Protokoll der Sitzung vom 27.11.2020

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 103. Sitzung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Die Landesregierung hat gemäß Paragraf 72 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung die heutige Dringlichkeitssitzung verlangt. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 103. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung der 103. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung festgestellt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir diese Sitzung anberaumt haben, wussten wir noch nicht, dass wir in dieser Dringlichkeitssitzung unseres Parlaments auch von einer besonderen Persönlichkeit Abschied nehmen müssen. Mit Harald Ringstorff ist am vorvergangenen Donnerstag ein Wegbegleiter und Wegbereiter unseres Landes gestorben. 81 Jahre ist er alt geworden. Eines seiner acht Lebensjahrzehnte stand er an der Spitze der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns. Doch sein Wirken für unser Bundesland reichte weit über diese Dekade hinaus.

Harald Ringstorff hat die Sozialdemokratie hier in Mecklenburg-Vorpommern geprägt wie kaum jemand sonst. Gleich nach der Wende hat er den Parteivorsitz übernommen und die Landes-SPD bis 2003 geführt. Nach den ersten Landtagswahlen 1990 saß er auch der Fraktion vor und kehrte auf diesen Posten 1996 noch einmal zurück. Bevor er Ministerpräsident wurde, sammelte er als Wirtschaftsminister im Kabinett von Berndt Seite Regierungserfahrung. Als er dann selber seine Regierung bauen konnte, zeigte er den Mut und die Unbeirrtheit, die viele über all die Jahre seines politischen Wirkens an ihm schätzten: Mit der ersten rot-roten Landesregierung sorgte er für die bundesweit viel beachteten, aber nicht unbedingt geliebten Schweriner Verhältnisse, zu denen er immer gestanden hat.

Harald Ringstorff war ein echter und streitbarer Demokrat, der unterschiedliche Positionen aushalten und sie schlussendlich auch zusammenführen konnte. Er war kein Mann der vielen, aber ein Mann der klaren Worte, und vielen von diesen auch auf Plattdeutsch, und das machte ihm große Freude. Harald Ringstorff war hier tief verwurzelt, im Land und vor allem bei den Menschen unseres Landes. Er war einer von ihnen, einer von uns, er hatte ihre Erfahrungen und ihre Lebenswirklichkeit geteilt. Woran wir uns vielleicht gerade jetzt in dieser so herausfordernden Zeit erinnern sollten, ist sein Streben nach Versöhnung. Die sozialen Gräben verlaufen heute sicherlich anders als noch Ende der 90er-Jahre, aber der Spaltung unserer Gesellschaft entgegenzuwirken, ist auch heute wieder eine drängende Aufgabe für uns alle.

Der Familie von Harald Ringstorff, besonders seiner lieben Frau Dagmar, und allen, die ihm verbunden waren, gilt unser tief empfundenes Beileid. Ich wünsche ihnen, dass sie in diesen schweren Stunden Trost und Zuspruch erfahren. Für all diejenigen unter Ihnen, die noch ein paar persönliche Worte des Abschieds niederschreiben möchten, haben wir vor dem Plenarsaal ein Kondolenzbuch ausgelegt.

Zum Schluss nur noch dies: Leif Harald, wi vermissn di, maakt gaut!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, zu Ehren des Verstorbenen sich von den Plätzen zu erheben für die Schweigeminute.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Meine sehr geehrten Damen und selbstverständlich auch Herren, ich danke Ihnen, dass Sie sich zu Ehren von Harald Ringstorff von den Plätzen erhoben haben.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Eidesleistung des Ministers gemäß Artikel 44 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Eidesleistung des Ministers gemäß Artikel 44 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Meine Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat gemäß Artikel 43 der Verfassung des Landes MecklenburgVorpommern Folgendes mitgeteilt: „Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, mit Urkunde vom heutigen Tage habe ich folgenden Minister ernannt:

Herrn Torsten Renz Minister für Inneres und Europa

Mit meiner Vertretung habe ich Herrn Minister Glawe beauftragt.

Ich bitte Sie, gemäß Artikel 44 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Vereidigung des Ministers vorzunehmen.“

So weit das Schreiben der Ministerpräsidentin.

Ich bitte nunmehr den Minister, zur Eidesleistung nach vorne zu kommen, und ich bitte die Mitglieder des Landtages, sich von den Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Sehr geehrter Herr Renz, lieber Torsten, ich spreche Ihnen die Eidesformel vor und bitte Sie dann, zum Schwur die rechte Hand zu heben und entsprechend den Schwur zu leisten. Der Eid kann mit der religiösen Bekräftigung oder ohne sie geleistet werden.

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Volke und dem Lande widmen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung von MecklenburgVorpommern sowie die Gesetze wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber jedermann üben werde.“

Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.

