, und das mache ich deutlich. Das werfe ich Ihnen, Ihrer Fraktion vor. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind nun bereits neun Monate, dass wir in einer Art Ausnahmezustand leben. Die Pandemie zwingt uns, Grundrechte einzuschränken, soziale Kontakte zu reduzieren und die Wirtschaft zu beschränken. Und ja, richtig, meine Damen und Herren, die Menschen in unserem Land hinterfragen diese Maßnahmen, sie hinterfragen auch diese Maßnahmen kritisch: Sind die Einschränkungen, die wir hier machen, auch vernünftig? Und ich will ganz klar sagen, das ist das Recht und es bleibt das Recht der Menschen, auch genau diese Fragen zu stellen.
Ebenso ist es das gute Recht der Menschen, hierauf auch unterschiedliche Antworten zu geben. Die einen sagen uns, das, was ihr da macht, das ist angemessen, das ist richtig, genau so muss es passieren. Es gibt eine zweite Gruppe, die sagt uns, nein, das hätten wir gerne deutlich strenger. Seid strenger, wir haben Befürchtungen, dass das Virus so nicht eingeschränkt werden kann, und möchten strengere Regeln. Und eine dritte Gruppe, die gibt es, die sagt, das ist uns jetzt alles viel zu streng, macht es lockerer, ihr überzieht an der Stelle.
Um es klar zu sagen, wir haben das Recht auf freie Meinungsäußerung in Deutschland, und das bleibt auch so. Jeder hat das Recht, seine Meinung frei und öffentlich zu sagen. Auch Demonstrationen,
auch Demonstrationen, beispielsweise gegen die CoronaMaßnahmen, sind erlaubt, sind weiterhin völlig normal, Teil unserer freiheitlichen Gesellschaft. Und jeder hat selbstverständlich das Recht, wenn er sich zu sehr eingeschränkt fühlt, auch zu Gericht zu gehen und vor Gerichten deutlich zu machen, dass er gerne vom Gericht die Regeln überprüft haben möchte, und wird dann auch eine entsprechende Entscheidung bekommen.
Meine Damen und Herren, aber was nicht geht, ist, sich auszusuchen, welche Regeln man beachtet und welche nicht. Die Corona-Regeln gelten für alle, solange sie nötig und verordnet sind und solange sie nicht durch Gerichte aufgehoben werden, auch dann, wenn man sich von genau diesen Regeln eingeschränkt fühlt, auch dann, wenn sie unbequem und lästig sind, auch dann, wenn man dem Glauben unterliegt, dass Corona eine Erfindung wäre oder völlig übertrieben ist. Dass Regeln anerkannt und eingehalten werden, gerade auch dann, wenn sie individuell stören, gehört zu den Grundprinzipien unserer demokratischen Grundordnung.
Meine Damen und Herren, jeder hat das Recht, gegen die geltenden Regeln zu protestieren und zu demonstrieren und sich demokratisch zu engagieren. Hierzu gehört dann aber auch, sich nicht mit den Feinden der Demo
kratie gemeinzumachen. Wer zusammen mit Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern marschiert, wer den Nationalsozialismus durch völlig unangemessene Vergleiche verharmlost,
wer von „Ermächtigungsgesetzen“ und „Corona-Diktatur“ schwurbelt, wer durch sein Verhalten die Gesundheit anderer Menschen gefährdet, der stellt sich eben außerhalb des demokratischen Konsenses.
Der disqualifiziert und diskreditiert sein Anliegen und der darf nicht erwarten, im demokratischen Diskurs ernst genommen zu werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal daran erinnern, warum wir alle diese Einschränkungen machen. Das Corona-Virus ist hoch ansteckend, es ist hochgefährlich, nicht nur, aber vor allem für ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen, auch junge Menschen, gesunde Menschen können schwer erkranken. Es gibt viele dokumentierte Fälle, in denen von langwierigen Erkrankungen oder langwierigen gesundheitlichen Einschränkungen – auch lange Zeit nach der eigentlichen Infektionsphase – die Rede ist. Ich kenne selbst eine Frau, so um die 55, aus Schwerin, die an Covid-19 erkrankt war. Das ist jetzt zwei Monate her. Sie leidet nach wie vor an Erschöpfungszuständen, ist nicht arbeitsfähig. Schlicht und einfach, nachdem sie diese Infektion durchgemacht hat, ist sie zwar die Infektion los, aber nicht wirklich gesund.
Meine Damen und Herren, es ist eben anders als bei einer Grippe. Bei einer Grippe ist es so, dass ein Teil der Bevölkerung immun ist, schlicht und einfach, weil wir da Impfungen haben. Hier ist es so, dass jemand, der infiziert ist und Kontakt zu anderen Menschen hat, dieses Virus eins zu eins weitergeben kann. Und genau dadurch entsteht das exponentielle Wachstum.
Meine Damen und Herren, das Problem ist, dass wir dann eben nicht mehr kontrollieren und nachvollziehen können, wer sich infiziert hat. Das Problem ist, dass viele infizierte Personen dann auch nicht wissen, dass sie infiziert sind, und das Virus weitergeben an Familienmitglieder, an Freunde, an Kollegen. Das Problem ist, dass unsere Hausärzte, Krankenhäuser die hohe Zahl der Corona-Patienten neben den normalen Patienten nicht mehr bewältigen können. Das Problem ist, dass die Zahl an intensivmedizinischen Betten, an Pflegekräften, an Ärzten in den Krankenhäusern dann nicht mehr ausreichen könnte, und das Problem ist, dass die Patienten dann nicht mehr so behandelt werden könnten, wie es eigentlich medizinisch möglich ist, und die Gefahr besteht, dass sie dann versterben.
Und, meine Damen und Herren, wer glaubt, dass dieses Szenario für uns ein völlig unvorstellbares Szenario ist, weil wir hier ein hoch entwickeltes Gesundheitssystem haben, den bitte ich einfach mal zu schauen in andere europäische Länder, die ein ähnlich entwickeltes Gesundheitssystem haben. Die Niederlande beispielsweise sind auf dem Level gewesen, dass sie es nicht mehr geschafft haben. Patienten sind nach Deutschland gebracht worden, sind bei uns behandelt worden, weil die
niederländischen Krankenhäuser voll waren, weil die Intensivstationen in den Niederlanden es eben nicht mehr geschafft haben. Hier hätten Menschen sterben müssen, wenn wir hier nicht geholfen hätten.
Und, meine Damen und Herren, auch die Schweiz ist da ein Beispiel. In der Schweiz hat man festgelegt vor dem Hintergrund der Pandemie, wie die Triage zu erfolgen hat. Triage heißt, ich habe nicht mehr genügend medizinische Kapazitäten und muss mich entscheiden, wem ich helfe und wem ich nicht helfe. Und ich möchte uns nicht ersparen, hier mal vorzutragen, was Triage in der Schweiz heißt. Da heißt es, Patienten mit schwerer Demenz sollen nicht mehr auf Intensivstationen aufgenommen werden. Patienten mit Krebserkrankungen, bei denen sich Metastasen bilden, sollen nicht mehr aufgenommen werden, ebenso Patienten mit schwerem Trauma und generell Patienten, die älter sind als 85 Jahre.
Meine Damen und Herren, ich habe einen Onkel in Rostock wohnen, der ist 92. Das ist ein rüstiger Rentner, der alleine lebt nach wie vor, Fahrrad fährt und sehr aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnimmt. Wenn ich mir vorstelle, dass der alleine deswegen, weil er eben die 85 überschritten hat, diese Hilfe auf der Intensivstation nicht mehr bekommen würde, das ist eine Vorstellung, da stellen sich mir die Nackenhaare auf. Das sind aber die Konsequenzen davon, dass die Schweiz zu lange, zu zögerlich und zu zaghaft auf Corona reagiert hat. Und genau das ist es, was wir in Deutschland nicht wollen. Genau das ist es, was wir in Mecklenburg-Vorpommern vermeiden wollen. Das sind die Hintergründe dessen, was wir hier tun.
Deswegen müssen wir die Einschränkungen auch in den nächsten Wochen beibehalten, denn noch sind die Infektionszahlen zu hoch. Deswegen ist es aber auch richtig, dass unsere Ministerpräsidentin für uns mit der Bundeskanzlerin verhandelt hat und auf das Land zugeschnittene Maßnahmen durchsetzt.
Und, meine Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat sich hier bei vielen bedankt, die im gesellschaftlichen Raum aktiv sind, die bei der Bekämpfung der CoronaPandemie vornanstehen und kämpfen. Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Ministerpräsidentin bedanken. Ich glaube, ich erlebe dichter als viele andere hier im Saal, wie die Ministerpräsidentin arbeitet, wie viele Stunden, wie viel Einsatz, wie viel Kraft Manuela Schwesig aufwendet, um die Maßnahmen hier durchzusetzen, und mit wie viel Aufwand sie in die Gesellschaft hinein Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung koordiniert. Meine Damen und Herren, ich sage an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an die Ministerpräsidentin!
Meine Damen und Herren, Kontrastprogramm bietet uns die AfD. Und, Herr Kramer, Sie haben Ihren Redebeitrag überschrieben mit den Worten: „Freiheit statt Zwang“. Ich frage mich: Wenn Sie vor einer Schule das 30-km/h-Schild sehen, empfinden Sie das als Zwang?
Ist das ein Zwang?
Sie werden dann gezwungen, 30 km/h zu fahren. Sie sind ja eingeschränkt.
Wir schränken Ihre Freiheit dort ein, richtig. Ich nenne das anders: Das sind gesellschaftliche Regeln.
Und diese gesellschaftlichen Regeln, die stellen wir auf. Und ich finde es richtig, dass wir gesellschaftliche Regeln aufstellen. Wir stellen hier übrigens gesellschaftliche Regeln dafür auf, dass Menschen leben können.
Und wenn ich den Kurs mal mir vornehme, den Sie und Ihre Fraktion uns hier empfohlen haben, dann lassen Sie uns das mal rechnen. Sie haben uns hier sehr frühzeitig gesagt, das, was ihr in Mecklenburg-Vorpommern macht, das ist falsch. Die Regeln sind viel zu streng. Schafft das ab, macht das nach dem Vorbild von Schweden! Und ich habe es Ihnen schon mal vorgerechnet und möchte das ganz aktuell noch mal machen. Wir haben momentan 58 Menschen, die mit und an Corona gestorben sind. 58! Schweden ist ungefähr gut 6-mal so groß wie Mecklenburg-Vorpommern, von der Einwohnerzahl her. In Schweden gibt es inzwischen 6.500 Tote. Das hieße mathematisch runtergerechnet auf Mecklenburg-Vorpommern, wir hätten nicht 58 Menschen, die gestorben sind, sondern wir hätten über Tausend Tote, wenn wir Ihrer Politik gefolgt wären. Und genau das, meine Damen und Herren, wollen wir eben nicht, und deswegen machen wir die Maßnahmen.
Es geht eben nicht um Freiheit oder Zwang. Es geht darum, gemeinsame Regeln aufzustellen und mit diesen gemeinsamen Regeln unser Land gut durch die Pandemie zu bringen, übrigens nicht nur Regeln, die die Bevölkerung einschränken, sondern auch Regeln, die am Ende Wirtschaft schützen, die Kultur schützen, ganz wichtige Regeln, Regeln übrigens auch, die für unsere Kinder wichtig sind.
Meine Damen und Herren, es ist ja nicht so, dass wir nicht auch gelernt haben. Klar, es sind in der ersten Welle auch Fehler gemacht worden.
Ja, wir haben Spielplätze geschlossen. Das machen wir heute nicht mehr, mit gutem Recht machen wir es heute nicht mehr. Wir haben seinerzeit die Kitas geschlossen, Schulen geschlossen, das machen wir mit gutem Recht heute nicht mehr. Meine Damen und Herren, wir reagieren differenziert, aber wir machen eben nicht das, was Sie wollen. Wenn Sie uns hier – ich glaube, es war die letzte Landtagssitzung – sagen, schaffen Sie die Maskenpflicht ab, beispielsweise, dann ist das grob fahrlässig. Dann ist das grob fahrlässig!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann ist hier vorgebracht worden, dass das Parlament stärker aktiv
werden muss. Lesen Sie unseren Antrag! Da haben wir was zu geschrieben, vielleicht stimmen Sie ja zu. Sie haben aber Beispiele genannt, die will ich deutlich zurückweisen. Sie haben hier den Haushaltsplan genannt. Ich habe nicht verstanden, an welcher Stelle der Haushaltsplan etwas ist, wo Sie als Fraktion nicht auch die Möglichkeit hätten, mit Ihren Vorschlägen reinzugehen, wo Sie nicht am Ende auch sagen können, da hätten wir mehr, da wollen wir weniger.
Das ist völlig in Ihrer Hand! Da sind Sie völlig im parlamentarischen Verfahren,
genauso, wie Sie völlig im parlamentarischen Verfahren sind, wenn die Regierung Verordnungen verabschiedet und Sie mit etwas nicht einverstanden sind. Legen Sie einen Gesetzentwurf vor, das ist Ihr gutes Recht! Machen Sie es! Sie sind nicht eingeschränkt! Sie sind nicht eingeschränkt! Sie müssen nur Ihre Arbeit machen, und das hat Herr Waldmüller, wie ich finde, sehr schön herausgearbeitet.
Und, Herr Dr. Jess, wenn Sie hier vom „Primärrisiko“ und „Sekundärrisiko“ reden, würde ich noch mal gerne mit Schweden antworten: Primärrisiko, Sekundärrisiko – 58 Menschen gestorben in Mecklenburg-Vorpommern, runtergerechnet auf Schweden oder hochgerechnet auf Schweden wären es tausend Menschen, die gestorben sind. Wissen Sie, wie dieses Primärrisiko, wie viel Leid in die Familien Mecklenburg-Vorpommerns das getragen hätte, wie viel Leid die Menschen in diesem Land gehabt hätten?!
Das wäre Ihre Politik gewesen, eine Politik des Leids! Das ist Ihre Politik! Ich halte das für zynisch, übrigens genauso zynisch, wie Ihre Glaubensgenossen das machen in den USA,
in Brasilien, in vielen anderen Ländern, wo Rechtspopulisten aktiv sind. Ich nenne diese Politik zynisch!
Und, meine Damen und Herren, hier ist dann ja auch eben gesagt worden von Herrn Kramer, dass die Menschen – Sie sprechen ja immer gleich für „die Menschen“ – die Regeln nicht mehr nachvollziehen können. Ich bitte Sie, schauen Sie mal in den MV-Monitor, schauen Sie in die NDR-Umfrage – die Zahlen sind hier bereits genannt worden –, wie viele Menschen oder welcher Anteil von Menschen die Maßnahmen unterstützt und welcher Anteil die Maßnahmen zu streng findet, und dann wissen Sie, dass wir selten in der Gesellschaft Regeln haben, die von so vielen Menschen für gut erachtet worden sind, beziehungsweise uns sogar noch auffordern, hier strenger zu werden.
Und, meine Damen und Herren, ich finde es sehr gut, das will ich ganz klar sagen, dass wir als Sozialdemokraten hier nicht alleine stehen, sondern dass die demokratischen Fraktionen von LINKEN über die SPD bis zur
CDU hier gemeinsam stehen und wir gemeinsam sagen, wir müssen die Pandemie bekämpfen. Es ist eine gesellschaftliche Ausnahmesituation. Und dass in gesellschaftlichen Ausnahmesituationen Demokraten zusammenstehen und gemeinsam sagen, wir haben jetzt ein Ziel, nämlich das Ziel, die Gesundheit, das Leben der Menschen in diesem Land zu schützen, das ist ein hohes Gut, und ich möchte mich ganz herzlich bei den anderen Fraktionen bedanken, dass wir hier einen gemeinsamen Weg gehen können!
Und, meine Damen und Herren, wenn das zurückgewiesen worden ist, will ich das hier trotzdem noch mal ganz deutlich wiederholen: Wir sind im Vergleich zu anderen bislang gut durch die Krise gekommen. Die neuen Einschränkungen waren schwierig, aber sie waren nötig, und wir haben diese Einschränkungen ja auch beispielsweise begleitet durch Wirtschaftshilfen. Auch das, finde ich, ist immer noch wichtig. Der Erfolg der Maßnahmen zeigt sich darin, dass wir eine beherrschbare Situation noch in unseren Krankenhäusern, in den Gesundheitsämtern haben, dass wir hier nach wie vor freie Kapazitäten haben.
Und, meine Damen und Herren, ja, wir haben differenzierte Lösungen, und ja, wenn ich den einen oder anderen Kommentar in den Medien lese, wird das auch kritisiert, dass wir differenzierte Lösungen haben. Ich sage Ihnen, aus meiner Sicht ist das eine Stärke des Föderalismus, dass man nicht über ganz Deutschland eine Regel legt und sagt, das ist dann so,
sondern dass wir sagen, wir haben hier eine Situation vor Ort, an dieser Situation richten wir uns aus.
Meine Damen und Herren, wir warten alle sehnsüchtig darauf, dass dieser Corona-Alptraum irgendwann zu Ende ist. Und eine Voraussetzung dafür ist, dass wir einen Impfstoff haben und dass wir in MecklenburgVorpommern entsprechend impfen können. Ich weiß, dass der Wirtschafts- und Gesundheitsminister da dran ist, hier zu organisieren, dass wir die Impfung auch vernünftig durchführen können. Die Vorbereitungsschritte laufen jetzt, das finde ich richtig, das finde ich wichtig, denn wir alle wollen ja irgendwann auch wieder feiern können, wollen gemeinsam Kultur genießen, wir wollen Sport machen können, wollen Musik genießen, all die Dinge, die da schön sind.
Meine Damen und Herren, zu entscheiden ist natürlich noch, wenn der Impfstoff da ist, wer zuerst den Impfstoff bekommt. Ich spreche mich hier ganz klar dafür aus, medizinisches Personal und gefährdete Personengruppen, das müssen die Ersten sein, die geimpft werden. Und eins zur Impfung noch: Klar ist, es wird keine Impfpflicht geben. Es wird keine Impfpflicht geben! Nichtsdestotrotz werbe ich dafür, dass die Menschen sich impfen lassen, denn solange ich zurückdenken kann,
hat es das in der Geschichte noch nie gegeben, dass so viele Wissenschaftler, so viele Ressourcen gleichzeitig gemeinsam daran gearbeitet haben, eine Krankheit zu bekämpfen und hier einen Impfstoff zu finden. Meine Damen und Herren, deswegen ist es wichtig, dass die Menschen sich impfen lassen, und wie gesagt, ich werbe dafür.