Vielen Dank, Herr Minister!

Ich spreche Herrn Minister Renz die Glückwünsche des Hauses aus und wünsche Ihnen für Ihre Arbeit alles Gute zum Wohle unseres Landes, von MecklenburgVorpommern. Herzlichen Glückwunsch!

(lang anhaltender Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE, Christel Weißig, fraktionslos, und auf der Regierungsbank)

Wir hätten gerne an dieser Stelle dem Minister auch einen Blumengruß überreicht. Das ist leider in CoronaZeiten alles etwas schwierig. Insofern habe ich mich entschieden, dem Minister ein kleines Präsent auf jetzt noch seinem Tisch hier zu übergeben, und die Fraktionsvorsitzenden haben sich auch entschieden, einen kleinen Blumengruß zu übergeben. Der wird dann dort an dem Tisch hinter Herrn Glawe abgelegt werden. Ich hoffe, Herr Glawe bewacht dann die Blumen ordnungsgemäß. – Vielen Dank!

(allgemeine Heiterkeit – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Na, wenn da eine Torte drin ist, wirds schwierig!)

Herzlichen Dank!

(Gratulationen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da der Innenminister nunmehr auch Platz genommen hat auf seinem ihm zugeteilten Platz auf der Regierungsbank, rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 2: Information über den Bund-Länder-Beschluss zu den Corona-Winterregeln, hierzu Regierungserklärung der Ministerpräsidentin des Landes MecklenburgVorpommern. Zur Regierungserklärung liegen zwei Anträge aus den Fraktionen vor, die ich nach der Aussprache zur Regierungserklärung aufrufen werde.

Information über den Bund-Länder-Beschluss zu den Corona-Winterregeln

Regierungserklärung der Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Antrag der Fraktion der AfD Corona-Maßnahmen auflockern – Strategiewechsel für Mecklenburg- Vorpommern vollziehen – Drucksache 7/5584 –

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE Weitere Anstrengungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie – vereinbarte Schutzmaßnahmen umsetzen, Landtagsbeteiligung stärken, Wirtschaft und Kultur weiter unterstützen – Drucksache 7/5615 –

Das Wort hat die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Manuela Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Zunächst den Abgeordneten vielen Dank für ihre Bereitschaft, zu dieser Sondersitzung zusammenzukommen!

Als wir Ende Oktober hier im Landtag über die CoronaPandemie debattiert haben, haben wir gesehen, dass uns eine zweite Welle, so wie ja auch vorhergesehen für Herbst und Winter, erreicht hat in ganz Deutschland. Und

diese Corona-Welle war ungebrochen. Die Zahlen in Deutschland hatten ein exponentielles Wachstum, also eine steile Kurve, und wir haben damals gesagt, wir brauchen einen Wellenbrecher. Und deshalb haben wir Schutzmaßnahmen ergriffen, wir haben einen TeilShutdown gemacht und es gab damals hier eine breite Unterstützung.

Und ich kann hier heute sagen, diese Maßnahmen haben gewirkt. Diese Maßnahmen haben gereicht, die Welle zu brechen, aber sie reichen nicht aus, um die Infektionszahlen, die weiter auf hohem Niveau sind, zu drücken. Wir haben deshalb mit der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder vorgestern über die Maßnahmen, über die Wirksamkeit Bilanz gezogen und Vorschläge für das weitere Vorgehen entwickelt.

Klar ist, wir brauchen mehr Zeit. Wir sind bei den Infektionszahlen bundesweit auf einem zu hohen Niveau. Und deshalb waren wir uns einig, dass wir die Novembermaßnahmen, den Teil-Shutdown, verlängern müssen. Wir waren uns aber auch einig, wir brauchen eine Perspektive bis in den Januar und wir müssen gerade den vielen Familien sagen, wie steht es um das Weihnachtsfest, wie geht es mit dem Jahreswechsel weiter.