Bis dahin, bis dieser Impfstoff vorliegt, gilt es, dass wir die Hygieneregeln einhalten, dass wir unnötige Kontakte vermeiden, dass wir – auch dafür werbe ich – möglichst keine Reisen machen, nicht unnötige Reisen machen. Und deswegen, meine Damen und Herren, lassen Sie uns dabei bleiben, lassen Sie uns die Hygieneregeln befolgen, lassen Sie uns Mund-und-Nasen-Schutz tragen, lassen Sie uns auch Abstand halten, vermeiden Sie unnötige Treffen, verzichten Sie auf Dinge, die nicht nötig sind, seien Sie solidarisch und lassen Sie uns auch mit Abstand zusammenhalten! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland und ganz Europa befinden sich in einer hochgefährlichen Situation, in einer Pandemie, in einer Krisensituation. Die Infektionszahlen steigen, sie wachsen überall, sie wachsen massiv und sie wachsen sehr dynamisch an. Die zuständigen Stellen haben mittlerweile in immer mehr Regionen Probleme, die Infektionswege nachzuvollziehen und Kontaktpersonen zu identifizieren. Wir befinden uns in Europa, in Deutschland und damit auch in Mecklenburg-Vorpommern mitten in einer zweiten Welle.
Warum ist die Lage so gefährlich? Auch nach den Worten von Herrn Kramer, finde ich, müssen wir uns das noch mal vor Augen führen. Anders als bei einer Grippe gibt es hier keine Impfung. Es gibt in der Bevölkerung
keine Immunität. Es gibt auch nicht in Teilen der Bevölkerung eine Teilimmunität.
Und deswegen, meine Damen und Herren, kann jeder Infizierte dieses Virus an Personen, denen er zu nahe kommt oder sie zu nahe kommt, auch weitergeben. Genau das passiert jetzt gerade. Ja, es stimmt, viele Infizierte – nach allem, was wir wissen – haben einen leichten Krankheitsverlauf. Aber ebenso wahr ist, meine Damen und Herren, dass viele Patienten auch noch sehr lange mit den Folgen der Corona-Infektion zu kämpfen haben. Es ist eben keine Grippe, die einfach nur überstanden werden muss.
Es ist aber auch so, dass bei einer steigenden Zahl von Infizierten natürlich auch die Zahl der schweren Krankheitsverläufe, potenziell mit tödlichem Verlauf, zunimmt. Und auch dies passiert jetzt wieder. Die Zahl der älteren Menschen, die sich infizieren, wächst exponentiell. Die Zahl der Corona-Patienten, die in den Krankenhäusern behandelt werden müssen, nimmt massiv zu. Und auch die intensivmedizinische Behandlung von Corona-Patienten wächst von Tag zu Tag.
Und, meine Damen und Herren, das tut sie auch, auch wenn ich hier von rechts außen höre, dass das nicht stimmt.
Ich habe nicht mal Zahlen gesagt.
Sie können mir hier vorwerfen, was Sie wollen, ich habe nicht einmal Zahlen gesagt. Das Einzige, was Sie, was Ihnen dazu einfällt, ist, zu behaupten, dass das alles nicht stimmt. Aber warten Sie ab, ich gehe ja gleich auf Sie ein, Sie müssen gar nicht ungeduldig sein!
Meine Damen und Herren, es lässt sich von den Fachleuten sehr einfach berechnen, ab wann unsere Krankenhäuser die Zahl der Patienten nicht mehr bewältigen können. Wenn wir jetzt nicht schaffen, das Anwachsen der Zahl der Corona-Patienten zu stoppen, dann ist innerhalb von wenigen Wochen jedes Bett einer Intensivstation in Deutschland belegt. Und auf solch ein unkontrolliertes Infektions- und Krankheitsgeschehen ist kein Gesundheitssystem dieser Welt ausgelegt. Um uns vor Augen zu führen, was das bedeutet, möchte ich an die Bilder aus dem Frühjahr erinnern, die Bilder von völlig überfüllten Krankenhäusern und von verzweifelten Menschen in Südeuropa und den USA. Dies kann sich auch bei uns wiederholen, wenn wir jetzt nicht nachlassen und sich das Corona-Virus wieder unkontrolliert oder weiter unkontrolliert verbreitet, nicht nur in den heutigen Hotspots in Süddeutschland, NordrheinWestfalen oder Berlin, sondern auch in MecklenburgVorpommern. Die Welle käme dann vielleicht bei uns mit einigen Tagen Verzögerung in den Krankenhäusern an, aber sie käme an. Und, meine Damen und Herren, genau das müssen wir verhindern. Deswegen müssen wir jetzt handeln! Das ist der Hintergrund unserer Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, und dann haben wir eben Herrn Kramer ja gehört. Herr Kramer, Sie haben – ich habe aufmerksam zugehört –, Sie haben davon gesprochen, und wir haben keine Rezepte, und dann haben Sie die Maßnahmen kritisiert. Also keine Rezepte kann schon mal nicht stimmen. Dann haben Sie, ich habe das mitgeschrieben, von einem, haben Sie Folgendes gesagt, Sie haben gesprochen von einem „desaströsen Kurzsprint“, „nicht zum Wohle des Landes“, einem „Zwangskorsett“, „Kollektivbestrafung“ ganzer Branchen, „Panikmache“.
Ich weiß nicht, wer hier Panikmache macht, meine Damen und Herren. Wenn ich diese Begriffe lese, habe ich eher den Eindruck, Herr Pan...,
Herr Kramer, dass Sie die Panik machen.
Schauen Sie, und dann sind Sie beigekommen und haben hier gesagt, zehn Betten sind momentan belegt. Sie haben Zahlen genannt, gar nicht ich. Ich kann gar nicht überprüfen, ob die Zahl stimmt. Aber wir wissen aus der Entwicklung in anderen Regionen, dass die Entwicklung bei den Intensivbetten immer der Entwicklung bei den Infizierten nachläufig ist. Und wenn Sie sich in Deutschland umschauen, dann werden Sie in Süddeutschland Kliniken finden, die keine Menschen mehr aufnehmen können, weil die Intensivbetten voll sind.
Wenn Sie in die Niederlande gucken, dann werden Sie feststellen, dass die Niederlande inzwischen Menschen nach Deutschland bringen, weil die Niederlande nicht mehr genügend Betten haben. Wenn Sie die Diskussion in der Schweiz mal verfolgen – durchaus ein Land, was ein hoch entwickeltes Gesundheitssystem hat –, da wird darüber gesprochen, nach welchen Regeln man in Zukunft Triage anwenden will, nämlich dann, wenn nicht mehr für alle genügend medizinische Versorgung zur Verfügung steht, wer überleben darf und wer nicht.
Und wenn Sie jetzt hier einwerfen, aber das gilt nicht für Mecklenburg-Vorpommern, Herr Kramer, haben Sie auch wieder nicht zugehört. Ich habe gerade erklärt, dass die Zahl der Menschen, die auf eine Intensivstation kommen, den Infizierten nachläuft. Und wir erleben, dass die Welle von Süddeutschland Richtung Norden hochläuft. Gucken Sie sich die Zahlen im Verlauf an – oder die Farben, wenn es einfacher für Sie ist –, wie welche Region rot wird, dann sehen Sie, dass der Verlauf in Richtung Norden einfach zunimmt und dass, wenn wir nichts unternehmen, wir schlicht und einfach auch rot werden und irgendwann dunkelrot werden. Und die Befürchtung ist – und das will ich hier ganz ausdrücklich sagen –, dass irgendwann dann auch unsere medizinischen Kapazitä
ten nicht mehr ausreichen. Und deswegen hatte ich gehofft, dass wir hier miteinander eine ernsthafte Debatte darüber führen können, welche Maßnahmen wir unternehmen, um genau diesen Zustand zu vermeiden.
Und, Herr Kramer, Ihre Rede war alles andere, alles andere als eine sachliche Debatte und eine sachliche Beschäftigung mit genau diesen Punkten, meine Damen und Herren.
Sie haben gesagt, die Krise ist, ich habe das mitgeschrieben, die Krise ist „beherrschbar … ohne Lockdown“ – Lockdown wollen wir gar nicht, aber ich übersetze das mal: ohne die ergriffenen Maßnahmen. Ich habe aber keine Konzepte gehört. Stattdessen sagen Sie uns, dann müssen wir mal Experten anhören. Ich kann Ihnen sagen, meine Fraktion hat das gemacht. Ich weiß, die Fraktion der CDU hat das auch gemacht. Ich weiß nicht, wen Sie als Experten bezeichnen. Sie haben dann beantragt, das hat der Kollege Ritter ja korrekt wiedergegeben, dass man sich mit Fragen im Ausschuss befasst. Ja, richtig, da gehört es hin, da können Sie es auch machen, bloß Ihre Schlussfolgerungen, die Sie gezogen haben, die halte ich für gefährlich, und, das will ich Ihnen sagen, auch in verschiedene Richtungen hin gefährlich.
Erst einmal wäre es besonders gefährlich, wenn Sie hier mehr Einfluss hätten, weil dann wäre ja die Gefahr, dass das, was Sie da sagen, auch in Handeln umgesetzt wird – wird es nicht, kann ich Ihnen versichern, da stehen wir davor –, aber gefährlich auch in anderer Richtung, weil es natürlich Menschen da draußen gibt, die Ihnen zuhören und die am Ende den Irrglauben, den Sie hier verbreitet haben, am Ende auch glauben und leben. Und das macht es dann gefährlich, weil ich glaube, gerade in einer Krisensituation, Herr Kramer, gerade in einer Krisensituation ist es wichtig, dass wir hier zusammenstehen, dass Politik zusammensteht und den Menschen hilft, indem wir sagen, wie die Situation ist, und die Menschen mitnehmen. Und genau das tun Sie nicht, und deswegen ist das, was Sie hier tun, gefährlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus den Gesprächen, Telefonanrufen und Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern weiß ich, dass es viele Menschen gibt, denen es immer schwerer fällt, sich an die Maßnahmen, an die Einschränkungen zu halten. Das ist ja auch eine Sache, die die AfD versucht, für sich auszunutzen. Ich sage Ihnen, ich kann es gut nachvollziehen. Ich glaube, jedem im Saal geht es hier so. Wir können es alle nachvollziehen, wir wollen alle, dass Corona irgendwann schnell vorbei ist, aber wir werden die Corona-Pandemie nur dann bewältigen, wenn wir diszipliniert bleiben und wenn wir uns an die Regeln halten.