Danach gilt, wir brauchen weitere strenge Regeln für Hotspots, für Risikogebiete, müssen aber gleichzeitig die Möglichkeit geben für die Länder, für die Gebiete, die unter einer Inzidenz von 50 liegen, auch Ausnahmen zu machen. Wie Sie wissen, haben wir uns immer für dieses Vorgehen eingesetzt, bundeseinheitliche Regeln, gekoppelt an die Inzidenz, um den regionalen Besonderheiten Rücksicht zu geben. Und das ist nach meiner tiefen Überzeugung eine gute Strategie für ganz Deutschland und auch eine Chance für Mecklenburg-Vorpommern, denn wir sind nach wie vor geringer von der CoronaKrise betroffen als andere Bundesländer, oder umgedreht gesagt, wir sind gleich betroffen, aber wir haben frühzeitig Maßnahmen ergriffen, sodass bei uns die Zahlen zum Glück nicht durch die Decke gehen. Und ich finde es gut, dass wir wieder direkt zwei Tage nach unseren Beratungen hier die Gelegenheit haben, im Landtag über diese Corona-Winterregeln zu diskutieren und auch darüber, was diese für unser Land bedeuten.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wenn wir uns die Infektionszahlen anschauen, dann sehen wir, wir machen Fortschritte. Die Welle ist gebrochen, die Ansteckungszahlen steigen nicht mehr ungebremst, aber trotzdem haben wir auf hohem Niveau jeden Tag weiter Infektionen. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern aktuell zwei Landkreise und zwei kreisfreie Städte, die in den vergangenen sieben Tagen weniger als 35 Menschen auf 100.000 Einwohner als Indexfälle hatten. Insgesamt haben wir als Land eine Inzidenz von 47,1. Eine Inzidenz von weniger als 50 heißt, Mecklenburg-Vorpommern ist weiterhin kein Risikogebiet. Das verdanken wir auch diesen strengen Maßnahmen im November, sonst wären wir längst Risikogebiet.

Und ich weiß, dass die Maßnahmen den Bürgerinnen und Bürgern viel abverlangen, insbesondere Einschnitte im wirtschaftlichen, im kulturellen Bereich. Aber auch die Begegnungen fehlen uns Menschen. Geburtstagsfeiern, Familientreffen fallen aus, wir würden gerne Freunde öfter sehen, wir vermissen Kultur und Veranstaltungen und jetzt in der Adventszeit den traditionellen Bummel

über den Weihnachtsmarkt. Und für viele geht es um den Arbeitsplatz, um die blanke wirtschaftliche Existenz. Vor allem die Beschäftigten im Tourismus und in der Gastronomie, die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Schaustellerinnen und Schausteller und diejenigen, die im Veranstaltungsgewerbe arbeiten, auch im Kulturbereich, bangen um ihre Zukunft.

Und deshalb verstehe ich auch, dass die Maßnahmen kontrovers diskutiert werden, und das ist auch völlig legitim. Eine aktuelle Umfrage des NDR zeigt, dass 46 Prozent der Befragten die Corona-Schutzmaßnahmen genau angemessen finden, für 16 Prozent gehen sie nicht weit genug, 37 Prozent halten sie für zu weit gehend. Diese Zahlen zeigen die kontroverse Debatte. Menschen sagen, das ist der richtige Weg, viele sagen, es muss strenger werden, andere sagen, es geht uns zu weit.

Die gleiche Umfrage zeigt auch, dass 70 Prozent der Befragten mit der Regierung zufrieden sind. Und ich glaube, diese Zahl zeigt, dass die Menschen sehen, dass wir als Landesregierung alles dafür tun, die Balance zu halten, den Dreiklang zu bewahren, den wir von Anfang an als Maxime für unsere Strategie ausgegeben haben: die Sicherheit, die Gesundheit der Menschen zu schützen, aber auch auf Arbeitsplätze und Wirtschaft zu achten und auf den sozialen Zusammenhalt. Diese Balance zu halten in einer Pandemie, die weltweit einmalig ist und alle in Atem hält, ist nicht immer einfach, bringt viele Diskussionen mit sich, aber an dieser Zufriedenheit sehen wir, dass es eine breite Unterstützung gibt.

Und deshalb möchte ich mich bei den Bürgerinnen und Bürgern bedanken, dass sie über Monate hinweg sich in großem Maße an diese Regeln halten, dass sie diese krassen Einschränkungen ertragen, mittragen, und damit den maßgeblichen Beitrag dafür geleistet haben und leisten, dass Mecklenburg-Vorpommern bisher am besten durch die Krise kommt und dass wir noch kein Risikogebiet sind. Vielen Dank für diese Geduld, für diese Solidarität der Bürgerinnen und Bürger!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Ich möchte mich auch bei den Ministerinnen und Ministern und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung bedanken, weil auch die 70 Prozent eine Unterstützung für die Landesregierung sind.

Ganz besonders möchte ich mich heute bedanken bei Lorenz Caffier, der gerade in diesen Pandemiezeiten gemeinsam mit mir an der Spitze der Landesregierung von Anfang an, von März an, wo niemand eine gute Idee hatte, wie machen wir das eigentlich, beraten hat, gemeinsam mit der Landesregierung, mit den Kommunen, wie kommen wir hier gut durch, der maßgeblich die strengen Reiseregeln, die ein Teil dieses Erfolges sind, mitgetragen und durchgetragen hat. Bei aller kontroversen Diskussion, diese Arbeit von Lorenz Caffier sollte nicht kleingeredet werden, und deshalb von dieser Stelle noch mal vielen Dank für diese vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und ich bin mir auch sicher, dass die Zusammenarbeit mit Harry Glawe...