Deswegen sind die gestern auf der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbarten Maßnahmen richtig. Und ich finde es richtig, dass unsere Ministerpräsidentin souverän entschieden hat, dass wir da mitmachen – übrigens eine Entscheidung, die die Ministerpräsidentin nicht einfach aus dem Hut gezaubert hat, sondern eine Entscheidung, die bereits in diesem Land getragen ist. Denn die Ministerpräsidentin hat vorher den MV-Gipfel einberufen und hat ganz verschiedene gesellschaftliche Bereiche zur
Seite genommen und hat gesagt, wir sind ungefähr zwei Wochen vor der Krise, machen wir das jetzt mit, gehen wir gemeinsam den Weg oder sagen wir, wir sind noch zwei Wochen vor der Krise und wir warten doch erst mal ab, wie es sich entwickelt.
Und vor diesem Hintergrund, Frau Ministerpräsidentin, meinen herzlichen Dank dafür, dass Sie die breite Einbindung wichtiger gesellschaftlicher Kräfte gemacht haben! Mein herzlicher Dank dafür, auch diesen gesellschaftlichen Kräften, dass wir gemeinsam entschieden haben, dass wir nicht abwarten wollen, bis MecklenburgVorpommern rot ist, sondern dass wir souverän hier in Mecklenburg-Vorpommern entscheiden, dass diese Maßnahmen, die da verabredet sind, die richtigen Maßnahmen sind!
Ja, meine Damen und Herren, wir müssen jetzt handeln, um die Corona-Situation in den Griff zu bekommen. Wir müssen jetzt handeln, um unsere Krankenhäuser arbeitsfähig zu halten, und wir müssen jetzt handeln, damit unsere Schulen und Kitas offen bleiben. Übrigens, auch das ist etwas, was im MV-Gipfel beraten worden ist und wo sich die gesellschaftlichen Kräfte einig waren.
Mit den Corona-Schutzmaßnahmen, die wir hier im Land in den letzten Monaten getroffen haben, sind wir bislang gut durch die Krise gekommen. So haben wir unsere Schulen auch unter schwierigen Corona-Bedingungen offen gehalten, und die Schulen, meine Damen und Herren, haben, wie ich finde, eine großartige Arbeit geleistet, dank des hohen Engagements und der Rücksichtnahme aller Beteiligten, der Lehrerinnen und Lehrer, der Schülerinnen und Schüler, der Schulleitungen, des nicht pädagogischen Personals, der Eltern, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Schulträgern, Schulämter, des Bildungsministeriums. In fast allen Fällen konnte ein normaler Unterricht stattfinden. Dafür ein herzliches Dankeschön!
Und wenn es doch mal zu Corona-Fällen in der Schülerschaft oder im Lehrerkollegium gekommen ist, dann haben die Konzepte funktioniert. Es ist nur in wenigen Fällen zu Ansteckungen weiterer Personen gekommen.
Und auch an unseren Kitas kann dank der CoronaRegeln und dem hohen Engagement aller Beteiligten die Betreuung unserer Kleinsten sichergestellt werden. All die Befürchtungen, die manche in den vergangenen Monaten immer wieder vorgetragen haben, dass unter Corona-Bedingungen kein geordneter Unterricht oder kein Kitabetrieb möglich ist, haben sich nicht bewahrheitet. Für unsere Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern haben wir schnell und entschlossen gehandelt und mit dem ersten Nachtragshaushalt die Hilfen auf den Weg gebracht. Über 80 Millionen Euro an Soforthilfen für Kleinunternehmen wurden bewilligt, 100 Millionen Euro an Liquiditätshilfen wurden ebenso bewilligt.
Und ich möchte an dieser Stelle mich mal herzlich bedanken bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesförderinstituts und der GSA. Gerade in den ersten Wochen hat es einen Riesenansturm gegeben an Anträgen. Das musste binnen kürzester Zeit bearbeitet wer
den, damit die Liquidität in den Firmen einfach gegeben war, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben weit über die normale Arbeitszeit hinaus gearbeitet und haben diesen Ansturm bewältigt. Ihnen möchte ich an dieser Stelle herzlich danken!
Ebenso gilt mein Dank den Kolleginnen und Kollegen des Landesamtes für Gesundheit und Soziales und den kommunalen Gesundheitsämtern. Seit dem ersten Tag der Corona-Pandemie wird hier durchgehend daran gearbeitet, die Folgen zu bewältigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemühen sich, Infizierungswege nachzuvollziehen und Kontaktpersonen zu identifizieren. Diese Arbeit ist genauso wichtig wie die medizinische Behandlung der Infizierten. Deswegen auch hier ein herzliches Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen in den Gesundheitsämtern!
Und in diesen Dank einschließen möchte ich auch die Kameradinnen und Kameraden der Bundeswehr. Meine Damen und Herren, ohne die Bundeswehr hätten wir es deutlich schwerer. Die Bundeswehr steht bereit, sie hat das auch noch mal deutlich gesagt, wenn hier Not am Mann ist zu helfen. Auch das ist für uns sehr wichtig, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, die Infektionswege nachzuverfolgen – das ist ja das, was die Gesundheitsämter hier machen –, das ist eine der wichtigsten Aufgaben momentan. Ich hätte mir gewünscht in diesem Zusammenhang, dass es die Klagen gegen unsere Reisekostenregelung nicht gegeben hätte. Die Reisekostenregelung war inklusive der Testung und der Quarantäne. Ich hätte mir gewünscht, dass es diese Klagen nicht gegeben hätte, und ich hätte mir auch gewünscht, dass das Gericht anders entschieden hätte. Ich erkenne das Urteil an, das ist ganz klar, ich will aber auch sagen, dass ich das Urteil nicht verstehe.
Meine Damen und Herren, die gestern in der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbarten Maßnahmen bedeuten schwere und massive Einschnitte für alle Bürgerinnen und Bürger, und für viele bedeuten sie auch massive wirtschaftliche Einbußen. Dessen sind wir uns sehr bewusst. Auch deswegen haben wir gestern den zweiten Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht, um die finanziellen Hilfen zu ermöglichen. Wir stehen an der Seite unserer Unternehmerinnen und Unternehmer und natürlich damit auch an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir als Tourismusland Nummer eins sind besonders gefordert bei der Unterstützung unserer Hotels und Gastronomen. Deswegen freue ich mich, dass wir bei allen Schwierigkeiten, die wir ihnen zumuten, zusätzlich, gemeinsam zusätzliche Landeshilfen zur Verfügung stellen. Einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag wollen wir heute noch auf den Weg bringen.
Und, meine Damen und Herren, meiner Fraktion ist es dabei besonders wichtig, dass wir Kurzarbeit so weit wie möglich zu verhindern suchen. Ich will aber auch deutlich sagen, dass wir darauf achten müssen, bei allen Hilfen,
die wir hier gewährleisten, dass es hier nicht zu einer Überkompensation kommt.
Meine Damen und Herren, auch dieser Antrag zeigt, dass der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern handlungsfähig ist. Wir haben es in der Hand, wir haben jederzeit die Möglichkeit, über die Ausschüsse oder übers Plenum Richtungen zu steuern und Dinge zu klären.
Ich habe eben gesagt, dass wir das nur können, weil wir den Haushaltsplan, den Nachtragshaushaltsplan verabschiedet haben. Meine Damen und Herren, wir haben gestern miteinander verabredet, dass dieser Nachtragshaushalt in die Ausschüsse überwiesen wird. In der Debatte ist hier kritisiert worden, dass dieser Nachtragshaushaltsplan ein Sondervermögen ist. Ich sage Ihnen heute, am zweiten Tag dieser Landtagswoche zeigt sich schon, wie richtig das ist, dass wir ein Sondervermögen haben und mit diesem Sondervermögen flexibel umgehen können.
Meine Damen und Herren, wir stehen trotz der schweren Konsequenzen zu den vereinbarten Maßnahmen. Sie sind jetzt nötig, um den Kollaps im Gesundheitssystem zu verhindern, sie sind nötig, um die Zahl der schweren und tödlichen Krankheitsverläufe so klein wie möglich zu halten.
Meine Damen und Herren, ja, wir wollen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger ein möglichst normales Weihnachtsfest feiern können, und deswegen gilt, wenn wir zu Weihnachten auch unsere Familienangehörigen treffen wollen, wenn wir zu Weihnachten auch zu den traditionellen Gottesdienstbesuchen wollen und wenn wir zu Weihnachten ins Restaurant gehen wollen, dann müssen wir jetzt alle vernünftig und solidarisch sein und uns an die Regeln halten. Dann müssen wir jetzt auch dafür sorgen, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen massiv runtergeht.
Was wir aber durch strenge Maßnahmen nicht vorschreiben können, ist der gesunde Menschenverstand. Nicht alles, was erlaubt bleibt oder hoffentlich bald wieder ist, ist auch sinnvoll und klug. Auch wenn zu Weihnachten und Silvester vielleicht wieder größere Feiern möglich sein werden, so sind sie trotzdem nicht sinnvoll, auch wenn ein Winterurlaub außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns möglich ist, ist er trotzdem nicht klug. Die Gefahr, sich anzustecken, ist einfach zu groß. Wer sich jetzt leichtsinnig verhält, verreist oder sich nicht im Alltag an die Hygieneregeln hält, der gefährdet nicht nur die eigene Gesundheit, der gefährdet sein eigenes Umfeld, der gefährdet seine Familie, seine Kollegen im Betrieb, den Arbeitgeber, er riskiert, dass die Schule der Kinder geschlossen wird. Dies ist nicht die Zeit des Egoismus, dies ist deswegen nicht die Zeit für große Zusammenkünfte und Urlaubsreisen. Es gibt keinen Urlaub von Corona.
Wie wir in den nächsten Wochen die Corona-Regeln befolgen, wie wir aufeinander Acht geben und zusammenhalten, entscheidet darüber, was für ein Weihnachten und was für einen Winter wir dieses Jahr erleben. Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren, wir werden die Corona-Krise gut meistern. Dafür aber noch einmal: Bitte befolgen Sie die Hygieneregeln! Tragen Sie Mund-undNasen-Schutz! Achten Sie auf Abstand zueinander! Vermeiden Sie unnötige Treffen! Verzichten Sie auf unnötige Reisen! Seien Sie solidarisch und lassen Sie uns in der Krise zusammenhalten! – Herzlichen Dank!
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es kurzmachen. Mir ist es völlig egal, welche Bundestagsfraktion oder Landtagsfraktion oder wer auch immer was wo entschieden und beschlossen hat.
Mir ist dieses Thema schlicht und einfach wichtig, deswegen habe ich gedacht, ich komme jetzt in der zweiten Runde mal nach vorne und sage hier etwas dazu. Das ist mir ein wirkliches Herzensanliegen. Ich will das auch begründen.
Es gibt Untersuchungen in Mecklenburg-Vorpommern, was den Artenreichtum betrifft. Und insbesondere der Artenreichtum an Insekten ist etwas, was einzigartig ist in diesem Land. Wir haben an vielen Stellen noch Insekten, die es in ganz Deutschland, die es nirgendwo sonst gibt, die gibt es bei uns. Die gibt es aber an vielen Stellen als Solitäre, das heißt, diese Art kann nicht wandern. Und wenn an dieser einen Stelle was auch immer passiert, ist die Art weg, die ist einfach weg. Der Naturreichtum, den wir haben, der ist da, aber er droht zu verschwinden. Und wenn wir wollen, dass er nicht verschwindet, dann brauchen wir eine Vernetzung der Biotope. Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Möglichkeit sind Agroforstsysteme. Und deshalb werbe ich dafür, dass wir diesen Antrag annehmen, dass wir ernsthaft daran arbeiten, dass wir Agroforstsysteme in Mecklenburg-Vorpommern bekommen.
Der Minister hat es gesagt, es gibt noch eine zweite Möglichkeit. Der Minister arbeitet daran, wofür ich sehr dankbar bin, weil ich dafür sehr geworben habe, das sind Feldhecken. Und, meine Damen und Herren, wenn ich eben gesagt habe, dass viele Arten nur als Solitäre da sind, dann liegt es auch daran, dass viele Feldhecken rausgenommen worden sind. Es gibt eine Statistik, die ich gelesen habe: In den letzten 150 Jahren sind 3.000 Kilometer Feldhecke in diesem Land verschwunden. 3.000 Kilometer! Die Felder waren früher verbunden miteinander mit Feldhecken. Das ist weg.
Wir haben die Landschaft so gestaltet, dass Felder mit großen Maschinen bewirtschaftbar sind. Das ist aus Sicht
der Landwirte auch nachvollziehbar. Das ist aus Sicht der Ökonomie auch nachvollziehbar. Aber vor dem Hintergrund dessen, dass wir wissen, dass hier Arten verschwinden könnten, müssen wir bestrebt sein, müssen wir daran arbeiten, dass wir wieder zu einem Verbund, zum ökologischen Verbund in Mecklenburg-Vorpommern kommen, und deswegen setze ich mich dafür ein. Neben dem, dass die Arten wandern können, sind Feldhecken auch für viele andere Sachen wichtig, beispielsweise für Bestäuber, für Bienen, Hummeln, für Wespen, für viele andere Bestäuber, für Lurche, Kriechtiere, für Niederwild. Feldhecken und Agroforstsysteme sind wichtig, um Bodenerosion vorzubeugen, also ein Vielfachnutzen entsteht da.
Meine Damen und Herren, und dann will ich noch auf eine Sache eingehen: Herr Borschke, ja, es sollte nicht um Ideologie gehen, es sollte wissensbasiert sein. Aber wenn wir wissensbasiert arbeiten, dann gehört auch dazu das, was Sie gesagt haben. Wir sind Gunststandorte. Hier werden Nahrungsmittel produziert, und zwar auf dem Hektar wahrscheinlich so viel Nahrungsmittel wie kaum auf einer anderen Fläche. Richtig ist aber auch, dass wir durch diese subventionierte billige Produktion in anderen Regionen die Nahrungsmittelproduktion kaputt machen. Auch das gehört dazu. Wir produzieren hier Sachen, die wir exportieren und die an anderer Stelle Nahrungsmittelproduktion kaputt machen.
Und ein zweites Argument möchte ich noch anführen: Richtig ist auch, meine Damen und Herren, wenn wir darüber reden, dass wir Nahrungsmittel für andere produzieren müssen, dass wir selbst Nahrungsmittel in Größenordnungen verschwenden, wie es wahrscheinlich in der Geschichte der Menschheit nie zuvor gewesen ist. Und bevor wir darüber reden, dass wir noch intensiver die Dinge machen, noch mehr hier machen müssen, sage ich, wir müssen an genau diesen Themen arbeiten. Letztlich geht es mir darum, dass wir hier einen Biotopverbund hinkriegen. Mir geht es darum, dass wir Agroforstsysteme kriegen, mir geht es darum, dass wir Feldhecken kriegen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Zweiten Nachtragshaushalt innerhalb eines halben Jahres reagieren wir nicht auf irgendwas, sondern wir reagieren auf eine historische Krise, eine Krise, wie sie in der Geschichte unseres Landes noch nie dagewesen ist. Wir wollen mit diesem Haushalt die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie in unserem Land möglichst weit abdämpfen. Das ist unser Ziel. Wir stärken unsere Schulen, unsere Hochschulen, unsere Krankenhäuser, unsere Wirtschaft, die kommunale Ebene, das heißt die Landkreise, die Dörfer, die Städte.
Meine Damen und Herren, niemand von meiner Fraktion entscheidet sich leichtfertig für neue Schulden, das will ich mal ganz deutlich und ganz ausdrücklich sagen. Es ist uns gelungen, mit einer soliden Haushaltspolitik als eines der ganz wenigen Bundesländer seit 2006 keine neuen Schulden aufzunehmen, sondern sogar 1,5 Milliarden Euro zurückzuzahlen. Und ich sage ganz klar: Darauf sind wir stolz!
Wir haben das in einer Zeit gemacht, in der andere uns geraten haben, wir sollen das Geld ausgeben. Und wenn wir diesen Ratschlägen gefolgt wären, hätten wir dieses Geld zigmal ausgegeben, sehr geehrte Frau Kollegin Oldenburg. Zigmal hätten wir es ausgegeben!
Und dass dies uns gelungen ist, obwohl wir im Bundesvergleich nicht zu den stärksten Ländern zählen, auch das ist, wie ich finde, bemerkenswert. Wir haben in unserem Land eben keine großen Konzerne. Wir haben hier nicht die Schwerindustrie, wir haben hier nicht die Industrie, die milliardenschwer in die Steuerkassen einzahlt. Nein, meine Damen und Herren, MecklenburgVorpommern lebt von Selbstständigen, von kleinen Unternehmen, von mittleren Unternehmen. Das ist unsere Struktur. Wir sind daher nicht so finanzstark wie vielleicht andere und waren viele Jahre auf die Mittel des Solipakts angewiesen. Das haben wir aber beendet. Dank der vorausschauenden Politik der letzten 15 Jahre stehen wir heute in dem System der Bundesrepublik Deutschland auf eigenen Beinen, und das ist auch gut so.
Dass wir jetzt mit den beiden Nachtragshaushalten zum ersten Mal seit 2006 wieder neue Schulden aufnehmen, ist dabei kein Widerspruch. In einer Krisensituation, die alle Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft trifft, muss der Staat handlungsfähig bleiben. Genau das wollen wir. Wir sorgen dafür, dass unsere Unternehmen weiterhin Aufträge vom Land und von den Kommunen bekommen. Wir sorgen dafür, dass die Nachfrage nach Dienstleistungen und Produkten unserer Unternehmen nicht einbricht, damit unsere Unternehmen schlicht und einfach überleben können, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Meine Damen und Herren, wer hier in den 90er-Jahren in diesem Land Verantwortung hatte, der weiß, was es bedeutet hat, wenn wir eine Massenarbeitslosigkeit hier haben, dass faktisch jede Familie betroffen ist. Und wer hier Verantwortung hat und das erlebt hat, der kann nicht anders, als jetzt entsprechend so zu handeln, dass wir eine solche Situation nicht wiederfinden. Und genau das tun wir, meine Damen und Herren. Genau das tun wir!
Aber wer hingegen jetzt sagt – ich habe es ja hier drüben von Herrn Professor Weber gehört, wir sollen sparen, möglichst in Größenordnungen, so habe ich Sie verstanden –, wer jetzt spart, der sorgt für massenhaft Insolvenzen, der sorgt auch für Massenarbeitslosigkeit, und, Herr Professor Weber, der sorgt eben gerade nicht für die junge Generation. Der sorgt dafür, dass dieses Land sich auf einem ganz anderen Weg befindet, nämlich auf einem Weg in eine Spirale abwärts.
Ein Blick in die deutsche Geschichte und darüber hinaus zeigt uns, was in den 1920er, Ende der 1920er-Jahre
passiert ist, nämlich eine Massenarbeitslosigkeit, eine Weltwirtschaftskrise mit verheerenden Folgen für die Wirtschaft. Was ist damals passiert? In eine Krise hat man reingespart und hat genau diese Krise verstärkt, meine Damen und Herren. Genau das wollen wir eben nicht, und deswegen handeln wir.
Deswegen, meine Damen und Herren, sind wir auch bereit, Schulden aufzunehmen und so mit zusätzlichen Ausgaben unsere Wirtschaft am Laufen zu halten. Für uns war und ist eine Haushaltspolitik, eine sparsame Haushaltspolitik, niemals Selbstzweck gewesen. Es galt und gilt, eine azyklische Haushaltspolitik zu organisieren, sparsam in guten Zeiten, inklusive Tilgen von Schulden, Ausgaben auch kreditfinanziert in schwierigen Zeiten. Genau das tun wir, meine Damen und Herren.
Und wenn ich mir anschaue, das, was Herr Professor Weber gesagt hat, Herr Professor Weber, wenn Sie das nicht nachvollziehen können, was wir hier sagen, meine herzliche Bitte, der Volkswirtschaftler John Maynard Keynes, der ist ja der Begründer dieser Lehre, einfach mal nachlesen. Sie werden feststellen, dass wir uns par excellence genau an diesen Lehren langhangeln und unsere Haushaltspolitik genau danach ausrichten.
Sie haben hier einige Vorhaltungen gemacht, auf die ich eingehen möchte an dieser Stelle. Das Erste, was Sie gesagt haben: Der Erste Nachtragshaushalt, da ist ja noch so viel Geld vorhanden, da braucht es gar keinen Zweiten, geben Sie das Geld aus! Sie haben recht, da ist noch Geld. Aber dieses Geld ist weitestgehend gebunden, das heißt, Sie haben keine Möglichkeit mehr, Dinge obendrauf zu setzen, insofern an dieser Stelle nicht möglich, Ihr Vorschlag.
Sie haben bemängelt, dass wir ein Sondervermögen machen. Ich sage Ihnen, wir brauchen genau dieses Mittel des Sondervermögens, weil die Landesregierung in einer Krisenzeit handeln muss, das heißt wir flexibel bleiben müssen, wir reagieren müssen auf die jeweilige Situation. Und deswegen ist es richtig, dass wir das Mittel des Sondervermögens gewählt haben. Wir haben damit einen Topf, und dieser Topf kann bewirtschaftet werden – übrigens auch das, was der Kollege Liskow gesagt hat, wenn man irgendwann auch zu einer Tilgung kommt, alles in allem wahrscheinlich übersichtlich.
Ihr Plädoyer zur Sparsamkeit, da bin ich bereits drauf eingegangen. Wenn wir das machen würden, was Sie sagen, verschärfen wir die Krise. Genau das wollen wir nicht! Wir sorgen für Zukunft, auch für zukünftige Generationen, dadurch, dass wir investieren. Das ist uns wichtig, meine Damen und Herren!
Dann will ich noch mal eingehen auf das, was Sie hier gesagt haben, dass Sie keinerlei Angebote gehabt haben, mitzumachen. Sowohl die Fraktion der LINKEN hat dieses Angebot bekommen als auch die Fraktion der AfD. Das will ich ganz ausdrücklich sagen. Ihr Fraktionsvorsitzender hat mir auch am 28. September um 21.16 Uhr geantwortet. Ich will nur den ersten und letzten Satz der Mail vorlesen: „Im Namen meiner Fraktion darf ich Ihnen mitteilen, dass es die verfassungsmäßige Aufgabe der Landesregierung ist, Vorlagen zur Änderung
des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplans in den Landtag einzubringen (Artikel 61 Absatz 3 Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern).“ Das ist der erste Satz. Der letzte Satz: „Der Veröffentlichung des Regierungsentwurfs vorausgehende Gespräche erscheinen dem Ziel der Transparenz politischer Verantwortung wenig förderlich und sind daher abzulehnen.“
Das heißt, Sie haben abgelehnt! Sie haben abgelehnt, dass wir gemeinsam darüber nachdenken, wie dieses Land aus seiner schwersten Krise rauskommen kann. Sie haben sich zurückgelehnt und haben darauf gewartet, dass Vorschläge vorgelegt werden. Sie, die sich „Alternative“ nennen, haben keinerlei Alternativen vorher zu Papier gebracht. Das ist Ihre Politik!
Meine Damen und Herren, für uns ist klar, wenn die Krise vorbei ist, werden wir die Haushalte wieder ausgleichen müssen, werden wir Schulden zurückzahlen müssen. Dafür haben wir einen Tilgungsplan vorgelegt, meine Damen und Herren, und das ist auch richtig. Wir haben hier weitestgehend keine strukturellen Ausgaben drin.
Und, liebe Simone Oldenburg, das ist die Voraussetzung dessen gewesen, was wir hier gemacht haben, dass wir gesagt haben, wir arbeiten hier an einem Nachtragshaushalt, der uns hilft, in schwierigen Zeiten, in schwierigen Zeiten dieses Schiff zu steuern, konjunkturelle Anreize zu bieten und so weiter – komme ich gleich noch drauf –, aber eben möglichst nicht strukturelle Neuverschuldung zu machen, möglichst nicht Ewigkeitskosten aufzusetzen. Das war das Ziel, und deswegen ist dieser Nachtragshaushalt, wie er ist. Das werden wir in den Ausschüssen sicherlich noch beraten.
Meine Damen und Herren, es geht uns um Investitionen rund um Corona. Es geht uns um das Kofinanzieren von Bundesprogrammen und es geht uns um das Stärken der Wirtschaft. Und wir pumpen eben nicht sinn- und ziellos einfach Geld in die Wirtschaft. Es geht darum, Prioritäten zu setzen. Das tun wir in der Bildung, in der Gesundheitsförderung, in unseren Städten, in den Gemeinden, in den Dörfern. Es geht um Digitalisierung, es geht um Unterstützung der Wirtschaft und – last, but not least – natürlich auch im Sozialbereich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere Schulen und Hochschulen sind bisher gut durch die Krise gekommen. Es kam bis auf wenige Ausnahmen bislang zu keiner massenhaften Verbreitung des Corona-Virus in den Klassen. Der Unterricht konnte und kann fast überall ganz normal stattfinden. Aber natürlich müssen die Schulen reagieren, wenn es zu Infektionsfällen kommt. Der Unterricht muss auch dann sichergestellt werden, wenn sich Lehrer oder Klassen zeitweise in Quarantäne befinden müssen oder Präsenzunterricht nicht stattfinden kann. Um die technischen Voraussetzungen für den digitalen Unterricht sicherzustellen, werden wir mit diesem Haushalt weitere 90 Millionen Euro zur Verfügung stellen für digitale Lern- und Lehrmittel, für Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer und für die digitale Infrastruktur an unseren Schulen.
Mir ist es dabei wichtig zu betonen, dass nicht das Land dafür zuständig ist, ob in unseren Schulen schnelles
Internet und WLAN zur Verfügung stehen. Es ist die Aufgabe der Schulträger, das heißt der Landkreise und der Gemeinden. Wir haben hier mit dem Breitbandausbau gute Rahmenbedingungen geschaffen, die von den Landkreisen – auch das gehört immer zur Wahrheit dazu – unterschiedlich schnell genutzt wurden. Letztlich fließen mit 1,5 Milliarden Euro so viel Mittel in ein Infrastrukturprogramm, wie es dies in der Geschichte unseres Landes noch nicht gegeben hat.
Ebenso sind bei der Sanierung und dem Ausbau der Schulen die Schulträger verantwortlich. Ich will das ausdrücklich noch mal betonen. Aber auch unsere Schülerinnen und Schüler sollen, wenn es vor Ort nicht so läuft, nicht die Leidtragenden sein. Deswegen stellen wir zusätzlich zu den bereits bestehenden 325 Millionen Euro der letzten Jahre weitere 100 Millionen Euro für die Schulsanierung zur Verfügung.
Uns ist bewusst, dass die Sanierung der Schulen auf den ersten Blick – Herr Professor Weber, das haben Sie angesprochen – wenig mit der Corona-Pandemie zu tun hat, aber sie ist genau dafür ein Beispiel, was wir tun mit der azyklischen Haushaltspolitik, wo wir eben Firmen unterstützen, wo vor Ort investiert wird, denn gerade bei Schulen werden Sie erleben, dass unwahrscheinlich viele kleine Handwerksfirmen davon profitieren werden. Die werden in den nächsten Jahren hier eine stabile Auftragslage haben, weil wir an dieser Stelle investieren. Und wir erhalten damit Arbeitsplätze, meine Damen und Herren. Das ist das, was Sozialdemokraten hier wollen!
Meine Damen und Herren, ebenso werden wir Investitionen ins Gesundheitssystem vorziehen und verstärken. Wir geben rund 360 Millionen Euro an unsere Universitätsmedizinen in Rostock und Greifswald, für Baumaßnahmen, für Investitionen in medizinische Geräte und Digitalisierung. Damit stärken wir die Gesundheitsversorgung aller Bürgerinnen und Bürger im Land, denn jedem Einzelnen kann es im Ernstfall passieren, dass er genau auf diese Spezialisten angewiesen ist und muss dann zur Universitätsmedizin, entweder nach Rostock oder Greifswald. Das ist uns wichtig!
Aber nicht nur dort wird gefördert, sondern auch in der Breite bei den Krankenhäusern. Wir helfen den Krankenhäusern im Land mit noch einmal 95 Millionen Euro bei Investitionen und Digitalisierungsmaßnahmen. Wir tun dies alles, um auch über die Corona-Krise hinaus eine qualitativ hochwertige und überall im Land nah verfügbare Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Das ist uns wichtig!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CoronaKrise führt nicht nur zu zusätzlichen Ausgaben, sie sorgt auch durch wegfallende Steuerzahlungen zu massiven Einnahmeverlusten der öffentlichen Hand. Hierunter leiden nicht nur das Land, sondern auch die Landkreise, Städte und Dörfer. Für uns ins klar, Landkreise und Gemeinden brauchen die Hilfen des Landes, sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern verlässlich zur Seite stehen und entsprechend finanziell ausgestattet sein.
Deswegen sind wir zusammen mit dem Bund dazu bereit, die Gewerbesteuerausfälle der Kommunen in diesem und nächsten Jahr zu kompensieren, auszugleichen. Außerdem ist für uns klar, wir stehen zu unserem
Wort. Wir hatten Verhandlungen mit der kommunalen Ebene über das Finanzausgleichsgesetz und wir haben seinerzeit miteinander entschieden, dass über 300 Millionen – ich glaube, 360/365 Millionen Euro, der Finanzminister wird es besser wissen – zusätzlich auf die kommunale Ebene kommen. Wir haben einen anderen Ausgleichsmechanismus miteinander vereinbart. All diese Dinge, da stehen wir zu. Wir bleiben dabei, wir werden genau die Summen, die damals festgelegt worden sind, der kommunalen Ebene überweisen. Damit besteht vor Ort Sicherheit, dass in diesem und im nächsten Jahr geplante Investitionen auch weiterhin realisiert werden. Auch das, Herr Professor Weber, ist eben das Unterstützen von Konjunktur, das Sichern von Arbeitsplätzen. Das ist unsere Politik, genau das wollen wir!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, mit diesem Nachtragshaushalt leisten wir etwas, was man durchaus historisch nennen kann, und auch die Schuldenaufnahme ist historisch. Und ich sage ausdrücklich dazu, sie ist schmerzlich, aber sie ist richtig, weil wir damit eben auf eine historische Krise reagieren, wie sie unser Bundesland noch nie erlebt hat. Wir Sozialdemokraten sind davon überzeugt, dass es uns gelingen wird, mit diesem Haushalt die Folgen von Corona für Mecklenburg-Vorpommern so gut wie möglich zu bewältigen. Mit diesem Haushalt, meine Damen und Herren, schützen wir die Bürgerinnen und Bürger, wir helfen unseren Unternehmen, sichern damit Arbeitsplätze und wir sichern die Zukunft unseres Landes. – Herzlichen Dank!
Aber so was von!
Also, sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Kramer, herzlichen Dank! Sie haben gerade bestätigt, dass Ihr Kollege Weber hier nicht die Wahrheit gesagt hat,
denn Sie haben das Angebot auf Beteiligung bekommen. Das haben Sie gerade klargestellt. Damit haben Sie das bestätigt, was ich gesagt habe, und haben deutlich gesagt, dass Herr Weber hier die Unwahrheit gesagt hat. Das ist das Erste.
Das Zweite, was Sie klar gesagt haben, ist, dass Sie nicht bereit waren, eigene Vorstellungen hier den regierungstragenden Fraktionen zur Kenntnis zu geben.
Das ist Ihr gutes Recht, das können Sie machen. Genauso ist es mein gutes Recht aber, deutlich zu machen, dass Ihre Fraktion in der schwersten Krise dieses Landes nicht bereit war, vorher mal zu sagen, ja, wir machen mit,
wir haben da Thema eins, Thema zwei, Thema drei, das brennt uns schon so lange unter den Nägeln, wir wollen
das für Mecklenburg-Vorpommern geregelt haben. Das haben Sie nicht gemacht. Sie haben uns keine Vorschläge gemacht. Das haben Sie ebenfalls bestätigt. Dafür bedanke ich mich. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der nächsten Woche feiert unser schönes Bundesland seinen 30. Geburtstag. Am 3. Oktober 1990, mit dem Tag der Wiedervereinigung, wurde unser Bundesland gegründet. Es entstand im Wesentlichen aus den drei Nordbezirken Neubrandenburg, Rostock und Schwerin.
Wer wie ich die Jahre vor der Wende in der DDR erlebt hat, der hat erlebt, wie die Unzufriedenheit der Menschen gewachsen ist und wie zeitgleich die Erstarrung des Systems der DDR vorangeschritten ist. Der sogenannte real existierende Sozialismus war nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen.
Gleichzeitig haben wir erlebt, dass die Grundfreiheiten, die heute gelten, dass der Staat nicht bereit war, diese Grundbedürfnisse, diese Grundrechte den Menschen zu gewähren, Grundrechte, die heute im Grundgesetz der Bundesrepublik festgeschrieben sind, Grundrechte, auf die wir stolz sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die politische Wende von 1989 und der sich anschließende Prozess der Wiedervereinigung war nicht frei von Irrtümern, war nicht frei von Fehlern. Vieles wurde zu schnell abgewickelt, zu schnell privatisiert oder durch Strukturen aus den alten Bundesländern ersetzt. Letztlich, meine Damen und Herren, hatte das dramatische Folgen für die Menschen. Wir wissen das, es gab eine Deindustrialisierung wie zuvor nur durch den Zweiten Weltkrieg.
Meine Damen und Herren, diese schwere Hypothek der Wendefehler in Kombination mit dem maroden Zustand vieler ostdeutscher Betriebe, aber bei Weitem nicht aller ostdeutschen Betriebe, hat dieses Land lange geprägt und tut dies auch bis heute. Wir hatten zu tun mit Massenarbeitslosigkeit, wir hatten zu tun mit einer massiven Abwanderung, ja, meine Damen und Herren, und auch mit permanenten Strukturanpassungen. Heute, 30 Jahre später, können wir trotz aller Baustellen, die noch verbleiben, behaupten, die Deutsche Einheit ist gelungen. Mecklenburg-Vorpommern hat sich gut entwickelt. Das haben die Menschen bei uns im Land erarbeitet.
Und, meine Damen und Herren, ich möchte mich an dieser Stelle einmal für die gesamtdeutsche Solidarität bedanken. Es war keine Selbstverständlichkeit, dass auch die Menschen aus den alten Bundesländern bereit waren, hier mit einzuzahlen, hier mitzuhelfen, die ostdeutschen Bundesländer mit aufzubauen, und dafür ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle!
Einen zweiten Dank möchte ich loswerden. Und zwar haben Menschen, die aus den alten Bundesländern zu uns gekommen sind, hier mit angepackt haben, das Land mit aufgebaut haben, die inzwischen hier eine Heimat gefunden haben – wir haben sie damals gebraucht, das ist so, wir brauchten Hilfe damals –, sie haben hier mit angepackt, sie haben geholfen, und dafür ein herzliches Dankeschön!
Heute, meine Damen und Herren, sind wir ein selbstbewusstes Bundesland. Wir stehen ökonomisch, wirtschaftlich im Geflecht der Bundesrepublik auf eigenen Beinen. Heute sagen 88 Prozent der Menschen, dass sich Mecklenburg-Vorpommern gut entwickelt hat. Heute sind wir das beliebteste Urlaubsland der Deutschen. Heute haben wir im Vergleich zu 2004 nur noch ein Drittel der Arbeitslosen. Heute sind wir das erste Bundesland, das Kita- und Krippenangebote ganztags kostenfrei anbieten kann. Heute sind wir das Bundesland, das für seine intakte Natur bewundert wird. Heute haben wir eine starke Land- und Ernährungswirtschaft. Heute können wir uns als erstes Bundesland zu 100 Prozent mit Strom aus selbst erzeugten regenerativen Energien versorgen. Wir sorgen mit der höchsten Pro-Kopf-Dichte aller Flä
chenländer an Polizei für ein sicheres MecklenburgVorpommern, und, meine Damen und Herren, heute – das gehört auch dazu – sind wir das Bundesland, was von allen Bundesländern am besten durch die gegenwärtige Corona-Krise kommt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, richtig ist aber auch, dass wir noch nicht alle Herausforderungen gelöst haben. Wir arbeiten beispielsweise daran, unsere Schulen noch besser zu machen, mehr Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen, ein Problem, was übrigens alle Bundesländer haben. Da ist vieles bereits passiert: Wir sind spitze mit unserer Lehrerwerbungskampagne. Als einziges Bundesland haben wir vier Einstellungstermine für Referendare. Wir bezahlen die Grundschullehrerinnen und -lehrer besser, machen die Arbeit damit attraktiver und natürlich auch im Kontext aller Bundesländer konkurrenzfähiger. Wir haben die Zahl der Studienplätze für das Grundschullehramt verdoppelt und für weitere Schulamtsstudiengänge Ressourcen zur Verfügung gestellt. Wir konnten damit in den letzten Jahren so viel Lehrer und Referendare einstellen wie in der Geschichte dieses Landes zuvor nicht.
Wir machen damit Schule besser.
Eine weitere Herausforderung, meine Damen und Herren, sind die nach wie vor viel zu niedrigen Löhne. Hier will ich erneut die für unser Land wichtige Tourismuswirtschaft ansprechen. Wir brauchen hier endlich eine breite Anwendung von Tarifverträgen. Es reicht eben nicht, wenn nur ein Bruchteil der Betriebe sich an Tarife hält und der Rest der Branche den Wettbewerb über Niedriglöhne austrägt. Deshalb fordern wir Tariflöhne und attraktive Arbeitsbedingungen, nicht nur, aber auch in der Tourismuswirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns.
Wo wir als Politik die Lohnentwicklung unterstützen können, haben wir das getan. Wir haben als Sozialdemokraten auf Bundesebene den Mindestlohn durchgesetzt. Wir haben hier auf Landesebene gemeinsam mit unserem Koalitionspartner – und dafür bin ich sehr dankbar, weil wir haben es nicht im Koalitionsvertrag stehen gehabt – gemeinsam den Vergabelohn entsprechend neu aufgesetzt. Der wird ab 1. Oktober bei 10,35 Euro stehen. Aber, meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten wollen mehr. Wir wollen, dass künftig neben dieser Untergrenze auch beim Vergabelohn der jeweilig gültige Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Damit stärken wir dann auch die Arbeitgeber, die sich vorbildlich an Sozialpartnerschaft halten. Tariftreue gehört eben belohnt und nicht bestraft.
Und letztlich, meine Damen und Herren, können wir als Politik aber auch nur Druck im Tarifsystem auslösen, denn richtig ist, Löhne werden nach wie vor von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt. Und es ist notwendig, dass sich möglichst viele – und das betone ich bei jeder Gelegenheit –, möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Gewerkschaften organisieren, dass wir starke Gewerkschaften haben und dass wir darüber auch die Lohnentwicklung nach oben in Gang setzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Herausforderung ist die immer noch nicht flächendeckend vorhandene Breitbandversorgung. Aus unserer Sicht ist es ein Skandal, dass sich milliardenschwere Telekommunikationsunternehmen seit vielen Jahren weigern können, auch die nicht ganz so profitablen Gebiete auszubauen. Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren, wäre das ein bayerisches Problem, wäre das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium längst dabei, eine entsprechende Regelung aufzusetzen. Es wäre ja theoretisch auch möglich, ähnlich wie bei der Post Regelungen zu erlassen, denn die Post kann auch nicht sagen, wir versorgen das kleine Dorf Hallalit im Müritzkreis nicht, sondern wir sorgen dafür, dass flächendeckend auch hier ausgebaut wird.
Meine Damen und Herren, stattdessen müssen wir jetzt Steuergelder in die Hand nehmen und mit Steuergeldern die Lücken schließen. Wir tun das. Gemeinsam mit dem Bund investieren wir in Mecklenburg-Vorpommern 1,5 Milliarden Euro Steuergeld. Das ist das größte Infrastrukturprogramm der Geschichte unseres Landes. Wir unterstützen dabei unsere Kommunen massiv. Das tun wir gerne. Und, meine Damen und Herren, wer durchs Land fährt, sieht auch, die Bagger rollen fast flächendeckend. Allerdings, auch das gehört dazu, läuft der Ausbau unterschiedlich schnell. Auch da ist mal interessant nachzuschauen, wer warum schneller ist und wer warum langsamer ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den vergangenen 30 Jahren ist es den Menschen im Land gelungen, das im ostdeutschen Vergleich zunächst besonders zarte Pflänzchen Mecklenburg-Vorpommern wachsen und erblühen zu lassen. Die Menschen fühlen sich heute in Mecklenburg-Vorpommern wohl und, was mir besonders wichtig ist, sie identifizieren sich mit unserem Land. Es gab eine Bertelsmann-Studie, wo man mal gefragt hat, wer sich wie mit seinem Land identifiziert, und da lag Mecklenburg-Vorpommern an der Spitze. Ich finde, da können wir am Ende auch stolz drauf sein. Die Menschen leben hier gerne und sind stolz auf unser Land.
Lassen Sie uns also gemeinsam die erreichten Erfolge in der Entwicklung unseres Landes verteidigen und weiter auf eine lebenswerte Zukunft hinarbeiten! – Herzlichen Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es ist doch beachtlich zu sehen, wie viele Emotionen die geschichtlichen Ereignisse, die inzwischen 30 Jahre zurückliegen, hier nach wie vor auch in diesem Raum mit sich bringen. Richtig ist, meine Damen und Herren, und da waren wir uns weitestgehend einig, dass Mecklenburg-Vorpommern sich gut entwickelt hat. Und ich finde, das voranzustellen, ist mir sehr, sehr wichtig.
Und wir sind uns auch weitestgehend einig, dass die Wende ein Glücksfall der Geschichte ist. Und es ist ein Glücksfall – ich glaube, Simone Oldenburg hat das noch mal gesagt –, dass es weitgehend friedlich gelungen ist, dass wir friedlich eine Wende erreicht haben. Es war ein historisch wirklich grandioser Umstand, dass Michail Gorbatschow, mit Michail Gorbatschow ein Staatschef dort regiert hat, der die Panzer in den Kasernen gelassen hat.
Meine Damen und Herren, dem Kollegen Renz war es gerade wichtig, auch noch mal zu erwähnen, dass in der Anfangszeit Alfred Gomolka und Berndt Seite hier Ministerpräsidenten waren. Die waren hier Ministerpräsidenten, und zwar unter schwieriger Zeit, das kann ich ausdrücklich sagen.
Wovon die Ministerpräsidentin aber gesprochen hat, war etwas anderes, und da ist es immer gut, wenn man auch wirklich zuhört. Die Ministerpräsidentin hat davon gesprochen, von dem Konzept „Zukunft aus eigener Kraft“, und insbesondere Harald Ringstorff war das damals. Harald Ringstorff hat …
Ja, aber sie hat von dem Konzept „Zukunft aus eigener Kraft“ gesprochen. Und es war unter anderem Harald Ringstorff, der gemeinsam damals mit dem Juso-Vorsitzenden Mathias Brodkorb und dem Abteilungsleiter Erwin Sellering – so war das damals – dieses Konzept ausgearbeitet hat. Ich bin Zeitzeuge, ich kann das berichten.
Meine Damen und Herren, und wenn hier gesagt worden ist, dass die SPD zu Beginn das Ziel hatte, die DDR
besser zu machen, dann ist das richtig. Übrigens hatte auch Helmut Kohl das Ziel, die DDR besser zu machen, denn 20 Tage nach Mauerfall hat Helmut Kohl einen Plan vorgelegt für eine Konföderation beider deutscher Staaten. Da war Ziel, beide deutsche Staaten nebeneinander mit eigenständigen Regierungen und gemeinsamem quasi Überdach weiterzuführen.
Hintergrund war, dass man damals natürlich erkannt hatte, wenn man eine schnelle und überstürzte Vereinigung beider Staaten macht, dass das wirtschaftlich natürlich massive Auswirkungen hat.
Und eine zweite Sache gehört historisch dazu: Zu diesem Zeitpunkt war eben nicht klar, wie international unsere Partner reagieren.
Wir hatten mit Margaret Thatcher eine Premierministerin in Großbritannien, die massiv und ganz deutlich gesagt hat, dass sie auf keinen Fall eine deutsche Wiedervereinigung mitmachen würde. Und auch François Mitterrand als dortiger Staatspräsident von Frankreich hat damals gesagt, dass er sich nicht vorstellen kann, dass beide deutsche Staaten wiedervereinigt werden.
Das war die Situation. Und klar, in der Situation hat auch meine Partei seinerzeit gesagt, ja, wir reformieren die DDR, wir führen beide deutsche Staaten aneinander. Das war damals historisch auch richtig in der Situation. Es hat sich aber sehr schnell auch geändert. Wenn Sie sich die Papiere meiner Partei angucken, ich meine, es war um den 20. Januar rum,
gab es in Berlin den ersten Kongress. Damals ist dann auch das Ziel der deutschen staatlichen Wiedervereinigung von der SPD,
von der Ost-SDP, die sich umbenannt hat in SPD, dann auch entsprechend aufgenommen worden.
Und, meine Damen und Herren, ich bleibe dabei, die Maßgabe, dass man privatisiert auf Teufel komm raus und das Thema Sanierung hintangestellt hat, war ein Fehler,
ein Fehler, der am Ende uns hier im Osten schwer zu schaffen gemacht hat, ein Fehler, der das Phänomen Massenarbeitslosigkeit massiv verstärkt hat, der die Abwanderung massiv verstärkt hat, und diesen Fehler hier zu benennen, ich finde, das tut uns überhaupt nicht weh.
Dass ein Großteil, dass ein Großteil der Wirtschaft marode war, das ist überhaupt keine Frage, aber der Versuch der Sanierung von Firmen, die marktfähig waren, ist nicht gemacht worden, es ist privatisiert worden auf Teufel komm raus, und das hat uns natürlich schwer zu schaffen gemacht.
Und, liebe Kollegin Oldenburg, Sie haben die Wirtschaftsleistung angesprochen – ja, das ist Ihre Aufgabe als Opposition, würde ich ausdrücklich bestätigen wollen, allerdings meine Aufgabe ist es zu verweisen auf die Entwicklung, die wir gemacht haben. Und natürlich, wenn wir uns Bayern anschauen, hat Bayern ein größeres Bruttoinlandsprodukt als Schleswig-Holstein, und Schleswig-Holstein ist im Kontext der Bundesländer West aufgewachsen. Wir sind unter anderen Bedingungen gestartet,
und wenn wir uns anschauen, wie sich MecklenburgVorpommern entwickelt hat, dann muss ich sagen, hat dieses Land sich hervorragend entwickelt, und das haben die Menschen dieses Landes erarbeitet.
Meine Damen und Herren, wir haben hier ein Land, das Zukunft hat, und lassen Sie uns diese Zukunft weiter miteinander gestalten! – Herzlichen Dank!